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Pferdesport: Betäubt, geschlagen und eingeschläfert: Wie sehr müssen Pferde wirklich leiden?

Reitsport ist Tierquälerei, sagen Tierschützer. Sie verlangen sogar ein Verbot. Während Verbände und Reiter:innen betonen, dass das Tierwohl an erster Stelle steht. Doch wie gefährlich ist der Sport für Pferde wirklich?

Wie gefährlich ist Reitsport für Pferde? (Symbolfoto) (Foto) Suche
Wie gefährlich ist Reitsport für Pferde? (Symbolfoto) Bild: Adobe Stock/ muro

Der Pferdesport ist so beliebt wie nie. Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens IPSOS aus dem Jahr 2019 begeistern sich 11,3 Millionen Menschen für den Pferdesport. Doch der Sport hat seine Schattenseiten. Tierschützer verurteilen den Sport und verweisen seit Jahren auf die Qualen für die Tiere. Sie berufen sich auf zahlreiche Vorfälle. Welche Gefahren sind Pferde im Sport ausgesetzt und was unternehmen Verbände und die Politik dagegen?

Skandale im Pferdesport: Tierquälerei-Vorwürfe beim CHIO und Olympia

Es waren Schlagzeilen, die hohe Wellen in dem Medien schlugen. Der Wallach "Allstar B" der britischen Vielseitigkeitsweltmeisterin Rosalind Canter musste nach dem Geländeritt beim CHIO 2022 eingeschläfert werden. Auch der Olympia-Vorfall beim modernen Fünfkampf löste heftige Diskussionen aus. Tierschützer verurteilten die Tatsache, dass Pferde auf Leistung getrimmt werden und als "Sportgeräte" benutzt werden. Peta forderte nach dem Fünfkampf-Skandal die Bundesregierung auf "die Hochleistungsturniere in sämtlichen Pferdesportdisziplinen zu untersagen."

Schläge, Schmerzen und Co.: Diese Trainingsmethoden und Disziplinen verurteilen Tierschützer

Im Reitsport gibt es verschiedene Disziplinen, wie zum Beispiel Dressur. Dort müssten Pferde Dinge machen, die ihnen schaden können. das zeigt sich zum Beispiel im Springreiten. Pferde springen von Natur aus eigentlich nicht über derartige Hindernisse, wie sie bei Turnieren aufgestellt werden. Dennoch werden die Tiere von ihren Reitern mit Hilfe verschiedener Techniken wie dem Barren, Blistern sowie dem Touchieren dazu gezwungen, immer höher zu springen, schreibt der "Tierschutzbund". Beim Barren steht eine Person hinter dem Hindernis und schlägt mit einer Stange gegen die Beine des Pferdes oder sie können sich an einer extra angebrachten Stange stoßen. Diese Methode ähnelt dem Touchieren. Beim Blistern wird Pferden eine chemische Substanz am Kronrand über dem Huf aufgetragen. Das macht den Bereich schmerzempfindlicher. Kommen die Pferde damit an die Stange erleiden sie Schmerzen. der Tierschutzbund verurteilt eine weitere Methode, die Rollkur, auch als Hyperflexion bezeichnet. Der Kopf des Pferdes wird bei der Dressur für lange Zeit fast bis zur Brust heruntergezogen.

Weitere Methoden verlangen von Pferden ebenfalls, ihr natürliches Verhalten zu unterdrücken und sich Gefahren auszusetzen. Dazu gehört das Geländereiten. Hier werden Pferde angetrieben über unebenes Gelände zu reiten, was sie nicht nur stresst, sondern auch das Verletzungspotenzial erhöht. Besonders durch intensive Bewegungen kam es bereits dazu, dass Pferde gestorben sind oder sich so schwer verletzt haben, dass sie eingeschläfert werden mussten. Auch das Pferderennen und Westernreiten kann Pferden schaden. So ist das Reining total unnatürlich für Pferde. In dieser Disziplin müssen sich die Pferde zum Beispiel schnell im Kreis drehen und Rückwärts laufen. Damit sie dabei nicht auf ihren Schweif treten, soll dieser auch gekürzt werden, schreibt Peta.

Wie gefährlich ist die Pferdezucht?

Die Tierquälerei beginnt aber bereits bei der Pferdezucht von Hochleistungspferden, meinen Tierschützer. Viele Rassen darunter zum BeispielQuarter Horses leiden an Krankheiten oder sterben verfrüht. Auch Araber Pferde zählen in diese Kategorie. Ihr Kopf wurde so gezüchtet, dass die Atemwege konkav, also gebogen sind, und nicht gerade verlaufen. Das könnte die Atmung stark beeinflussen. Hinzu kommen noch Hilfsmittel beim Training wie Gerten und der Transport, der eine Zumutung für das Pferd sein soll.

Werden Pferde vor dem Transport betäubt?

Laut Medienberichten sollen die Tiere beim Transport sogar betäubt werden. Hierbei handelt es sich um keine offiziellen Bestätigungen. Pferde erhalten aber vorsorglich keine Betäubungsmittel vor einem Flug oder einer Autofahrt, um sie zu beruhigen, sagteDr. Marc Koene, Mannschaftstierarzt der Dressur-Equipe gegenüber dem "Reitsport Magazin". Um die Tiere sicher zu transportieren und sie vor Stürzen zu schützen, werden sie in speziellen Boxen transportiert. Es sei laut Koene auch wichtig, dass Pferde Reisen in Boxen gewöhnt sind.

Gelten Tierschutzregeln im Pferdesport?

Für den Pferdesport gelten zahlreiche Regeln, die das Pferd vor unerlaubten Qualen schützen sollen.Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat hierfür "Leitlinien zu Umgang mit und Nutzung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten" herausgebracht. Demnach wird dort unter anderem der Einsatz von Jungpferden geregelt und es verbietet den Einsatz von Maßnahmen, die dem Pferd schaden. Dazu gehören unter anderem das Blistern, die Rollkur und das Barren. Auch das Touchieren unterliegt Regeln. Das dürfen nur ausgebildete Personen ausüben. Dennoch sollte es laut Tierschützern verboten werden. 

Was sagen Reitprofis zum Thema Tierquälerei im Reitsport?

Viele professionelle Reiter halten sich an die Regeln und achten auf die Gesundheit ihrer Pferde, sagen sie. Wichtig sei es auch, dass Pferde nicht wie beim Fünfkampf einen fremden Reiter bekommen. Reiter trainieren. Meistens jahrelang mit ihrem Pferd und schaffen so eine Vertrauensbasis. Dazu gehört auch Olympia Siegerin Isabell Werth. "Ich vertrete die Meinung, dass ein Pferd sehr wohl als Reitpferd als auch im Sport genutzt werden darf. Allerdings sind die Pferde dann Partner des Reiters und somit kein Sportgerät.", sagte sie gegenüber dem "Spiegel" und fügte hinzu: "Bei aller Wertschätzung und Liebe für die Tiere steht das Wohl des Menschen an oberster Stelle. Und es liegt in der Verantwortung des Menschen, mit den Tieren artgerecht umzugehen. Hier hat sich die Wertediskussion und auch die Wahrnehmung in den vergangenen Jahren deutlich verändert". Dass das Tierwohl vorgeht zeigte Daniel Deußer bei Olympia in Tokio. Um seine Stute Killer Queen zu schonen, nahm er nicht am Springreiten teil.

Tierschützer fordern Reitsport-Verbot

Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Pferde bei einem Turnier Leistungen erbringen müssen und dabei unnatürliche Bewegungen vollführen. Das führt bei Pferden zu Stress und kann sogar tödliche Folgen haben. Für Tierschützer ist das unhaltbar. Reiter und Verbände hingegen betonen, das Tierwohl ernst zu nehmen. Dennoch sind diese Pferde aber genau für die jeweiligen Disziplinen ausgerichtet. Die Debatte wird wohl weiterhin hitzig geführt. Ein von Tierschützern gefordertes Reitsportverbot gibt es derzeit nicht. Der Skandal aus Tokio hat den Weltverband UIPM (Union Internationale de Pentathlon Moderne) dazu bewegt, nach den Olympischen Spielen 2024 auf das Reiten im Fünfkampf zu verzichten. 

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/gom/news.de

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