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Ukraine-Krieg heute im News-Ticker : Selenskyj fordert besseren Schutz für Energiesystem im Winter

Eine russische Rakete tötet in einem ostukrainischen Dorf jeden sechsten Bewohner. Russland soll weitere Drohnenangriffe in der Ukraine verübt haben. Alle News zum Ukraine-Krieg lesen Sie hier.

Der Ukraine-Krieg dauert an. Das sind die aktuellen News. (Foto) Suche
Der Ukraine-Krieg dauert an. Das sind die aktuellen News. Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | Sergei Guneyev

Der verheerende russische Raketenangriff auf das Dorf Hrosa im ostukrainischen Gebiet Charkiw mit mehr als 50 Toten hat international Entsetzen ausgelöst. Russlands Armee sei "das absolut Böse", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in seiner abendlichen Videoansprache. Auch Vertreter von EU und den Vereinten Nationen verurteilten den brutalen Angriff auf die Zivilisten scharf.

Russische Militärs haben in der Nacht zum Freitag nach Darstellung ukrainischer Medien erneut Ziele in der Ukraine mit sogenannten Kamikaze-Drohnen angegriffen. Die in drei Wellen anfliegenden Drohnen hatten unter anderem Tscherkassy im Landesinneren und die südukrainische Hafenstadt Odessa zum Ziel. In beiden Städten wurde die Luftabwehr aktiv.

Russland wiederum berichtete von ukrainischen Attacken. Unter anderem sei am frühen Freitagmorgen der Marinestützpunkt in Sewastopol auf der besetzten Halbinsel Krim mit ukrainischen Marine-Drohnen angegriffen worden, berichtete die Staatsagentur Tass.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - alle aktuellen Entwicklungen am 03.10.2023 im Überblick

+++ Selenskyj fordert besseren Schutz für Energiesystem im Winter +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert angesichts zu erwartender neuer russischer Angriffe die schnelle Stärkung des Energiesystems der Ukraine für den Winter. "Es ist sehr wichtig, diesen Winter zu gewinnen, alle Schwierigkeiten zu meistern und unserem Volk Schutz zu bieten", sagte Selenskyj am Freitag in seiner täglichen Videoansprache. Im vergangenen Herbst und Winter hatte Russland massiv die Energieinfrastruktur des Nachbarlandes attackiert und viele Ukrainer monatelang in Kälte und Dunkelheit gestürzt.

Russlands Führung wiederhole stets seine Fehler und Bösartigkeiten. "Und wenn ihnen etwas nicht gelingt, denken sie, dass sie wohl nicht genug Böses getan haben, um Erfolg zu haben", sagte Selenskyj. Daher werde Russland in diesem Winter das Energiesystem noch stärker beschießen als im Vorjahr, zeigte er sich überzeugt.

Laut dem ukrainischen Präsidenten ist das Land aber diesmal besser vorbereitet auf solche Attacken - unter anderem durch die vom Westen gelieferte Flugabwehr. In dem Zusammenhang dankte er Bundeskanzler Olaf Scholz für die Zusage eines weiteren Patriot-Systems. Er forderte aber auch die regionalen Behörden zu einer Stabilisierung des Stromnetzes auf, um einzelne Treffer besser wegstecken zu können.

+++ Bundesregierung verurteilt russischen Angriff auf Dorf in der Ukraine +++

Die Bundesregierung hat den russischen Angriff auf ein Dorf im ostukrainischen Gebiet Charkiw auf das Schärfste verurteilt. "Mindestens 50 Zivilisten sind gestern Opfer eines brutalen und menschenverachtenden Angriffs des russischen Aggressors geworden", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin.

Sie sagte: "Gezielte Angriffe auf Zivilisten und die zivile Infrastruktur sind eine gravierende Verletzung des humanitären Völkerrechts. Wir verurteilen sie aufs Schärfste und fordern Russland auf, das sinnlose Töten sofort einzustellen und das humanitäre Völkerrecht zu beachten."

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw wurden Behördenangaben zufolge bei dem russischen Angriff mindestens 51 Menschen getötet. Unweit der Stadt Kupjansk seien am Donnerstag im Ort Hrosa ein Café und ein Lebensmittelgeschäft getroffen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Unter den Toten sei auch ein sechs Jahre altes Mädchen. Sechs weitere Menschen wurden demnach verletzt.

+++ Ukraine meldet russischen Beschuss - Kind in Charkiw getötet +++

Russland hat die Ukraine nach Militärangaben aus Kiew erneut massiv mit Drohnenangriffen und Artilleriefeuer unter Beschuss genommen. In der ostukrainischen Stadt Charkiw starb bei russischem Beschuss eines Wohnhauses ein zehn Jahre altes Kind, wie die Behörden am Freitag mitteilten. Der Junge sei aus den Trümmern gezogen worden. Mehrere Menschen wurden demnach verletzt. Auf einem Video waren auch schwere Zerstörungen auf der Straße in dem Wohnviertel zu sehen. Dort schlug nach ersten Erkenntnissen eine Rakete ein.

Die ukrainischen Luftstreitkräfte meldeten am Morgen, dass die Flugabwehr des Landes 25 von 33 russischen Drohnen zerstört habe. Betroffen gewesen von den Angriffen sei einmal mehr auch der Süden der Ukraine, darunter das Gebiet Odessa. Im Donaugebiet seien unter anderem ein Getreidespeicher beschädigt worden und mehrere Lastwagen in Brand geraten. Es gebe keine Verletzten, hieß es.

Nach Angaben des Generalstabs in Kiew standen zudem mehr als 110 Ortschaften der Ukraine unter russischem Artilleriebeschuss. Den Angaben zufolge wurden mehrere russische Angriffe zurückgeschlagen.

Die ukrainischen Streitkräfte führen seit Monaten eine Gegenoffensive zur Befreiung ihrer von russischen Truppen besetzten Gebiete im Osten und Süden des Landes. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 19 Monaten mit westlicher Militärhilfe gegen den russischen Angriffskrieg.

+++ Kiesewetter: Scholz geht mit Taurus-Entscheidung erneut Sonderweg +++

Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter hat das vorläufige Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörper als einsame Entscheidung kritisiert. "Mit der Absage der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern und der Verzögerung jeglicher Planung seit Mai geht Deutschland erneut einen Sonderweg. Damit verlieren wir Vertrauen in Europa und den USA und irritieren unsere Partner insbesondere Großbritannien und Frankreich, die bereits ähnliche Marschflugkörper liefern", sagte Kiesewetter der Deutschen Presse-Agentur.

Die Ukraine brauche weitreichende und hochpräzise Waffensysteme, um eine größere Chance zu haben, die russischen Versorgungslinien zur Krim abzuschneiden, über die ein Großteil des russischen Nachschubs laufe. Mit der Befreiung der Krim käme die Ukraine in eine stärkere Position, sagte Kiesewetter. "So könnte der Krieg womöglich schneller und mit weniger Blutvergießen beendet werden."

Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen erhob schwere Vorwürfe gegen die Ampel-Regierung. "Dem Kanzler hier zu folgen ist ein kollektives Versagen der Ampel und die Verantwortung für die Folgen trifft die gesamte Ampel", sagte er der "Bild"-Zeitung (Freitag). Für Außenministerin Annalena Baerbock, Vizekanzler Robert Habeck (beide Grüne), Finanzminister Christian Lindner als FDP-Chef und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sei diese Fehlentscheidung zugleich ein fundamentaler Glaubwürdigkeitsverlust.

Scholz hatte sein vorläufiges Nein zu Taurus-Marschflugkörpern am Donnerstag damit begründet, dass er eine Eskalation des Krieges vermeiden will. Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, "was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind", sagte Scholz nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada. "Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird."

+++ Heusgen hält Taurus-Raketen-Lieferung an Ukraine für legitim +++

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat sich für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen und sich damit gegen die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz gestellt. Es sei "legitim und wichtig", wenn die Ukraine mit deutschen Taurus-Marschflugkörpern die von Russland vor fünf Jahren erbaute Krim-Brücke angreifen wolle, sagte Heusgen am Donnerstag im ZDF-«heute journal». Scholz (SPD) hatte zuvor trotz eindringlicher Bitten der Ukraine klar gemacht, vorerst keine Taurus-Marschflugkörper in das Kriegsgebiet zu liefern.

Sein vorläufiges Nein zu Taurus begründete Scholz damit, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Stattdessen sagte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag am Rande des Europa-Gipfels in Granada ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem für die Wintermonate zu.

Heusgen hielt die Sorge von Scholz für unbegründet, dass es für Taurus deutsche Soldaten in der Ukraine brauche. Denn nach britischen und französischen Angaben könnten inzwischen Ukrainer solche Waffen selbst programmieren. «Dann sehe ich keine Bedenken, warum wir nicht im Verbund mit England und Frankreich diese wichtigen Marschflugkörper liefern sollten», sagte Heusgen. Vor allem die Entsendung eigenen Personals in die Ukraine kommt für die Bundesregierung nicht infrage.

Es sei für die Ukraine auch rechtmäßig, mit diesen Waffen die russisch besetzte Halbinsel anzugreifen, sagte Heusgen. Selbst die von Russland "gegen Völkerrecht" gebaute Krim-Brücke Kertsch sei ein "legitimes Ziel". "Wenn man die dann auf völkerrechtlich ukrainischem Territorium trifft, dann wäre das ein legitimes Ziel, und es wäre sogar ein wichtiges Ziel, weil dadurch ja der Nachschub für die Russen ja dann auch unterbrochen werden würde", sagte Heusgen. Mit den von Scholz zugesagten Patriot-Raketen könne man kein ganzes Land schützen.

Ende Mai hatte Kiew offiziell auch bei der Bundesregierung angefragt, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können.

 

+++ Selenskyj: Russen zielten in Gebiet Charkiw bewusst auf Zivilisten +++

Nach dem verheerenden Angriff auf das ostukrainische Gebiet Charkiw mit mehr als 50 Toten hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russlands Armee als "das absolut Böse" bezeichnet. "Das war ein absichtlicher Raketenangriff auf ein Dorf im Charkiwer Gebiet, der auf ein Lebensmittelgeschäft und ein Café abzielte", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag. "Das russische Militärpersonal kann nicht im Unklaren darüber gewesen sein, wo es zuschlug. Das war keine blinde Attacke."

Ukrainischen Behördenangaben zufolge waren durch den russischen Raketenbeschuss am Donnerstagmittag im Ort Hrosa bei Kupjansk mindestens 51 Menschen getötet worden, darunter ein sechs Jahre altes Kind. Zum Zeitpunkt des Angriffs hatten die Dorfbewohner sich demnach in dem Café zu einer Trauerfeier für einen gestorbenen Mitbürger versammelt.

Laut Selenskyj lebten in Hrosa zuletzt etwas mehr als 300 Menschen. Der schlimmste russische Angriff, den es seit Kriegsbeginn im Gebiet Charkiw gab, löschte damit ein Sechstel des Dorfes aus. "Das ist eine brutale, genozidähnliche Aggression Russlands", sagte der ukrainische Staatschef.

+++ Putin bereit zur Gaslieferung durch Nord Stream nach Deutschland +++

Kremlchef Wladimir Putin hat angesichts der hohen Energiepreise in Deutschland erneut Gaslieferungen durch den letzten noch intakten Strang der Ostseepipeline Nord Stream 2 angeboten. Russland sei bereit, durch die Leitung 27 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zu pumpen, die Entscheidung liege aber bei Deutschland, sagte Putin am Donnerstag in Sotschi beim internationalen Waldai-Diskussionsforum vor Experten aus rund 40 Staaten, darunter Deutschland. Durch Nord Stream 1 waren dem gleichnamigen Unternehmen zufolge 2021 59 Milliarden Kubikmeter durchgepumpt worden.

Zugleich verurteilte Putin einmal mehr die Sprengung der von Russland nach Deutschland verlegten Pipelines als "Akt des internationalen Terrorismus". Der russische Präsident warf den USA wieder vor, hinter den Anschlägen zu stecken. Sie hätten ein Motiv gehabt und stets betont, alles zu tun, um Nord Stream zu stoppen. Ziel der USA sei es, ihr eigenes Gas in Europa zu verkaufen. Die Anschläge sind auch nach mehr als einem Jahr nicht aufgeklärt. Zuletzt hatten Medien berichtet, dass die Spuren in die Ukraine führten.

Zugleich erinnerte Putin daran, dass weiter russisches Gas täglich durch die Ukraine nach Europa geleitet werde. Die Ukraine erhalte von Russland weiterhin Geld für diesen Transit. Nicht nur die Ukraine als Kriegsgegner habe etwas von den Einnahmen, auch Russland erhalte Geld aus dem Verkauf. "Wir haben auch was davon." Die Transitverträge zwischen Moskau und Kiew laufen Ende kommenden Jahres aus.

Putin äußerte sich auch zur Frage, warum Russland, das sich für seinen Kampf gegen den Nazismus rühme, etwa Vertreter der AfD auf offizieller Ebene in Moskau empfange. Russland unterstütze rechtsextreme oder nazistische Kräfte nicht. Er selbst erwähnte den mutmaßlichen Angriff auf AfD-Co-Chef Tino Chrupalla in Ingolstadt am Mittwoch und meinte, dass solche Übergriffe selbst auf "nazistische Methoden" hindeuteten. Die deutschen Ermittler haben nach eigenen Angaben allerdings weiter keine Erkenntnisse, die auf einen Angriff auf den Politiker hindeuten.

+++ Putin: "Erfolgreicher Test" von nuklearbetriebenem Marschflugkörper +++

Die Entwicklung eines nuklearbetriebenen Marschflugkörpers hat nach Angaben von Russlands Präsidenten Wladimir Putin Fortschritte gemacht. Das Geschoss mit dem Namen Burewestnik (deutsche Übersetzung: Sturmvogel) sei einem "letzten erfolgreichen Test" unterzogen worden, sagte Putin am Donnerstag in Sotschi am Schwarzen Meer beim internationalen Waldai-Diskussionsforum. Weitere Details nannte er nicht. Vor wenigen Tagen hatte die US-Zeitung "New York Times" mit Verweis auf Satellitenbilder vermutet, dass Russland möglicherweise gerade Burewestnik-Tests in der Arktis vorbereite.

Putin verkündete nun außerdem, dass die Arbeiten an der neuen, mit Atomsprengköpfen bestückbaren Interkontinentalrakete vom Typ Sarmat "faktisch abgeschlossen" seien. Diese war vor einigen Wochen in den Dienst gestellt worden. Ursprünglich geplant war das allerdings schon für 2022 gewesen.

Der Kremlchef erwähnte beim Waldai-Forum vor Vertretern aus rund 40 Ländern zudem, dass Russland theoretisch die Ratifizierung des sogenannten umfassenden nuklearen Teststoppvertrags, CTBT, rückgängig machen könnte. Der 1996 verabschiedete Atomteststopp-Vertrag, der ein umfassendes Testverbot vorsieht, ist jedoch noch gar nicht in Kraft getreten, weil ihn bislang nicht alle Staaten ratifiziert haben, die über Atomtechnologie verfügen.

+++ UN-Chef: Attacken auf Zivilisten in Ukraine verletzen Völkerrecht +++

UN-Generalsekretär António Guterres hat den schweren Angriff mit Dutzenden getöteten Zivilisten in der Ukraine "auf Schärfste" verurteilt. "Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten und müssen sofort eingestellt werden", forderte Guterres über seinen Sprecher am Donnerstag. Er sprach den Angehörigen der Toten und Verletzten sein Beileid aus. Sprecher Stephane Dujarric ließ dabei keinen Zweifel daran, dass die UN-Vertreter vor Ort Russland als verantwortlich für den Angriff sehen.

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw waren Behördenangaben zufolge am Donnerstag bei einem russischen Angriff mindestens 51 Menschen getötet worden. Unweit der Stadt Kupjansk seien im Ort Hrosa ein Café und ein Lebensmittelgeschäft getroffen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Unter den Toten sei auch ein sechs Jahre altes Mädchen. Sechs weitere Menschen wurden demnach verletzt.

Nach Angaben von Militärgouverneur Oleh Synehubow ereignete sich der Beschuss gegen 13.15 Uhr Ortszeit (12.15 Uhr MESZ). Es liefen Rettungsarbeiten, schrieb er auf Telegram. Der ukrainische Innenministers Ihor Klymenko sagte Medien zufolge, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs so viele Menschen vor Ort aufgehalten hätten, weil sie in dem Café an einer Trauerfeier für einen gestorbenen Mitbürger teilgenommen hätten. In dem kleinen Ort mit seinen rund 330 Bewohnern sei von dem verheerenden russischen Beschuss wohl jede Familie betroffen, fügte er hinzu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf Telegram von einem "demonstrativ grausamen russischen Verbrechen".

+++ Scholz will mit Nein zu Taurus Eskalation vermeiden +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sein vorläufiges Nein zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörper damit begründet, dass er eine Eskalation des Krieges vermeiden will. Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, "was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind", sagte Scholz am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada. "Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird."

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Scholz vorerst keine Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern in die Ukraine liefern will. Die Ukraine hatte bereits Ende Mai eine entsprechende Anfrage gestellt.

Nach dem Treffen mit Selenskyj betonte Scholz am Donnerstag erneut, dass die alle Entscheidungen über die militärische Unterstützung der Ukraine sorgfältig abgewogen werden müssten. "Wenn der Krieg so lange dauert, kann das ja nicht so sein, dass die Abwägungen einmal aufhören."

+++ Putin erwartet kein Wegbrechen westlicher Hilfe für Ukraine +++

Der russische Präsident Wladimir Putin erwartet nach eigenen Angaben kein Wegbrechen der westlichen Hilfe für die Ukraine. Die Unterstützung werde fortgesetzt und zu einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaft und der Lebensstandards in den westlichen Staaten führen, sagte Putin am Donnerstag in Sotschi am Schwarzen Meer beim internationalen Waldai-Diskussionsforum. Schon jetzt gibt es nach Darstellung von Putin eine Rezession in Europa. Zugleich betonte er, dass die russische Wirtschaft mit dem ökonomischen Druck durch die eigenen Rüstungsausgaben zurechtkommen werde.

"Wir kommen zurecht, und ich habe Grund zur Annahme, dass wir auch künftig zurechtkommen werden", sagte Putin vor Experten aus rund 40 Ländern. Er bezeichnete Russlands Staatshaushalt als "gesund". Das Land werde unabhängig von den gestiegenen Rüstungsausgaben für den Krieg gegen die Ukraine auch seine sozialen Pflichten erfüllen. "Zu sagen, dass wir übermäßig Geld für Waffen ausgeben und die Butter vergessen, das ist nicht so", sagte Putin. Die Ausgaben für die Verteidigung und die Sicherheit des Landes seien auf sechs Prozent des Haushalts verdoppelt worden.

Putin, der auf dem Forum Fragen von Experten beantwortete, hatte in seiner Rede einmal mehr dem Westen und der Ukraine die Schuld an dem Krieg gegeben. Der Kremlchef hatte am 24. Februar 2022 den Überfall auf die Ukraine befohlen unter anderen mit der Begründung, dass von dem in die Nato strebenden Land eine Gefahr für die Sicherheit Russlands ausgehe. "Ein haltbarer Frieden wird erst eintreten, wenn alle sich in Sicherheit fühlen", sagte Putin.

Der Präsident sagte einmal mehr, dass es bei dem Krieg um den Aufbau einer neuen Weltordnung gehe, ohne dass der Westen anderen Staaten, die unabhängige Positionen verfolgten, seine Regeln diktiere. Es gehe Russland als größtem Land der Erde nicht darum, neue Gebiete zu erobern. "Die ukrainische Krise ist kein Territorialkonflikt, das möchte ich betonen", so Putin. Russland müsse sich etwa um die Entwicklung von Sibirien und seinem Fernen Ostens kümmern und brauche deshalb keine zusätzlichen Gebiete. Putin hatte schon 2014 die Schwarzmeer-Halbinsel Krim der Ukraine entrissen und vor einem Jahr noch die Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk völkerrechtswidrig annektiert.

+++ Deutschland sagt Ukraine weiteres Flugabwehrsystem zu +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für die Wintermonate ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zugesagt. Das gab der SPD-Politiker am Donnerstag nach einem Treffen mit Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada bekannt.

+++ Ukraine meldet mehr als 50 Tote durch russischen Angriff im Gebiet Charkiw +++

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw sind Behördenangaben zufolge bei einem russischen Angriff mindestens 51 Menschen getötet worden. Unweit der Stadt Kupjansk seien am Donnerstag im Ort Hrosa ein Café und ein Lebensmittelgeschäft getroffen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Unter den Toten sei auch ein sechs Jahre altes Mädchen. Sechs weitere Menschen wurden demnach verletzt. Die Behörde veröffentlichte auch Fotos und ein Video, die Trümmerberge und reglos am Boden liegende Menschen zeigen.

Nach Angaben von Militärgouverneur Oleh Synehubow ereignete sich der Beschuss gegen 13.15 Uhr Ortszeit (12.15 Uhr MESZ). Es liefen Rettungsarbeiten, schrieb er auf Telegram. Der ukrainische Innenministers Ihor Klymenko sagte Medien zufolge, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs so viele Menschen vor Ort aufgehalten hätten, weil sie in dem Café an einer Trauerfeier für einen verstorbenen Mitbürger teilgenommen hätten. In dem kleinen Ort mit seinen rund 330 Bewohnern sei von dem verheerenden russischen Beschuss wohl jede Familie betroffen, fügte er demnach hinzu.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf Telegram von einem «demonstrativ grausamen russischen Verbrechen». Seinen Angaben zufolge schlug in Hrosa eine Rakete ein. Der russische Terror müsse gestoppt werden, fügte er hinzu. Wer Russland etwa bei der Umgehung von Sanktionen helfe, sei mitschuldig an dem Verbrechen.

Selenskyj war am Morgen in Spanien angekommen, um in der Stadt Granada am Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft teilzunehmen. Dort bespreche er gerade mit den europäischen Staatschefs die weitere Hilfe für die Ukraine, die insbesondere auch weitere Flugabwehrwaffen beinhalten müsse, schrieb er nun. Zuvor hatte er bereits zur Einheit der Europäer im Kampf gegen die russische Aggression aufgerufen.

Die nun betroffene Region rund um die Stadt Kupjansk hatte die Ukraine im vergangenen Herbst bei ihrer Offensive im Nordosten des Landes aus russischer Besatzung befreit. Damals gelang es dem ukrainischen Militär auch, den Fluss Oskil zu überqueren und teilweise bis in das benachbarte Gebiet Luhansk vorzudringen. Inzwischen haben in der Region allerdings wieder die russischen Streitkräfte die Initiative erlangt. Seit Wochen toben wieder erbitterte Kämpfe im Osten der Region Charkiw.

+++ Selenskyj warnt vor Einfrieren des Konflikts in der Ukraine +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einem Waffenstillstand und einem Einfrieren des Konflikts in seinem Land gewarnt. Wenn Russland jetzt eine Pause bekomme, dann werde es bereits 2028 sein bisher durch den Krieg verbrauchtes militärisches Potenzial wieder erlangt haben, sagte Selenskyj am Donnerstag in Granada beim Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG). In seinem Expansionsdrang werde der Angreifer Russland dann "stark genug sein, andere Länder anzugreifen".

Besondere Gefahr sieht der Ukrainer demnach vor allem für die baltischen Staaten, die ebenfalls einst Teil der Sowjetunion waren. "Russland versucht, die Lage einzufrieren und sich anzupassen. Es lernt aus seinen Fehlern und bereitet sich darauf vor, sich weiter vorwärts zu bewegen", sagte Selenskyj und berief sich dabei auf Angaben von Geheimdiensten. "Der gefährlichste Feind ist jener, der seine Schlussfolgerungen gezogen hat, um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten", betonte er. Moskau strebe nach imperialem Einfluss, um eine freie Entwicklung demokratischer Staaten in Europa zu verhindern und die Einheit auf dem Kontinent zu brechen.

Selenskyj verwies darauf, dass Moskau seit Jahren versuche, mithilfe von Kriegen und eingefrorenen Konflikten seine Kontrolle über Nachbarstaaten zu erhalten. "Russland hat Moldau geschadet, versuchte Georgien zu zerstören und zu teilen und andere Gebiete des Kaukasus' zu destabilisieren." 2008 hatte Georgien bei einem Krieg mit Russland die Kontrolle über seine Regionen Abchasien und Südossetien verloren.

Selenskyj rief zur Einheit der Europäer im Kampf gegen die russische Aggression auf. Russland könne nur durch eine Niederlage in seinem Angriffskrieg unschädlich gemacht werden. Die Ukraine sei dazu alleine nicht in der Lage und deshalb auf Hilfe und Sicherheitsgarantien angewiesen, sagte Selenskyj. Mit Blick auf den "politischen Sturm" in den USA appellierte Selenskyj an die Europäer, sich "auf ihre eigenen Stärken" zu besinnen und der Ukraine weiter zu helfen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass auch die USA - bisher die größten Unterstützer Kiews - ihre Hilfe künftig fortsetzten würden.

 

+++ Krankenhaus im Süden der Ukraine bei Beschuss schwer beschädigt +++

In der Stadt Beryslaw im südukrainischen Gebiet Cherson ist ein Krankenhaus nach offiziellen Angaben durch russischen Beschuss schwer beschädigt worden. "Die vierte Etage wurde vollkommen zerstört, noch eine teilweise", schrieb der Militärgouverneur von Cherson, Olexander Prokudin, am Donnerstag auf Facebook. Der Fahrer eines Krankenwagens und ein Arzthelfer seien beim Angriff verletzt worden. Der Fahrer habe einen Beinbruch und eine Kopfverletzung erlitten, der Helfer Prellungen. Angriffe auf Krankenhäuser gelten als Kriegsverbrechen.

Beryslaw liegt am Ufer des Dnipro und wurde im vergangenen Herbst von der Ukraine nach russischer Besatzung zurückerobert. Wegen ihrer Nähe zur Front gerät die Stadt immer wieder unter Beschuss. Zuletzt warf die russische Luftwaffe auch mehrfach Fliegerbomben auf Beryslaw ab.

+++ Özdemir in der Ukraine: "Volle Unterstützung und Solidarität" +++

Bundesagrarminister Cem Özdemir hat der von Russland angegriffenen Ukraine erneut deutsche Hilfe und Zusammenarbeit zugesichert. Der Grünen-Politiker traf am Donnerstag zu einem Besuch in der Ukraine ein, wie das Ministerium in Berlin mitteilte. Geplant war unter anderem ein Gespräch mit dem ukrainischen Minister Mykola Solskyi. Nähere Angaben wurden aus Sicherheitsgründen nicht gemacht.

Özdemir betonte anlässlich des Besuchs: "Die Ukraine hat nach wie vor unsere volle Unterstützung und Solidarität." Er habe auf dem Weg sehen können, wie der russische Aggressor alles unternehme, um das Land zu destabilisieren und den Export ukrainischer Agrarprodukte zu erschweren. Mit seinem Amtskollegen wollte er darüber sprechen, wie es gelingen könne, ukrainisches Getreide in die Länder des globalen Südens zu bringen, wo es am dringendsten gebraucht werde.

Dazu sollte europäische "Solidaritätskorridore" als Alternative für die Transportroute über das Schwarze Meer weiter ausgebaut werden, machte Özdemir deutlich. "Auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft wollen wir unsere Zusammenarbeit verstärken, um die Ukraine auf die angestrebte EU-Mitgliedschaft vorzubereiten."

+++ ISW: Russland verlegt nach Angriffen Schiffe der Schwarzmeerflotte +++

Russland hat US-Experten zufolge Schiffe seiner Schwarzmeerflotte auf der besetzten Halbinsel Krim wahrscheinlich wegen der fortgesetzten Raketenangriffe der Ukraine abgezogen. Satellitenaufnahmen von Anfang Oktober zeigten, dass mindestens zehn Schiffe vom Hafen Sewastopol auf der Krim in das gut 300 Kilometer Luftlinie entfernt gelegene Noworossijsk in der russischen Region Krasnodar verlegt worden seien, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) mit Sitz in Washington am Mittwoch (Ortszeit).

Ziel sei es augenscheinlich, die Schiffe zu schützen. Das ISW verwies zugleich auf eine Stellungnahme der russischen Denkfabrik Center for Analysis of Strategies and Technologies, die die Schiffsverlegung als "Routine" bezeichnete.

Die Verlegung sei möglicherweise nur vorübergehend, und Russland werde den Flottenstützpunkt Sewastopol auf der Krim sehr wahrscheinlich weiter nutzen, so die ISW-Experten weiter. Ein Abgleich von Satellitenaufnahmen der ersten drei Oktobertage ergab demnach, dass zu den abgezogenen Schiffen die Fregatten "Admiral Makarow" und "Admiral Essen" sowie drei dieselbetriebene U-Boote, fünf Landungsschiffe und verschiedene kleinere Raketenschiffe gehörten.

Auch die US-Zeitung "Wall Street Journal" berichtete unter Berufung auf westliche Beamte und US-Experten der Marine von der Verlegung und bezeichnete die abgezogenen Schiffe als «leistungsstark». Dieser Teilabzug sei ein Rückschlag für Russlands Präsident Wladimir Putin, so die Zeitung. Doch die unmittelbaren militärischen Auswirkungen der Teilverlegung seien begrenzt, da die Schiffe weiterhin Marschflugkörper auf zivile Infrastruktur wie Häfen und Stromnetze abfeuern könnten, zitierte die Zeitung Marineexperten. Der Rückzug sei zugleich ein rechtzeitiger Aufschwung für die Ukraine, da ihre Gegenoffensive angesichts schwerer Verluste und der politisch derzeit unklaren Lage im US-Parlament langsamer voranschreite als geplant.

Die seit 2014 von Russland annektierte Krim ist seit Wochen Ziel verstärkter ukrainischer Angriffe. Speziell Sewastopol wurde mehrfach attackiert. Dabei wurden unter anderem ein Landungsschiff, ein U-Boot und das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte schwer beschädigt. Ziel der Attacken ist es, die Einsatzfähigkeit der Flotte zu schmälern. Diese spielt eine wichtige Rolle in Russlands Angriffskrieg. So schießen die russischen Marineschiffe regelmäßig mit Raketen auch auf zivile Ziele in der Ukraine. Das Land wehrt sich seit dem 24. Februar 2022 gegen den von Russland begonnenen Angriffskrieg und wird dabei von westlichen Staaten, allen voran den USA, unterstützt.

+++ Selenskyj ruft bei Europa-Gipfel zu Geschlossenheit auf +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Europa-Gipfel im spanischen Granada zu Geschlossenheit gegenüber dem Aggressor Russland aufgerufen und weitere Unterstützung bei der Flugabwehr gefordert. Selenskyj sagte am Donnerstag bei seiner Ankunft am Tagungsort auch mit Verweis auf russische Fake News: "Die größte Herausforderung für uns besteht darin, Einigkeit in Europa zu wahren."

Selenskyj betonte die Bedeutung eines Abwehrschirms für den Winter. Man werde dann wieder zahlreiche russische Angriffe mit unterschiedlichen Raketen und zum Beispiel iranischen Drohnen erleben, sagte er.

Zu einem möglichen Stopp von US-Unterstützung wegen des Haushaltsstreits in Washington sagte Selenskyj, das Land stehe in der Tat vor einer schwierigen Wahlperiode und es gebe einige eigenartige Stimmen. Nach seinem Eindruck habe die Ukraine aber die hundertprozentige Unterstützung von US-Präsident Joe Biden und auch Unterstützung von beiden Parteien im Kongress.

Zu dem Europa-Gipfel in Granada wurden am Donnerstag Staats- und Regierungschefs aus rund 50 Ländern erwartet. In dem von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron initiierten Format wollen die Staaten der Europäischen Union die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern verbessern. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Folgen spielt dabei eine zentrale Rolle. Aus Sicht der EU soll der Gipfel erneut ein klares Zeichen an Kremlchef Wladimir Putin senden, dass sein Land in Europa mittlerweile nahezu vollständig isoliert ist.

+++ Britische Regierung: Russland könnte zivile Schiffe angreifen +++

Großbritannien hat davor gewarnt, dass Russland zivile Schiffe im Schwarzen Meer angreifen und der Ukraine dafür die Schuld geben könnte. Darauf deuteten Geheimdienstinformationen hin, teilte das Verteidigungsministerium in London in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Briten gehen davon aus, dass Russland dafür Seeminen in der Nähe ukrainischer Häfen nutzen könnte.

Die britische Regierung hatte Russland bereits vor einigen Wochen einen versuchten Angriff auf einen zivilen Frachter im Schwarzen Meer vorgeworfen. "Die Welt schaut zu - und wir durchschauen die zynischen Versuche Russlands, der Ukraine die Schuld für die Angriffe zuzuschieben", teilte Außenminister James Cleverly mit. Auch die US-Regierung hatte bereits vor russischen Angriffen gewarnt.

Russland wolle mit ziemlicher Sicherheit vermeiden, dass zivile Schiffe offen versenkt würden, und stattdessen die Schuld für solche Angriffe der Ukraine zuschieben, schrieb das Londoner Ministerium. Mit der Veröffentlichung dieser Einschätzung wollten sie die Taktik Russlands aufdecken und mögliche Angriffe verhindern.

Nach Einschätzung der Briten könnte Russland zivile Schiffe angreifen, die im humanitären Korridor der Ukraine unterwegs sind, um die Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu verhindern und die Wirtschaft des Landes weiter unter Druck zu setzen.

Moskau hatte ein Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer im Juli aufgekündigt. Seitdem hat Russland nach britischen Angaben insgesamt etwa 130 Hafeninfrastrukturanlagen in Odessa, Tschornomorsk und Reni beschädigt. Fast 300 000 Tonnen Getreide seien zerstört worden - die Menge hätte gereicht, um 1,3 Millionen Menschen ein Jahr lang zu ernähren, schrieben die Briten.

+++ Russlands Verteidigungsminister verkündet Aufstellung neuer Einheiten +++

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat bei einer Lagebesprechung des Militärs die Aufstellung neuer Reserveregimenter verkündet. "Zum heutigen Tag haben wir neun Reserveregimenter, die vorbereitet werden und deren natürliche und ständige Auffüllung läuft", sagte Schoigu am Donnerstag, die offiziellen Angaben nach im Kriegsgebiet in der Ukraine stattfand. Der Nachschub an Soldaten werde durch Freiwillige gewährleistet, betonte Schoigu dabei. Allein im vergangenen Monat seien 38 000 Freiwillige und Zeitsoldaten neu hinzugekommen. Vor zwei Tagen hatte er deren Gesamtzahl auf 335 000 beziffert.

Vor mehr als 19 Monaten hatte Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Dabei hatte er auch versprochen, dass nur Freiwillige und Zeitsoldaten in den Krieg müssen. Nach mehreren Niederlagen an der Front verkündete er dann im September 2022 eine Teilmobilmachung, bei der offiziellen Angaben nach rund 300 000 Männer für den Kriegsdienst eingezogen wurden.

In Russland ist die Furcht vor einer weiteren Mobilmachung angesichts des sich hinziehenden Kriegs und ausbleibender Erfolge groß. Die politische und militärische Führung in Moskau betont hingegen stets, dass sie ihre Kriegsziele ohne eine weitere Zwangsrekrutierung nur mit Freiwilligen erreichen könne. Im März 2024 sind Präsidentenwahlen - Beobachter gehen davon aus, dass der Kreml zumindest bis dahin versucht, ohne eine beim Volk unpopuläre neue Mobilmachung auszukommen.

+++ Selenskyj nimmt an Europa-Gipfel in Granada teil +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt nach eigenen Angaben am Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Spanien teil. Er sei in Granada angekommen, schrieb Selenskyj am Donnerstagmorgen auf der Plattform X.

+++ Russlands Verteidigungsminister inspiziert Militärcamp nahe Ukraine +++

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat im Süden des Landes offiziellen Angaben nach die Ausbildung von Soldaten für Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine inspiziert. Die Behörde veröffentlichte am Donnerstag in ihrem Telegram-Kanal unter anderem Bilder, auf denen Schoigu bei der Drohnenausbildung von Rekruten und Freiwilligen zuschaut. Die Publikation diente offenbar auch dazu, andauernde Klagen über die mangelnde Vorbereitung der Soldaten auf den Kriegseinsatz im Nachbarland zu widerlegen.

Im Video ist zu sehen, wie Schoigu mit dem Hubschrauber ins Militärcamp fliegt und dort mehrere Stationen der Gefechtsausbildung in Augenschein nimmt. Anschließend zeichnete Schoigu mehrere Sanitäterinnen aus. Zu sehen ist auch ein vermummter Uniformierter, der sich als Freiwilliger bezeichnet und neben der Ausbildung auch die Ausrüstung lobt.

Russland führt seit über 19 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Schoigu steht dabei seit Monaten in der Kritik - auch bei den Kriegsbefürwortern in Moskau. Neben der mangelnden Ausbildung der Soldaten ist dabei häufig auch deren schlechte Ausrüstung und Bewaffnung ein häufig geäußerter Kritikpunkt vieler Militärblogger in Russland.

+++ Hofreiter: Zurückhaltung bei Taurus sendet "verheerendes Signal" +++

Die Bundesregierung sendet nach Ansicht von Grünen-Politiker Anton Hofreiter mit ihrer Zurückhaltung bei der seit langem diskutierten Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ein "verheerendes Signal" an Moskau. Mangelnde Entschlossenheit und zähe Diskussionen über Waffensysteme bestärkten Moskau nur darin, auf lange Sicht den Krieg gewinnen zu können, sagte Hofreiter am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Solange wir dieses Signal immer wieder aus Ängstlichkeit, aus Überforderung, aus nicht schnell genug entscheiden können entsenden, solange wird dieser Krieg weitergehen", warnte er.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag befürwortet seit langem eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, die das angegriffene Land seit Monaten von Deutschland fordert. Nach einem Bericht der "Bild" und des ARD-Hauptstadtstudios soll nun klar sein, dass die Bundesregierung den Wunsch des von Russland angegriffenen Landes vorerst nicht erfüllen wird. Eine Bestätigung dafür gab es allerdings zunächst nicht.

Hofreiter bezeichnete es als "großes Problem», dass es vorerst keine Taurus-Lieferung an die Ukraine geben wird. "Ich erwarte vom Kanzler (Olaf Scholz), dass er endlich den Weg freimacht für die vernünftige Unterstützung der Ukraine", sagte er im Deutschlandfunk. Der Krieg werde erst zu Ende gehen, wenn Russlands Präsident Wladimir Putin verstehe, dass es sich für ihn nicht lohne, den Krieg gegen die Ukraine weiter fortzusetzen. Dafür brauche es Entschlossenheit.

+++ USA schicken beschlagnahmte Munition in die Ukraine +++

Die US-Regierung hat der von Russland angegriffenen Ukraine eigenen Angaben nach vom Iran beschlagnahmte Munition geschickt. Die Munition sei ursprünglich im Dezember 2022 vom US-Militär im Golf von Oman auf einem Schiff sichergestellt worden, teilten das zuständige Regionalkommando des US-Militärs (Centcom) und das US-Justizministerium am Mittwoch (Ortszeit) mit. Der Iran habe die rund 1,1 Millionen Schuss den Huthi-Rebellen im Jemen schicken wollen, hieß es weiter. Das sei ein Verstoß gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats. Die USA erklärten die Munition folglich zu ihrem Eigentum.

Mit diesem Waffentransfer unterstütze das Vorgehen der US-Regierung gegen ein autoritäres Regime nun direkt den Kampf der Ukraine gegen ein anderes autoritäres Regime, so das US-Justizministerium. Die USA liefern der Ukraine seit einigen Monaten umstrittene Streumunition. US-Präsident Joe Biden hatte dies unter anderem damit begründet, dass es dem US-Militär an Munition fehle. Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Verbündete der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren und haben in den vergangenen 19 Monaten milliardenschwere Militärhilfen bereitgestellt.

 

+++ Berichte: Keine Taurus-Lieferung - Regierung: Kein neuer Sachstand +++

Seit Monaten fordert die Ukraine von Deutschland die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Nach einem Bericht der "Bild" und des ARD-Hauptstadtstudios soll nun klar sein, dass die Bundesregierung den Wunsch des von Russland angegriffenen Landes vorerst nicht erfüllen wird. Eine Bestätigung dafür gab es am Mittwochabend allerdings zunächst nicht. «Zur Frage von Taurus-Marschflugkörpern gibt es keinen neuen Sachstand mitzuteilen», sagte eine Regierungssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Im Klartext bedeutet das: Eine formelle Entscheidung gibt es weiter nicht. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen immer wieder erklärt, dass man sich die Entscheidung nicht leicht machen werde und das Thema weiter mit den Bündnispartnern diskutiere.

Auch "Bild" berichtete, dass Deutschland der Regierung in Kiew bislang der Anfrage nach den Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern keine formelle Absage erteilt habe. Intern sei aber klargemacht worden, dass die Taurus-Raketen derzeit nicht geliefert werden. So halte sich Scholz die Option für die Zukunft offen.

Öffentlich hat der Kanzler zuletzt immer wieder erklärt, dass sich Deutschland aktuell auf die Lieferung von Luftabwehrsystemen konzentrieren wolle. Seine skeptische Haltung zu den Marschflugkörpern ist seit langem bekannt. Dahinter steckt, dass mit diesen Waffen auch bis weit auf russisches Territorium geschossen werden kann.

Großbritannien und Frankreich haben trotzdem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen "Storm Shadow» und "Scalp" geliefert. Laut "Bild" hat Scholz dazu vergangene Woche in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses gesagt, dass diese beiden Länder "etwas können, was wir nicht dürfen», und hinzugefügt: "Damit stellt sich die Frage nicht." Gemeint sei damit, dass Großbritannien und Frankreich die Geodaten für Raketenziele selbst lieferten, Großbritannien auch mit eigenem Personal vor Ort in der Ukraine. Das kommt für die Bundesregierung nicht infrage.

Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter dem Bericht zufolge die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim getroffen werden könnte.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bekräftigte am Mittwoch seine Forderung nach Lieferung der Taurus-Raketen in die Ukraine: "Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbsternannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern", sagte er "Bild".

+++ Selenskyj erwartet neue Zusagen zur Luftverteidigung +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet vom Westen neue Zusagen für die Lieferung weiterer Flugabwehrsysteme. "Wir tun unser Bestes, die Ukraine mit mehr Luftverteidigungssystemen vor dem Winter auszustatten", sagte Selenskyj in seiner in Kiew am Mittwochabend verbreiteten Videobotschaft. "Wir erwarten gewisse Entscheidungen von unseren Partnern." Details nannte er nicht. Der Staatschef hatte immer wieder noch mehr Flugabwehrsysteme gefordert, um die Städte sicherer zu machen und vor allem die von den Russen angegriffene Energie-Infrastruktur besser zu schützen.

Die Arbeit in den Regionen zum Schutz wichtiger Anlagen und die dringende Wiederherstellung von Infrastruktur müssten vor dem Winter abgeschlossen werden, betonte Selenskyj. Die bisher vom Westen gelieferten Flugabwehrsysteme helfen der Ukraine, den Großteil der russischen Angriffe mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern abzuwehren.

Allerdings sind nach Darstellung der Führung in Kiew noch viel mehr solcher Anlagen nötig. Zusammen mit den vom Westen angekündigten Lieferungen von F16-Kampfjets will die Ukraine nicht zuletzt die Kontrolle über ihren Luftraum wiedererlangen.

Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als anderthalb Jahren gegen den russischen Angriffskrieg. Dabei setzt die Führung in Kiew vor allem auf westliche Finanzhilfen, um etwa den eigenen Staatshaushalt zu bedienen, und auf Waffenlieferungen. Die Ukraine versucht mit militärischer Unterstützung des Westens aktuell, ihre von den russischen Truppen besetzten Gebiete im Süden und im Osten des Landes zurückzuholen. Auch die von Russland bereits 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim will das Land im Zuge seiner Großoffensive zurückerobern.

+++ Russland will mehr als 30 ukrainische Drohnen abgewehrt haben +++

Russlands Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht zum Mittwoch in grenznahen Landesteilen Dutzende ukrainische Drohnen abgewehrt. Über den Gebieten Belgorod, Brjansk und Kursk seien von der Luftverteidigung insgesamt 31 unbemannte Flugkörper abgefangen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Morgen mit. Details nannte die Behörde nicht. Unabhängig ließen sich die Angaben nicht überprüfen. Der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, sprach von Schäden an einem Verwaltungsgebäude.

Der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, sprach von Schäden an einem Verwaltungsgebäude. Das ukrainische Portal "Ukrajinska Prawda" wiederum schrieb unter Berufung auf Quellen im Geheimdienst, in Belgorod sei ein russisches Flugabwehrsystem vom Typ S-400 getroffen worden.

Russland führt seit mehr als 19 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Seit längerem schon häufen sich Attacken auch gegen russisches Staatsgebiet, wobei die russische Seite deren Folgen oft herunterspielt. Zugleich stehen das Ausmaß der Schäden sowie die Opferzahlen in keinem Verhältnis zu den Kriegsfolgen in der angegriffenen Ukraine.

+++ London: Russische Flugabwehr schießt eigenen Kampfjet ab +++


Nahe der besetzten Stadt Tokmak in der Südukraine hat die russische Flugabwehr nach britischer Einschätzung aus Versehen einen eigenen Kampfjet abgeschossen. Es handele sich um die fünfte verlorene Maschine des Typs Su-35S, die Russlands fortschrittlichstes Kampfflugzeug im weit verbreiteten Einsatz sei, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Insgesamt habe Russland seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine nun etwa 90 Flugzeuge verloren.

Die strategisch wichtige Stadt Tokmak im Gebiet Saporischschja ist stark befestigt. Dort seien häufig russische Kommandostellen untergebracht, die einen der am härtesten umkämpften Abschnitte der Front befehligen. "Diese Hauptquartiere werden typischerweise durch spezielle Luftverteidigungssysteme für kurze und mittlere Distanzen geschützt", hieß es in London weiter. Diese befänden sich "sehr wahrscheinlich in höchster Bereitschaft", da die Ukraine weiterhin wirksame Schläge gegen solche Standorte durchführe.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

+++ EU-Ratspräsident Michel für EU-Beitritt der Ukraine bis 2030 +++

EU-Ratspräsident Charles Michel befürwortet einen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union bis zum Jahr 2030 - unter bestimmten Voraussetzungen. "Die Ukraine kann 2030 zur EU gehören, wenn beide Seiten ihre Hausaufgaben machen", sagte Michel dem «Spiegel» (Dienstag). Er forderte von der EU unter anderem eine Beschleunigung der Entscheidungsprozesse. Mit einer zügigen Aufnahme Kiews würde die EU auch «beweisen, dass sie geopolitisch handlungsfähig ist", sagte Michel.

Zugleich erklärte er, dass es weder für die Ukraine noch für die anderen EU-Beitrittskandidaten - neben der Türkei sind dies die sechs Westbalkanstaaten und die Republik Moldau - politischen Rabatt geben werde. "Die Ukraine und die anderen Beitrittskandidaten müssen Reformen umsetzen, Korruption bekämpfen und die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen», sagte Michel.

Das Thema Erweiterung soll unter anderem bei einem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs diese Woche im spanischen Granada diskutiert werden.

+++ Moskaus Militär meldet Abwehr von Raketenangriff auf die Krim +++

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben einen Raketenangriff auf die Krim abgewehrt. Eine ukrainische Antischiffsrakete vom Typ "Neptun" vor der Küste der Halbinsel sei von der Flugabwehr entdeckt und vernichtet worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Dienstag mit. In der Hafenstadt Sewastopol wurden derweil Schäden durch herabfallende Trümmer einer Drohne gemeldet.

Laut Michail Raswoschajew, dem von Moskau eingesetzten Gouverneur Sewastopols, wurde das Haus eines Wohnhauses durch herabfallende Teile beschädigt. "Niemand wurde verletzt, aber durch den Absturz der Drohnenteile sind in einigen Wohnungen die Fensterscheiben kaputt gegangen", schrieb Raswoschajew auf seinem Telegram-Kanal. Der am Abend ausgerufene Luftalarm wurde inzwischen aufgehoben.

Die seit 2014 von Russland annektierte Krim ist seit Wochen Ziel verstärkter ukrainischer Angriffe. Speziell die Hafenstadt Sewastopol, die als Basis des russischen Schwarzmeerflotte dient, wurde mehrfach attackiert. Dabei wurden unter anderem ein Landungsschiff, ein U-Boot und das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte schwer beschädigt. Ziel der Attacken ist es, die Einsatzfähigkeit der Flotte zu schmälern. Diese spielt eine wichtige Rolle in Russlands Angriffskrieg. So schießen die russischen Marineschiffe regelmäßig mit Raketen auch auf zivile Ziele in der Ukraine.

+++ Selenskyj: Charkiw soll Basis für Verteidigung der Ostukraine werden +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach einem Besuch in der nordostukrainischen Stadt Charkiw eine Stärkung der Region vor russischen Angriffen gefordert. "Es ist äußerst wichtig, dass Charkiw trotz allem nicht nur durchhält, sondern dazu beiträgt, unseren gesamten Osten stark zu halten", sagte er dabei am Dienstag in seiner täglichen Videoansprache. Bei verschiedenen Treffen seien unter anderem die Minenräumung und der Schutz von Energieanlagen vor russischem Beschuss besprochen worden.

"Es gibt viele Fragen, die für die Region wichtig sind. Speziell vor dem Winter. Speziell mit Blick auf den anhaltenden russischen Terror gegen Charkiw und das Gebiet sowie die Absichten der Okkupanten, den Sturm auf unsere Positionen zu verstärken", sagte Selenskyj. Manche Dinge müssten von ukrainischer Seite «deutlich beschleunigt" werden, forderte er.

Das russische Militär hat gleich zu Beginn des von Moskau begonnenen Angriffskriegs versucht, die weniger als 30 Kilometer von Russlands Staatsgrenze entfernte Millionenstadt Charkiw zu besetzen. Während dieser Versuch scheiterte, gelang es den Russen, größere Teile des Gebiets einzunehmen, die die Ukrainer erst bei ihrer Offensive im vergangenen Herbst zurückerobern konnten. Derzeit toben die Kämpfe im Grenzgebiet zwischen den ukrainischen Regionen Charkiw und Luhansk. Die russischen Truppen haben dabei zuletzt die Initiative zurückgewonnen.

+++Russlands Verteidigungsminister sieht Ukraine "deutlich geschwächt" +++

Die russischen Streitkräfte haben nach Auffassung von Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu das "Kampfpotenzial" der ukrainischen Gegenoffensive "deutlich geschwächt". Dem Gegner seien empfindliche Schläge zugefügt worden, sagte Schoigu am Dienstag bei einer Sitzung der Militärführung in Moskau. Überprüfbar waren seine Angaben nicht.

Der Minister sagte auch, dass die jüngsten ukrainische Angriffe im Raum Bachmut und Soledar im Gebiet Donezk erfolgreich abgewehrt worden seien. Gescheitert seien auch ukrainische Versuche, die russischen Verteidigungslinien bei Robotyne und Werbowe im Gebiet Saporischschja zu durchbrechen, sagte er. Schoigu widersprach damit ukrainischen Angaben, nach denen es dort erfolgreiche Vorstöße gegeben habe.

Der Verteidigungsminister betonte zudem, dass Russland ausreichend Freiwillige und Vertragssoldaten habe, um die Aufgaben im Krieg gegen die Ukraine zu erfüllen. Ihre Zahl liege inzwischen bei 335 000 Menschen. Allein im September hätten mehr als 50 000 Bürger einen Vertrag für den Kriegsdienst unterschrieben. Schoigu bekräftigte, dass eine neue Mobilmachung deshalb nicht nötig sei.

Bei der von Protesten überschatteten Teilmobilmachung im vergangenen Jahr hatten Hunderttausende Russen aus Angst, zum Krieg eingezogen zu werden, das Land verlassen. Inzwischen melden sich viele Russen auch aus Mangel an Alternativen, Geld zu verdienen, freiwillig zum vergleichsweise gut bezahlten Einsatz im Krieg. Aktuell werden in Russland zudem 130 000 Wehrpflichtige eingezogen, die aber während der Ausbildung nicht im Krieg eingesetzt werden sollen. Sie können sich nach dem Grundwehrdienst freiwillig zum Kriegsdienst melden.

+++ Generalinspekteur der Bundeswehr sieht Russland noch nicht am Ende +++

Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer hält eine weitere Eskalation des derzeitigen Krieges in Europa für nicht ausgeschlossen und dringt deswegen auf einen Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten Deutschlands und der Nato. Die Frage, was als nächstes komme, bleibe bestehen, sagte er in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit in Brüssel.

Breuer verwies dabei darauf, dass es aus seiner Sicht Anzeichen für Russlands Angriff auf die Halbinsel Krim im Jahr 2014 und den im Jahr 2022 begonnenen Angriffskrieg auf das Festland der Ukraine gegeben habe. Man sei damals aber in einer Komfortzone verhaftet gewesen und habe es nicht glauben wollen.

Konsequenz der Entwicklungen sei, dass man nun die Partner unterstützen müsse, die als mögliche neue Frontstaaten gesehen würden, erklärte der ranghöchste deutsche Soldat. Die Bundesrepublik tue dies beispielsweise mit der Aufstellung einer Bundeswehr-Brigade für Litauen.

"Russlands illegaler Angriffskrieg in der Ukraine unterstreicht die Relevanz kampfbereiter Streitkräfte", sagte Breuer in der Rede bei einem Empfang des deutschen Nato-Botschafters Géza Andreas von Geyr. Es sei in der Vergangenheit gut gewesen, strategische Geduld und strategische Gelassenheit gehabt zu haben. Heute müsse man aber schnell sein.

Von Geyr äußerte sich ebenfalls mit düsteren Worten zur aktuellen Sicherheitslage in Europa. Moskau habe beschlossen, ein Beherrschungs- und Unterdrückungssystem wiederherzustellen. Russlands Angriffskrieg eröffne ein neues bitteres Kapitel in der Geschichte des Kontinents.

+++ Ukrainische Flugabwehr schießt Dutzende russische Drohnen ab +++

Die ukrainische Flugabwehr hat nach eigenen Angaben bei neuen massiven russischen Luftangriffen 29 Drohnen und eine Rakete vom Typ Iskander abgeschossen. Bei den Angriffen in der Nacht seien nur zwei sogenannte Kamikaze-Drohnen vom iranischen Typ Shahed-136/131 nicht abgeschossen worden, teilten die Luftstreitkräfte des Landes am Dienstag mit. Details nannten sie nicht. Angegriffen hätten die Russen diesmal östliche und südliche Regionen des Landes im Raum Dnipropetrowsk und Mykolajiw, hieß es.

Im Gebiet Dnipropetrowsk seien zwei Gebäude eines Unternehmens durch Raketentrümmer beschädigt worden, teilte die Behörden dort mit. Zu Verletzten gab es keine Angaben. Die ukrainischen Behörden meldeten erneut auch Artilleriebeschuss von russischer Seite.

In Russland warf der Gouverneur des Gebietes Brjansk, Alexander Bogomas, den ukrainischen Streitkräften vor, das Dorf Klimowo mit Streumunition beschossen zu haben. Es seien mehrere Wohnhäuser beschädigt worden, teilte er am Dienstagmorgen in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mit. Verletzt worden sei nach ersten Erkenntnissen niemand.

Russland überzieht die Ukraine seit Beginn seines Angriffskrieges am 24. Februar 2022 immer wieder mit Luftangriffen. Die ukrainische Flugabwehr ist nach den Lieferungen westlicher Luftverteidigungssysteme in der Lage, den Großteil der Drohnen und Raketen abzuschießen. Das Land hat den Westen aufgerufen, noch mehr Flugabwehrsysteme zu liefern, um die Städte und Regionen noch besser schützen zu können.

+++ London: Brandmarkung als "Auslandsagent" verfängt in Russland +++

Russland hat nach britischer Einschätzung mit seiner Taktik Erfolg, Kritiker, Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGO) als "ausländische Agenten" zu brandmarken. "Mit den Maßnahmen wird der Informationsraum innerhalb Russlands erheblich eingeschränkt", teilte das britische Verteidigungsministerium am Dienstag mit. "Dadurch wird es immer schwieriger, einen Standpunkt zu vertreten, der von der offiziellen Linie abweicht, einschließlich abweichender Meinungen zum Krieg."

In der Bevölkerung verfange die Taktik, hieß es in London unter Berufung auf eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des staatlichen russischen Meinungsforschungsinstituts WZIOM weiter. Demnach seien 61 Prozent der Befragten der Meinung gewesen, dass sie "ausländische Agenten" für "Verräter" halten, die Lügen über Russland verbreiten. "Die Behörden nutzen die Bezeichnung "ausländischer Agent" erfolgreich als Mittel, um die öffentliche Meinung auf Linie der antiwestlichen und kriegsfreundlichen Narrative des Staates zu bringen", betonte das britische Ministerium.

Wer in Russland als "ausländischer Agent" gelistet ist, muss mit zahlreichen Nachteilen rechnen. Die Organisationen, Medien und Personen in dem Register unterliegen einer verstärkten Aufsicht über ihre Finanzen. Die Einstufung soll Misstrauen gegen sie schüren und ihre Arbeit in Russland erschweren. NGO beklagen, dass sich Russen abwenden - aus Angst, der Zusammenarbeit mit "ausländischen Agenten" bezichtigt zu werden.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

+++ Wüst reist nach Litauen: Freunde gegen Druck aus Russland stärken +++

Mit einer dreitägigen Reise nach Litauen will Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst ein Zeichen der Solidarität gegen russische Aggression setzen. "Schon seit Jahren setzt Russland Litauen und die anderen baltischen Staaten unter Druck", kritisierte der CDU-Politiker am Dienstag vor seiner Abreise nach Vilnius. "Mit meinem Besuch möchte ich die klare Botschaft verbinden, dass wir ohne Wenn und Aber zu unseren Freunden in Litauen stehen."

In Litauens Hauptstadt Vilnius sind politische Gespräche unter anderem mit Premierministerin Ingrida Simonyte sowie ihren Außen- und Verteidigungsministern geplant, wie die Staatskanzlei in Düsseldorf mitteilte. Außerdem will Wüst sich mit Wirtschaftsvertretern austauschen und ein Bundeswehr-Kontingent in Rukla besuchen, das an der Sicherung der Nato-Ostflanke beteiligt ist. In Litauen sind derzeit rund 800 Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland stationiert, darunter 71 aus NRW.

"Die Menschen in Estland, Lettland und Litauen haben 1989 für Unabhängigkeit und Freiheit demonstriert - und gegen Unterdrückung und Fremdbestimmung", hob Wüst hervor. "Sie haben damit dazu beigetragen, dass die Teilung Europas überwunden und die deutsche Wiedervereinigung Wirklichkeit werden konnte." Mit einer Feier des Tags der Deutschen Einheit gemeinsam mit der Deutschen Botschaft in Vilnius soll daran erinnert werden. In der Hauptstadt wird Wüst auch einen Kranz an der nationalen Gedenkstätte für die Opfer des Kampfes für die Unabhängigkeit niederlegen.

+++ Selenskyj hofft auf Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr +++

Die Ukraine, die sich seit mehr als 19 Monaten gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt, hat seit Sommer 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Es sei das Ziel seines Landes, noch in diesem Jahr mit den Beitrittsverhandlungen zu beginnen, betonte Selenskyj. Die Ukraine werde alle von der EU-Kommission gestellte Forderungen erfüllen, versprach er.

Bei einem historischen Besuch in Kiew hatten die Außenminister der EU-Staaten am Montag ein Zeichen der Unterstützung für die Ukraine gesetzt. Erstmals tagten damit Vertreter aller 27 EU-Staaten außerhalb der Europäischen Union. Die Minister und Ministerinnen berieten darüber, wie der Ukraine in Kriegszeiten am besten zu helfen sei.

+++ Kiew fordert mehr Sanktionsdruck auf Russland +++

Bei dem Treffen hatte Selenskyj auch weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Die aktuell starken russischen Luftangriffe seien ein Beleg dafür, dass die bislang von Europa erlassenen Strafmaßnahmen noch nicht ausreichend seien, sagte er. Jegliche Lieferungen, die Russland eine Steigerung der eigenen Rüstungsproduktion ermöglichten, müssten gestoppt werden.

+++ Auch Bulgarien schließt Grenze für Autos aus Russland +++

Nach mehreren anderen europäischen Staaten schließt nun auch Bulgarien seine Grenzen für in Russland zugelassene Autos. Damit folgt das südöstliche EU-Land dem Beispiel Finnlands, der Baltenstaaten und Polens, die ihre Grenzen für in Russland zugelassene Fahrzeuge bereits dichtgemacht hatten. Das Verbot erfolgt im Einklang mit den Leitlinien der EU-Kommission als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

+++ Russland: Ukrainische Drohne über Gebiet Brjansk zerstört +++

Die russische Luftabwehr wehrte unterdessen offiziellen Angaben zufolge in der Nacht zum Dienstag erneut eine ukrainische Drohne über der südwestlichen Grenzregion Brjansk ab. Der Flugkörper sei zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau in seinem Telegram-Kanal mit. Es habe weder Schäden noch Opfer gegeben, berichtete der Gouverneur des Gebiets Brjansk, Alexander Bogomas, laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Moskau hat in den vergangenen Wochen immer wieder von ähnlichen Drohnenangriffen berichtet.

+++ Selenskyj fordert mehr Sanktionsdruck gegen Russland +++

Bei einem Treffen mit den EU-Außenministern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. Die aktuell starken russischen Luftangriffe seien ein Beleg dafür, dass die bislang von Europa erlassenen Strafmaßnahmen noch nicht ausreichend seien, sagte Selensykj am Montag in Kiew. Jegliche Lieferungen, die Russland eine Steigerung der eigenen Rüstungsproduktion ermöglichten, müssten gestoppt werden. "Das ist nicht nur klar im Interesse der Ukraine, sondern auch weltweit von jedem, der so schnell wie möglich ein Ende des Krieges möchte."

Seit Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hat die Europäische Union bereits elf Sanktionspakete erlassen, das jüngste im vergangenen Juni. Das angegriffene Land zeigt sich dankbar, weist aber auch immer wieder darauf hin, dass die bisherigen Maßnahmen noch nicht ausreichen oder oft umgangen würden. Selenskyj pochte nun außerdem erneut auf Sanktionen gegen die russische Atomindustrie.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zeigte sich derweil zuversichtlich mit Blick auf die angestrebte EU-Mitgliedschaft seines Landes. "Es ist nur eine Frage der Zeit", sagte er in Kiew bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Chefdiplomat Josep Borrell. "Alle sind entschlossen, mit Höchstgeschwindigkeit voranzukommen." Kuleba betonte, die Ukraine sei dabei, alle von Brüssel geforderten Reformen umzusetzen. Die EU fordert etwa einen entschlosseneren Kampf gegen die Korruption in dem Land. Nach Kriegsbeginn hatte die Ukraine im Sommer 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen bekommen.

+++ Baerbock ehrt jüdische Mordopfer in Kiew +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat in Kiew der Opfer des Massenmordes an der jüdischen Bevölkerung unter der deutschen Besatzung 1941 gedacht. Am Rande des EU-Außenministertreffens besuchte die Grünen-Politikerin am Montag die Gedenkstätte Babyn Jar. Am zentralen Mahnmal, einem großen siebenarmigen Leuchter, entzündete sie eine Kerze und verharrte lange stumm. Ausführlich ließ sie sich von Gedenkstättenleiterin Rosa Tapanowa über das Gelände führen, äußerte sich aber nicht.

In der engen Schlucht von Babyn Jar am früheren Stadtrand von Kiew erschossen die Nationalsozialisten am 29./30. September 1941 mehr als 33 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder. Insgesamt wurden an dem Ort während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg mehr als 100 000 Menschen ermordet - neben Juden auch Ukrainer, Roma und Vertreter anderer Volksgruppen.

+++ Baerbock fordert "Winterschutzschirm" für die Ukraine +++

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat zum Auftakt des EU-Außenministertreffens in Kiew ihre Forderung nach einem "Winterschutzschirm" für die Ukraine bekräftigt. Dazu gehöre der Ausbau der Luftverteidigung, die Lieferung von Strom-Generatoren und die Stärkung der Energieversorgung insgesamt.

"Wir haben im letzten Winter gesehen, in welcher brutalen Weise der russische Präsident diesen Krieg auch führt, indem er bewusst Elektrizitätswerke angreift", sagte die Grünen-Politikerin am Montag in Kiew. Wladimir Putin setze damit darauf, dass damit dann auch die Wasserversorgung bei Temperaturen von 20 Grad unter dem Gefrierpunkt einbreche. "Das müssen wir gemeinsam mit allem was wir haben so weit es geht verhindern." Deutschland hat die Ukraine bereits massiv mit Luftverteidigungssystemen wie Iris-T und Patriot unterstützt.

Baerbock bekräftigte auch das Versprechen der EU, die Ukraine zu einem noch unbestimmten Zeitpunkt in die Staatengemeinschaft mit ihren derzeit 27 Mitgliedern aufzunehmen. "Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union, in dieser Gemeinschaft der Freiheit. Und die wird sich bald erstrecken von Lissabon bis Luhansk." Die Ukraine ist seit Juni 2022 EU-Beitrittskandidat. Die Verhandlungen über eine Aufnahme können aber mehrere Jahre dauern und werden auch ergebnisoffen geführt, garantieren also keine Aufnahme.

Baerbock war am Montagmorgen zusammen mit anderen EU-Außenministern in Kiew eingetroffen. Seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist noch nie eine so große Gruppe ranghoher ausländischer Politikerinnen und Politiker nach Kiew gekommen. "Mit diesem Außenrat der EU-Außenminister bringen wir die Europäische Union dorthin, wo das Herz Europas derzeit am stärksten schlägt", betonte Baerbock.

+++ Institut sieht mögliche Gefahr für Ukraine durch Wagner-Einheiten +++

Westliche Militärexperten sehen in einer Wiederbelebung der russischen Privatarmee Wagner unter Kontrolle des Machtapparats in Moskau eine mögliche neue Bedrohung für die Ukraine. Wagner könne als geeinte und große Formation mit militärischer Ausrüstung unter Kontrolle der russischen Nationalgarde oder des Verteidigungsministeriums zur Gefahr werden für Kiew, hieß es in einer vom US-Institut für Kriegsstudien (ISW) am Sonntag (Ortszeit) veröffentlichten Analyse. Damit müssten frühere Einschätzungen, dass die Armee nach dem Tod ihres Chefs Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz im August keine Gefahr sei, korrigiert werden.

Die ISW-Experten verwiesen auf Wagner-nahe Quellen, nach denen etwa auch Prigoschins Sohn Pawel die Führung der Einheiten übernehmen könne. Demnach soll Pawel Prigoschin mit der Nationalgarde verhandeln, die der Präsidialverwaltung untersteht und über eigene Kampftechnik verfügt. Gleichwohl müssten Waffen, Munition und Logistik vom Verteidigungsministerium bereitgestellt werden, hieß es.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den früheren Wagner-Funktionär und Mitbegründer der Armee, Andrej Troschew, in der vergangenen Woche im Kreml empfangen und mit der Bildung von Freiwilligen-Einheiten beauftragt. Putin hatte auch betont, dass die Verbände vor allem im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden sollen. Unter Prigoschin hatte die Armee immer wieder Gebiete erobert in dem Nachbarland, darunter die Stadt Bachmut in der Ostukraine.

Insgesamt sei der Status der Wagner-Gruppe aber weiter unklar, hieß es in der ISW Analyse. Die Einheiten seien über verschiedene Länder verteilt, darunter Belarus, die Zentralafrikanische Republik, Libyen und Mali. Es gebe auch keinen klaren Anführer der Gruppe. Die westlichen Experten wiesen zudem auf Informationen aus der Privatarmee hin, nach denen die Kämpfer selbst keine Verträge mit dem Verteidigungsministerium zu unterzeichnen hätten und etwa den Namen und die Symbole der Wagner-Gruppe weiter nutzen könnten.

Sölderchef Prigoschin war im Juni mit einem Aufstand gegen die russische Militärführung gescheitert. Er hatte ihr Unfähigkeit im Krieg gegen die Ukraine vorgeworfen. Kremlchef Putin hatte die Wagner-Kommandeure unter Prigoschin dann im Kreml versammelt und den früheren Offizier Troschew als neuen Anführer ins Gespräch gebracht. Die Wagner-Führungsriege hatte das abgelehnt. Im August - zwei Monate nach dem Aufstand - starben Prigoschin und andere Kommandeure bei einem Flugzeugabsturz in Russland. Die Ursache ist weiter unklar.

+++ London: Russische Marineflieger nehmen an Bedeutung zu +++

Die russischen Marineflieger gewinnen im Krieg gegen die Ukraine nach britischer Einschätzung zunehmend an Bedeutung. Russland nutze auch angesichts ukrainischer Angriffe auf die russische Marine die Seeluftstreitkräfte beim Versuch, den Nordwesten des Schwarzen Meeres zu kontrollieren, teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag mit.

Hauptaufgabe sei vermutlich, die frühzeitige Identifizierung von Drohnenbooten, mit denen die Ukraine zuletzt immer wieder russische Schiffe attackiert hatte. Dazu nutzten die Marineflieger vor allem Amphibienflugzeuge vom Typ Be-12 Tschaika (Nato-Code: Mail). Angriffe würden mit Bombern des Typs Suchoi Su-24 geflogen, darunter zuletzt einer auf die strategisch wichtige Schlangeninsel im Westen des Schwarzen Meeres.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

 

+++ EU-Außenminister treffen sich in Kiew +++

Zur Unterstützung der Ukraine sind die EU-Außenminister zu einem informellen Treffen nach Kiew gereist. Das teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag mit. Für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist es der zweite Besuch in der Ukraine binnen weniger Wochen.

+++ Heftige Feuergefechte ohne Veränderung der Lage +++

Der Generalstab in Kiew berichtete von heftigen Feuergefechten entlang der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden des Landes. Veränderungen der Lage ließen sich aus dem Bericht für Sonntagabend aber nicht ablesen. In der Nähe der Stadt Bachmut im Donbass seien Versuche der Russen abgewehrt worden, verlorene Positionen zurückzugewinnen. Die ukrainische Armee setze eigene Angriffe bei Bachmut und bei Robotyne im Süden fort. Diese Militärangaben waren nicht unmittelbar überprüfbar.

Die angegriffene Ukraine beging den Sonntag erstmals als Tag des Vaterlandsverteidigers. Mit einer landesweiten Schweigeminute wurde der getöteten und verwundeten Soldaten und Soldatinnen gedacht. "Hinter uns liegt unsere Geschichte", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. "Vor uns liegt der Sieg. Und ein freies Land. Das wir verteidigt haben, verteidigen und verteidigen werden."

+++ Geld und Munition für die Ukraine +++

Borrell sprach nach eigenen Angaben mit dem neuen ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow über die Prioritäten der EU und ihrer Mitglieder bei Militärhilfe und Training. «Unsere Militärhilfe hat die Zahl von 25 Milliarden Euro erreicht», sagte er. Humanitäre, wirtschaftliche und finanzielle Hilfe dazugerechnet werde Europa das von Russland angegriffene Land mit 85 Milliarden Euro unterstützen.

Von einer Million Artilleriegeschossen, die in der EU beschafft werden sollen, könnten 300 000 schon geliefert werden. Der EU-Außenbeauftragte stellte klar, dass die EU-Hilfe unabhängig von der Lage auf dem Gefechtsfeld sei. "Unsere Unterstützung für die Ukraine hängt nicht davon ab, wie der Krieg in den nächsten Tagen oder Wochen verläuft." Borrell war am Samstag in die Ukraine gekommen und hatte zunächst die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer besucht.

+++ Biden: Die Zeit drängt im Haushaltsstreit +++

In Washington hatte der US-Kongress am Samstag in letzter Minute mit einem Kompromiss eine Haushaltssperre abgewendet - um den Preis, dass die Hilfe für die Ukraine darin nicht festgeschrieben ist. Biden warnte, dass nicht viel Zeit bleibe, um neue Hilfe zu genehmigen. "Wir haben Zeit, nicht viel Zeit, und es gibt ein überwältigendes Gefühl der Dringlichkeit."

Auf die Frage, was er der Ukraine und Verbündeten zu sagen habe, betonte Biden: "Sehen Sie mich an. Wir kriegen das hin." Mit Blick auf die Genehmigung weiterer Hilfen machte der Präsident deutlich, dass er einen Deal mit dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen habe. Ob man diesem vertrauen könne, werde sich nun zeigen. Er wolle nicht glauben, dass Republikaner und Demokraten "aus rein politischen Gründen noch mehr Menschen in der Ukraine unnötig sterben lassen», so Biden weiter. Ein Teil der Republikanischen Partei zieht im US-Vorwahlkampf die Ausgaben für die Ukraine in Zweifel.

Der EU-Außenbeauftragte Borrell kommentierte bei einem Besuch in Kiew, die Entscheidung in den USA sei zu bedauern. Wie Biden gab er sich aber zuversichtlich, dass sich im Grundsatz nichts an der US-Unterstützung für die Ukraine ändern werde. «Wir glauben, dass das nicht das letzte Wort ist", sagte er.

/news.de/dpa

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