Von news.de-Redakteurin Katharina Schlager - Uhr

Hohe Absätze: In Schmerzen gestöckelt

Wer schön und sexy sein will, muss leiden. Besonders viele Schmerzen und bleibende Schäden nehmen Frauen für ihre heißgeliebten, aber völlig unbequemen Stöckelschuhe in Kauf. Dabei wirkt sich ein gesunder Stand auf den ganzen Körper aus.

Schmerz lass nach: Für glänzend hohe Auftritte ertragen viele Frauen gepeinigte Füße und nehmen gesundheitliche Schäden in Kauf. (Foto) Suche
Schmerz lass nach: Für glänzend hohe Auftritte ertragen viele Frauen gepeinigte Füße und nehmen gesundheitliche Schäden in Kauf. Bild: ddp

Ein schickes Paar Stöckelschuhe kann für die weiblichen Reize wahre Wunder wirken. Das Bein wird optisch verlängert und der Balanceakt auf Zehenspitzen veranlasst die Damen Brust und Po rauszustrecken. «Das sind alles Attribute, die Männer an Frauen so anziehend finden», sagt Dr. Daniel Frank. Aber abgesehen von einem gesteigerten sexuellen Selbstbewusstsein und Gefühl von Attraktivität, kann der Orthopäde und Fußspezialist der steilen Fußbekleidung nur wenig abgewinnen.

Die scheinbar so viel aufrechtere Haltung fördert ein Hohlkreuz bei den Absatzträgerinnen, sagt Frank. Pures Gift für Wirbelsäule und Hüfte. Auch werden die Sehnen in Fuß und Wade stark und vor allem dauerhaft verkürzt. «In der älteren Frauengeneration, die seit den 1950er Jahren Absätze tragen, haben wir Patientinnen, die nicht mehr barfuß stehen können, ohne nach hinten umzukippen», berichtet Frank. Die Fußstellung hat sich so sehr verändert, dass die Fußsohle gar nicht mehr flach auf den Boden gestellt werden kann.

Barfuß verteilt sich das Körpergewicht gleichmäßig auf Vor- und Rückfuß. Ändert sich aber durch die hohen Absätze der Winkel, dann drücken auf einmal bis zu 80 Prozent der Gesamtlast auf den Vorderballen. «Der Fuß ist aber nicht dafür geschaffen so viel Gewicht auf so einer kleinen Fläche abzufangen», so Frank. Die Folgen: Erst schmerzt es, dann gibt es Schwillen.

Wie einst Aschenputtels Schwestern

Wer dauerhaft seine Füße in Stöckelschuhe zwängt, verändert das gesamte Zusammenspiel der Sehnen, verlagert seinen Schwerpunkt und belastet Füße, Beine, Hüfte und Rücken. Auch können sich die Zehen dauerhaft verformen zu Hammer- oder Krallenzehen oder zu einer Fehlstellung der Großzehen in einen sogenannten Hallux Valgus. Im schlimmsten Fall hilft nur das Skalpell, um die Füße wieder in eine schmerzfreie Form zu biegen.

Neue Wunderpatente, wie etwa der Anti-Shokk-Schuh, der damit wirbt durch eine Federung im Absatz die Stöckelqualen so sehr zu verringern, dass selbst Tennispielen in eleganten High Heels kein Problem mehr wäre, hält Frank für reine Märchen. Es kommt auf den Steigung an und nicht auf den Stoßdämpfer an der Ferse, da das Gewicht gar nicht anfällt. Im Gegenteil: «So eine Federung verringert sogar die gesamte Stabilität und artet in noch mehr Arbeit für die Beine und Füße aus», so der Fußexperte.

Der knallenge Stöckelwahn der Modewellen nehme, etwa in den USA, teilweise groteske Auswüchse an, erzählt Frank kopfschüttelnd und ist froh, dass Deutschland vergleichsweise zurückhaltend ist. Wie einst Aschenputtels Schwestern lassen sich jenseits des großen Teichs Frauen mehrere Zehen amputieren, nur um in spitze Schühchen zu passen und einem Schönheitsideal zu entsprechen. «Man kann sich gar nicht ausmalen, welchen Schaden sie sich da zufügen», kritisiert Frank solche Praktiken.

Was Schuhe alles leisten sollen

Schuhe haben neben ihrer optischen Modefunktion eigentlich ganz andere Aufgaben. Sie sollen stabilisieren, schützen, betten. Das höchste Ziel: Verletzungen beim Laufen verhindern. Um das aber optimal zu gewährleisten, müssen Sohle, Schuhbett und das Obermaterial sowie besonders die Fersenkappe richtig konstruiert sein. Zudem sollte das Material Feuchtigkeit der schwitzenden Füße aufnehmen und auch wieder abgeben können. Sonst entstehen in der feuchten Kammer nicht nur unangenehm riechende Käsequanten, auch wird das Schuhwerk zum Brutkasten für Fußpilz. Ein Grund, warum etwa die derzeit so beliebten Plastik-Crocs trotz aller Bequemlichkeit dem Fuß nicht gerade gut tun.

Bei Stöckelschuhen entscheiden somit nicht allein Höhe und Steigungswinkel, ob ein hoher Schuh den Füßen gut tut oder nicht. Ein in festem Leder - etwa in einem Stiefel - stabil eingepackter Fuß, der auf einem breiten Absatz steht, ist besser versorgt als in einer aus filigranen Riemchen bestehenden Sandale mit Pfennigabsatz. «Da ist dann auch die Gefahr umzuknicken und zu stürzen viel, viel größer», warnt Frank.

Gesund muss nicht klobige Treter bedeuten

Doch wird dies alles brav beachtet, so die Befürchtung der Damenwelt, landet man schnell beim klobigen Treter, der weit davon entfernt ist, eine sexy Figur abzugeben. Mitnichten, entwarnt Frank. So sind etwa niedlich-zierliche Ballerinas eine elegante Alternative, die den Fuß immer noch sehr feminin präsentiert und auch zu Röcken und Kleidern passt. Das durch die dünnen Sohlen jeder Stein zu spüren ist, ist laut Frank, sogar von Vorteil: «Das massiert und trainiert die Fußmuskulatur.»

Auch pocht selbst Fußexperte Dr. Daniel Frank nicht auf Stöckelabstinenz in Dienste der Gesundheit. «Man muss ja nicht völlig drauf verzichten», gesteht er zu. «Aber ein eingeschränkter Rahmen ist sinnvoll.» So muss niemand in breiten flachen Schuhen auf einem Ball tanzen oder durchs Theater schlurfen. Beschränkt sich das angehobene Stolzieren auf nur einige Stunden in der Woche, dann sind keinerlei Schäden zu erwarten. Ein gutes Indiz sind die Füße selbst. Schmerzen und Schwielen sind eindeutige Alarmzeichen, dass die Füße etwas Ruhe brauchen. «Wer darauf achtet, ist schon gut beraten», so Frank.

Stöckelschuhe haben neben dem optischen Erotikfaktor aber noch einen weiteren Effekt, der positiv zu Buche schlägt. So hat die italienische Urologin und bekennende Stöckelliebhaberin Maria Cerruto in einer Studie nachweisen können, dass die hohen Absätze die Beckenbodenmuskulatur positiv beeinflussen und trainieren. Die Folge: Ein gut trainiertes Becken sorgt für ordentlich Feuer im Schlafzimmer und begünstigt den weiblichen Orgasmus. Auch verringerte eine straffe Muskulatur dort die Anfälligkeit für Inkontinenz.

car/reu/news.de

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