Von news.de-Redakteurin Ines Weißbach, Leipzig - Uhr

Frauen im Osten: Die Macho-Sicht des Ministers

Seit 19 Jahren wohnt die Familie in Schwerin, deshalb kann man Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seine Ehefrau Martina getrost als Beispiel für ostdeutsche Lebensmodelle heranziehen. Sein Ministerium hat zu Frauenkarrieren im Osten eine Studie mitveröffentlicht.

Martina und Thomas de Maizière bei der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises: Sie ist übrigens auch mit flachen Schuhen ein bisschen größer als ihr Mann. (Foto) Suche
Martina und Thomas de Maizière bei der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises: Sie ist übrigens auch mit flachen Schuhen ein bisschen größer als ihr Mann. Bild: Michael Kappeler/ ddp

Thomas de Maizière lächelt, wenn seine Frau erzählt, wie das Ehepaar 1991 mit einem kleinen Kind nach Schwerin gezogen ist. Von Westberlin in den Osten. Damals bastelte der heutige Bundesinnenminister am deutsch-deutschen Einigungsvertrag mit. Diese Erfahrung im Osten der Republik ist ein Grund, warum er nun mit Ehefrau Martina de Maizière, auf einem Podium der Tagung «Frauen machen Neue Länder» in Leipzig sitzt.

Sein Ministerium und der Berliner pme Familienservice stellen eine Studie vor, die zeigt, dass sich das Frauen- und Familienbild in den alten und neuen Bundesländern auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung noch grundlegend unterscheidet. Die Studie «Das volle Leben! Frauenkarrieren in Ostdeutschland» zeigt, dass die vollberufstätige Mutter zwischen Rügen und Erzgebirge nach wie vor eher Norm als Ausnahme ist. Das westdeutsche Lebensmodell vom Mann als Alleinernährer und der Frau im Haushalt findet im Osten hingegen nur wenige Nachahmer. Dabei kann das Ehepaar de Maizière gleich als Beispiel herhalten.

Obwohl aus dem Westen stammend leben Thomas und Martina de Maizière die ostdeutsche Variante. «Ich wollte keine Frau haben, die einfach nur Zuhause ist», sagt der Minister. Auch da ist er ganz Ostmann, denn die wünschen sich laut Studie generell keine Hausfrau als Partnerin.

Seit fünf Jahren arbeitet Thomas de Maizière in Berlin, auch seine Frau ist viel unterwegs. «Ich bin nicht besonders stark gegen den Terminkalender meines Mannes», sagt die Organisationsberaterin. «Für Zweisamkeit müssen wir Termine im Kalender machen.»

Die Verfasser der Studie sehen in diesem Doppelkarrieremodell jedoch viel positives. «Berufliche Entwicklung beider Partner und Kinder gehören zum gemeinsamen Glück.» Auch werden im Osten mit 61 Prozent weitaus mehr Kinder unehelich geboren als im Westen (26 Prozent).

Jetzt wieder eher Politiker als Ehemann

Nach der Vorstellung der Studie sprach sich der Bundesinnenminister, in seiner Funktion als Politiker und nicht mehr als Ehemann, für die Beibehaltung des Ehegattensplittings und gegen ein seit Jahren diskutiertes Familiensplitting im Steuerrecht aus. «Ich bin der Meinung, dass die Ehe privilegiert bleiben muss.» Eher müssten bessere Anreize gesetzt werden, dass junge Menschen heirateten statt ohne Trauschein zu leben.

Beim Ehegattensplittung kann auch ein alleinverdienender Partner eine günstigere Steuerklasse wählen, unabhängig davon, ob das Paar Kinder hat. Bei dem seit Jahren diskutierten Familiensplitting hingegen würde dieser Vorteil auch für Unverheiratete gelten, entscheidend wäre allein die Zahl der Kinder.

Ost-Frauen müssen sich für Berufstätigkeit nicht rechtfertigen


Laut Studie arbeitete im Osten jede zweite Frau mit Kindern unter 15 Jahren in Vollzeit, das sind doppelt so viele wie im Westen. Auch kennen die Frauen in den neuen Ländern kaum den Rechtfertigungsdruck, wenn sie Familie und Karriere gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen, wie dies westdeutsche Frauen erleben müssen, erklärten die Wissenschaftler.

Zudem sind im Osten deutlich mehr Frauen im Management zu finden: In den neuen Länder ist fast jeder dritte Führungsposten mit einer Frau besetzt, im Westen nur jeder vierte. Dabei verzichten die ostdeutschen Frauen weitaus seltener auf Kinder - und bekommen sie auch früher, im Schnitt mit 23 Jahren. Hier zahlt sich offenbar die bessere Kinderbetreuung in den neuen Ländern aus. Thomas de Maizière sieht allerdings noch weitaus mehr Potenzial bei den Frauen im Allgemeinen. «Junge Frauen müssen ab der zweiten oder dritten Karrierestufe die Ellenbogen ausfahren», sagt er. «Sie brauchen einfach die Kraft, sich zu trauen.»

Auch das Selbstverständnis der Männer ist laut Studie im Osten ein anderes. Während im Westen immer noch jeder vierte junge Mann die «klassische» Ein-Ernährer-Familie anstrebt, liegt dieser Anteil im Osten nur halb so hoch.

Das Ehepaar de Maizìère hat seine fünfköpfige Familie immer gemeinsam ernährt. Seine Frau habe dem Innenminister dennoch auch den Rücken freigehalten. Auf die Frage, ob der Fokus auf seiner Karriere immer einvernehmlich war, antwortet der: «Aus meiner Machosicht schon.» Und da muss wiederum Martina de Maizière lächeln.

che/news.de/dapd

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