Von news.de-Redakteurin Claudia Arthen - Uhr

Interview mit Axel Schulz: «Ich will anderen Betroffenen Mut machen»

Boxer Axel Schulz war 37 Jahre alt, als er einen Schlaganfall erlitt. Doch er kämpfte sich ins Leben zurück. Mit news.de spricht er über die Dominanz der Klitschko-Brüder, den Mauerfall und sein Engagement für die Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Ex-Boxer Axel Schulz, der im November 2006 einen Schlaganfall erlitt, will anderen Patienten Mut machen. (Foto) Suche
Ex-Boxer Axel Schulz, der im November 2006 einen Schlaganfall erlitt, will anderen Patienten Mut machen. Bild: dpa

Herr Schulz, Sie hatten vor drei Jahren einen Schlaganfall – wie fühlen Sie sich heute?

Axel Schulz: Ich fühle mich sehr gut, habe keine körperlichen Beschwerden mehr. Im Nachhinein betrachtet hatte ich ein Riesenglück, weil es ein leichter Schlaganfall war. Ein kleiner Teil meines Gehirns wurde nicht richtig durchblutet.

Wie haben Sie den Schlaganfall wahrgenommen?

Schulz: Ich habe ein Kribbeln auf der Zunge gespürt, ein komisches Gefühl im Mund und dass auf der rechten Seite etwas nicht stimmt. Dann habe ich einen Freund angerufen, der mich zu meinem Hausarzt gefahren hat. Und der hat gleich die richtige Diagnose gestellt und mich ins Krankenhaus geschickt.

War Ihnen bewusst, wie ernst die Situation war?

Schulz: Nein, es traf mich völlig unvorbereitet. Es gab aus meiner Sicht keine Anzeichen, die auf einen Schlaganfall hingedeutet haben. Ich hatte immer geglaubt, diese Krankheit trifft mich nicht. Ich war schließlich Hochleistungssportler, fühlte mich fit. Wenn ich jetzt, wo ich mich intensiver mit dem Thema beschäftige, Leute sehe, die einen richtig schwerwiegenden Schlaganfall hatten, bei denen die rechte Seite gelähmt ist und die nicht mehr laufen oder reden können, wird mir erst bewusst, was ich für ein Schwein hatte.

Damals hieß es, es habe bereits erste Anzeichen vor Ihrem Comebackversuch gegen Brian Minto gegeben. Der Arzt soll Ihnen dringend abgeraten haben von dem Kampf. Haben Sie die Gefahr unterschätzt?

Schulz: Was damals geschrieben wurde, ist alles Quatsch. Ich hatte keine gesundheitlichen Probleme, sonst wäre ich niemals angetreten.

Dass es Ihnen gesundheitlich nicht gut ging, wäre aber eine schöne Erklärung für Ihre Niederlage gegen Minto gewesen…

Schulz: Ich brauche keine Entschuldigung für meinen misslungenen Comebackversuch. Im Sport kann alles passieren – man gewinnt oder verliert.

Was war denn die Ursache für Ihren Schlaganfall?

Schulz: Ich habe zu viele Thrombozyten im Blut – und das macht mein Blut dicker, um nicht zu sagen zu dick. Und weil ich im Kampf gegen Minto viele Schläge auf meinen Kopf bekommen habe, hat sich ganz schnell ein Blutgerinsel gebildet, das den Hirninfarkt auslöste.

Hat sich der Mensch Axel Schulz seitdem verändert?

Schulz: Ein wenig schon: Ich bin ernsthafter geworden. Ich musste zwar schon früher als Leistungssportler sehr auf meinen Körper achten, aber jetzt nehme ich schon kleinere Anzeichen für voll. Wenn mir mein Körper sagt, dass ich kürzer treten soll, gönne ich ihm Ruhe.

Beschäftigen Sie sich mit dem Thema Tod?

Schulz: Nee, so weitgehend ist das nicht. Natürlich kann es jeden überall treffen. Der Tod gehört einfach zum Leben mit dazu. Aber ich beschäftige mich nicht bewusst mit dem Thema, dann bist du ja schon tot.

Warum sich Axel Schulz für die Deutsche Schlaganfall-Hilfe engagiert

Seit kurzem engagieren Sie sich für die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Wie kam es dazu?

Schulz: Während einer Gala habe ich einen Film über Schlaganfälle bei Kindern gesehen – und war geschockt. Denn ich dachte bis dahin, dass nur alte Menschen einen Schlaganfall bekommen. Aber doch nicht Kinder! Doch es ist in der Tat so: Ungefähr 300 Kinder erleiden jährlich in Deutschland einen Schlaganfall, wahrscheinlich sind es noch viel mehr, denn die Dunkelziffer ist hoch. Und da habe ich mir gesagt, da musst du mithelfen.

Wie helfen Sie?

Schulz: Gerade habe ich bei einer Spendenaktion in Köln 5000 Euro gesammelt. Das Geld kommt Familien von Kindern zugute, die einen Schlaganfall hatten. Ich will den Betroffenen Mut machen, sich nach Niederschlägen wieder zurück ins Leben zu kämpfen. Wenn einen der Schlag trifft, ist das zwar schlimm, aber das Leben kann weitergehen und trotzdem noch lebenswert sein. Außerdem will ich vermitteln, dass die Leute die Schlaganfallsymptome ernst nehmen und schnell reagieren.

Sie haben selbst ein Kind...

Schulz: Ja, eine dreijährige Tochter – Paulina. Und ich froh und dankbar, dass sie gesund ist. Im Februar nächsten Jahres kommt ein zweites dazu. Meine Frau Patricia ist schwanger.

Seit dem Ende Ihrer Karriere arbeiten Sie unter anderem als Sportmoderator und Kommentator und haben sogar Kochbücher geschrieben. Juckt es Sie denn nicht, noch einmal in den Ring zu steigen?

Schulz: Nee, mit dem Boxen bin ich durch. Ich bin schließlich 40 Jahre alt und habe ein superschönes Leben – es ist das schönste Leben, das man sich vorstellen kann.

Könnten Sie sich vorstellen, als Boxtrainer zu arbeiten?

Schulz: Nein, als Boxtrainer möchte ich auf keinen Fall arbeiten. Ich konzentriere mich jetzt auf Charity-Aktionen, weil ich etwas zurückgeben will. Alles andere läuft nebenbei.

Wie bewerten Sie die derzeitige Situation bei den Schwergewichtsboxern?

Schulz: Im Schwergewicht ist die Situation ein bisschen langweilig geworden, weil die Klitschkos im Moment alles dominieren. Und dadurch ist natürlich auch das Interesse ein bisschen zurückgegangen. Du brauchst wie in jedem Sport einen Gegenspieler oder einen Gegenpart - und der ist im Moment nicht da. Deshalb gibt es derzeit nicht die ganz großen Kämpfe, wie sie früher waren – à la Lennox Lewis gegen Mike Tyson.

Sehen Sie in absehbarer Zeit einen deutschen Schwergewichtler, der in der Weltspitze mitmischen kann?

Schulz: Nein, da gibt es im Moment niemanden, der erfolgreich mitmischen könnte. Leider nicht.

Treiben Sie noch Sport?

Schulz: Ja, gerade so viel, um fit zu bleiben und das Gewicht zu halten. Ab und zu jogge ich, mache ein bisschen Krafttraining und spiele Golf.

Sie werden demnächst 41 Jahre alt: am 9. November – dem Tag, an dem vor 20 Jahren die Mauer fiel. Was haben Sie damals gemacht?

Schulz: Ich habe meinen Geburtstag in Frankfurt an der Oder gefeiert. Es war mein 21. und ich hatte schon eine eigene Wohnung. Die konnte ich mir deswegen leisten, weil ich damals als Amateursportler relativ erfolgreich war. Ich hatte Freunde zu Besuch und wir haben im Fernsehen gesehen, dass die Mauer geöffnet ist. Viele sind dann gleich nach Berlin gefahren. Ich musste in Frankfurt bleiben, weil ich am nächsten Tag Training hatte.

Hat Ihnen die Wende Glück gebracht?

Schulz: Ja, denn gleich danach begann meine Profikarriere, die sehr erfolgreich verlaufen ist. Der Fall der Mauer war neben der Geburt meiner Tochter das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Denn wäre sie nicht gefallen, hätte ich meine Frau nie kennen gelernt. Patricia kommt aus dem «goldenen Westen» und ich habe sie rüber geholt in den «wilden Osten». (lacht)

Axel Schulz, geboren am 9. November 1968, begann als Elfjähriger mit dem Boxen. 1988 wurde er Amateurmeister der DDR. In den 1990er Jahren bestritt er als Schwergewichtsprofi 33 Kämpfe - darunter 26 Siege, fünf Niederlagen und ein Unentschieden. Ein Comebackversuch scheiterte 2006 am US-Amerikaner Brian Minto. Nach dieser Niederlage erklärte Schulz seinen definitiven Rücktritt vom aktiven Boxen. Schulz ist seit März 2006 mit seiner Frau Patricia verheiratet, die im August 2006 die gemeinsame Tochter Paulina zur Welt brachte. Er arbeitet als Kommentator bei Boxsportsendungen, als Schauspieler und brachte ein Kochbuch mit dem Titel Axel Schulz - Kochen mit Biss heraus.

Infos zum Thema Schlaganfall sind bei der Deutschen Schlaganfall-Hilfe erhältlich: www.schlaganfall-hilfe.de.

mas/reu/news.de

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