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Ukraine-Krieg im News-Ticker: Schock für Putin: Mehr als 900 russische Elitespezialisten ausgelöscht

Lange ist auf den Besuch der internationalen Atomexperten in der Ukraine gewartet worden. Nun stellt sich die Frage, wie lange sie überhaupt bleiben sollen und dürfen. Währenddessen erleben Putins Truppen weitere Verluste. Alle aktuellen Ukraine-News auf einen Blick.

Wladimir Putin hat nach 191 Tagen Ukraine-Krieg erhebliche Verluste erlitten. (Foto) Suche
Wladimir Putin hat nach 191 Tagen Ukraine-Krieg erhebliche Verluste erlitten. Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | Alexey Maishev

Nach ihrer Ankunft in dem von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist offen, wie lange die Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA dort bleiben werden. IAEA-Chef Rafael Grossi schrieb in der Nacht zum Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter, seine Organisation sei "hier, um zu bleiben" und weiterhin präsent zu sein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj meinte, Russland versuche, die Mission in einer ergebnislosen Tour durchs Kraftwerk enden zu lassen. Moskau hatte von den Inspekteuren Objektivität verlangt.

Nach Selenskyjs Angaben verhinderte Moskau, dass internationale Medienvertreter die Atomexperten begleiten könnten. "Unabhängige Journalisten. Damit die Welt die Wahrheit sieht." Leider hätten die "Besatzer" keine Journalisten hineingelassen, sagte er in einer in der Nacht veröffentlichten Videoansprache. Bei einem Statement Grossis vor dem AKW waren im russischen Staatsfernsehen am Donnerstag lediglich Mikrofone russischer Medien zu sehen gewesen. Der IAEA-Chef hatte später auf Twitter ein eigenes Video veröffentlicht.

Freitag ist der 191. Tag des Krieges. Zum Verlauf einer zu Wochenbeginn verkündeten Gegenoffensive gegen russische Truppen in der Südukraine hält sich das Militär in Kiew weiter bedeckt. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor seinem Deutschlandbesuch fordert der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal von der Bundesregierung Kampfpanzer zur Abwehr der russischen Angreifer. Währenddessen erleben Putins Truppen weitere heftige Verluste.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 02.09.2022 im Überblick

+++ Moskau: Ukraine erleidet hohe Verluste bei versuchter Gegenoffensive +++

Die von der Ukraine gestartete Gegenoffensive im Süden des Landes ist aus Sicht von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu weitgehend gescheitert. "Die ukrainischen Streitkräfte setzen den Versuch von Angriffen im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih und in anderen Richtungen fort, der Feind erleidet hohe Verluste", sagte Schoigu am Freitag bei einer Besprechung, die auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums gezeigt wurde. Kiews einziges Ziel bei der Offensive sei es, "bei den westlichen Kuratoren die Illusion zu erzeugen, die ukrainische Armee sei zu Angriffen fähig."

Ziel der ukrainischen Angriffe ist es, die westlich des Dnipro stehenden russischen Truppen im Gebiet Cherson hinter den Fluss zurückzutreiben. Im Gegensatz dazu erklärte Schoigu, die russischen Truppen seien an die Gebietsgrenze zur benachbarten Region Mykolajiw vorgestoßen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Schoigu sprach zudem von weiteren Erfolgen der russischen Armee im Osten der Ukraine. Dort hätten die Truppen zuletzt den schwer befestigten Ort Pisky direkt vor Donezk eingenommen. Dabei hatten russische Quellen die Einnahme von Pisky bereits vor einem Monat das erste Mal vermeldet.

+++ Schoigu: Russland hat keine schweren Waffen am AKW Saporischschja +++

Russland hat nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu keine schweren Waffen im besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine stationiert. «Ich erkläre verantwortungsvoll, dass wir keine schweren Waffen auf dem Gelände des Kernkraftwerks oder in den angrenzenden Gebieten haben», sagte er am Freitag in Moskau. Er hoffe, die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA könnten sich davon überzeugen.

Schoigu beschuldigte die Ukraine, seit Mitte Juli regelmäßig die Infrastruktur des AKW mit westlichen Waffen angegriffen zu haben. In seiner auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums verbreiteten Rede sprach er von 29 Angriffen seit dem 18. Juli. Es seien insgesamt 120 Granaten abgefeuert worden. Die Ukraine macht dagegen Russland für die Angriffe verantwortlich. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Die "Provokationen" Kiews gingen trotz der Ankunft der internationalen Experten weiter, sagte Schoigu. Demnach soll am Donnerstag nicht nur das AKW beschossen worden sein, sondern auch der Weg der Inspekteure. Im Falle eines möglichen Notstands trage Kiew die alleinige Verantwortung. Er erwarte "objektive Ergebnisse" von der IAEA-Mission, sagte der Verteidigungsminister. Zuvor hatte die ukrainische Seite erklärt, Russland verhindere, dass die Experten objektive Fakten zur Lage des AKW zusammentragen könnten.

+++ Ukrainischer Kraftwerksbetreiber zweifelt an IAEA-Mission +++

Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom zweifelt, dass die Mission internationaler Atomexperten im Atomkraftwerk Saporischschja im Süden des Landes zur Klärung beitragen kann. "Die Besatzer lügen, verfälschen Tatsachen und Beweise", kritisierte Enerhoatom am Freitag mit Blick auf Russland am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram. Der Delegation sei zudem der Zutritt ins Krisenzentrum der Anlage verwehrt worden. Dort sei derzeit russisches Militärpersonal stationiert. Russland unternehme alle Anstrengungen, dass keine Fakten zum AKW bekannt würden.

Vertreter der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) sind seit Donnerstag vor Ort, um das AKW auf mögliche Schäden nach wochenlangem Beschuss zu untersuchen. Unklar ist, wie lange die Experten bleiben. IAEA-Chef Rafael Grossi sagte, er wolle eine «dauerhafte Mission» in dem von Russland besetzten Kraftwerk einrichten. In einem am Freitag von Enerhoatom verbreiteten Statement sagte er, angestrebt sei ein Aufenthalt zunächst bis Sonntag oder Montag.

Das AKW ist mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte Europas. Vor Kriegsbeginn vor mehr als sechs Monaten arbeiteten mehr als 10 000 Menschen in der Nuklearanlage.

+++ London: Russische Militärmanöver haben sich als nutzlos erwiesen +++

Russlands Militärübungen haben sich nach Ansicht britischer Experten durch das schwache Abschneiden der russischen Streitkräfte in der Ukraine als nutzlos erwiesen. Veranstaltungen wie das Manöver Wostok-22, das derzeit abgehalten wird, hätten sich nicht darin bewährt, die Fähigkeiten des Militärs zu großangelegten, komplexen Einsätzen zu erhalten, hieß es im Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg am Freitag.

«Solche Veranstaltungen laufen stark nach Drehbuch ab, ermutigten keine Eigeninitiative und sind in erster Linie darauf ausgerichtet, die russische Führung und das internationale Publikum zu beeindrucken», hieß es in der Mitteilung weiter. Die britischen Militärexperten gehen auch davon aus, dass die tatsächliche Teilnehmerzahl an Wostok-22 deutlich geringer ist als von Moskau angegeben. «Russland behauptete öffentlich, es seien 50 000 Soldaten beteiligt, es ist aber unwahrscheinlich, dass mehr als 15 000 Militärangehörige teilnehmen werden». Das seien nur 20 Prozent der Teilnehmerzahl der vergangenen Wostok-Übung im Jahr 2018.

Schwere Kämpfe dauerten unterdessen nach Angaben der Briten im Süden der Ukraine an - auch in der Nähe des von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerks Saporischschja.

+++ Ukraine berichtet über Zerstörung russischer Depots im Hinterland +++

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben sechs Munitionsdepots im von russischen Truppen besetzten Süden des Landes zerstört. Fünf Munitionslager seien im Gebiet Cherson vernichtet worden, teilte das Kommando "Süd" des ukrainischen Militärs am Freitag auf seiner Facebook-Seite mit. Daneben soll in der Stadt Melitopol im Gebiet Saporischschja ein Depot zerstört worden sein. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Im Gebiet Cherson hat die ukrainische Armee zu Wochenbeginn eine Gegenoffensive gestartet. Über den Verlauf der Bodenoperationen hüllt sich die Militärführung in Schweigen. Informationen gibt es lediglich über die Schläge der eigenen Artillerie. Demnach wurden neben den fünf Depots auch zwei von den Russen genutzten Fährverbindungen über einen Fluss getroffen. Die Brücken seien ebenso weiter unter Beschuss, teilte das ukrainische Militär mit. Die Fähr- und Brückenverbindungen gelten als strategisch wichtig für den Nachschub der russischen Kräfte westlich des Flusses Dnipro.

Im ebenfalls teilweise von russischen Truppen besetzten Gebiet Saporischschja ist erneut Melitopol Ziel ukrainischer Artillerieangriffe geworden. Ein Munitionslager nahe des Flughafens sei dabei so genau getroffen worden, dass es noch stundenlang Explosionen gegeben habe, teilte der ukrainische Bürgermeister der Großstadt, Iwan Fjodorow, auf seinem Telegram-Kanal mit. Auf dem beigefügten Video sind heftige nächtliche Detonationen zu erkennen.

+++ Vorläufige Netzdaten: ab Samstagmorgen wieder Gas über Nord Stream 1 +++

Nach dem Ende eines dreitätigen Lieferstopps sind für Samstagmorgen Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt. Das geht aus vorläufigen Daten der Website der Nord Stream AG hervor. Demnach sind ab Samstagmorgen 2.00 Uhr wieder Gaslieferungen vorgemerkt. Der Umfang entspricht den Lieferungen vor der Unterbrechung, also etwa 20 Prozent der maximal möglichen Menge und damit täglich 33 Millionen Kubikmeter Erdgas.

Bei den Vormerkungen - den sogenannten Nominierungen - handelt es sich um Vorabinformationen für Gasnetzbetreiber, damit diese nennenswerte Mengen transportieren können. Solche Nominierungen können sich noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern. Die bislang veröffentlichten Daten bilden nur die Zeit bis Samstagmorgen 6.00 Uhr ab, da dann ein neuer Gastag beginnt.

Seit Mittwochmorgen fließt kein Gas durch die zuletzt wichtigste Leitung für russisches Gas nach Deutschland. Grund sind laut dem russischen Energiekonzern Gazprom Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation. Das Unternehmen hatte angekündigt, dass der Lieferstopp bis zum 2. September andauern werde.

Zweifel an der Begründung für den Lieferstopp hatte der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, geäußert. Auch im Zusammenhang mit der Drosselung auf ein Fünftel der Maximalleistung hatte Gazprom auf technische Gründe verwiesen. Zweifel daran kamen unter anderem von der Bundesregierung. Nach dem Angriff auf die Ukraine und Sanktionen aus dem Westen hat Moskau die Gaslieferung in mehrere Länder gekürzt oder ganz eingestellt.

+++ Schock für Putin: Mehr als 900 Elitespezialisten des Militärs ausgelöscht +++

Die Armee von Wladimir Putin hat seit Beginn seines blutigen Einmarsches in der Ukraine im Februar einen enormen Verlust an Spezialoffizieren erlitten. Nach Angaben der BBC hat Russland seit Beginn der Invasion in der Ukraine mehr als 900 Elitespezialisten des Kremls verloren. Dazu gehören Offiziere der Spezialeinheiten, Marinesoldaten und Fallschirmjäger.

Russland hat während des gesamten Konflikts bereits schwere Verluste erlitten. Nach aktuellen Schätzungen der ukrainischen Streitkräfte beläuft sich die Zahl der getöteten Soldaten auf 48.350.

+++ Experten überprüfen Atomkraftwerk in Südukraine +++

Seit Donnerstag sind IAEA-Experten im Atomkraftwerk Saporischschja, um Schäden zu begutachten - auf Bildern waren sie trotz der gefährlichen Lage ohne Schutzweste und Helm zu sehen. Man wolle eine dauerhafte Mission etablieren, sagte IAEA-Chef Grossi. Er sprach von einem «lange erwarteten Besuch». Das AKW gerät seit Monaten immer wieder unter Beschuss. Moskau und Kiew machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Russland hatte sich offen für eine dauerhafte IAEA-Mission am Kraftwerk gezeigt. Kiew besteht hingegen auf dem vollständigen Abzug der russischen Truppen und einer Demilitarisierung der Kraftwerksumgebung, was Moskau ablehnt. Die IAEA-Mission solle dafür den ersten Schritt darstellen. Am Mittwoch hatte Grossi noch gesagt, die Inspektion solle zunächst mehrere Tage dauern. Ein Vertreter der russischen Besatzer sagte im russischen Staatsfernsehen, dass die Inspekteure mindestens bis zum kommenden Samstag bleiben sollten.

Im ukrainischen Fernsehen schloss Energieminister Herman Haluschtschenko nicht aus, dass zwei der IAEA-Experten länger bleiben könnten. "Doch für uns ist in diesem Zusammenhang wichtiger, dass das Kraftwerk wieder unter die Kontrolle der Ukraine kommt", betonte er. Auch Selenskyj forderte in der Nacht einmal mehr den Abzug russischer Truppen. Nur so könne das AKW sicher arbeiten, meinte er.

Sowohl Vertreter Russlands als auch der Ukraine lobten die Atomexperten für ihre Entschlossenheit, trotz des Kriegs das Kraftwerk aufgesucht zu haben. Im Umfeld des Besuchs kam es laut ukrainischen Angaben erneut zum Beschuss. International ist die Sorge groß, dass es zu einer Atomkatastrophe kommen könnte.

Russland rief erneut den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York an und beantragte, dass die Mitglieder des mächtigsten UN-Gremiums am 6. September erneut über das AKW sprechen sollen.

+++ Ukrainischer Regierungschef fordert deutsche Kampfpanzer +++

Vor seinem Deutschlandbesuch hat der ukrainische Ministerpräsident Schmyhal von der Bundesregierung Kampfpanzer zur Abwehr der russischen Angreifer gefordert. "Wir benötigen einen Wandel in der Philosophie der Waffenlieferungen. Damit meine ich: Es sollten auch moderne Kampfpanzer geliefert werden", sagte Schmyhal im dpa-Interview. "Wir erwarten von den USA, dass sie uns ihre Abrams-Panzer liefern und von Deutschland erwarten wir Leopard 2. Das sind die modernen Panzer, die die Ukraine auf dem Schlachtfeld braucht." Schmyhal wird am Samstag in Berlin erwartet. Am Sonntag wird er von Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt empfangen.

+++ Deutschland will weiter russisches Gas nutzen +++

Russland pumpt deutlich weniger Gas nach Deutschland und hat erst am Mittwoch die Gaslieferung über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 vorübergehend gestoppt. Dennoch will Kanzler Scholz nicht vollständig auf russisches Gas verzichten. "Das machen wir nicht von uns aus, das halte ich für nicht so verantwortlich", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei einem Bürgerdialog in Essen. Aber Deutschland sei so gut vorbereitet, dass man mit jeder Gegenreaktion umgehen könne, falls Russland selbst den Hahn zudrehe. "Selbst wenn es ganz eng wird, kommen wir wahrscheinlich durch den Winter."

+++ FDP-Bundestagsfraktion will "Rückbau" von Nord Stream 2 +++

Die FDP-Bundestagsfraktion will das Kapitel der Ostseepipeline Nord Stream 2 endgültig schließen. «Als Freie Demokraten fordern wir den Rückbau von Nordstream 2 sowie die schnellstmögliche Erarbeitung eines Konzepts zur rechtlichen, technischen und umweltfachlichen Absicherung», heißt es in einem auf der Herbstklausur in Bremen beschlossenen Positionspapier, das der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag. Die FDP-Fraktion wolle so schnell wie irgend möglich alle Rohstoff- und Energiekäufe aus Russland und Belarus beenden, soweit dies die eigene wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zulasse.

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