
- CDU, CSU und SPD schließen Koalitionsverhandlungen ab
- Mindestlohn, Migration, Bürgergeld, Heizungsgesetz: Diese Änderungen stehen im Koalitionsvertrag
- Wann nimmt die neue schwarz-rote Regierung ihre Arbeit auf?
Deutschland hat eine neue Regierung: Gut sechs Wochen nach der Bundestagswahl haben CDU, CSU und SPD ihre Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung abgeschlossen und sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt, wie die Deutsche Presse-Agentur von Vertretern aus CDU, CSU und SPD erfuhr. Inzwischen sind die Kernpunkte des Koalitionsvertrages offengelegt worden.
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Die Parteien müssen dem Vertrag nun noch zustimmen, bevor er dann unterzeichnet und CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum Kanzler gewählt werden kann. Bei der SPD stimmen die Mitglieder darüber ab, bei der CDU soll ein kleiner Parteitag darüber entscheiden, bei der CSU der Vorstand.
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Koalitionsvertrag von Union und SPD: Das sind die wichtigsten Kernpunkte
Was CDU, CSU und SPD für ihre künftige schwarz-rote Koalition vereinbart haben, liest sich in den wichtigsten Eckpunkten wie folgt - wer mag, kann den Koalitionsvertrag auch komplett als PDF lesen.
+++ Koalition will Rentenniveau von 48 Prozent festschreiben +++
Union und SPD wollen das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent gesetzlich festschreiben. Diese Haltelinie beim Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente im Verhältnis zum durchschnittlichen Lohn in Deutschland soll bis 2031 gelten.
+++ Beschleunigte Einbürgerung für gut Integrierte soll fallen +++
Die von der Ampel-Regierung beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer soll wieder abgeschafft werden. Darauf haben sich CDU, CSU und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen geeinigt. An der Reduzierung der Wartefrist für normale Einbürgerungen von acht auf fünf Jahre und an der Erlaubnis für den Doppelpass will man demnach aber festhalten.
+++ Stopp des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte +++
Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen. CDU, CSU und SPD haben sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, dass der Familiennachzug für diesen Personenkreis nur noch in Härtefällen erlaubt sein soll. Aktuell gilt für die Angehörigen von Menschen mit subsidiärem Schutzstatus ein Kontingent von 1.000 Einreiseerlaubnissen pro Monat.
+++ Verschärfung beim Bürgergeld geplant +++
Union und SPD wollen das heutige Bürgergeld verschärfen. Mit einer "neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende" sollen nach dem schwarz-roten Koalitionsvertrag schärfere Sanktionen bis zum vollständigen Entzug der Leistungen greifen können, wie die neuen Koalitionspartner mitteilten.
+++ Schwarz-rote Koalition plant keine Rückkehr zur Atomkraft +++
Union und SPD wollen bis auf Weiteres keine Rückkehr Deutschlands zur Nutzung von Atomenergie prüfen. Das geht aus dem Entwurf für den Koalitionsvertrag hervor, auf den sich CDU, CSU und SPD geeinigt haben. Darin finden sich, anders als es sich zunächst angedeutet hatte, keine Regelungen zum Thema Atomausstieg.
Die Fachpolitiker der drei Parteien hatten unter anderem über eine "fachliche Bestandsaufnahme" zur möglichen Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke diskutiert. Diese Bestandsaufnahme ist nun zumindest laut Koalitionsvertrag vom Tisch.
Darin heißt es lediglich, dass die künftigen Koalitionäre "neuartige Klimatechnologien" voranbringen und die Fusionsfoschung "stärker fördern" wollen. Ziel sei es, in Deutschland den ersten Fusionsreaktor der Welt zu bauen.
+++ Union und SPD möchten Heizungsgesetz abschaffen +++
Union und SPD wollen das Heizungsgesetz streichen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor. "Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen", heißt es dort. Das neue Gebäudeenergiegesetz solle "technologieoffener, flexibler und einfacher" werden. Die erreichbare CO2-Vermeidung solle "zur zentralen Steuerungsgröße" werden.
Die Union als Wahlsieger hatte angekündigt, das Gebäudeenergiegesetz (GEG), oft als Heizungsgesetz bezeichnet, grundlegend zu überarbeiten. In der SPD gibt es ebenfalls Stimmen für eine Vereinfachung des GEG.
Das neue Gebäudeenergiegesetz ist seit Anfang 2024 in Kraft. Ziel sind mehr Klimaschutz im Gebäudebereich und ein schrittweiser Umstieg auf klimafreundlichere Heizungen. Vorausgegangen waren lange und harte Verhandlungen innerhalb der Ampel-Koalition. Am Gesetz gab es von Anfang an viel Kritik, weil es viele kleinteilige Regelungen gebe.
+++ Schwarz-Rot peilt 15 Euro Mindestlohn für 2026 an +++
Union und SPD peilen für nächstes Jahr einen Mindestlohn von 15 Euro in der Stunde an. Die Entscheidung darüber bleibt jedoch bei der zuständigen Kommission von Experten, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dies geht aus dem vereinbarten Koalitionsvertrag der künftigen Regierungspartner hervor.
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Die SPD und andere Befürworter einer Erhöhung argumentieren, nach EU-Regeln sei diese Lohnuntergrenze in Deutschland zu niedrig. Demnach soll der Mindestlohn nicht weniger als 60 Prozent des sogenannten Medianlohns eines Landes sein. Das ist eine statistische Rechengröße, sie wird auch "mittlerer" Lohn genannt.
Im Entwurf des Koalitionsvertrags heißt es: "Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar."
Ziel sei zudem eine höhere Tarifbindung. "Deswegen werden wir ein Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen", heißt es im Text. Für kleinere Unternehmen soll es Ausnahmen geben.
Von einer Erhöhung des Mindestlohns würden nach Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds etwa sechs Millionen Menschen mit sehr schmalem Einkommen profitieren. Gemessen an den Arbeitsverhältnissen ist die Zahl noch größer: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag im April 2024 in rund 9,5 Millionen Jobs der Stundenlohn unter 15 Euro. Kehrseite ist die Befürchtung höherer Preise zum Beispiel beim Friseur oder in Restaurants.
+++ Union und SPD wollen Nationalen Sicherheitsrat +++
Union und SPD haben sich auf die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates im Bundeskanzleramt verständigt. Dieser solle wesentliche Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren, eine gemeinsame Lagebewertung vornehmen und somit das Gremium der gemeinsamen politischen Willensbildung sein, heißt es in dem von den Spitzenvertretern vereinbarten Koalitionsvertrag.
+++ Deutschlandticket soll auch nach 2025 bleiben +++
Das Deutschlandticket für den Nahverkehr soll nach dpa-Informationen auch nach 2025 erhalten bleiben, Nutzer müssen sich aber von 2029 an auf Preiserhöhungen einstellen. Darauf haben sich CDU, CSU und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen verständigt, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.
+++ Union und SPD wollen höhere Pendlerpauschale ab 2026 +++
Union und SPD wollen Pendler steuerlich entlasten. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, soll die Pendlerpauschale ab 2026 bereits vom ersten Kilometer an bei 38 Cent liegen.
+++ Union und SPD wollen zunächst Freiwilligkeit bei Wehrdienst +++
Union und SPD wollen ein neues und zunächst auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell einführen. Noch in diesem Jahr sollten dazu die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden, heißt es in dem von den Spitzenvertretern vereinbarten Koalitionsvertrag.
+++ Koalition will Bonpflicht abschaffen +++
Im Rahmen eines umfassenden Bürokratieabbaus will die Koalition aus CDU, CSU und SPD auf die verpflichtende Ausgabe von Kassenbons verzichten. «Die Bonpflicht wird abgeschafft», betonte der CSU-Vorsitzende Markus Söder bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags in Berlin. Seit 2020 müssen Händler mit elektronischen Kassensystemen ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg aushändigen. Dadurch soll Steuerbetrug verhindert werden.
+++ Aufarbeitung der Corona-Pandemie geplant +++
Das staatliche Vorgehen in der Corona-Krise soll nach Plänen von Union und SPD vom Bundestag aufgearbeitet werden. "Wir werden die Corona-Pandemie umfassend im Rahmen einer Enquete-Kommission aufarbeiten, insbesondere um daraus Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse abzuleiten", vereinbarten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag.
+++ Schwarz-rote Koalition will Anpassung an Klimawandel vorantreiben +++
Union und SPD wollen die Anpassung an die Folgen des Klimawandels weiter vorantreiben. Das geht aus dem Entwurf für den Koalitionsvertrag hervor, auf den sich CDU, CSU und SPD geeinigt haben. Darin heißt es: "Wir werden die Klimaanpassungsstrategie umsetzen und dazu die bestehenden Förderprogramme zielgerichtet und effizient nutzen und gegebenenfalls anpassen", heißt es darin. Hochwasser- und Küstenschutzmaßnahmen sollen demnach "beschleunigt" werden.
Die Finanzierung von Vorsorgemaßnahmen zu Extremereignissen wie Starkregen und Dürre solle auf "solide Beine" gestellt werden, versprechen die künftigen Koalitionäre. Dazu solle auch die Einführung einer sogenannten "Gemeinschaftsaufgabe" geprüft werden. Gemeinschaftsaufgabe bedeutet, dass Bund und Länder sich dauerhaft gemeinsam an der Finanzierung einer Aufgabe beteiligen. Gemeinschaftsaufgaben sind nach Artikel 91 des Grundgesetzes zum Beispiel der Agrar-und Küstenschutz und die Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Experten fordern seit längerem, die Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel als gemeinsame Aufgabe im Grundgesetz zu verankern. Auch die bisherige Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte sich vergeblich dafür eingesetzt.
+++ Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen geplant +++
Union und SPD wollen die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen senken. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, soll das zur Mitte der Legislatur passieren, also in etwa zwei Jahren. Details nennen die Parteien allerdings nicht.
Der umstrittene Solidaritätszuschlag soll unverändert bestehen bleiben. Einkommensstarke Bürger und Unternehmen müssen die Sonderabgabe zur Finanzierung der Wiedervereinigung also weiterhin zahlen. Alle drei Parteien müssen dem Vertrag allerdings noch zustimmen.
+++ Cannabis-Gesetz soll "ergebnisoffen" geprüft werden +++
Union und SPD wollen die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene auf den Prüfstand stellen - eine Rücknahme wurde aber nicht im Koalitionsvertrag festgeschrieben. "Im Herbst 2025 führen wir eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis durch", heißt es in dem gemeinsamen Dokument von CDU, CSU und SPD. Eine erste Evaluierung sieht das geltende Gesetz bereits vor.
CDU und CSU hatten in ihrem Wahlprogramm aufgenommen, das Cannabis-Gesetz der Ampel-Koalition wieder abzuschaffen. Es lässt seit 1. April 2024 das Kiffen für Volljährige mit zahlreichen Beschränkungen zu. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Zulässig sind auch nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" mit bis zu 500 Mitgliedern. Für Jugendliche unter 18 Jahren bleibt Cannabis verboten.
+++ Koalitionäre planen mehr neue Militärtechnik +++
Union und SPD wollen in einer gemeinsamen Bundesregierung den Weg zur Einführung moderner Militärtechnik freimachen. Dazu seien auch ein vereinfachter Zugang und ein vertiefter Austausch mit Forschungseinrichtungen, dem akademischen Umfeld, Start-Ups und der Industrie notwendig, heißt es im vereinbarten Text für einen Koalitionsvertrag.
Dies gelte insbesondere für die Bereiche: Satellitensysteme, Künstliche Intelligenz, unbemannte, auch kampffähige Systeme, den sogenannten Elektronischen Kampf, Cyber, den Einsatz von Software sowie Hyperschallsysteme.
"Außerdem wollen wir die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands im Weltraum entschlossen und zügig ausbauen. Eine nationale Weltraumsicherheitsstrategie werden wir im ersten Regierungsjahr veröffentlichen", heißt es weiter.
Das Planungs- und das Beschaffungswesen sollen reformiert werden. "Für einzelne Großprojekte, aber auch für Zukunftstechnologiebereiche, die einer hohen Innovationsdynamik unterliegen, werden wir neue Realisierungswege implementieren", heißt es im Text.
Union und SPD wollen zudem das Verfahren der Parlamentsbeteiligung in Beschaffungsfragen beschleunigen und empfehlen, die Höhe des Schwellenwertes für Beschaffungsvorlagen zu erhöhen. Bisher muss der Bundestag bei Projekten im Umfang von mehr als 25 Millionen Euro beteiligt werden.
+++ Union und SPD planen Kaufanreize für E-Autos +++
Union und SPD wollen die Nachfrage nach Elektroautos wieder stärker ankurbeln. "Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern", heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Genauere Angaben zur Höhe und mögliche Bedingungen wurden nicht festgeschrieben.
Zudem sollen demnach weitere Maßnahmen ergriffen werden, unter anderem bei steuerlichen Vergünstigungen für E-Fahrzeuge als Dienstwagen. E-Autos sollen bis 2035 von der Kfz-Steuer befreit sein. Kommen soll ein Programm für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen, um den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität zu unterstützen.
Nach dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung Ende 2023 war der Absatz von Elektroautos eingebrochen. Die damalige Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte das Ende des sogenannten Umweltbonus mit Sparzwängen nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts begründet.
+++ Koalition plant "massive Investitionen" in Kitas +++
Die künftige Koalition aus Union und SPD will in den kommenden Jahren nach eigenen Angaben "massiv" in Kitas investieren. "Kinder brauchen moderne und gut ausgestattete Räume, denn die Basis des Bildungserfolgs wird bereits in Krippen und Kitas gelegt", heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Die Koalition wolle unter anderem in den Neubau, Ausbau und die Sanierung von Krippen und Kindertagesstätten investieren, heißt es dazu weiter. Eine konkrete Investitionssumme wird in dem Koalitionsvertrag, den die Parteien noch absegnen müssen, nicht genannt.
Um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu verbessern, plant die Koalition die Ausweitung des bislang auf Schulen begrenzten Startchancen-Programms auf Kitas. Das Programm, mit dem 4.000 Schulen und Berufsschulen in Deutschland finanziell gefördert werden, war im vergangenen Jahr angelaufen. Schulen in sozial schwierigen Lagen, besonders Grundschulen, bekommen demnach Geld für die Gestaltung von Räumen und Lernorten und für zusätzliches Personal wie Sozialarbeiter. Über zehn Jahre stehen für das Programm 20 Milliarden Euro zur Verfügung. Von dieser Förderung sollen laut Koalitionsvertrag künftig auch Kitas profitieren.
Auch die Bundesmittel für die sogenannten Sprach-Kitas will die künftige schwarz-rote Bundesregierung wieder einführen. Die Bundesförderung, von der zuletzt 6.000 Kitas mit besonderem Fokus auf Spracherwerb und -entwicklung profitiert hatten, war im Juni 2023 ausgelaufen. Die Union hatte das Auslaufen scharf kritisiert; sie fordert seit längerem, dass der Bund wieder in die Finanzierung des Angebots einsteigt.
Um die Qualität in den Kitas sicherzustellen, will die künftige Regierung auch Maßnahmen zur Sicherung von Fachkräften ergreifen. "Eine verlässliche Kinderbetreuung setzt mehr Fachkräfte voraus", heißt es dazu. Unter anderem wollen Union und SPD auch für Erzieherinnen und Erzieher die Möglichkeit einer dualen Ausbildung einführen. Auch die Anwerbung internationaler Fachkräfte für Kitas soll demnach beschleunigt, ausgeweitet und vereinfacht werden.
+++ Bundesweite Sprachtestpflicht für Vierjährige +++
Angesichts schlechter werdender Lese-, Schreib und Rechenleistungen bei Grundschülern planen Union und SPD die Einführung einer bundesweiten Pflicht für Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen.
"Für gutes Aufwachsen und Chancengerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland werden wir die verpflichtende Teilnahme aller Vierjährigen an einer flächendeckenden, mit den Ländern vereinbarten Diagnostik des Sprach- und Entwicklungsstands einführen", heißt es im Koalitionsvertrag, auf den sich die Parteien geeinigt haben. Sollten solche Tests einen Förderbedarf zeigen, erwarte man von den Ländern verpflichtende Fördermaßnahmen und -konzepte, heißt es weiter.
Schulleistungstests hatten in der Vergangenheit wachsende Defizite bei Grundschülern deutlich gemacht. Bildungsexperten fordern schon lange eine stärkere Förderung betroffener Kinder bereits im Vorschulalter. Im zuletzt erschienenen Nationalen Bildungsbericht kritisierten sie ein unterschiedliches Vorgehen der Länder. Während in sieben Ländern alle Kinder vor der Einschulung mit unterschiedlichen Erhebungsverfahren getestet würden, führten weitere sieben Länder solche Erhebungen nur bei bestimmten Gruppen durch, und in zwei Ländern werde keine landesweite Diagnostik vorgenommen. Da Bildung und Kitas Ländersache sind, kann der Bund allerdings keine einheitlichen Regeln vorschreiben. Die künftige Koalition kann dies nur in Zusammenarbeit mit den Ländern umsetzen.
+++ Koalition will Wochenarbeitszeit statt Acht-Stunden-Tag +++
Union und SPD haben sich vorgenommen, statt des üblichen Acht-Stunden-Tags einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit einzuführen. Dies geht aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hervor. Das Vorhaben soll aber in Absprache mit Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgestaltet werden.
Im Textentwurf heißt es: "Beschäftigte und Unternehmen wünschen sich mehr Flexibilität. Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen - auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zur konkreten Ausgestaltung werden wir einen Dialog mit den Sozialpartnern durchführen."
Die Gewerkschaften haben große Bedenken gegen die mögliche Ausweitung der täglichen Arbeitszeit. Sie befürchten das Ende des üblichen Acht-Stunden-Tags, der seit 1918 in Deutschland gilt. Bisher heißt es im Arbeitszeitgesetz: "Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten." Nur in Ausnahmen sind zehn Stunden pro Tag möglich.
Die Koalition hat zudem vereinbart, "die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeit unbürokratisch" zu regeln und für kleinere Unternehmen angemessene Übergangsregeln vorzusehen.
+++ Bafög soll im kommenden Jahr deutlich steigen +++
Union und SPD planen eine Bafög-Erhöhung im nächsten Jahr. Die im Bafög enthaltene Wohnkostenpauschale für Studierende, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, soll von derzeit 380 auf 440 Euro im Monat angehoben werden, wie aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hervorgeht. Die Anhebung ist demnach zum Wintersemester 2026/2027 geplant.
Dem Papier zufolge soll außerdem der sogenannte Bafög-Grundbedarf, der aktuell bei 475 Euro im Monat liegt, in zwei Schritten zum Wintersemester 2027/2028 und ein Jahr später dauerhaft an das Niveau der Grundsicherung angepasst werden. Das Deutsche Studierendenwerk hatte immer wieder kritisiert, dass der als Grundbedarf ausgewiesene Satz im Vergleich zu anderen staatlichen Leistungen chronisch zu niedrig sei. Der eigentliche Bafög-Satz wird immer individuell nach Einkommen der Eltern und anderen Faktoren berechnet.
+++ Union und SPD wollen deutsches Lieferkettengesetz streichen +++
Zur Entlastung der Wirtschaft wollen Union und SPD das deutsche Lieferkettengesetz abschaffen. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor.
"Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt." Die Berichtspflicht nach dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz "wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett", wie es im Koalitionsvertrag heißt.
Das seit Anfang 2023 geltende Gesetz soll sicherstellen, dass bei Produkten, die im Ausland für den deutschen Markt hergestellt werden, bestimmte Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden. Die betroffenen Unternehmen klagen jedoch über Wettbewerbsnachteile und hohen bürokratischen Aufwand. Vor wenigen Monaten war ein europäisches Lieferkettengesetz beschlossen worden, das von den EU-Staaten binnen zwei Jahren umgesetzt werden muss. Die europäische Regelung wird allerdings voraussichtlich ein Jahr später in Kraft treten, nachdem das Europaparlament vor Kurzem den Weg freigemacht hat für eine Verschiebung.
+++ Union und SPD wollen Milliarde bei Förderprogrammen sparen +++
Union und SPD wollen in den nächsten vier Jahren deutlich sparen - auch bei Förderprogrammen und Beiträgen für internationale Organisationen. Wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht, soll bei den Förderprogrammen im Bundeshaushalt insgesamt eine Milliarde Euro eingespart werden. Welche Programme das betreffen soll, ist allerdings nicht festgelegt.
Außerdem sollen in der Bundesverwaltung in vier Jahren acht Prozent der Stellen abgebaut werden - mit einer Ausnahme für Sicherheitsbehörden. Es soll nur noch halb so viele Beauftragte des Bundes geben. Die Ausgaben für externe Berater sollen in allen Ministerien reduziert werden.
Freiwillige Beiträge zu internationalen Organisationen sollen gekürzt werden. Bis 2029 sollen in allen Ministerien mit Ausnahme der Sicherheitsbehörden die Verwaltungsausgaben um zehn Prozent schrumpfen.
+++ Union und SPD planen gesetzlichen Mutterschutz für Selbstständige +++
Union und SPD wollen für selbstständige Frauen, die ein Kind zur Welt bringen, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz schaffen. "Wir wollen einen Mutterschutz für Selbstständige analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte einführen", heißt es dazu im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, den die drei Parteien noch absegnen müssen. Ziel sei es, "zeitnah umlagefinanzierte und andere geeignete Finanzierungsmodelle" zu prüfen, um auch selbstständigen Müttern künftig die vollen Mutterschutzleistungen zu ermöglichen.
Bislang haben selbstständige Frauen, die ein Kind erwarten, keinen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutzleistungen. Das Mutterschutzgesetz, das diesen Leistungen zugrunde liegt, gilt nur für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen, Auszubildende und Studentinnen.
Selbstständige können sich dagegen lediglich freiwillig absichern, um in den sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach Ersatz für den Verdienstausfall zu erhalten - etwa über eine private Krankenversicherung oder die freiwillige Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die neue Regierungskoalition plant hier nach eigenen Angaben einen engen Austausch mit der Versicherungswirtschaft. Gemeinsam mit der Branche solle es Konzepte "für die Absicherung der betroffenen Betriebe" geben, heißt es. Außerdem planen Union und SPD eine Aufklärungskampagne zum Thema Mutterschutz.
Erst vor wenigen Monaten hatte die zuletzt regierende Minderheitsregierung aus SPD und Grünen mit Hilfe der Union den Anspruch auf Mutterschutz ausgeweitet. Ab Juni dieses Jahres können auch Frauen Mutterschutzleistungen beziehen, die ab der 13. Woche eine Fehlgeburt erleiden.
Zuvor hatte es bei Fehlgeburten bis zur 24. Schwangerschaftswoche generell keinen Anspruch auf Mutterschutz gegeben. Die Neuregelung sieht einen gestaffelten Anspruch vor: je später die Fehlgeburt, desto länger der Anspruch auf Mutterschutz. Bei einer Fehlgeburt nach der 20. Schwangerschaftswoche kann eine Frau demnach bis zu acht Wochen bei vollem Lohnausgleich pausieren.
+++ Schwarz-Rot plant Industriestrompreis +++
Union und SPD wollen energieintensive Unternehmen mit einem Industriestrompreis entlasten. Das geht aus dem Koalitionsvertrag hervor.
+++ Koalitionäre wollen Vorratsdatenspeicherung wieder einführen +++
Union und SPD wollen Telekommunikationsanbieter künftig dazu verpflichten, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern. Das geht aus dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD hervor, auf den sich die Verhandler verständigt haben. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden.
+++ Union und SPD wollen Elterngeld "spürbar" erhöhen +++
Künftige Eltern können auf ein höheres Elterngeld hoffen. Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, die Beträge "spürbar" zu erhöhen. Das geht aus dem Entwurf für den Koalitionsvertrag hervor, auf den sich CDU, CSU und SPD geeinigt haben. Die Parteien müssen dem Vertragswerk in den kommenden Wochen noch zustimmen.
Demnach sollen sowohl der Mindestsatz von derzeit 300 Euro als auch der Höchstsatz von 1800 Euro angehoben werden. Wie hoch die Steigerung künftig ausfallen soll, blieb zunächst unklar. Geplant ist auch die Einführung eines Elterngelds für Pflegeeltern. Dazu heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags: "Wir stärken die Rechte von Pflegeeltern und führen für sie ein Elterngeld ein."
Elterngeld gibt es als Einkommensersatz für Mütter und Väter, wenn sie für die Kinderbetreuung eine Auszeit von der Arbeit nehmen. Es beträgt in der Regel 65 Prozent des Netto-Verdienstes vor der Geburt, mindestens aber 300 Euro und höchstens 1.800 Euro pro Monat. Wie das Bundesfamilienministerium auf dpa-Anfrage mitteilt, erhielten im vergangenen Jahr knapp 1,67 Millionen Elternteile die Leistung. Davon bekamen 290.105 Personen den Höchstbetrag und 349.157 den Mindestsatz.
Fachleute halten eine Reform des Elterngelds seit längerem für überfällig. Seit seiner Einführung 2007 wurden der Mindest- und der Höchstsatz nicht erhöht. Wegen des fehlenden Inflationsausgleichs hat die Leistung seitdem rund 38 Prozent an Kaufkraft verloren, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gezeigt hatte.
+++ Aus Bildungsministerium wird Raumfahrtministerium +++
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird umgebaut zu einem Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Darauf haben sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verständigt, wie aus dem Papier hervorgeht. "Raumfahrt ist eine Zukunfts- und Schlüsseltechnologie und auch für unsere Sicherheit und unsere militärischen Fähigkeiten zentral", heißt es darin. Mit einer Offensive für Luft- und Raumfahrt bringe man Spitzenforschung und Kommerzialisierung erfolgreich zusammen.
Geführt werden soll das Ministerium von der CSU. Parteichef und Weltraum-Fan Markus Söder (CSU) hatte schon 2018 unter dem Schlagwort "Bavaria One" ein auf zehn Jahre angelegtes Luft- und Raumfahrtprogramm des Freitstaats angekündigt, das kontrovers diskutiert wurde.
Der Bereich Bildung und Schule soll den Plänen zufolge aus dem bisherigen Ministerium herausgelöst und dem Familienministerium angegliedert werden. Das ist auch für Kitas zuständig. In der Bildungspolitik wird schon lange darüber diskutiert, beide Bereiche zusammenzuführen.
+++ Union und SPD verständigen sich auf Digitalministerium +++
Union und SPD haben sich auf die Einrichtung eines neuen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung verständigt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen.
Schwarz-rot schließt Koalitionsverhandlungen nach rund sechs Wochen ab
Die Koalitionsverhandlungen hatten Mitte März begonnen, drei Wochen nach der Bundestagswahl am 23. Februar. Zuvor hatten sich Union und SPD in Sondierungsgesprächen bereits auf ein elfseitiges Eckpunktepapier verständigt, das unter anderem die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen vor allem in die Infrastruktur vorsah.
Die Arbeitsgruppen legten dann auf insgesamt mehr als 160 Seiten Vorschläge für den Koalitionsvertrag vor. Die vielen strittigen Punkten, die darin noch enthalten waren, sind nun geklärt. Der Koalitionsvertrag soll um 15.00 Uhr auf einer Pressekonferenz der Parteivorsitzenden vorgestellt werden.
7. Mai als Wahltag: Wann wird Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler gewählt?
Bis eine schwarz-rote Regierung loslegen kann, wird es trotzdem noch eine Weile dauern. Das Mitgliedervotum der SPD wird etwa zwei Wochen dauern. Das Ergebnis wird also erst nach Ostern verkündet. Der kleine Parteitag der CDU dürfte Ende April stattfinden.
Geht alles glatt, kann die Wahl des Kanzlers im Bundestag und die Vereidigung des Kabinetts Anfang Mai stattfinden. Im Gespräch ist der 7. Mai. Dann hätte Deutschland fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP am 6. November 2024 eine neue Regierung.
Merz: Koalitionsvertrag kann AfD zurückdrängen
Der schwarz-rote Koalitionsvertrag ist nach Einschätzung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz eine "sehr gute Grundlage", um die AfD zurückzudrängen. Wenn die Menschen das Gefühl hätten, dass die politische Mitte die Probleme des Landes nicht nur beschreiben, sondern auch lösen könne, entziehe das Extremisten den Boden, sagte Merz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags in Berlin. Konkret verwies er auf die Vereinbarungen von CDU, CSU und SPD zur Zurückdrängung der illegalen Migration und zur Belebung der Wirtschaft.
Wenige Stunden zuvor war eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Ipsos bekannt geworden, in der die AfD erstmals auf Bundesebene vor der Union lag. In der sogenannten Sonntagsfrage kam die AfD auf 25 Prozent, CDU und CSU erreichten lediglich 24 Prozent. Unter Verweis auf die bisherige Ampel-Koalition betonte Merz allerdings, das Erstarken der AfD in den vergangenen Jahren habe nicht der bisherige Oppositionsführer - also er selber - zu verantworten. "Das hatte andere Gründe, und die beseitigen wir jetzt gemeinsam."
Klingbeil bremst: Vieles unter Finanzierungsvorbehalt
SPD-Chef Lars Klingbeil hat vor zu großen Erwartungen an die im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarten Pläne gewarnt. Vieles was in dem Papier aufgeführt sei, stehe unter Finanzierungsvorbehalt, sagte Klingbeil in Berlin. "Uns ist klar, dass alles, was in diesem Koalitionsvertrag steht, dass es finanziert werden muss, und deswegen gibt es ganz wenige Verabredungen, wo sie lesen werden, dass da steht "wir werden" - und bei einigen steht "wir wollen", und das heißt, wir nehmen es uns vor, aber ob es finanziert werden kann, das muss am Ende geprüft werden."
Die SPD soll laut Koalitionsvertrag für das Bundesfinanzministerium verantwortlich sein. Klingbeil führte aus, dass in Regierung und Verwaltung sowie durch geplante Reformen in der Grundsicherung und in der Entwicklungszusammenarbeit Einsparungen möglich seien und so finanzielle Spielräume erweitert würden. Er fügte aber hinzu, dass es mit dem Koalitionsvertrag einen Plan gebe, "der von Solidität geprägt ist, der keine Luftschlösser baut", sodass nicht wieder Kämpfe wie in der vergangenen Regierung geführt werden müssten.
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loc/news.de/dpa
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