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Olaf Scholz bei "maischberger": "Erinnerungslücken" und "rumgescholzt!" Deshalb enttäuschte der Bundeskanzler

Deutschland muss zahlreiche Krisen bewältigen. Genau dazu hätten sich viele Zuschauer und Zuschauerinnen in der ARD-Sendung "Maischberger am 28. Juni klare Worte von Bundeskanzler Olaf Scholz gewünscht. Doch er enttäuschte.

Olaf Scholz war am 28. Juni in der ARD-Sendung "maischberger" zu Gast. (Foto) Suche
Olaf Scholz war am 28. Juni in der ARD-Sendung "maischberger" zu Gast. Bild: picture alliance/dpa/WDR | Oliver Ziebe

Inflation, Ukraine-Krieg, Klimaschutz, China und AfD. Deutschland ätzt unter zahlreichen Problemen. Wie will die Bundesregierung helfen und welche Lösungen bietet sie an? Darüber und über weitere Aspekte sprach Sandra Maischberger am Mittwoch, den 28. Mai mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Dieser zeigte sich gewohnt ruhig und diplomatisch. Gerade bei den aktuellen Geschehnissen hätten sich viele eine klarere Haltung gewünscht.

"maischberger" vom 28. Juni 2023: Olaf Scholz hält NATO-Bündnis für wichtig

Zu Beginn zeigte Sandra Maischberger ein Foto vom 25-jährigen Olaf Scholzauf der "Friedensdemo" gegen US-Raketen 1983 im Bonner Hofgarten. Daraufhin fragte sie Olaf Scholz: "Sie haben damals über die NATO gesagt, das sei ein aggressiv imperialistischer Verein. Von heute aus darauf geblickt. Haben Sie sich sehr geirrt?", fragt sie ihn direkt. "Ja", antwortet Olaf Scholz direkt und erklärt: "Ich bin der Kanzler eines NATO-Mitgliedstaates und sehr froh, dass wir in dem transatlantischen Bündnis sehr eng zusammenarbeiten. Das ist für unsere Sicherheit sehr wichtig. Wir wissen, das es gerade in der letzten Zeit noch wichtiger geworden ist. Russland hat mit sehr viel militärischer Gewalt ein Nachbarland überfallen und alle Sicherheitsvorkehrungen über Bord geworfen. Es ist eine Bedrohung für die Sicherheitsarchitektur in Europa insgesamt." Scholz betonte wie wichtig ein starkes Verteidigungsbündnis sei,"damit niemand Länder, die zur NATO dazugehören, angreift."

Olaf Scholz hält Ukraine-Krieg für Putins "imperialistischen Krieg"

Im Gespräch geht Olaf Scholz auch auf die Skepsis vieler Bürger:innen ein, was unter anderem Waffenlieferungen angeht. "Ich finde man muss ganz klar sagen: Dies ist ein Krieg den Russland aggressiv vom Zaun gebrochen hat. Der russische Präsident will sein Nachbarland ganz oder teilweise erobern um sein eigenes Land größer zu machen. Wenn man seinen Reden genau zuhört, denkt er nicht nur an die Ukraine, sondern auch an Belarus." Laut Scholz handelt es sich deshalb um einen "imperialistischen Krieg". Deshalb sei es notwendig die Ukraine zu unterstützen, damit sie sich verteidigen kann.

Olaf Scholz zum Wagner-Aufstand

Am Samstag marschierten Wagner-Truppen in Russland ein. Der von Jewgeni Prigoschin angezettelte Aufstand, wurde auch besprochen. "Wie haben Sie das eingeschätzt", fragte Sandra Maischberger Olaf Scholz. "Das ist ein Versuch, ein Putsch gewesen etwas zu ändern", so der Kanzler. Es sei immer gefährlich Privatarmeen im eigenen Land zu haben. Die Moderatorin hakte nach, wie gefährlich der SPD-Politiker die Lage an dem Tag einschätzte.

"Es war eine gefährliche Lage, weil man nicht weiß, was dabei rauskommt und was das für Russlands Agieren in der Zukunft bedeutet". Er habe sich bezüglich dieser Angelegenheit mit Polens Präsident abgesprochen. "Wir haben uns sehr schnell verständigt, dass wir sehr ruhig bleiben, weil wir nichts zu tun haben mit der Auseinandersetzung in Russland [...] und das wir die Lage ganz sorgfältig weiter beobachten." Laut Berichten soll der Bundesnachrichtendienst Olaf Scholz offenbar zu spät informiert haben. Das wollte die Moderatorin von ihm wissen. "Wer zu spät informiert wurde, ist der russische Präsident", sagte Scholz und wurde von Sandra Maischberger unterbrochen, weil es in der Frage nicht darum ging. Der BND hätte vorher nichts davon gewusst. "Aber sie haben uns dann immer weiter berichtet, was zu beobachten ist."Zu Berichten, dass die US-Geheimdienste angeblich früher Bescheid gewusst hätten, sagte er: "Das werden wir alle gemeinsam zu besprechen haben - auch, was der Fall ist von den Dingen, die jetzt spekuliert werden."

Olaf Scholz: Wagner-Revolte schwächte Putin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht davon aus, dass der abgebrochene Aufstand der Söldnergruppe Wagner den russischen Präsidenten Wladimir Putin geschwächt hat. "Auf alle Fälle wird das sicherlich langfristig auch Auswirkungen haben in Russland", sagte Scholz. "Ich glaube schon, dass er (Putin) geschwächt ist." Der Aufstand zeige, "dass die autokratischen Strukturen, die Machtstrukturen Risse haben" und Putin keineswegs so fest im Sattel sitze, wie er immer wieder behaupte. "Aber ich möchte mich nicht an einer Spekulation beteiligen, wie lange er noch im Amt sein wird", fügte Scholz hinzu. "Das kann lang sein oder auch kurz. Das wissen wir nicht." Dann erklärte er, dass die "Grundlage für erfolgreiche Verhandlungen Richtung Ende des Krieges" sei, "dass Russland akzeptiert, dass es Truppen zurückziehen muss." Ein Truppenrückzug bedeutet für ihn auch Frieden.

Olaf Scholz behält "Atommacht Russland" im Blick

"Sie haben ganz am Anfang von einer Sorge vor einem Atomkrieg gesprochen. ist diese Sorge eigentlich ganz weg", fragte ihn Maischberger. "Russland ist eine Atommacht", so Scholz. Es sei deshalb wichtig, sie nicht "aus den Augen zu verlieren." Zusammen mit dem chinesischen Präsidenten hätte er erklärt, "dass der Einsatz von Atomwaffen in diesem Krieg und überhaupt ausgeschlossen sein muss." Beim Treffen der G20-Staaten in Indonesien wurde dieser Aspekt in einer "gemeinsamen Erklärung" festgehalten. Wie zuvor im Gespräch sagte Scholz hoffnungsvoll, "haben wir die Situation etwas stabilisiert." Über die Gegenoffensive würde der BND informiert. Die Ukraine hätte sich "sehr sorgfältig vorbereitet" und das sei wichtig für den Erfolg. "Auch wenn da jetzt kein großer Durchbruch passiert ist, spricht viel dafür, dass es gelingt, die Frontlinie zu verschieben." Scholz betonte aber auch, dass der Krieg länger dauern kann, aber es gebe immer die Hoffnung, dass er früher endet.

Olaf Scholz wiegelt Abhängigkeit Deutschlands von Russland ab

Später zeigte Sandra Maischberger einen Clip, in dem Donald Trump, 2018 während seiner Zeit als US-Präsident, sagte, dass Deutschland abhängig von Russland sei. Scholz beantwortete das entschieden mit einem "Nein". "Es wäre gut gewesen, wenn wir Gas in Gasterminals in der Nordsee geschafft hätten". Sandra Maischberger unterbricht ihn und erklärt, er sei damals Vizekanzler gewesen und die Nordseepipeline wurde ausgebaut. Das hätte er mit genehmigt. "Sie können nicht sagen, dass sie völlig unbeteiligt waren in dieser massiven Abhängigkeit", sagt sie. Scholz bleibt bei seinem Standpunkt, dass an der Nordsee Terminals gebaut werden sollen, um somit Gas aus anderen Ländern zu erhalten. Er sagte zwar, dass Deutschland einen großen Teil Gas aus Russland bezog, es aber auch aus anderen Ländern kam. Nach dem Beginn des Krieges hat Deutschland die russischen Lieferungen gestoppt. Deutschland gelang es, die Gasspeicher trotzdem wieder aufzufüllen. "Niemand hätte gedacht, dass uns das gelingt. Das wir den letzten Winter ohne Wirtschaftskrise überstanden haben", so Scholz. 

"Welche Lehren muss man aus der Abhängigkeit ziehen? Gerade mit Blick auf China", fragte Maischberger. "Tun wir das richtige im Hinblick auf China", fragt sich Scholz im Bezug auf dein Abhängigkeitsverhältnis. Für ihn sei das kommunistische Land weiterhin ein Handelspartner. "Die Welt wird viele mächtige Länder kennen – und kein asiatisches Land wird sich von China sagen lassen, was es zu tun hat", so der SPD Politiker. Für ihn sei auch die Demokratie im Blick auf die chinesische Staatsform die bessere. 

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Olaf Scholz betont hoffnungsvoll zu Heizungsgesetz und Asylpolitik

Sandra Maischberger sprach auch die Asylpolitik an. Den Wohlstand, den sich Deutschland in den 1950er- und 1960er-Jahren aufgebaut habe, sei auch einer funktionierenden Einwanderung geschuldet. "Wenn Deutschland kein Hoffnungsland wäre, wären wir heute viel ärmer und unser Wohlstand wäre viel geringer", so Scholz und versicherte, dass die Regierung "eine nach vorne gerichtete Politik betreibt, was Migration betrifft". Deutschland hätte das modernste Recht", was wichtig zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sei. Außerdem wolle man aber am humanitären Asyl für Verfolgte festhalten. Wie bereits im ganzen Gespräch kam auch beim Heizungsgesetz seine Wir-Schaffen-das-Mentalität heraus. "Ich glaube, dass es ein gutes Gesetz ist, das sich mit der Tatsache auseinandersetzt: Wenn wir 2045 klimaneutral leben wollen, müssen wir jetzt Entscheidungen treffen, die das möglich machen."

Olaf Scholz zur AfD und Rechtspopulismus: "Schlechte-Laune-Parteien"

In letzter Zeit erstarkte der Rechtspopulismus. Die rechtspopulistischen Parteien bezeichnete Scholz als "Schlechte-Laune-Parteien". "Der Rechtspopulismus erstarkt großteils in Ländern, bei denen sich die Welt frage, ob es dort überhaupt Probleme gäbe." Er meint damit Länder wie Österreich oder Schweden. Er wies am Abend  Vorwürfe zurück, der Streit in der Ampel-Regierung sei die Hauptursache für das Erstarken der AfD. Wenn man den Eindruck erwecke, dass dies Menschen dazu motiviere, AfD zu wählen, "dann macht man sich das Thema doch ein bisschen sehr, sehr leicht", sagte Scholz. Scholz räumte zwar ein, dass die Streitereien in der Koalition mit Grünen und FDP keinen guten Eindruck machten und sich auch niederschlagen würden. Er fügte aber hinzu: "Die Herausforderung, vor der wir in dieser Hinsicht stehen, ist tiefer." Man müsse vor allem darum ringen, dass es für alle im Land eine gute Zukunft gebe und man gegenseitigen Respekt zeige. Jede und jeder müsse sicher wissen: "Was ich tue, darauf kommt es auch an."

Olaf Scholz offenbart "Erinnerungslücken" bei "maischberger"

Am Ende gab es noch eine kurze Fragerunde. Sandra Maischberger wollte Olaf Scholz auf den Cum-Ex-Skandal ansprechen. Er sollte deshalb den Satz "Ein Kanzler mit Gedächtnislücken ist", vervollständigen. "Unvermeidbar, alle haben welche, warum sollte ich keine haben". Maischberger hakte nach. Scholz daraufhin: "In Fragen, die ganz wichtig sind, sollte man das alles zusammenhalten." Es gab auch Kritik, dass Scholz sich lange nicht in der Öffentlichkeit zu Themen äußerte wies der Bundeskanzler zurück: "Ich bin der Regierungschef, der am meisten redet. Es ist aber die Frage, zu welchem Zeitpunkt das ist."

Die aktuelle Ausgabe von "maischberger" mit Olaf Scholz können Sie noch einmal in der kostenlosen ARD-Mediathek sehen.

Viel geredet, wenig gesagt? Twitter-Nutzer kritisieren "maischberger"-Talk

Der Auftritt von Olaf Scholz wurde auf Twitter diskutiert. Viele Nutzer fielen negativ mit Hetze und Populismus auf. Andere teilten aber einfach nur ihre Eindrücke vom Gespräch. "Leider wieder viel geredet wenig gesagt, Erinnerungslücken, kein Esprit, Enttäuschend, rumgescholzt, keine klare Sprache, Haltung Fehlanzeige", kritisiert eine Nutzerin den Auftritt. "Olaf Schulz: Selbstkritik Fehlanzeige", heißt es in einem weiteren Kommentar. Dem Bundeskanzler wurde auch vorgeworfen SPD-PR zu betreiben. Auch Sandra Maischberger erhält wenig gute Noten. "Eben #Maischberger geschaut und jetzt schlechte Laune. Ihr Ton gegenüber dem Bundeskanzler ist eine Frechheit. Null Respekt", findet ein Nutzer. "#Maischberger das war kein Journalismus. Nur persönlich gefärbte Attacken gegen unseren Bundeskanzler.. #Respektlos", schreibt ein weiterer User.

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/rad/news.de/dpa

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