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Haushaltskrise in Deutschland: Shitstorm für Christian Lindner! Ampel will Schuldenbremse aussetzen

Die Ampel-Koalition will wegen des Karlsruher Haushaltsurteils für dieses Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen. Die Wut im Netz ist groß und wird an Finanzminister Christian Lindner ausgelassen.

Christian Lindner plant, in der Haushaltskrise die Schuldenbremse auszusetzen. (Foto) Suche
Christian Lindner plant, in der Haushaltskrise die Schuldenbremse auszusetzen. Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Ampel-Koalition will wegen des Karlsruher Haushaltsurteils für dieses Jahr einen Nachtragshaushalt einbringen. So sollten Kredite für die bereits ausgezahlten Energiepreisbremsen nachträglich rechtlich abgesichert werden, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag in Berlin.

Haushaltskrise: Ampel-Koalition willAusnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen

 

Die Ampel-Koalition will wegen des Karlsruher Haushaltsurteils für dieses Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen. Er werde dem Kabinett in der kommenden Woche in Absprache mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einen Nachtragshaushalt vorlegen, kündigte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag in Berlin an. Eine Ministeriumssprecherin fügte hinzu, die Bundesregierung werde dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu erklären. Auf diesem Weg sollen Kredite nachträglich rechtlich abgesichert werden, die in diesem Jahr bereits genutzt wurden.

Karlsruher Richter: Bund darf sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen

 

Ohne die Absicherung hätte nach dem Urteil der Karlsruher Richter im Haushalt 2023 ein Verfassungsbruch gedroht. Denn die Richter entschieden, dass der Bund sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen darf. Genau das hat der Bund nach Auffassung von Experten im Wirtschaftsstabilisierungsfonds für die Energiepreisbremsen aber gemacht.

Aus diesem wurden in diesem Jahr bis Ende Oktober auch bereits 37 Milliarden Euro ausgegeben, bis Jahresende dürfte weiteres Geld hinzukommen. Außerdem sollen Hilfen aus einem Fonds für Flutopfer abgesichert werden, der 2021 unter ähnlichen Bedingungen entstanden war. Insgesamt sollen Kredite in Höhe von rund 45 Milliarden Euro auf eine verfassungsrechtlich gesicherte Grundlage gestellt werden. "Es werden keine neuen Schulden aufgenommen, sondern lediglich die bereits abgeflossenen Mittel zur Krisenbewältigung auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt", betonte Lindners Sprecherin.

Der Minister erklärte: "Ich betrachte es als meine Aufgabe, jetzt reinen Tisch zu machen." Erst dann könne man über den Haushalt des kommenden Jahres und über die nächsten Jahre sprechen.

Notlage könnte mit Energiekrise begründet werden

Um die Ausnahme der Schuldenbremse zu nutzen, muss der Bundestag eine Notlage beschließen. Das ist laut Artikel 115 des Grundgesetzes vorgesehen "im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen". Zur Begründung einer solchen Notlage könnte der Bund nach Auffassung von Sachverständigen argumentieren, dass die Folgen der Energiekrise Anfang 2023 noch spürbar waren. Experten hatten in einer Anhörung im Bundestag deutlich gemacht, dass dies aus ihrer Sicht einen erneuten Notlagenbeschluss rechtfertige.

Der Bundesetat für das laufende Jahr soll durch den Nachtragshaushalt noch vor Jahresende rechtzeitig auf verfassungsrechtlich sichere Füße gestellt werden. Wann der Bundeshaushalt für das kommende Jahr beschlossen werden kann, ist dagegen noch offen. Der Entwurf muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gründlich umgekrempelt werden.

Beschluss-Datum für Etat 2024 weiter offen

Die Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben den für die kommende Woche geplanten Haushaltsbeschluss im Bundestag deswegen abgesagt. Einen Abschluss vor Jahresende haben sie aber noch nicht ganz aufgegeben. Es gebe die Möglichkeit von Fristverkürzungen und Sondersitzungen, heißt es in der Koalition. Scholz sagte am Mittwochabend, er rechne mit einem zügigen und sehr zeitnahen Abschluss.

Er betonte auch, die Ampel wolle an ihren Plänen in der Sozial-, Klima- und Wirtschaftspolitik festhalten. Offen ist trotzdem weiter, was mit den Projekten konkret passiert, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollten. Diesem Sondertopf für Klimaschutz und die Entwicklung einer CO2-neutralen Wirtschaft fehlen nach dem Karlsruher Urteil 60 Milliarden Euro, die schon fest verplant waren. Das Gericht hatte die Umwidmung dieser eigentlich zur Corona-Bekämpfung bewilligten Kredite für nichtig erklärt.

Die rechtlich verbindlich zugesagten Ausgaben seien im kommenden Jahr trotzdem zu stemmen, heißt es in der Koalition. Der Fonds hat unter anderem auch Einnahmen aus dem CO2-Preis. Doch das restliche Geld wird nicht für alle Vorhaben ausreichen. Wo gekürzt, priorisiert oder ganz gestrichen wird, ist zwischen SPD, Grünen und FDP stark umstritten.

CDU-Politiker für Reform der Schuldenbremse

Ökonomen und auch Politiker von SPD und Grünen hatten zur Lösung des Problems eine Reform der Schuldenbremse angeregt. Am Donnerstag plädierte nun überraschend auch ein CDU-Ministerpräsident dafür. "Die Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich", erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner auf X (vormals Twitter) ebenso wie in einem Interview des Magazins "Stern". "Denn, wie ich schon länger sage, ist zu befürchten, dass die Schuldenbremse mehr und mehr zur Zukunftsbremse wird." Für Investitionen sollten Kredite seiner Ansicht nach zulässig sein, sagte Wegner.

CDU-Parteichef Friedrich Merz hatte die Schuldenbremse in der ARD-Talkshow "Maischberger" zuvor verteidigt. "Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heran müssen", sagte er.

Haushaltskrise: Das Netz spottet über die Ampel-Regierung

Via X (vormals Twitter) wird die Haushaltskrise und die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse diskutiert. Spott gegen die Bundesregierung bleibt dabei nicht aus. "Die Inkompetenz der #Ampel könnte zwar als „außergewöhnliche Notsituation" im Sinne des Art. 109 Abs. 3 GG ausgelegt werden, jedoch entzieht sie sich nicht „der Kontrolle des Staates", wie das BVerfG Gott sei Dank gezeigt hat. #Schuldenbremse", heißt es in einem Tweet. "Mit der Aussetzung der #Schuldenbremse durch #Lindner wäre es nun Zeit für #Neuwahlen. Die #Ampelkoalition hat bewiesen, dass ihr das #Grundgesetz nicht heilig ist", fordert ein User sogar. "#Lindner führt die #FDP zielstrebig in die Parteienkategorie "Sonstige"", prophezeit ein weiterer X-Nutzer. "Leider hat sich Herr #Lindner den Sozialisten , die kein Verständnis für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Leistung haben, gebeugt und wird die #Schuldenbremse für 2023 aussetzten , damit meine Generation die Folgen tragen kann", heißt es in einem weiteren Tweet.

Es gibt jedoch auch Befürworter der geplanten Maßnahme. "Mein spontaner Gedanke: richtig so! Die #SPD-geführte Bundesregierung handelt in schwierigen Zeiten weiterhin solide und seriös. Darauf ist allen Unkenrufen zum Trotz Verlass", schreibt ein User.

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/news.de/dpa

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