Wahlen trotz Ukraine-Krieg: Ukraine-Präsident Selenskyj zu Neuwahlen bereit - doch es gibt ein Problem

Im Mai 2019 wurde Wolodymyr Selenskyj zum Präsidenten der Ukraine gewählt - und hat nun infolge eines Polter-Interviews von Donald Trump seine Bereitschaft erklärt, trotz des weiter tobenden Ukraine-Krieges neue Wahlen in seinem Land anzuberaumen.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat infolge der von Donald Trump geäußerten Vorwürfe seine Bereitschaft zu Neuwahlen erklärt. (Foto) Suche
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat infolge der von Donald Trump geäußerten Vorwürfe seine Bereitschaft zu Neuwahlen erklärt. Bild: picture alliance/dpa/Pool AP | Kirsty Wigglesworth
  • Donald Trump beschimpft Wolodymyr Selenskyj als "Diktator" wegen ausgefallener Wahlen
  • Ukraine-Präsident erklärt Bereitschaft zu Neuwahlen - unter diesen Bedingungen
  • Ukraine unter Kriegsrecht: Diese Probleme stehen Neuwahlen im Weg

Die Polter-Vorwürfe, die Donald Trump Mitte Dezember im Interview mit "Politico" gegen die Ukraine und ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vorbrachte, ließen aufmerken: Der US-Präsident behauptete, die Ukraine steure darauf zu, keine Demokratie mehr zu sein, da in dem kriegsgebeutelten Land "seit langer Zeit keine Wahl mehr" abgehalten worden sei.

Wegen ausgefallener Ukraine-Wahlen: Donald Trump ätzt gegen "Diktator" Wolodymyr Selenskyj

"Man redet von einer Demokratie, aber irgendwann ist es dann keine Demokratie mehr", so "The Don" wörtlich. Bereits vor Monaten hatte Trump Selenskyj als "Diktator" bezeichnet und dessen demokratische Legitimation angezweifelt – eine Wortwahl, die dem Sprachgebrauch der russischen Regierung unter Wladimir Putin frappierend ähnelt. Nun meldete sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu der Thematik zu Wort.

Wolodymyr Selenskyj überraschend zu Neuwahlen bereit nach Trump-Vorwürfen

Am Abend des 9. Dezember 2025, kurz nachdem Trumps Vorwürfe gegen die Ukraine publik wurden, machte Selenskyj eine überraschende Ankündigung: Er sei bereit, innerhalb von 60 bis 90 Tagen Wahlen in seinem Land abzuhalten. "Ich bin bereit für die Wahl", erklärte der 47-Jährige gegenüber Journalisten und reagierte damit direkt auf Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte der Ukraine unterstellt, den Krieg gegen Russland als Ausrede zu nutzen, um demokratische Abstimmungen zu vermeiden. Selenskyj wies die Behauptung zurück, er klammere sich an die Macht und wolle deshalb den Konflikt nicht beenden.

Seit dem russischen Angriff im Februar 2022 fanden in der Ukraine keine Wahlen mehr statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten endete bereits im Mai 2024. Dass seitdem keine Präsidentschaftswahlen in der Ukraine stattfanden, hat einen plausiblen Grund: In Kiew verwies man stets auf das geltende Kriegsrecht. Zudem betonte die ukrainische Seite, dass das Land seit seiner Unabhängigkeit 1991 sechs verschiedene Präsidenten hatte – Russland hingegen nur drei.

Wahlen in der Ukraine mit Selenskyjs Einverständnis - unter bestimmten Voraussetzungen

Wolodymyr Selenskyj knüpft sein Wahlangebot allerdings an klare Bedingungen. Die USA und europäische Partner müssten zunächst die Sicherheit der Ukraine gewährleisten und Schutz vor künftigen russischen Angriffen garantieren. "Ich habe persönlich den Willen und die Bereitschaft dazu", betonte der Staatschef. Neben den Sicherheitszusagen müsse auch eine rechtliche Grundlage für Abstimmungen während des andauernden Konflikts geschaffen werden. Selenskyj forderte die Abgeordneten seiner Parlamentsfraktion auf, entsprechende Gesetzesänderungen vorzubereiten. Das ukrainische Kriegsrecht untersagt derzeit ausdrücklich die Durchführung von Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen. Der ukrainische Präsident bat die Vereinigten Staaten direkt um Unterstützung: Washington solle gemeinsam mit den europäischen Verbündeten dabei helfen, sichere Rahmenbedingungen für den Urnengang zu schaffen.

Keine Ukraine-Wahlen wegen Kriegsrecht - das besagt die Gesetzeslage

Die rechtlichen Hürden für Selenskyjs Vorhaben sind erheblich. Das ukrainische Kriegsrecht verbietet explizit jegliche Wahlen, solange das Land angegriffen wird. Eine ähnliche Regelung existiert auch in Deutschland und anderen Staaten. Zwar ließe sich das entsprechende Gesetz ändern, doch die Verfassung sieht Parlamentswahlen erst nach Aufhebung des Kriegsrechts vor. Verfassungsänderungen wiederum sind während des Konflikts nicht zulässig. Auch praktisch stellt sich die Frage, wie alle Wahlberechtigten teilnehmen könnten. Nach UN-Angaben haben mehr als 5,8 Millionen Ukrainer das Land verlassen. Weitere Millionen leben in von Russland besetzten Gebieten. Eine digitale Abstimmung über die staatliche App Dija wurde zwar erwogen. Kritiker warnen jedoch vor Manipulationsmöglichkeiten. Zudem fehlt wegen russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur vielerorts zuverlässiger Internetzugang.

Friedensplan wird überarbeitet: Wann und mit welchen Bedingungen endet der Ukraine-Krieg?

Parallel zur Wahldebatte arbeitet Kiew an einem neuen Friedensvorschlag. Den mit europäischen Verbündeten überarbeiteten Entwurf will Selenskyj am 10. Dezember an die US-Regierung übermitteln. "Wir arbeiten auf der Ebene unserer Berater, heute und morgen. Ich denke, dass wir ihn morgen übergeben", sagte er am Dienstagabend. Das Dokument umfasst 20 Punkte und wird laut Selenskyj "ständig geändert". Hinzu kommen separate Papiere zu Sicherheitsgarantien und zum Wiederaufbau. Der ursprüngliche US-Plan mit 28 Punkten war Ende November als "russische Wunschliste" kritisiert worden. Forderungen wie ein vollständiger Truppenrückzug aus Donezk und Luhansk sowie eine Amnestie für Kriegsverbrechen lehnt Kiew ab. "Die offen Ukraine-feindlichen Positionen wurden herausgenommen", erklärte Selenskyj zur überarbeiteten Fassung.

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/news.de/dpa/stg

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