
- 2025 sind aktuell Großspenden in Höhe von 19,5 Millionen Euro an deutsche Parteien geflossen
- Die AfD hat in diesem Jahr 5 Millionen Euro nur durch Großspenden erhalten
- Mit 2,3 Millionen Euro stammen die meisten Spenden der letzten drei Monate von Privatpersonen
Seit Beginn des Jahres, wo auch die vorgezogene Bundestagswahl stattgefunden hat, wurden rund 19,5 Millionen Euro durch Großspenden an deutsche Parteien gespendet. Großspenden sind Spenden, die über 35.000 Euro hoch sind. Nach dem Deutschen Parteiengesetz müssen solche Zuwendungen “unverzüglich” an die Bundestagspräsidentin oder den -präsidenten gemeldet und veröffentlicht werden. Aktueller Rekordhalter in diesem Jahr ist die AfD, die bereits rund 5 Millionen Euro durch Großspenden eingenommen hat.
Wie viele Großspenden haben die Parteien zuletzt erhalten? Monatliche Analysen finden Sie hier:
- CDU-Parteispenden-Übersicht: Union erhielt im Februar Großspende aus dem Ausland
- SPD-Parteispenden-Übersicht: Über 1 Million Euro Großspenden im Februar 2025
- FDP-Parteispenden-Übersicht: Partei erhielt im Februar Großspende aus dem Ausland
Parteien verzeichnen Spendenrekord vor Bundestagswahl
Doch das sind nicht die einzigen Rekorde, die bei Großspenden an Parteien beobachtet werden konnten: Vergleicht man die Spendensumme vor der Bundestagswahl im Februar 2025 mit denen vor der vorangegangenen Wahl im September 2021 wird deutlich, wie stark die Geldflüsse mittlerweile geworden sind. Waren es drei Monate vor der Wahl 2021 noch rund 6,7 Millionen Euro, wurden von November 2024 bis Februar 2025 rund 21 Millionen Euro gespendet - eine mehr als Verdreifachung an Spenden, die nur durch Firmen oder Vermögende getätigt werden.
Schaut man sich die Spendenverläufe vor den anderen Bundestagswahlen an, wird diese Entwicklung noch deutlicher:
Aber warum spenden Unternehmen und Privatpersonen besonders vor Bundestagswahlen? Lara Louisa Siever von abgeordnetenwatch.de, eine gemeinnützige Organisation, welche sich unter anderem für mehr Transparenz bei politischen Prozessen oder auch Parteispenden einsetzt, ordnet diese höher werdenden Spendensummen so ein:
“In Wahlkämpfen wird zum Beispiel von Unternehmen ganz gezielt versucht, Wahlprogramme zu beeinflussen und im besten Fall auch den Koalitionsvertrag und die Gesetze, die nach der Wahl beschlossen werden sollen.”
Besonders vor Wahlen bietet es sich also für Lobbyisten oder Unternehmen an, Themen bei den Parteien zu setzen, damit diese eher in Koalitionsverhandlungen und später in Gesetzesvorhaben landen. Und manche streuen so breit wie möglich: Der hessische Heiztechnikhersteller Viessmann spendete zum Beispiel im Januar kurz vor der Bundestagswahl rund 450.000 Euro an die CDU, CSU, SPD und FDP, aber auch die Grünen. Das sei Kalkül und nenne sich “politische Landschaftspflege”, so Siever: Unternehmen und Großspender spenden nicht nur an eine Partei, sondern häufig an jene, die am ehesten in der Regierung sein werden oder sich direkt für ihre Ziele einsetzen.
Wer sind die Großspender?
Doch wer spendet solche großen Summen an Parteien? Schaut man sich die aktuellen Daten der letzten drei Monate an, sind es vor allem Privatpersonen. Diese spendeten insgesamt rund 2,3 Millionen Euro, während Unternehmensspenden sich auf rund 50.000 Euro beliefen.
Wer spendete zuletzt über 35.000 Euro an welche Partei? Aktuelle Spendenmeldungen finden sie hier:
- CDU-Parteispende: Einzelperson aus Köln spendet 93.000 Euro
- CDU-Parteispende: Neue Großspende aus Schwanau in Höhe von 75.000 Euro
- CDU-Parteispende: Einzelperson aus Düsseldorf spendet 40.000 Euro
Dieser finanzielle Einfluss auf die Parteien wird von vielen Beobachtern kritisch gesehen. Der Verein LobbyControl, der sich für Transparenz bei Lobbytätigkeiten in der Politik einsetzt, fordert mit abgeordnetenwatch.de und Transparency Deutschland in einem offenen Brief an die CDU, CSU und SPD einen Parteispendendeckel. Diese Forderung wird unter anderem mit einer repräsentativen Umfrage von Forsa im Auftrag von abgeordnetenwatch begründet. 91% der Befragten sind der Meinung, dass Großspender einen Einfluss auf politische Entscheidungen und Parteien haben, so Siever: “In Zeiten, in denen das Vertrauen in unsere Demokratie so gering ist, kann sich die Politik kein solches Misstrauen leisten.”
Deckelung für private Spenden?
Ein anderer Grund für die Kritik an vor allem Unternehmensspenden sei die Verzerrung des politischen Wettbewerbs, so abgeordnetenwatch.de in einer Petition für ein Verbot solcher Spenden. “Unternehmen und Verbände sowie reiche Privatpersonen (häufig selbst Konzernchefs mit Lobbymacht) spenden hauptsächlich an einige wenige Parteien, die als besonders wirtschaftsnah gelten”. Außerdem macht die Organisation deutlich, dass Unternehmen und Konzerne kein Wahlrecht haben, sondern die Bürgerinnen und Bürger.
“Es soll Chancengleichheit für alle geben, unabhängig davon, ob jemand null Euro an eine Partei spendet oder 100.000 Euro. Unternehmen oder Vermögende sollten nicht alleine wegen des Geldes, was ihnen zur Verfügung steht, mehr Einfluss gegenüber den Parteien haben”, so Siever.
Wer kontrolliert Parteispenden?
Aber bei der Kontrolle von Parteispenden gibt es ein Problem: Die Frage, wer eigentlich kontrolliert. Diese Aufgabe liegt nämlich bei der Bundestagsverwaltung, beziehungsweise der Bundestagspräsidentin. Aber diese ist laut Siever nicht neutral: Julia Klöckner, vorher Schatzmeisterin der CDU - also die Verantwortliche für Parteispenden - und bekannt für ihre Lobbynähe zu beispielsweise Nestlé, ist nun Präsidentin des Bundestags und unter anderem für die Kontrolle von Parteispenden zuständig. Für Siever ist das ein klarer Interessenkonflikt. Dieser dürfe in Zukunft nicht mehr bestehen: “Es braucht eine unabhängige Prüfinstanz für Parteispenden, das Lobbyregister und Nebentätigkeiten von Abgeordneten. Aktuell herrschen Interessenkonflikte bei denen, die Parteispenden prüfen sollen.”
Doch im aktuellen Koalitionsvertrag von Union und SPD finden sich keine dieser Punkte wieder: Weder Deckelungen für Parteispenden, noch eine verschärfte Kontrolle oder sogar eine eigene Prüfstelle von irregulären Spenden.
+++ Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel basiert auf Veröffentlichungen des Bundestags und wird datengetrieben aktualisiert. Sollten Sie einen Fehler entdecken, Anmerkungen oder Fragen haben, wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++
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