
- Nach Stopp der US-Militärhilfen: Wie geht es im Ukraine-Krieg weiter?
- Experten diskutieren drei verschiedene Szenarien
- Annäherung zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj nach Eklat im Weißen Haus
Am vergangenen Freitag stritten sich US-Präsident Donald Trump und sein Amtskollege Wolodymyr Selenskyj öffentlich vor laufenden Kameras. Nach dem Eklat im Weißen Haus stellten die Vereinigten Staaten Anfang dieser Woche auch noch ihre Militärhilfe für Kiew voerst ein. Im Krieg gegen Russland muss die Ukraine jetzt erst einmal auf ihre anderen Nato- und EU-Partnern vertrauen. Was könnte das für den weiteren Verlauf des Krieges bedeuten? Spielt die US-Entscheidung Kremlchef Wladimir Putin in die Karten? Oder kann die Ukraine sich auch ohne die Hilfe Amerikas weiter effektiv gegen die Invasoren verteidigen? Experten diskutieren in der "Bild" drei verschiedene Szenarien für die Zukunft.
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Ukraine-Krieg aktuell: Experten diskutieren 3 Szenarien
Das Boulevardblatt beruft sich auf die Einschätzungen von Militärexperte Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München, Politik-Professor Thomas Jäger von der Universität Köln, sowie Politologin und Nato-Expertin Stefanie Babst.
Szenario 1: Carlo Masala glaubt, dass sich Wolodymyr Selenskyj Donald Trump fügen wird. "Was wir in den nächsten Tagen erleben werden, ist: Selenskyj fährt nach Washington, unterschreibt den Rohstoffdeal, den Trump ihm vorlegt und hofft, dass dann die Waffenlieferungen wieder freigegeben werden. Ohne Sicherheitsgarantien für die Ukraine", sagt der Militärexperte. Die USA würden außerdem auf Wahlen in der Ukraine bestehen und dabei auf einen Russland-hörigen Präsidenten hoffen. Trump hatte Selenskyj zuletzt vorgeworfen, er sei ein "Diktator", weil dieser Wahlen aufgrund des Krieges in seinem Land ausgesetzt hatte. Marsala zufolge würde ein Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine auch nur so lange halten, wie Trump an der Macht ist. Anschließend würde Putin erneut angreifen - womöglich auch die baltischen Staaten und Moldau gleich mit
- Hintergrund: Die USA wollten mit der Ukraine in den vergangenen Wochen ein Rohstoffabkommen aushandeln. Als Gegenleistung für ihre Militärhilfen würden sie Zugang zu Bodenschätzen wie Seltenen Erden in die Ukraine bekommen. Selenskyj bestand zuletzt darauf, dass Sicherheitsgarantien, die vor einem weiteren russischen Angriff in dem Vertrag schützen, verankert sind. Nach dem Eklat im Weißen Haus kam ein Deal zwischen den beiden Nationen zunächst nicht zustande.
Szenario 2: Thomas Jäger hält es für möglich, dass sich die USA komplett zurückziehen. Stattdessen würden sie und Russland ganz Europa in Einflusssphären aufteilen. Der Streit im Oval Office habe lediglich dazu gedient, den bereits geplanten Waffenstopp für die Ukraine öffentlichkeitswirksam zu begründen. Kiew müsste in diesem Fall stärker auf die Hilfe der Europäer setzen, welche die US-Unterstützung aber nicht komplett ausgleichen können. Politik-Professor Jäger verweist darauf, dass auch der von Tech-Milliardär Elon Musk zur Verfügung gestellte Satellitendienst Starlink auf die Schnelle nicht zu ersetzen wäre. Dieser wird aktuell vom ukrainischen Militär unter anderem zur Kommunikation und Zielerfassung genutzt.
Szenario 3: Stefanie Babst macht der Ukraine hingegen Hoffnung, dass sie auch ohne weitere US-Hilfen im Krieg gegen Russland bestehen kann. Sie hält es für "nicht wahrscheinlich, dass Russland größere Geländegewinne erzielt". Gegenüber der "Bild" macht sie darauf aufmerksam, dass die Stärke der Kreml-Armee womöglich überschätzt wird. Es sei ihr beispielsweise in den vergangenen Monaten nicht gelungen, im Donbas weiter vorzurücken oder die eigene Grenzregion Kursk vollständig zurückzuerobern. Trotz verspäteter Waffenlieferungen des Westens habe die Ukraine zwei Drittel ihres Landes verteidigen können. Babst prognostiziert, dass die Ukraine nur mit europäischer Hilfe Russland zu Friedensverhandlungen zwingen könnte. "Nur, wenn sich Russland eine richtige blutige Nase holt, wird es an den Verhandlungstisch kommen. Einen Regime-Change in Kiew und eine De-facto-Kapitulation der Ukraine, so wie es das Trump-Putin-Duo vorhaben, muss Europa zusammen mit der Ukraine verhindern. Wenn wir es wollen, können wir das", sagte Babst der "Bild".
Donald Trump will Friedensverhandlungen mit Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin
Der Wunsch nach Frieden ist groß, doch welchen Preis die Ukraine dafür am Ende zahlen muss, bleibt weiterhin unklar. Eine erneute Annäherung zwischen Kiew und Washington bleibt nicht ausgeschlossen.
Wie es nun weitergeht: Wolodymyr Selenskyj hat bereits sein Bedauern über den Zoff im Weißen Haus geäußert. Er wandte sich in einem Brief an Donald Trump, bedankte sich noch einmal für die bislang erfolgte Unterstützung der USA. Trump begrüßte, dass sich Selenskyj darin zu Friedensverhandlungen bereiterklärt habe. "Ich weiß das zu schätzen", sagte der US-Präsident bei einem Auftritt vor dem Parlament in Washington. Außerdem drückte Selenskyj laut Trump seine Bereitschaft aus, das Rohstoffabkommen mit den Vereinigten Staaten jederzeit zu unterzeichnen. Der US-Präsident will weiter mit beiden Seiten reden. Wann es zu einem persönlichen Treffen mit Wladimir Putin kommt, ist noch offen.
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gom/bos/news.de/dpa
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