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Ukraine-Krieg im News-Ticker: Russische Besatzer evakuieren weitere Orte in Region Charkiw

Der russische Angriffskrieg hat in der Ukraine unermessliche Schäden angerichtet. Kiew will von Moskau Kompensation und verlangt den Zugriff auf blockiertes russisches Vermögen im Ausland. Hier alle aktuellen News zum Ukraine-Krieg.

Rauch steigt über einem Explosionsort eines Munitionslagers der russischen Armee in der Nähe des Dorfes Mayskoye auf der Krim auf. (Foto) Suche
Rauch steigt über einem Explosionsort eines Munitionslagers der russischen Armee in der Nähe des Dorfes Mayskoye auf der Krim auf. Bild: picture alliance/dpa/AP | Uncredited

Die ukrainische Armee ist bei ihrer Gegenoffensive im Osten des Landes tief in den Rücken der russischen Besatzungstruppen vorgedrungen. Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte am Donnerstagabend die Rückeroberung der Kreisstadt Balaklija im Gebiet Charkiw. Die Armee habe seit Anfang September mehr als 1000 Quadratkilometer der Ukraine befreit, sagte er in seiner Videoansprache.

"Im Rahmen laufender Verteidigungsoperationen haben unsere Helden bereits Dutzende von Siedlungen befreit", sagte er. "Die Ukraine ist und wird frei sein", versprach er. Allerdings halten russische Truppen nach früheren Angaben etwa 125.000 Quadratkilometer in der Ukraine besetzt. Das ist ein Fünftel des Staatsgebietes einschließlich der Halbinsel Krim.

Nach Angaben von Justizminister Denys Maliuska will die Ukraine Kriegsentschädigungen aus Russland von mindestens 300 Milliarden US-Dollar (etwa 300 Milliarden Euro) durchsetzen. Bei der UN-Vollversammlung wolle Kiew eine Resolution erreichen als Grundstein für einen internationalen Wiedergutmachungsmechanismus, sagte Maliuska auf Besuch in Berlin. Für die Ukraine ist Freitag der 198. Tag im Kampf gegen die russische Invasion.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse am 09.09.2022 im Überblick

+++Russische Besatzer evakuieren weitere Orte in Region Charkiw +++

Angesichts einer laufenden ukrainischen Gegenoffensive evakuieren die russischen Besatzer eigenen Angaben zufolge weitere Orte im ostukrainischen Gebiet Charkiw. Zunächst sollen die Orte Isjum und Kupjansk geräumt werden, wie der Chef der von Russland eingesetzten Militärverwaltung, Witali Gantschew, der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Freitag sagte. Auch der Ort Welykyj Burluk stehe unter Beschuss, dort solle die Zivilbevölkerung ebenfalls an sichere Orte gebracht werden. Über die Evakuierung von Kupjansk hatten die Russen bereits am Donnerstag berichtet.

Nach mehr als einem halben Jahr Krieg sind die ukrainischen Truppen bei ihrer Gegenoffensive zuletzt im Osten des Landes tief in den Rücken der russischen Besatzungstruppen vorgedrungen. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Donnerstagabend die Rückeroberung der Kreisstadt Balaklija im Gebiet Charkiw bestätigt.

Die Vorstöße zielen weiter auf die Stadt Kupjansk, über die mehrere Eisenbahn- und Straßenlinien führen. Die Kleinstadt gilt daher als strategisch wichtig für den Nachschub der russischen Truppen, die im Norden auf den Donbass zumarschieren. Auch im Gebiet Cherson im Süden gibt es ukrainische Gegenangriffe.

+++ Erdgastransit: Ukrainischer Gaskonzern Naftogaz klagt gegen Gazprom +++

Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz hat den russischen Gaskonzern Gazprom wegen weggefallener Transitgebühren verklagt. "Wir fordern von Gazprom, in vollem Umfang zu bezahlen", schrieb Naftogaz-Chef Jurij Witrenko am Freitag bei Facebook. Das russische Unternehmen habe seit Mai seinen Transit reduziert und daher weniger überwiesen. Der 2019 unterzeichnete Vertrag sehe jedoch in einer Klausel eine Mindesttransitmenge vor. Diese müsse unabhängig vom realen physischen Transport bezahlt werden.

Der Gerichtsstandort ist Zürich. 2019 hatte Naftogaz in einem ähnlichen Fall bereits umgerechnet über drei Milliarden Euro von Gazprom vor einem schwedischen Schiedsgericht erstritten.

Trotz des laufenden russischen Angriffskrieges hat die Ukraine seit dem 24. Februar über 12,4 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas in Richtung Westen transportiert. Im Mai wurde dann der Erdgastransit über das von Russland besetzte Gebiet Luhansk eingestellt. Kiew und Moskau warfen sich gegenseitig vor, dafür verantwortlich zu sein. Den ukrainischen Angaben zufolge will Moskau darüber hinaus den Transit über das unter ukrainischer Kontrolle stehende Gebiet Sumy nicht erhöhen. Täglich fließen etwas mehr als 40 Millionen Kubikmeter über die Messstation Sudscha in die Ukraine und weiter nach Westen.

+++Ukraine-Krieg: Stoltenberg weckt Zweifel an deutscher Waffen-Politik +++

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Zweifel an den deutschen Argumenten gegen die Lieferung großer Mengen Bundeswehr-Waffen an die Ukraine geweckt. Auf die Frage, ob Alliierte im Zweifelsfall eher Fähigkeitsziele des Bündnisses erfüllen sollten, als der Ukraine noch mehr Ausrüstung zu liefern, machte der Norweger am Freitag deutlich, dass er eine Niederlage der Ukraine für gefährlicher hält als unter Plan gefüllte Waffenlager in Nato-Staaten.

"Indem wir dafür sorgen, dass Russland in der Ukraine nicht gewinnt, erhöhen wir auch unsere eigene Sicherheit und stärken das Bündnis", sagte Stoltenberg bei einer Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken. Die Nutzung der Waffenbestände von Nato-Staaten trage dazu bei, das Risiko eines aggressiven Vorgehens Russlands gegen Nato-Länder zu verringern. Mehr als 80 Prozent der russischen Landstreitkräfte seien derzeit im Krieg in der Ukraine gebunden.

Stoltenberg äußerte sich damit deutlich anders als jüngst Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Diese hatte Ende August deutlich gemacht, dass sie kaum noch Möglichkeiten sieht, Waffen aus Bundeswehrbeständen für den Abwehrkampf gegen Russland in die Ukraine zu schicken. "Ich muss zugeben als Verteidigungsministerin, (...) da kommen wir an die Grenzen dessen, was wir aus der Bundeswehr abgeben können", sagte sie bei einer Kabinettsklausur in Meseberg bei Berlin. Die Bundeswehr müsse die Landes- und Bündnisverteidigung gewährleisten können. Sie werde als Verteidigungsministerin sehr genau darauf achten, dass das weiterhin der Fall ist.

Stoltenberg sagte am Freitag, er bitte die Bündnisstaaten eindringlich, noch tiefer in ihre Bestände zu greifen, um der Ukraine dringend benötigte Ausrüstung zu liefern. Die derzeitigen Fortschritte der Ukraine im Abwehrkampf gegen die Ukraine zeigten, dass dies einen großen Unterschied mache. Zugleich müsse die Waffenproduktion hochgefahren werden, um die eigenen Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten zu sichern.

+++ Blinken: Ukraine muss in bestmöglicher Lage für Verhandlungen sein +++

Die USA wollen die Ukraine inmitten ihrer laufenden Gegenoffensive gegen Russland in eine starke diplomatische Verhandlungsposition bringen. "Wir sehen in diesem Moment keine Anzeichen von Russland, dass es bereit ist, eine solche Diplomatie ernsthaft zu betreiben. Aber wenn dieser Zeitpunkt kommt, muss die Ukraine in der bestmöglichen Position sein", sagte US-Außenminister Antony Blinken am Freitag in Brüssel nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Blinken lobte die ukrainische Offensive und Geländegewinne im Süden und Osten des Landes: "Sie steht noch am Anfang, macht aber nachweislich echte Fortschritte". Es sei aber noch zu früh zu sagen, wie sich die Lage entwickeln werde. Blinken betonte jedoch, dass er große Unterschiede in der Moral der Soldaten aus der Ukraine und Russland sehe. Während die Ukrainer für ihre Freiheit kämpften, hätten viele russische Streitkräfte "keine Idee", warum sie in der Ukraine seien.

+++ Nato-Generalsekretär: Krieg in Ukraine geht in "kritische Phase" +++

Der Krieg in der Ukraine geht nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in eine "kritische Phase". Ukrainische Streitkräfte seien dank der Unterstützung aus Nato-Staaten zuletzt in der Lage gewesen, Moskaus Offensive im Donbass zu stoppen und Territorium zurückzuerobern, erklärte der Norweger am Freitag in einer Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken. Zugleich würden aber nun die Einheit und die Solidarität des Westens auf die Probe gestellt. Als Grund nannte Stoltenberg die Probleme bei der Energieversorgung und die steigenden Lebenshaltungskosten durch den russischen Krieg.

Nach Ansicht des Nato-Generalsekretärs ist es jetzt wichtig, dass diese Kriegsfolgen nicht zu einem nachlassenden Engagement für die Ukraine führen. "Der Preis, den wir zahlen, wird in Geld gemessen. Der Preis, den die Ukrainer zahlen, wird in Leben gemessen", sagte er. Zudem werde man einen noch viel höheren Preis zahlen, wenn Russland und andere autoritäre Regime merkten, dass Aggression belohnt werde.

"Wenn Russland aufhört zu kämpfen, wird es Frieden geben. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, wird sie als unabhängige Nation nicht mehr existieren", sagte Stoltenberg. Deshalb müsse man am bisherigen Kurs festhalten - "um der Ukraine und um unser selbst willen".

+++ US-Verteidigungsminister nennt ukrainische Erfolge "ermutigend" +++

Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministers Lloyd Austin macht die Ukraine bei ihrer laufenden Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer Fortschritte. "Wir sehen jetzt Erfolge in Cherson, wir sehen einen gewissen Erfolg in Charkiw - und das ist sehr, sehr ermutigend", sagte der Ex-General am Freitag am Rande eines Besuchs in Prag.

Zur Frage, warum die USA den Ukrainern keine Raketen mit noch größerer Reichweite als die vorhandenen Himars-Raketen lieferten, antwortete Austin ausweichend. "Wir bleiben engagiert und stellen sicher, dass wir ihnen geben, was sie brauchen, um erfolgreich zu sein", sagte der 69-Jährige.

Bei den Gesprächen in Prag ging es um eine verstärkte Verteidigungskooperation der Nato-Partner USA und Tschechien. Beide Seiten seien daran interessiert, ein entsprechendes Abkommen "so schnell wie möglich" abzuschließen, sagte Austin nach einem Treffen mit seiner tschechischen Kollegin Jana Cernochova.

Bereits vor drei Wochen war bekanntgeworden, dass die USA dem Land acht Militärhubschrauber überlassen. Es handelt sich um sechs Kampfhubschrauber vom Typ Bell AH-1Z Viper sowie zwei Mehrzweckhubschrauber vom Typ Bell UH-1Y Venom. Die Regierung in Prag hat zudem den Kauf von zwölf neuen Hubschraubern dieser Baureihen für umgerechnet rund 592 Millionen Euro beschlossen.

Tschechien ist seit 1999 Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses. Vom 17. bis 18. September finden im mährisch-schlesischen Ostrava die jährlichen Nato-Tage statt, eine der größten militärischen Leistungsschauen in Mitteleuropa.

+++ In Russland starten Regionalwahlen vor dem Hintergrund des Kriegs +++

In mehr als 80 russischen Regionen hat am Freitag die Abstimmung über örtliche Parlamente und Gouverneure begonnen. "In Moskau hat die Wahl der Stadtverordneten begonnen, abgestimmt werden kann im Wahllokal oder online", teilte die Wahlkommission am Freitag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Der Urnengang steht unter dem Zeichen des von Wladimir Putin begonnenen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr. Mehr als 45 Millionen Russen sind zur Wahl aufgerufen.

Die Vorbereitung war von einem beispiellosen Druck gegenüber der Opposition geprägt. Kandidaten, die sich offen gegen den Krieg aussprachen, wurden von vornherein von der Abstimmung ausgeschlossen.

Die Wahl erstreckt sich über drei Tage und wird teilweise auch online durchgeführt. Kritiker sehen hier ein weiteres Mittel zur Manipulation der Ergebnisse. Am Sonntag schließen die Wahllokale.

+++ Ukrainisches Blau-Gelb weht wieder über Balaklija +++

Die Kleinstadt Balaklija, die vor dem Krieg etwa 27.000 Einwohner hatte, war mehrere Monate von russischen Truppen besetzt gewesen. Als Beleg für die Rückeroberung veröffentlichte Selenskyj ein Video, gedreht mutmaßlich auf dem Rathaus. Vor der blau-gelben ukrainischen Fahne erstattete ein Soldat dem Präsidenten Bericht über die Einnahme der Stadt. "Die Flagge der Ukraine über einer freien ukrainischen Stadt unter einem freien ukrainischen Himmel", schrieb Selenskyj.

Nicht verifizierte Internetvideos zeigten Passanten, die den ukrainischen Soldaten zuwinkten oder sie unter Tränen umarmten. Die von Russland eingesetzte Verwaltung für die eroberten Gebiete um Charkiw behauptete, Balaklija und der Ort Schewtschenkowe seien weiter unter russischer Kontrolle. Es würden Reserven in den Kampf geführt, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf Verwaltungschef Andrej Alexejenko. Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Nach Angaben des Generalstabs in Kiew sind die ukrainischen Truppen bereits etwa 50 Kilometer nach Osten vorgestoßen. Der Angriff läuft über Balaklija hinaus in Richtung der Stadt Kupjansk. Dort ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt, über den Russland seine Truppen beim Angriff auf den Donbass versorgt. In Kupjansk ordnete die Besatzungsverwaltung die Evakuierung von Frauen und Kindern an.

Die russische Militärführung sei von der Attacke bei Balaklija offenbar überrascht worden, analysierte der US-Militärexperte Michael Kofman auf Twitter. "Die russischen Kräfte waren zu weit verteilt." Es gebe dort kaum Reserven. Im Unterschied zu dem schnellen Vorstoß im Osten scheine die Ukraine bei ihrer anderen Gegenoffensive im Süden im Gebiet Cherson sehr systematisch vorzugehen.

In der Großstadt Charkiw schlugen nachts erneut russische Raketen ein, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Es seien mehrere Häuser getroffen worden, niemand sei verletzt worden.

++ + Ukraine will über 300 Milliarden US-Dollar Entschädigung von Moskau +++

Die Ukraine will nach Angaben ihres Justizministers Denys Maliuska Kriegsentschädigungen aus Russland von mindestens 300 Milliarden US-Dollar (etwa 300 Milliarden Euro) durchsetzen. Bei der UN-Vollversammlung wolle Kiew eine Resolution erreichen als Grundstein für einen internationalen Wiedergutmachungsmechanismus, sagte Maliuska den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). "Wir wollen eine Kompensation für alle Schäden, die Russland in der Ukraine durch seinen Angriffskrieg verursacht hat", sagte er.

Der Schaden, den die Ukraine durch die russische Invasion erlitten hat, wird mittlerweile schon viel höher geschätzt. Doch die genannte Summe von 300 Milliarden US-Dollar entspricht den Guthaben der russischen Nationalbank in den G7-Staaten, die im Zuge der Sanktionen eingefroren wurden. Maliuska verlangte den Zugriff darauf sowie auf das Auslandsvermögen russischer Staatsunternehmen und beschlagnahmten Besitz russischer Oligarchen.

Deutschland solle Auskunft geben, wie viel russisches Vermögen hier geparkt sei, sagte der Minister. Zugleich solle Deutschland das ukrainische Vorhaben in der UN-Vollversammlung in New York unterstützen. Maliuska hatte am Donnerstag in Berlin mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gesprochen.

+++Selenskyj: Armee eroberte mehr als 1000 Quadratkilometer zurück +++

Ukrainische Truppen haben nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj seit Anfang September mehr als 1000 Quadratkilometer von den russischen Invasoren zurückerobert. Diese Zahl nannte Selenskyj am Donnerstag in seiner abendlichen Videoansprache. "Im Rahmen laufender Verteidigungsoperationen haben unsere Helden bereits Dutzende von Siedlungen befreit", sagte er ohne weitere Details. Früher am Abend hatte der Präsident die Eroberung der Kreisstadt Balaklija im Gebiet Charkiw bestätigt. Er traf sich am Donnerstag in Kiew zum wiederholten Mal seit Anfang September mit seiner Militärführung.

Bei ihren Gegenoffensiven nach einem halben Jahr Krieg rücken die Ukrainer im Gebiet Charkiw im Osten und im Gebiet Cherson im Süden vor. Anfang Juni hatte Selenskyj gesagt, dass Russland etwa 125 000 Quadratkilometer der Ukraine einschließlich der Halbinsel Krim besetzt halte. Das ist etwa ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes.

+++ Baltenstaaten und Polen beschränken Einreise für Russen +++

Die baltischen Staaten und Polen werden zum 19. September die Einreise von Russen weiter beschränken. Russische Staatsbürger mit einem Schengen-Visum für touristische Aufenthalte, Geschäftsreisen, Sport- und Kulturveranstaltungen dürfen dann nicht mehr in die vier EU- und Nato-Länder einreisen. Dies teilten die Regierungschefs der an Russland grenzenden Staaten am Donnerstag gemeinsam mit.

"Wir haben beschlossen, gemeinsame Beschränkungen für den Tourismus für russische Staatsangehörige einzuführen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu schützen", erklärte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas. "Russland hat Krieg nach Europa gebracht und setzt alle Mittel ein, um unsere Gesellschaften zu untergraben. Als Grenzstaaten der EU müssen wir Europa sicher halten."

Demnach soll nun allen russischen Staatsbürgern mit Schengen-Visa die Einreise verweigert werden - unabhängig davon, von welchem Mitgliedsland es ausgestellt wurde. "Die Mehrheit der Visa wurde russischen Staatsbürgern vor Russlands umfassender Aggression in der Ukraine unter anderen geopolitischen Bedingungen und Erwägungen ausgestellt. Reisen in die Europäische Union sind ein Privileg, kein Menschenrecht", hieß es in der Erklärung. Entsprechende Regelungen sollen in jedem der vier Länder erlassen werden und dann zum Stichtag in Kraft treten.

"Wir betonen, dass dies kein völliges Einreiseverbot ist und gemeinsam vereinbarte legitime Ausnahmen werden in Kraft bleiben", hieß es in der Erklärung von Kallas, Krisjanis Karins (Lettland), Ingrida Simonyte (Litauen) und Mateusz Morawiecki (Polen). Dazu zählen etwa familiäre oder humanitäre Gründe. Auch Dissidenten sollen weiter einreisen dürfen. "Wir halten es uneingeschränkt für notwendig, Gegner des Putin-Regimes weiterhin zu unterstützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, Russland zu verlassen."

Die baltischen Staaten und Polen haben als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen bereits weitgehend ausgesetzt. Gemeinsam drängten sie auch auf einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa für den Schengen-Raum. Damit konnten sie sich innerhalb der EU bislang aber nicht durchsetzen.

+++ Separatistenführer widerspricht russischer Kriegsthese +++

Der bekannte Kommandeur der prorussischen Separatisten in Donezk, Alexander Chodakowski, hat einem der russischen Rechtfertigungsversuche für den Angriffskrieg gegen die Ukraine offen widersprochen. Er habe bisher keine Belege dafür gefunden, dass die Ukraine einen Angriff auf Russland geplant habe - Moskau behauptet das immer wieder. "Die Ukraine hat sich auf einen Abwehrkrieg vorbereitet", schrieb Chodakowski am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal. Bei den Dokumenten, die seine Truppen nach der Eroberung ukrainischer Stellungen erbeutet haben, sei ihm kein einziges taktisches Dokument untergekommen, das Angriffshandlungen vorsehe.

Vor seiner Unterstützung der Donezker Separatisten war Chodakowski bis 2014 Chef der örtlichen Antiterroreinheit des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Dabei war er auch an der versuchten Niederschlagung der prowestlichen Proteste im Winter 2013/2014 in Kiew beteiligt. Die von ihm gegründete Brigade Wostok (Osten) hat bei der Eroberung der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol mitgekämpft. Aktuell ist sie bei Angriffen auf die unter ukrainischer Kontrolle stehende Stadt Wuhledar etwa 40 Kilometer südwestlich von Donezk eingesetzt.

Russland hat am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Der Kreml begründete die Invasion auch damit, dass er einem Angriff der ukrainischen Armee auf die seit 2014 abtrünnigen Teile der Gebiete Donezk und Luhansk zuvorkommen müsse. Zudem habe Kiew Angriffspläne für die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim gehabt. Die Ukraine hat derartige Vorwürfe immer zurückgewiesen.

+++ Kiew meldet Rückeroberung von mehr als 20 Ortschaften+++

Seit Anfang der Woche hat die Ukraine nach eigenen Angaben im Gebiet Charkiw im Osten des Landes über 20 Orte von den russischen Besatzern befreit. "Zum jetzigen Zeitpunkt sind unsere Soldaten bis zu 50 Kilometer tief in die Verteidigungslinien des Gegners vorgedrungen", sagte Generalstabsvertreter Olexij Hromow am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Kiew. Aktuell würden in den befreiten Orten "Säuberungen vom Gegner" andauern. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Auch in der Nähe von Kramatorsk im Gebiet Donezk hätten ukrainische Einheiten ihre Positionen um bis zu zwei Kilometer verbessern können. Bei Slowjansk seien die Russen um bis zu drei Kilometer zurückgedrängt und das Dorf Oserne befreit worden.

Im südukrainischen Gebiet Cherson seien die russischen Truppen an mehreren Abschnitten um zwei und bis zu mehreren Dutzend Kilometer zurückgedrängt worden. Insgesamt seien Gebietsgewinne von mehr als 700 Quadratkilometer erzielt worden. An den anderen Frontabschnitten bestehe weiter eine "schwierige, jedoch nicht kritische Situation". Die russischen Einheiten würden ihre Angriffe fortsetzen.

Seit dem 24. Februar wehrt die Ukraine eine russische Invasion ab. Große Teile der Ost- und Südukraine sind seitdem von der russischen Armee erobert worden. Die Ukraine führt eine Gegenoffensive unter anderem im besetzten Gebiet Cherson.

+++ Blinken verspricht bei Überraschungsbesuch in Kiew neue Milliarden +++

Während eines Überraschungsbesuchs in Kiew hat US-Außenminister Antony Blinken weitere Milliardenhilfen für die Ukraine und ihre Nachbarn angekündigt. Die US-Regierung wolle das von Russland angegriffene Land sowie 18 Staaten der Region mit 2,2 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) langfristig militärisch stärken, teilte das Außenministerium in Washington am Donnerstag mit.

+++ Ukrainischer Gegenangriff bei Balaklija im Osten +++

Trotz der Freude über das Vorrücken seiner Armee hielt sich Selenskyj bedeckt. Offiziell wird das Geschehen wegen einer Informationssperre nicht näher kommentiert. In sozialen Netzwerken häufen sich aber Videos und Fotos aus zurückeroberten Dörfern rund um Balaklija. Nach russischen Korrespondentenberichten greift die ukrainische Armee dort auf 20 bis 30 Kilometern Breite an. Diesen Quellen zufolge stehen die russischen Einheiten erheblich unter Druck, einige Truppenteile seien von Einschließung bedroht.

Geländegewinne gab es offenbar auch im Süden im Gebiet Cherson. Der Generalstabsbericht aus Kiew nannte russische Luft- und Artillerieangriffe auf mehrere Ortschaften, die vorher noch als russisch kontrolliert galten. Vermutlich unter dem Eindruck dieser Offensive will die russische Militärverwaltung Volksabstimmungen über den Beitritt der besetzten südukrainischen Gebiete zu Russland auf den 4. November verschieben. Zuvor galt ein Termin in der ersten Septemberhälfte als Wunschdatum.

+++ UN-Sicherheitsrat streitet über Deportationen +++

Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gab es einen heftigen Schlagabtausch über den Vorwurf russischer Deportationslager im ukrainischen Kriegsgebiet. Die US-Regierung beschuldigte das russische Militär, festgenommene Menschen in solche Lager zu zwingen, um sie dann gegen ihren Willen nach Russland oder in russisch besetzte Gebiete der Ukraine zu bringen. Schätzungen zufolge seien so zwischen 900.000 und 1,6 Millionen Menschen aus ihren Heimatorten deportiert worden, sagte US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield bei einer Sitzung des Sicherheitsrats in New York.

Eine unabhängige Bestätigung solcher Zahlen im Kriegsgebiet ist kaum möglich. Die ukrainische UN-Delegation macht sogar geltend, dass bis zu 2,5 Millionen Menschen aus dem Süden und Osten des Landes deportiert worden seien, oft in weit entfernte Regionen Sibiriens oder im entlegenen Osten Russlands. Russland wies die Vorwürfe zurück.

+++ Kiew bekennt sich zu Raketenbeschuss auf die Krim +++

Nach einem Monat Versteckspiel lüftete Kiew das Geheimnis der Explosionen auf dem Gelände russischer Militäranlagen auf der annektierten Halbinsel Krim. "Es geht um eine Serie von erfolgreichen Raketenschlägen auf die Luftwaffenbasen auf der Krim, vor allem um den Flugplatz Saki", schrieb Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj in einem Artikel für die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform.

Welche Raketen dabei zum Einsatz kamen, sagte er nicht. Seinen Angaben nach wollen die ukrainischen Streitkräfte, deren Abwehrkampf sich bis ins nächste Jahr erstrecken dürfte, solche Angriffe künftig ausweiten, benötigen dafür aber neue Waffen von westlichen Partnern. Saluschnyj nannte Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite für die US-amerikanischen Himars-Raketenwerfer. Aus dem Baltenstaat Litauen erhält die Ukraine Haubitzen als weitere Militärhilfe. Dabei handele es sich um 105-mm-Geschütze aus Reservebeständen der Armee des Nato-Landes, schrieb Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas auf Facebook.

+++ Sanktionen gegen mehr als 600 Russen +++

Als politische Drohgebärde in Richtung Moskau verhängte die Ukraine Sanktionen gegen 606 Mitglieder der russischen Führung. Von 32 Mitgliedern des russischen Sicherheitsrates unter Vorsitz von Präsident Wladimir Putin wurden 28 auf die ukrainische Strafliste gesetzt. Von 450 Abgeordneten der russischen Staatsduma sind es 424, von 170 Senatoren im Föderationsrat 154.

+++ Streit wegen Getreideexporten über das Schwarze Meer +++

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wies russische Vorwürfe zurück, wonach das aus den ukrainischen Häfen ausgeführte Getreide nicht wie ursprünglich zugesichert an ärmere Länder gehe, sondern vor allem nach Europa. Zwei Drittel des auf dem Seeweg über das Schwarze Meer exportierten Getreides seien für Asien, Afrika und den Nahen Osten bestimmt, sagte Kuleba. Er rief die Weltgemeinschaft auf, Druck auf Moskau auszuüben, damit die Exporte weiterlaufen.

Kremlchef Putin beklagte am Mittwoch, Russland sei im Nachgang der Vereinbarung über Exporte "einfach nur grob abgezockt worden". Während Russland die Ausfuhr von ukrainischem Getreide ermöglicht habe, gebe es weiter Hindernisse für russische Exporte. Putin drohte damit, die Vereinbarung von Ende Juli platzen zu lassen. Dabei hatte sein Befehl zum Angriff auf die Ukraine die Lebensmittelkrise in Teilen Afrikas und des arabischen Raums überhaupt erst ausgelöst. Nach monatelanger Blockade ihrer Häfen durch die russische Marine kann die Ukraine - vor Kriegsbeginn einer der wichtigsten Getreidelieferanten - seit Anfang August wieder Getreide auf die Weltmärkte bringen.

+++ Leiche eines toten Briten in der Ukraine zurückgegeben +++

Fast zwei Monate nach dem Tod eines Briten in Gefangenschaft der prorussischen Separatisten in der Ukraine ist sein Leichnam an ukrainische Behörden übergeben worden. Das teilte der ukrainische Ombudsmann für Menschenrechte, Dmytro Lubinez, am Mittwoch auf Facebook mit. Der Körper des Mannes weise Folterspuren und Schnittwunden auf, schrieb er. "Als Menschenrechtskommissar des Parlaments der Ukraine kann ich bereits heute in voller Verantwortung sagen, dass dieser Tod gewaltsam war." Unabhängig überprüfbar waren die Vorwürfe von Lubinez aber nicht.

Die Separatistenführung von Donezk hatte im Mitte Juli erklärt, der gefangene Brite sei an einer Reihe chronischer Krankheiten gestorben. Der Mann war nach Presseberichten 45 Jahre alt. Nach britischen Angaben war er im April mit einem Hilfstransport in der umkämpften Region Saporischschja im Südosten der Ukraine unterwegs gewesen, als er in die Hand moskautreuer Truppen fiel. Die Separatisten warfen ihm vor, als Söldner für die Ukraine gekämpft zu haben.

Die britische Botschaft in Kiew sei über die Rückgabe des Leichnams informiert worden, schrieb Lubinez.

+++Baltenstaaten wollen Einreise von Russen in EU beschränken+++

Estland, Lettland und Litauen wollen die Einreise für Russen weiter beschränken. Russische Staatsbürger mit einem Schengen-Visum sollen künftig nicht mehr von Russland oder Belarus aus in die baltischen EU- und Nato-Länder einreisen dürfen. Darauf haben sich die Außenminister der drei an Russland grenzenden Staaten verständigt. "Wir haben eine grundsätzliche Einigung erzielt", sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics am Mittwoch im litauischen Kaunas nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen.

Die endgültigen Regelungen sollen in Kürze von den jeweiligen Regierungen auf nationaler Ebene erlassen werden. Demnach soll allen russischen Staatsbürgern mit Schengen-Visa die Einreise verweigert werden - unabhängig davon, von welchem Mitgliedsland es ausgestellt wurde. Ausnahmen gelten sollen aus humanitären und familiären Gründen sowie für Lastwagen-Fahrer und Diplomaten, sagte Rinkevics. Eingeführt werden sollen die Beschränkungen simultan.

"Was wir in den letzten Wochen und Monaten gesehen haben, ist, dass die Zahl an Grenzübertritten von russischen Bürgern mit Schengen-Visa dramatisch zugenommen hat", sagte Rinkevics. Dies entwickele sich nicht nur zur einer Frage der öffentlichen Sicherheit, sondern sei auch eine moralische und politische Frage.

Die baltischen Staaten haben als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen bereits weitgehend ausgesetzt. Gemeinsam mit mehreren anderen EU-Ländern drängten sie auch auf einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa für den Schengen-Raum. Nachdem sie sich innerhalb der EU aber nicht durchsetzen konnten, haben die Länder nun entschieden, auf regionaler Ebene ihre eigenen Regeln einzuführen.

+++ Litauen liefert Haubitzen aus Reservenbeständen an Ukraine +++

Die Ukraine erhält aus Litauen Haubitzen als weitere Militärhilfe für ihre Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. Dabei handelt es sich um 105-mm-Geschütze aus Reservebeständen der Armee des EU- und Nato-Landes, wie Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas am Mittwoch auf Facebook mitteilte. Mit dieser und einer weiteren Lieferung wird Litauen demnach militärische Hilfe im Wert von rund 180 Millionen Euro seit dem russischen Angriff Ende Februar geleistet haben. Unter den zuvor bereits an Kiew gelieferten Waffen waren etwa Stinger-Flugabwehrraketen, Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen und Mörser. Russland hatte das Nachbarland Ende Februar überfallen.

+++ Ukraine-Krieg: Kiew verzeichnet Geländegewinne im Süden und Osten +++

Die ukrainische Armee hat bei ihren Ende August begonnenen Vorstößen in der Südukraine offensichtlich Geländegewinne erzielt. Der Generalstabsbericht vom Donnerstag verzeichnete russische Luft- und Artillerieangriffe auf mehrere Ortschaften im Gebiet Cherson, die vorher noch als russisch kontrolliert galten. Konkrete Angaben zu Fortschritten machte Kiew jedoch weiter nicht.

Parallel dazu wurden in sozialen Netzwerken Videos und Fotos von zurückeroberten Dörfern um die Stadt Balaklija im Gebiet Charkiw in der Ostukraine veröffentlicht. Russischen Korrespondentenberichten nach hatte die ukrainische Armee am Dienstag dort auf etwa 20 bis 30 Kilometern Breite eine Offensive begonnen. Offiziell wurde das Geschehen aufgrund einer geltenden Informationssperre bisher nicht kommentiert. Russischen Quellen nach kamen die russischen Einheiten an diesem Abschnitt erheblich unter Druck, einige Einheiten seien von Einschließung bedroht.

Die Ukraine wehrt sich seit dem 24. Februar gegen die russische Invasion. Trotz der Gegenangriffe stehen einschließlich der 2014 annektierten Halbinsel Krim weiter mehr als 20 Prozent des ukrainischen Territoriums unter russischer Kontrolle.

+++ Kiew gibt erstmals offiziell Raketenschläge auf die Krim zu +++

Nach knapp einem Monat hat Kiew sich zu Angriffen auf mehrere Luftwaffenstützpunkte auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim bekannt. "Es geht um eine Serie von erfolgreichen Raketenschlägen auf die Luftwaffenbasen auf der Krim, vor allem um den Flugplatz Saki", schrieb der ukrainische Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj in einem am Mittwoch bei der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform veröffentlichten Artikel. Dabei seien bis zu zehn russische Kampfflugzeuge zerstört worden.

Welche Raketen zum Einsatz kamen, teilte Saluschnyj nicht mit. Ziel der Angriffe sei es, den Russen auch in entfernteren Gebieten zu verdeutlichen, dass es einen realen Krieg mit Verlusten und Niederlagen gebe. Saluschnyj geht nicht von einem Kriegsende im laufenden Jahr aus.

Seinen Angaben nach wollen die ukrainischen Streitkräfte 2023 diese Angriffe ausweiten, würden dafür aber neue Waffensysteme von den westlichen Partnern benötigen. Saluschnyj nannte dabei Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite für die US-amerikanischen Himars-Raketenwerfer. Am Donnerstag ist ein neues Treffen westlicher Unterstützer zu weiteren Waffenlieferungen für Kiew in Ramstein geplant.

Russland ist am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Seitdem stehen große Teil der Ost- und Südukraine unter russischer Kontrolle. Zuletzt haben ukrainische Gegenangriffe in den Gebieten Cherson, Mykolajiw und Charkiw die russischen Truppen unter Druck gesetzt.

+++ Biowaffenvorwurf: Moskau stellt USA und Ukraine Fragen im UN-Gremium +++

Russland hat seinen Überfall auf die Ukraine im Februar unter anderem mit dem Vorwurf zu rechtfertigen versucht, in dem Nachbarland würden im Auftrag der USA Biowaffen entwickelt. Das verstößt nach Angaben von Moskau gegen die UN-Biowaffenkonvention, und deshalb hat die russische Regierung in Genf eine Anhörung unter den Vertragsstaaten der Biowaffenkonvention durchgesetzt. Am Mittwoch veröffentlichte das Sekretariat neue von Russland unterbreitete Fragen. Konsequenzen hat so eine Anhörung nicht.

Die USA, die Ukraine und westliche Länder hatten den Vorstoß Russlands vorab schon als Propagandafeldzug verurteilt. «Dies ist Teil der russischen Desinformationskampagne, und die Vorwürfe entbehren jeder Grundlage», sagte ein europäischer Diplomat in Genf.

In der Geschichte der 1975 in Kraft getretenen "Konvention über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen" hat zuvor erst einmal eine solche Anhörung stattgefunden: 1997, als Kuba den USA vorwarf, Insekten auf kubanischen Feldern abgesetzt zu haben, die die Ernten vernichteten.

Bei den von Russland eingereichten Fragen ging es etwa um angeblich fehlende Berichte über Pathogene, an denen in ukrainischen Laboren geforscht wurde, angeblich fehlende Gesetzgebung zum Umgang mit gefährlichen Pathogenen oder warum die Ukraine sich mit Anthrax und anderen Pathogenen befasse statt mit akuten Gesundheitsproblemen.

Ebenso ist in dem Dokument von amerikanischen Militärexperten die Rede, die an Forschungen in der Ukraine beteiligt gewesen sein sollen. An die USA geht im Zusammenhang mit angeblich verliehenen Patenten die Frage: "Betrachten die Vereinigten Staaten die in diesen Patenten enthaltenen Erfindungen als Werkzeuge, die für den Einsatz von biologischen oder Toxinwaffen verwendet werden könnten?"

Sowohl die Ukraine als auch die USA wiesen die Vorwürfe mit eigenen Dokumenten zurück. Die Ukraine stellte ihr Forschungsprogramm auf 45 Seiten vor, versehen mit dem Hinweis: "Die russischen Anschuldigungen werden niemals den grundlosen Angriff auf die Ukraine rechtfertigen."

Die Anhörung geht bis Freitag. Sie findet hinter verschlossenen Türen statt. Auch die Bundesregierung wollte eine Stellungnahme abgeben.

+++ Russische Besatzer wollen Referendum in Südukraine verschieben +++

Das Referendum über einen Beitritt der besetzten südukrainischen Gebiete zu Russland soll nach Angaben der russischen Militärverwaltung auf 4. November verschoben werden. "Wir sind sicher, dass 80 Prozent der Bevölkerung zum Referendum kommen", sagte der von Moskau eingesetzte Vizeverwaltungschef der Region Cherson, Kirill Stremoussow, am Mittwoch der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Zuvor galt ein Termin in der ersten Septemberhälfte als Wunschdatum.

So hatten die Besatzer im Sommer die Absicht geäußert, die Abstimmung parallel zu den Regionalwahlen in Russland am zweiten Septemberwochenende durchzuführen. Angesichts der ukrainischen Gegenoffensive im Süden setzte die russische Militäradministration ihre Pläne für eine Volksabstimmung aber aus. Stremoussow ist nicht mehr in Cherson, sondern in Russland - nach ukrainischen Angaben sind auch andere Beamte aus der umkämpften Region geflohen.

Das neue Datum am 4. November hat symbolischen Charakter, in Russland wird dann der "Tag der nationalen Einheit" gefeiert. Vor Stremoussow hatte der Sekretär der Kremlpartei Geeintes Russland, Andrej Turtschak, am Mittwoch den 4. November als Abstimmungsdatum in die Diskussion gebracht.

+++NRW droht mit Aufnahme-Stopp für ukrainische Flüchtlinge +++

 

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat angesichts hoher Flüchtlingszahlen aus der Ukraine mit einem Aufnahmestopp gedroht. In einen Brief an das Bundesinnenministerium (BMI) verwies der Staatssekretär im NRW-Flüchtlingsministerium darauf, dass sich die Lage in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Tagen zugespitzt habe. Grund dafür sei vor allem, "dass sich einige Länder trotz bestehender Unterquote für eine Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine haben sperren lassen und Geflüchtete nach Nordrhein-Westfalen weitergeschickt werden", hieß es am Mittwoch. Zuvor hatte "Busisness Insider" berichtet.

Seit mehreren Wochen verzeichne auch NRW einen zunehmend starken Zulauf von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, schilderte NRW-Staatssekretär Lorenz Bahr in dem Brief an seinen Amtskollegen im BMI, Hans-Georg Engelke. Nordrhein-Westfalen bekenne sich weiter "zu seiner humanitären Verantwortung bei der Aufnahme aller schutzbedürftigen Personen und insbesondere der aus der Ukraine geflüchteten Menschen", betonte Bahr aus dem von Grünen-Politikerin Josefine Paul geführten Düsseldorfer Ministerium. Der Bund müsse jedoch seiner Steuerungsfunktion gerecht werden.

Derzeit seien außer NRW nur noch Baden-Württemberg und das Saarland für Weiterleitungen aus anderen Bundesländern geöffnet. Damit stemmten aktuell drei Länder den Großteil der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter. "Setzt sich dieser Trend unverändert fort, wird Nordrhein-Westfalen unserer Einschätzung nach noch im Laufe dieser Woche in den Bereich der Überquote gelangen und für eine Aufnahme nicht mehr zur Verfügung stehen. Das wiederum führt dazu, dass die bundesweite Verteilung von Geflüchteten faktisch außer Kraft gesetzt ist", stellte der NRW-Regierungsvertreter in dem Brief klar, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Zugleich forderte das Düsseldorfer Ministerium Solidarität von den anderen Ländern. Auch wenn man dort an Kapazitätsgrenzen stoße, müssten alle ihre Aufnahmeverpflichtungen erfüllen.

+++ Scholz sichert Selenskyj in Telefonat weitere Unterstützung zu +++

In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Ukraine weitere Hilfe zugesagt. Deutschland werde nicht nachlassen, die Ukraine militärisch, aber auch politisch, finanziell und humanitär zu unterstützen, betonte der Kanzler in dem Gespräch nach einer Mitteilung des Sprechers der Bundesregierung, Steffen Hebestreit. Scholz habe sich mit Selenskyj zudem über weitere konkrete Unterstützung, einschließlich beim Wiederaufbau, ausgetauscht.

Mit Blick auf die Lage am Atomkraftwerk Saporischschja seien sich der Bundeskanzler und der ukrainische Präsident einig gewesen, dass die Sicherheit und der Schutz des AKW von größter Bedeutung ist. Dem Bericht der Internationalen Atomenergieagentur und den dort empfohlenen Maßnahmen komme eine wichtige Rolle zu, hieß es am Mittwoch.

In einem nach dem Telefonat abgesetzten Tweet schrieb Selenskyj, er habe Scholz für die Bestätigung der EU-Finanzhilfen für die Ukraine im Umfang von fünf Milliarden Euro gedankt. Er habe aber auch die Notwendigkeit eines Hilfsprogramms des Internationalen Währungsfonds (IWF) betont. Selenskyj zufolge waren auch mögliche weitere Militärhilfen für die Ukraine Thema in dem Gespräch mit Scholz.

+++ USA: Hunderttausende Ukrainer von Russland deportiert +++

Russland hat seit seinem Überfall auf die Ukraine nach Angaben der Vereinigten Staaten Hunderttausende Menschen in teils entlegene Gebiete deportiert. "Wir haben Beweise dafür, dass die Russen Hunderttausende ukrainische Bürger, darunter auch Kinder, vertrieben haben", sagte die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield am Mittwoch dem US-Radiosender NPR vor einer Sitzung des Weltsicherheitsrates zu diesem Thema.

"Sie werden verhört, sie werden festgehalten, sie werden zwangsweise deportiert. Einige werden in die entferntesten Teile Ostrusslands nahe der nordkoreanischen Grenze geschickt", so Thomas-Greenfield. Dies sei der Versuch Moskaus, Widerstand der Ukrainer zu unterdrücken. Sie forderte, dass die UN und Menschenrechtsorganisationen Zugang zu den Camps erhalten, in denen die Menschen untergebracht seien.

Kiew betont seit Kriegsbeginn regelmäßig, dass Russland Menschen aus den besetzten Gebieten gegen deren Willen in entlegene Gebiete bringe. Moskau spricht hingegen von Evakuierungsmaßnahmen. Ukrainische Medien berichteten mehrfach, wie Ukrainer anschließend über Estland wieder in die Ukraine zurückkehrten oder in die EU reisten.

+++ Ukraine-Krieg: Erdogan wirft Westen Provokation vor +++

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat dem Westen "Provokation" im Ukraine-Krieg vorgeworfen. "Ich kann ganz offen sagen, dass ich die Haltung, die der Westen an den Tag legt, nicht für richtig halte. Denn es handelt sich hier um einen Westen, der eine auf Provokation basierende Politik verfolgt", sagte das Staatsoberhaupt am Mittwoch am Rande einer dreitägigen Balkanreise in Belgrad. "Solange man sich bemüht, so einen Krieg über Provokation zu führen, wird es nicht möglich sein, zu einem Ergebnis zu gelangen".

Russland habe als Reaktion darauf das Erdgas abgedreht. "Die Preise in Europa sind plötzlich angestiegen. Jetzt denken alle angestrengt darüber nach, wie sie diesen Winter überwinden sollen. Wieso habt ihr euch das nicht früher überlegt?", so Erdogan.

Gleichzeitig warf er dem Westen vor, die Ukraine nur mit "Schrott" zu unterstützen: "Es wird behauptet, dass Waffen geschickt wurden. Jeden Schrott den sie finden, schicken sie in die Ukraine." Er erwarte kein baldiges Ende des Krieges.

Bereits am Dienstag hatte der türkische Staatspräsident Europa die Schuld für die aktuelle Energiekrise gegeben. "Europa erntet, was es gesät hat", hatte Erdogan gesagt. Die gegen Russland verhängten Sanktionen hätten unweigerlich zu diesem Punkt geführt. "Putin setzt alle seine Mittel und Waffen ein. Erdgas ist das wichtigste davon." Erdogan folgte damit der Argumentation des Kreml.

+++ Putin: Krieg gegen Ukraine stärkt Russlands Souveränität +++

Kremlchef Wladimir Putin hat den vor mehr als sechs Monaten angeordneten Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine erneut als angeblich notwendig zum Schutz Russlands verteidigt. "Ich kann sagen, dass der hauptsächliche Zugewinn die Stärkung unserer Souveränität ist - und das ist ein unweigerliches Ergebnis dessen, was gerade passiert", sagte Putin am Mittwoch beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok am Pazifik. Mit Blick auf den Krieg fügte er an: "Wir haben (dadurch) nichts verloren und werden nichts verlieren."

Zu der Veranstaltung in Wladiwostok waren zahlreiche Staatsgäste angereist, darunter Myanmars Militärchef Min Aung Hlaing und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan. Russlands Truppen waren Ende Februar in die Ukraine einmarschiert. Putin begründete den Krieg, der in Russland lediglich als "militärische Spezial-Operation" bezeichnet wird, damals unter anderem mit der angeblichen "Befreiung" der Ukraine von Nationalisten. Zudem behauptet Moskau immer wieder, die Ukraine hätte andernfalls Russland angegriffen. In diese Richtung äußerte sich Putin auch am Mittwoch und sagte: "Nach vielen Versuchen, dieses Problem auf friedlichem Weg zu lösen, hat Russland entschieden, spiegelbildlich auf Handlungen unseres potenziellen Feinds zu antworten: auf bewaffnetem Weg. Wir haben das bewusst getan."

+++ Atomexperten sehen "Spiel mit dem Feuer" in Saporischschja +++

IAEA-Chef Grossi berichtete dem UN-Sicherheitsrat, wie brenzlig die Lage im größten europäischen AKW Saporischschja sei. "Wir spielen mit dem Feuer, und etwas sehr, sehr Katastrophales könnte passieren", sagte er. Der Beschuss des Gebäudes sei extrem gefährlich. Militärfahrzeuge in den Gebäuden der Anlage müssten entfernt werden, forderte er. Auch die externe Stromversorgung müsse sichergestellt werden, um die Kühlung der Reaktoren zu gewährleisten.

Russische Streitkräfte halten das ukrainische AKW im Süden des Landes besetzt. Kiew und Moskau machen sich gegenseitig für den Beschuss der Anlage verantwortlich. Ein IAEA-Team unter Grossis Führung hatte vergangene Woche das Werk besucht, um die Sicherheitslage zu analysieren. Zwei IAEA-Experten blieben permanent vor Ort.

Wenn Grossis Vorschlag einer demilitarisierten Zone um das Kernkraftwerk einen Abzug der russischen Truppen bedeute, sei die Ukraine dafür, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die Atomenergiebehörde brauche ein breites Mandat, um Russland zu zwingen, das AKW ukrainischer Kontrolle zu überlassen.

+++ Neuer ukrainischer Angriff im Osten? +++

«Die Unseren machen Druck, machen richtig Druck», sagte der ukrainische Präsidentenberater Arestowytsch über die Gegenoffensiven im Süden und Osten des Landes. Die Orte nannte er nicht, das sei Sache des Generalstabs. Kriegskorrespondenten des russischen Staatsfernsehens nannten aber die Stadt Balaklija im ostukrainischen Gebiet Charkiw als eine Angriffsstelle. Dort habe die ukrainische Armee Gelände zurückerobert, darunter den Ort Werbiwka.

Schon seit vergangener Woche läuft ein ukrainischer Gegenangriff im Gebiet Cherson im Süden des Landes. Dazu sind von offizieller ukrainischer Seite bislang wenig Angaben gemacht worden. Die USA und Großbritannien sprechen auch dort von einem ukrainischen Vormarsch.

+++ USA wollen Russland nicht als Terrorstaat einstufen +++

Entgegen einer ukrainischen Forderung wollen die USA Russland nicht als Staat einstufen, der Terror unterstützt. Die Regierung in Washington halte dies nicht für den effektivsten Weg, Russland zur Verantwortung zu ziehen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Die US-Regierung habe mögliche Auswirkungen beleuchtet und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Einstufung eher hinderlich sein könnte - zum Beispiel falls es irgendwann zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges käme. "Es wurde nicht leichtfertig abgetan", betonte Kirby. Die USA betrachten derzeit vier Staaten als Terrorunterstützer: Syrien, Iran, Nordkorea und seit Anfang 2021 auch Kuba.

+++ Ungarn droht mit Blockade bei EU-Sanktionen gegen Russland +++

Ungarn droht nach Angaben von EU-Diplomaten mit einer Blockade der Verlängerung von Sanktionen gegen Russland. Das Land wolle durchsetzen, dass drei russische Oligarchen von der Sanktionsliste gestrichen werden. Konkret handele es sich dabei um Alischer Usmanow, Pjotr Awen und Viktor Raschnikow. Sie gehören zu den mehr als 1200 Personen, gegen die die Europäische Union wegen ihrer Unterstützung der russischen Ukraine-Politik Sanktionen erlassen hat. Die Sanktionen müssen bis nächste Woche Donnerstag verlängert werden, sonst laufen sie aus.

EU-Diplomaten verwiesen darauf, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Putin noch immer ein gutes Verhältnis pflege und bereits in den vergangenen Monaten mehrfach Strafmaßnahmen torpediert habe. So musste die EU wegen des Widerstands aus Ungarn auf geplante Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Kirill und ein vollständiges Öl-Embargo verzichten.

+++ Russlandtreuer Verwaltungschef von ukrainischer Hafenstadt getötet +++

Durch einen Anschlag ist der russlandtreue Verwaltungschef der südukrainischen Hafenstadt Berdjansk getötet worden. Das bestätigte ein Sprecher der Besatzungsverwaltung. "Er ist im Krankenhaus leider gestorben. Solche Fälle gibt es bei uns regelmäßig", sagte Sprecher Wladimir Rogow am Dienstag der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Unter dem Auto von Stadtkommandant Artjom Badrin war nach vorherigen Angaben eine Bombe explodiert. Es wurde auch von Schüssen im Zentrum der Hafenstadt am Schwarzen Meer berichtet. In den vergangenen Wochen sind mehrere Anschläge auf ukrainische Amtsträger verübt worden, die mit der Besatzungsmacht kollaborieren.

+++ Scholz verteidigt deutsche Rolle bei Waffenlieferungen in Ukraine +++

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die deutsche Rolle bei der Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen vor allem in der Lieferung von Luftverteidigungssystemen und Artillerie. Eine "gewisse Arbeitsteilung» sei bei der militärischen Unterstützung sinnvoll, sagte der SPD-Politiker in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch) auf eine Frage nach seiner Haltung zur ukrainischen Bitte um deutsche Leopard-2-Kampfpanzer. "Deutschland kann einen Schwerpunkt auf Luftverteidigung und Artillerie legen."

Ein eindeutiges Nein zur Lieferung von Kampfpanzern kam von Scholz allerdings nicht. Der Kanzler verwies darauf, dass man sich bei den Waffenlieferungen eng mit den Verbündeten und vor allem mit den USA abstimme. "Die Lage ist dynamisch", sagte Scholz. Er erinnerte daran, dass er sich auch vor der Lieferung deutscher Mehrfachraketenwerfer an die Ukraine mit dem Präsidenten Joe Biden abgesprochen habe. Bisher hat kein Nato-Staat moderne westliche Kampfpanzer an die Ukraine geliefert.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hatte bei seinem Treffen mit Scholz am Sonntag um die Lieferung von Leopard-2-Panzern gebeten. "Wir haben über das Thema gesprochen. Wir haben sogar vorgeschlagen, auf welche Weise Deutschland die Ukraine mit diesen Panzern versorgen kann", sagte Schmyhal nach dem Treffen im Kanzleramt. Das Gespräch sei «absolut konstruktiv» verlaufen. Bereits vor seinem Besuch hatte Schmyhal gesagt, die deutschen Leopard 2 und die amerikanischen Abrams-Kampfpanzer seien "die modernen Panzer, die die Ukraine auf dem Schlachtfeld braucht".

Die Bundesregierung hat der Ukraine bisher Waffen im Wert von mehr als 700 Millionen Euro zugesagt, der größte Teil davon ist schon geliefert - darunter auch einiges an schweren Waffen: zehn schwere Artilleriegeschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000, 15 Flugabwehrpanzer, drei Mehrfachraketenwerfer und drei Bergepanzer. Geplant ist zudem die Lieferung von vier Luftverteidigungssystemen vom Typ Iris-T.

+++ Türkei: Rund 2,5 Millionen Tonnen Getreide aus Ukraine verschifft +++

Seit Wiederaufnahme der Getreideausfuhr aus der Ukraine haben rund 100 Schiffe mit 2,5 Millionen Tonnen Agrarprodukten an Bord das Land verlassen. Das sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar am Dienstag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge.

Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren wegen des russischen Angriffskriegs monatelang blockiert. Die Kriegsgegner Ukraine und Russland unterzeichneten dann am 22. Juli unter UN-Vermittlung jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Die Ukraine gehörte vor Kriegsbeginn am 24. Februar zu den größten Getreideexporteuren weltweit.

+++Untersuchungsbericht: IAEA "schwer besorgt" um ukrainisches AKW +++

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) fordert nach ihren ersten Untersuchungen im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja dringende Maßnahmen zur Verhinderung eines Atomunfalls. "Die IAEA ist weiterhin schwer besorgt über die Lage", schrieb IAEA-Chef Rafael Grossi am Dienstag in seinem Untersuchungsbericht. Die Situation sei "unhaltbar".

Es sei daher dringend notwendig, eine nukleare Sicherheitszone rund um das von russischen Truppen besetzte AKW einzurichten, so Grossi. Alle an dem Konflikt beteiligten Seiten müssten sich darauf einigen, um noch schwerere Schäden durch Kampfhandlungen und den Austritt von Radioaktivität zu verhindern.

Ein IAEA-Team unter Grossis Führung reiste vorige Woche nach monatelangen Verhandlungen und Vorbereitungen zu dem Kraftwerk, um die Sicherheitslage zu analysieren und dort eine Präsenz der internationalen Atomenergiebehörde aufzubauen. Zwei IAEA-Experten sind nun permanent vor Ort.

In seinem Bericht berichtete Grossi unter anderem, das russische Panzerfahrzeuge in Turbinenhallen stationiert seien. Er forderte den Abzug der Geräte, da sie die Sicherheit der Anlage gefährden könnten.

Die Lage der ukrainischen Mitarbeiter des AKW, die seit Monaten unter russischer Besastzung ihren Dienst verrichten, sei ebenfalls unhaltbar, hieß es in dem Bericht. Es gebe zu wenig Personal, und die verbliebenen Experten seien so hohem Stress ausgesetzt, dass Bedienungsfehler passieren könnten.

Die IAEA äußerte auch Sorge über die Unterbrechungen der Stromversorgung der Anlage sowie über mangelhafte Kommunikationseinrichtungen in der Notfallzentrale des AKW.

+++Russland will Millionen Geschosse von Nordkorea kaufen +++

Angesichts angeblicher militärischer Lieferengpässe will Russland einem Medienbericht zufolge Millionen Geschosse von Nordkorea kaufen. Die "New York Times" beruft sich in ihrem Bericht vom Montag (Ortszeit) auf US-Geheimdienstinformationen. Demnach geht es um Artillerie-Munition und Raketen mit kurzer Reichweite. US-Beamte hätten aber darüber hinaus wenige Details genannt - es werde aber vermutet, dass Moskau sich für weiteres militärisches Gerät auch an Pjöngjang wenden könnte.

Die Geschäftsbeziehungen zu der vom Welthandel ausgeschlossenen asiatischen Autokratie offenbaren Militärexperten zufolge Lieferengpässe des russischen Militärs. Diese seien auf die international verhängten Sanktionen wegen Moskaus Überfall auf die Ukraine vor mehr als einem halben Jahr zurückzuführen.

Erst Ende August hatten amerikanische Geheimdienstkreise verlauten lassen, dass von Moskau gekaufte iranische Drohnen in Russland angekommen seien. Diese könnten für den Beschuss von Radaranlagen, Artillerie und anderen militärischen Objekten eingesetzt werden - hätten aber bei ersten Tests zahlreiche Fehlfunktionen gezeigt.

Die USA hatten bereits vor Kriegsbeginn am 24. Februar damit begonnen, Geheimdienstinformationen und Einschätzungen nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit soll unter anderem der Druck auf Russland erhöht werden.

+++ Nach Beschuss: Stromausfall nahe ukrainischem AKW Saporischschja +++

Nach erneutem Artilleriebeschuss beim südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja ist es in der nahe gelegenen Stadt Enerhodar zu einem Stromausfall gekommen. Sowohl die von Russland eingesetzten Besatzungsbehörden als auch der aus der Stadt geflohene Bürgermeister Dmytro Orlow bestätigten den Vorfall am Dienstag im Nachrichtendienst Telegram. Dem Besatzungsvertreter Wladimir Rogow zufolge soll es sieben Einschläge im Bereich des Kraftwerk-Trainingszentrums gegeben haben. Ein Reaktor soll dennoch weiter 150 Megawatt für den Eigenbedarf der Kühlsysteme liefern.

Am Montag hatte der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom zuerst mitgeteilt, dass es beim sechsten und letzten noch betriebenen Block eine Notabschaltung gegeben habe. Später jedoch übermittelte Kiew an die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA) die Information, der Strombedarf des Kraftwerks werde nach einer erzwungenen Trennung vom ukrainischen Netz weiter von einem im Betrieb befindlichen Reaktor gedeckt.

Russlands Verteidigungsministerium warf der Ukraine am Dienstag vor, Saporischschja innerhalb der vergangenen 24 Stunden 15 Mal mit Artillerie beschossen zu haben. Im Gegenzug macht Kiew die russischen Truppen, die das AKW bereits seit Anfang März besetzen, immer wieder für Angriffe auf das Gelände verantwortlich. Die Angaben beider Seiten lassen sich in der Regel nicht unabhängig überprüfen.

Der gehäufte Artilleriebeschuss erhöhte zuletzt international die Sorge vor einer Atomkatastrophe rund um das mit sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt größte Kernkraftwerk Europas. Für Dienstag wurde die Veröffentlichung eines Berichts einer Mission der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA unter Leitung von Chef Rafael Grossi zum Kraftwerk erwartet. Zuletzt waren zwei IAEA-Experten in Enerhodar.

+++ Mangel an Aufklärungsdrohnen schränkt russisches Militär ein +++

Ein Mangel an Aufklärungsdrohnen erschwert nach Ansicht britischer Geheimdienstexperten zunehmend die Einsätze der russischen Truppen in der Ukraine. Das geht am Dienstag aus dem täglichen Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London hervor. "Angesichts von Verlusten auf dem Schlachtfeld ist es wahrscheinlich, dass Russland Schwierigkeiten hat, seine Bestände an unbemannten Luftfahrzeugen aufrechtzuerhalten", hieß es in der Mitteilung auf Twitter. Das werde verschärft durch die mittels internationaler Sanktionen hervorgerufene Verknappung an Ersatzteilen.

"Die begrenzte Verfügbarkeit von Aufklärungsdrohnen dürfte das taktische Lagebewusstsein der Kommandeure vermindern und Einsätze zunehmend behindern", so die Einschätzung der Briten. Russland habe in den vergangenen Jahren zunehmend auf Drohnen gesetzt, besonders um Ziele für die Artillerie auszumachen. Diese seien jedoch anfällig für Abschüsse und elektronische Störsignale. In den vergangenen Tagen sei die Zahl der Drohneneinsätze westlich des Dnipro-Flusses zurückgegangen. Auch mehrere Abschüsse seien gemeldet worden.

+++ Unsichere Lage am Kernkraftwerk Saporischschja +++

Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Enerhoatom trat am Montagabend Befürchtungen entgegen, die Kontrolle über die Strahlung im AKW Saporischschja sei verlorengegangen. Es seien nur wegen eines Internetausfalls früher am Tag kurze Zeit keine Messdaten zur Strahlung an die zuständige Behörde übermittelt worden. In dem seit Wochen durch Kämpfe gefährdeten Kernkraftwerk war wegen des Brandes einer Hochspannungsleitung am Montag der sechste und letzte Reaktor heruntergefahren worden. Die Verbindung zum Stromnetz der Ukraine ging zum zweiten Mal nach dem 25. August verloren. Die IAEA teilte unter Berufung auf ukrainische Angaben mit, dass die Ersatzstromverbindung zu einem Heizkraftwerk abgeschaltet worden sei, um den Brand zu löschen.

Präsident Selenskyj führte den Schaden auf Beschuss durch russische Truppen zurück. "Russland interessiert sich nur dafür, dass die Situation möglichst lange möglichst schlimm bleibt", sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Wegen der großen Sorge der internationalen Gemeinschaft hatten IAEA-Experten vergangene Woche Saporischschja besucht. IAEA-Direktor Rafael Grossi will am Dienstag den Bericht zu der Mission veröffentlichen und ihn abends auch dem Weltsicherheitsrat in New York vorstellen.

+++ Fortdauernde russische Angriffe im Donbass +++

Die russische Armee beschoss nach Angaben des Generalstabs in Kiew erneut Dutzende Orte im Donbass mit Artillerie und Flugzeugen. Der Abendbericht der ukrainischen Militärführung zählte zugleich acht Orte im Osten auf, an denen Sturmangriffe der Russen abgewehrt worden seien. Dazu gehörte auch die Umgebung der Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, vor der der russische Vormarsch seit Wochen feststeckt.

In der Nähe der Industriestadt Krywyj Rih setzte nach örtlichen Behördenangaben ein russischer Raketentreffer ein Treibstofflager in Brand. Der Beschuss traf demnach auch andere Orte des Gebiets Dnipropetrowsk in der Zentralukraine. Eine Frau sei getötet worden, außerdem habe es drei Verletzte gegeben, hieß es.

+++ Ukraine hofft auf Johnsons Nachfolgerin Truss +++

Die Ukraine hoffe, dass die enge Zusammenarbeit mit Großbritannien auch unter der künftigen Premierministerin Truss weitergehe, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. Vorher hatte er mit emotionalen Worten Abschied vom scheidenden Premier Johnson genommen. "Man sagt, dass es in der Politik keine Freunde gibt. Aber Boris - das ist der Fall, wo man sich auf Zuruf versteht." Er danke Johnson im Namen aller Ukrainer für dessen Solidarität. "Seit der ersten Minute des umfassenden russischen Krieges gegen die Ukraine und Europa ist Boris an unserer Seite gewesen."

Unter Johnsons Führung hat Großbritannien die Ukraine militärisch, politisch und finanziell stark gegen Russland unterstützt. Seit Kriegsbeginn an 24. Februar reiste der Premier dreimal nach Kiew.

+++ Gazprom spricht von Konstruktionsfehler an deutscher Turbine +++

Der Kreml gab am Montag dem Westen die Schuld für ausbleibende Gaslieferungen und verlangte eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland. Der Gasriese Gazprom verwies auf technische Gründe, wegen derer der Gastransport durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 unmöglich sei: Eine Turbine von Siemens Energy könne wegen eines Konstruktionsfehlers zur Gefahr werden und dürfe nach russischem Recht nicht betrieben werden. Es gebe ein Brand- und Explosionsrisiko.

Gazprom hatte am Samstag nach einer planmäßigen Wartung der Turbine die Gaslieferungen nach Europa - wie im Ausland befürchtet - nicht wieder aufgenommen. Das Unternehmen begründete dies mit angeblich aus dem Aggregat austretendem Öl. Das Problem sei auch an anderen Turbinen dieses Typs beobachtet worden, erklärte Gazprom. Dies lasse darauf schließen, dass der Fehler in der Konstruktion angelegt sei.

Siemens Energy wies die Darstellung zurück. Der mitgeteilte Befund stelle keinen Grund für eine Einstellung des Betriebs dar, sagte ein Sprecher. "Solche Leckagen beinträchtigen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und können vor Ort abgedichtet werden." Die Bundesregierung hält die angeblichen technischen Probleme mit Nord Stream 1 für einen russischen Vorwand.

+++ Ukrainer berichtet von Dutzenden Angriffen im Donbass +++

Die russische Armee hat nach Angaben des Kiewer Generalstabs am Montag erneut Dutzende Orte im Donbass im Osten der Ukraine mit Artillerie und Kampfflugzeugen beschossen. Der Abendbericht der ukrainischen Militärführung zählte zugleich acht Orte auf, an denen Sturmangriffe der Russen abgewehrt worden seien. Dazu gehörte auch die Umgebung der Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, vor der der russische Vormarsch seit Wochen feststeckt. Die Militärangaben waren aber nicht sofort unabhängig überprüfbar.

In der Nähe der Industriestadt Krywyj Rih setzte nach örtlichen Behördenangaben ein russischer Raketentreffer ein Treibstofflager in Brand. Der Beschuss traf demnach auch andere Orte des Gebiets Dnipropetrowsk in der Zentralukraine. Eine Frau sei getötet worden, außerdem habe es drei Verletzte gegeben.

+++ Britischer Verteidigungsminister: Ukrainer machen "echte Gewinne" +++

Die ukrainischen Truppen machen nach Einschätzung Londons bei ihrer Gegenoffensive im Süden des Landes "echte Gewinne". Das sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace am Montag im Parlament in London. "Die Ukraine hat eine Reihe von Flussübergängen schwer beschädigt mit dem Ziel, den russischen Nachschub zu beschränken", so Wallace weiter. Moskaus Invasionsarmee werde sowohl mit Artilleriebeschuss belegt als auch von Bodentruppen attackiert.

Nach Einschätzung der Briten hat Russland im Laufe des Kriegs bisher etwa 25.000 Tote in seinen Reihen zu beklagen. Insgesamt haben die russischen Invasionstruppen demnach rund 80.000 Mann durch Todesfälle, Gefangenschaft, Fahnenflucht und anderes verloren, wie Wallace sagte. Der Minister machte jedoch deutlich, dass auch die Ukrainer derzeit bei ihrer Offensive Verluste erleiden.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

+++ AKW Saporischschja: Erneut Notabschaltung nach Beschuss +++

Im von Russland besetzten südukrainischen Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja sind infolge von Beschuss erneut alle Reaktoren heruntergefahren worden. Eine Hochspannungsleitung sei wegen eines Brandes abgeschaltet worden, teilte der ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom am Montag auf seinem Telegram-Kanal mit. Dies habe zur Notabschaltung des letzten in Betrieb befindlichen Blocks sechs geführt.

Block fünf war bereits am Samstag abgeschaltet worden. Innerhalb der vergangenen drei Tage seien alle fünf Hochspannungsleitungen zum AKW und dem nahen Wärmekraftwerk durch Artilleriebeschuss beschädigt worden, hieß es. Es bestehe keine Verbindung mehr zum ukrainischen Stromnetz.

Vor anderthalb Wochen, am 25. August, hatte es ebenfalls eine Notabschaltung der zwei in Betrieb befindlichen Reaktoren mit anschließendem Stromausfall in den besetzten südukrainischen Gebieten gegeben.

Das AKW war kurz nach dem Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine Anfang März erobert worden. Zur Beobachtung der Sicherheitslage befinden sich aktuell zwei Experten der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) im Kraftwerk. Das sich seit Wochen häufende Artilleriefeuer auf das Kraftwerksgelände hatte international die Angst vor einer Atomkatastrophe steigen lassen. Moskau und Kiew werfen sich gegenseitig den Beschuss des Kraftwerksgeländes und der Umgebung vor.

+++Litauen fordert weitere Sanktionen gegen Russland +++

Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda hat weitere Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine gefordert. "Europa hat bereits viele wichtige Entscheidungen getroffen, um die russische Aggression in der Ukraine einzudämmen. Aber sie reichen nicht aus und wir müssen weitermachen. Der Krieg muss für den Angreifer zu einer unerträglichen Belastung werden", wurde Nauseda am Montag in einer Mitteilung nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel in Vilnius zitiert. "Die Begrenzung der Touristenvisa für die EU für russische Bürger wäre im aktuellen Kontext eine wirksame und faire Maßnahme".

Die EU hatte in der Vorwoche beschlossen, ein Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe vollständig auszusetzen. Der Schritt ist eine weitere Sanktion als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er gilt als Minimalkompromiss im seit Wochen anhaltenden EU-Streit um den Umgang mit Visa-Anträgen russischer Staatsangehöriger. Dabei handelt es sich aber nicht um ein formelles Verbot von Touristenvisa, wie es von einigen an Russland grenzenden EU-Staaten gefordert wird. Litauen hat - ähnlich wie auch Estland und Lettland - die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen bereits weitestgehend ausgesetzt.

+++EU will Ukraine 500 Millionen Euro geben +++

Die EU hat der Ukraine weitere 500 Millionen Euro zur Versorgung von Binnenflüchtlingen und für die Landwirtschaft zugesagt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterzeichnete am Montag mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal ein Abkommen zu den Zuschüssen. Es soll nach Angaben der Brüsseler Behörde auch die Zusammenarbeit der EU mit dem Beitrittskandidatenland verstärken. Im Frühjahr hatte von der Leyen bei einer Geberkonferenz in Warschau entsprechende Hilfen angekündigt.

Seit Beginn des Kriegs hat die von Russland angegriffene Ukraine von der EU bereits Kredite und Zuschüsse in Höhe von 5,4 Milliarden Euro erhalten. Zudem wurden 2,5 Milliarden Euro für militärische Unterstützung mobilisiert.

Am Montag beschloss die Kommission zudem, die Ukraine an das Programm "Digitales Europa" anzubinden. Mit dem 7,5 Milliarden Euro schweren Fördertopf soll digitale Innovation vorangetrieben werden, etwa in den Bereichen künstliche Intelligenz oder Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Zudem soll die Ukraine nach ebenfalls am Montag unterzeichneten Abkommen künftig auch Teil des gemeinsamen Zollnetzes werden. Damit soll die Zusammenarbeit in Zoll- und Steuerfragen erleichtert werden.

+++ Russland setzt Ben Stiller und Sean Penn auf Schwarze Liste +++

Das russische Außenministerium hat 25 US-Bürger, darunter die Schauspieler Sean Penn und Benn Stiller auf eine Schwarze Liste gesetzt. Den Betreffenden aus Politik, Kultur und Wirtschaft werde "als Antwort auf die ständig von der Biden-Administration ausgeweiteten Sanktionen gegen russische Bürger" die Einreise nach Russland verwehrt, teilte das Ministerium am Montag in Moskau mit.

Stiller und Penn sind wegen ihres politischen Engagements auf der Liste gelandet. Die Schauspieler haben sich nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf der Seite Kiews positioniert. Beide Schauspieler wurden vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen und haben der Ukraine ihre Unterstützung ausgesprochen.

Neben den Schauspielern traf es auch mehrere Kongressabgeordnete und Firmenchefs. Als ranghöchste Politikerin wurde US-Handelsministerin Gina Raimondo neu mit einem Einreisebann belegt. Allerdings handelt es sich nur um eine Erweiterung der schon bestehenden Schwarzen Liste. Den US-Präsidenten Joe Biden hat Russland bereits im März sanktioniert.

+++Russisches Gericht entzieht "Nowaja Gaseta" Zulassung +++

Ein Bezirksgericht in Moskau hat der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" die Zulassung entzogen. "Die Registrierung als Medium wird für ungültig erklärt", verkündete die zuständige Richterin am Montag, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Der Entzug erfolgte demnach auf Antrag der russischen Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor. Die Behörde begründete dies damit, dass die Zeitung trotz einer Verwarnung ihr Redaktionsstatut nicht vorgelegt habe. Chefredakteur der "Nowaja Gaseta" ist Dmitri Muratow, der vergangenes Jahr den Friedensnobelpreis bekam.

Die Zeitung hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor einem halben Jahr ihr Erscheinen einstellen müssen. Muratow begründete das damals mit der Sorge um das Wohl der Korrespondenten, nachdem in Russland ein "Fake-News-Gesetz" in Kraft getreten war. Es sieht hohe Haftstrafen für Journalisten vor, deren Veröffentlichungen offiziellen Verlautbarungen widersprechen. Die "Nowaja Gaseta" hatte den russischen Angriff auf die Ukraine als Krieg bezeichnet. Offiziell wird er in Russland nur "militärische Spezialoperation" genannt.

Muratow kündigte an, gegen den Entzug der Lizenz in Berufung zu gehen. "Das ist ein Scheinurteil auf politische Bestellung", sagte der 60-Jährige. "Es hat nicht die geringste gesetzliche Grundlage."

+++ Betreiber warnt vor Strahlengefahr in AKW Saporischschja +++

Das von russischen Truppen besetzte AKW Saporischschja im Süden der Ukraine arbeitet nach Angaben des Betreibers infolge massiven Beschusses aktuell unter der Gefahr, gegen den Strahlen- und Brandschutz zu verstoßen. Derzeit sei von den sechs Reaktoren nur noch ein einziger in Betrieb, teilte der Betreiber Enerhoatom am Montag mit. Block 6 versorge das ukrainische Stromnetz und das AKW selbst. Block 5 sei seit Samstagabend vom Netz, weil es durch Beschuss massive Schäden an einer Leitung gebe.

Die russische Militärverwaltung hatte zuvor ebenfalls mitgeteilt, dass nur noch ein Block von Europas größtem Atomkraftwerk arbeite. Nach Darstellung von Enerhoatom dauert die Mission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) dort an. Den Besatzern wiederum zufolge haben vier von sechs Experten die Anlage verlassen. Es blieben noch zwei Vertreter als Beobachter, sagte deren Vertreter Wladimir Rogow im russischen Radio.

Die IAEA-Experten sind seit Donnerstag in dem AKW, um nach Schäden zu suchen. Das Kraftwerk geriet Anfang März unmittelbar nach Einmarsch in die Ukraine unter russische Kontrolle. Mehrfacher Beschuss des Kraftwerksgeländes und der benachbarten Stadt haben international die Angst vor einer möglichen Atomkatastrophe wachsen lassen. Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig. Enerhoatom beklagte im Nachrichtenkanal Telegram, dass Russland Militär, Waffen und Munition auf dem Gelände stationiert habe. Die Ukraine forderte internationale Hilfe, um für die russischen Truppen zum Abzug zu bewegen. Russland bestreitet, dort schwere Waffen zu haben und lehnt auch eine Rückgabe des AKW ab, weil die Ukraine dessen Sicherheit nicht gewährleisten könne.

+++ Selenskyj spricht von Rückeroberungen im Ukraine-Krieg +++

Medienberichten zufolge haben ukrainische Truppen die Ortschaft Oserne im Gebiet Donezk zurückerobert. Von unabhängiger Seite waren diese Angaben nicht überprüfbar. In einem Video bekräftigte Wolodymyr Selenskyj zudem das Ziel einer Rückeroberung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim. "Ich glaube daran, dass die ukrainische Flagge und das freie Leben auf die Krim zurückkehren. Wir befreien unsere gesamte Erde, alle unsere Menschen", sagte Selenskyj.

Russland hatte die Krim 2014 in sein Staatsgebiet eingegliedert. Den Angriff auf die Ukraine hatte Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar unter anderem damit begründet, dass er nach eigenen Angaben Hinweise auf Versuche der ukrainischen Führung sah, sich die Krim mit militärischer Gewalt zurückzuholen. Russland hatte stets betont, dies unter keinen Umständen zuzulassen.

Zuletzt hatte es massive Explosionen mit verheerenden Zerstörungen und Zwischenfälle mit Drohnen auf der Krim gegeben. Die ohnehin extremen Sicherheitsvorkehrungen auf der Halbinsel wurden dann noch einmal verstärkt. «Die russische Präsenz hat die Krim zu einem der gefährlichsten und unfreien Orte in Europa gemacht», sagte Selenskyj.

+++ Ukrainischer Regierungschef spricht mit Scholz über Kampfpanzer +++

Bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin machte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal nach eigenen Angaben konkrete Vorschläge zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an Kiew. "Wir haben über das Thema gesprochen. Wir haben sogar vorgeschlagen, auf welche Weise Deutschland die Ukraine mit diesen Panzern versorgen kann", sagte Schmyhal am Sonntag nach seinem Gespräch mit Scholz im Kanzleramt vor Journalisten.

Deutschland hat der Ukraine bereits die Panzerhaubitze 2000, den Mehrfachraketenwerfer MARS-II und andere Waffen geliefert.Er habe mit Scholz über eine Ausweitung der Lieferungen gesprochen, sagte Schmyhal. Er nannte keine Details. "Bei neuen Waffentypen haben wir natürlich die Diskussionen begonnen." Die Gespräche sollten fortgesetzt werden. Schmyhal äußerte die Hoffnung, dass auch die Ukraine stabil durch den Winter kommt. "Faktisch haben wir heute etwa 13 Milliarden Kubikmeter Gas in unseren Speichern. Wir haben heute mehr als zwei Millionen Tonnen Kohle. Das gibt uns die Hoffnung auf ein stabiles Durchlaufen dieser schwierigen Heizsaison." Trotzdem werde es schwierig wegen der militärischen Risiken.

+++ Selenskyj fordert erneut EU-Einreiseverbote für Russen +++

Präsident Selenskyj bekräftigte in einem nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgenommenen Video außerdem seine Forderungen nach Einreiseverboten für Russen. Es müsse Einschränkungen bei der Vergabe von Visa für jene geben, die den Terror gegen die Ukraine unterstützten und in Europa Spaß und Unterhaltung suchten, betonte er. "Europa ist ein Land der Werte und kein Disneyland für die Unterstützer von Terror." Die EU hatte Ende August angekündigt, lediglich ein mit Russland geschlossenes Abkommen zur Erleichterung der Visa-Vergabe für Reisende vollständig aussetzen. Reisen sind weiter möglich.

+++ Energie-Konferenz mit Russland und Saudi-Arabien +++

Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine und der hohen Preise auf dem Energiemarkt beraten rund 20 Ölproduzentenländer, darunter Russland, im Rahmen der Allianz Opec+ über ihre Förderquoten ab Oktober. Viele Marktbeobachter erwarten, dass die Gruppe in der Online-Sitzung am Montag an ihren bisherigen Produktionszielen festhält. Saudi-Arabien, eines der dominierenden Mitglieder, hatte jedoch unlängst eine mögliche Produktionskürzung in den Raum gestellt.

Zu Ende der vergangenen Handelswoche waren die Ölpreise nach mehreren Tagen mit Abschlägen wieder gestiegen. Zuvor war Rohöl unter Druck geraten. Zu den Faktoren für den Abwärtstrend gehörten Sorgen über die globale Wirtschaft, der Kampf vieler Zentralbanken gegen die Inflation sowie der starke Dollar, der den in der US-Währung gehandelten Rohstoff für viele Marktteilnehmer verteuert. Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist das Preisniveau jedoch weiter deutlich höher als vor dem Konflikt.

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/news.de/dpa

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