Friedrich Merz' "Herbst der Reformen": Handwerkspräsident schlägt Alarm wegen drohender Teuer-Spirale

Bundeskanzler Friedrich Merz will seinen "Herbst der Reformen" trotz Unionszoff mit der SPD auf den Weg bringen - im deutschen Handwerk sorgen die Regierungsentscheidungen zu Stromsteuergesetz und Mindestlohnerhöhung indes für Frust.

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Die schwarz-rote Regierung will im "Herbst der Reformen" umfassende Veränderungen auf den Weg bringen - die Erhöhung des Mindestlohns in zwei Schritten ist bereits beschlossene Sache. (Foto) Suche
Die schwarz-rote Regierung will im "Herbst der Reformen" umfassende Veränderungen auf den Weg bringen - die Erhöhung des Mindestlohns in zwei Schritten ist bereits beschlossene Sache. Bild: picture alliance/dpa | Marcus Brandt
  • Schwarz-rote Regierung plant "Herbst der Reformen"
  • Zoff um ausgebliebene Senkung der Stromsteuer, Steuer- und die Sozialpolitik
  • Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks rechnet mit Bürokratie-Wahn und Mindestlohnerhöhungen ab

Nach der parlamentarischen Sommerpause will Bundeskanzler Friedrich Merz Gas geben und seinen "Herbst der Reformen" in die Tat umsetzen. Doch vorab knirscht es gewaltig in der schwarz-roten Koalition: Wie die teils gegensätzlichen Positionen von Union und SPD dabei zusammenkommen sollen, ist bisher unklar. "Das wird für uns im Herbst eine anstrengende Arbeit", sagte Merz am 24. August beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung.

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Zuvor hatte Friedrich Merz beim CDU-Landesparteitag in Osnabrück klargestellt: "Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar." Und: "Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt nicht irritieren lassen." Er mache es den Sozialdemokraten bewusst nicht leicht. "Aber der Appell richtet sich an uns alle: Lasst uns zusammen zeigen, dass Veränderungen möglich sind, dass Reformen möglich sind." Zur SPD-Forderung nach Steuererhöhungen für Vielverdiener und Vermögende äußerte sich Merz in Osnabrück differenziert und schloss sie nur in einem Kernbereich aus: "Mit dieser Bundesregierung unter meiner Führung wird es eine Erhöhung der Einkommenssteuer für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht geben", sagte er - was mindestens formal keine generelle Absage an jegliche Steuererhöhung ist.

Bundeskanzler Friedrich Merz beruft Spitzen von SPD und Union ein

Zur Vorbereitung des anstehenden Ringens mit den Sozialdemokraten will Merz am 25. August mit den Spitzen der Union über die weitere Aufstellung im angekündigten "Herbst der Reformen" beraten. Dazu kommt er mit allen Unionsministern, dem Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Spitzenleuten der CSU im Kanzleramt zusammen. Dies verlautete aus Regierungskreisen, nachdem zuerst der Chefredakteur bei Table.Media, Michael Bröcker, darüber berichtet hatte. Es gehe um die inhaltlichen Themen der Koalition mit der SPD und die Kommunikation, hieß es. Am 28.08. kommen die geschäftsführenden Fraktionsvorstände beider Koalitionspartner dann zu einer Klausurtagung in Würzburg zusammen. Zwei Tage lang sollen dann Wege zu Lösungen der anstehenden Probleme gesucht werden.

Die Arbeit der Koalition war - anders als anfangs versprochen - zuletzt stark vom Streit geprägt: zunächst über die ausgebliebene Senkung der Stromsteuer für alle, dann die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts und aktuell vor allem die Steuer- und die Sozialpolitik. Hauptproblem ist, dass die Ausgaben des Bundes und der Sozialversicherungen immer weiter wachsen und größer sind als die realen Einnahmen.

Handwerk-Zentralverbandschef rechnet mit Bürokratie-Wahn und Mindestlohnerhöhung ab

Jörg Dittrich, seines Zeichens Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, hat mit deutlichen Worten zur Mindestlohnerhöhung und der ausufernden Bürokratieentwicklung Stellung bezogen. (Foto) Suche
Jörg Dittrich, seines Zeichens Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, hat mit deutlichen Worten zur Mindestlohnerhöhung und der ausufernden Bürokratieentwicklung Stellung bezogen. Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Reformpläne der Bundesregierung beobachtet Jörg Dittrich, seines Zeichens Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, mit Unmut. In einem Interview mit der "Bild" machte der Dachdeckermeister deutlich, dass der von Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigte "Umschwung zum Besseren" im deutschen Handwerk "nicht zu spüren sei" und dass anstelle von Zuversicht lediglich eine leise Hoffnung auf Verbesserung vorherrsche. Dittrichs Kritik: "Der [von der Bundesregierung angekündigte] Wachstumsbooster richtet sich an Menschen, die ein hohes Einkommen haben. Aber dass deswegen die Breite des Mittelstands investiert, das kann ich noch nicht erkennen."

Besonders scharf kritisierte der Handwerks-Chef die geplatzte Stromsteuersenkung - damit sei das Vertrauen in die Regierung "massiv attackiert" worden. Und weiter: "m Koalitionsvertrag stehen noch viele andere Sachen, die bisher eben nicht angegangen sind und jetzt unbedingt geliefert werden müssen." In seiner alltäglichen Arbeit als Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerk bekomme Jörg Dittrich "Wut bei vielen Leuten" zu spüren. Sein Appell an Bundeskanzler Friedrich Merz ist daher unmissverständlich:

  • "Leistung muss sich lohnen. Das ist ein harter Weg und es wird wieder Ärger geben, dass ich das ausspreche."
  • "Wir erreichen das, indem wir unsere sozialen Sicherungssysteme nachhaltig finanzieren und uns ehrlich machen, was wir uns leisten können und wollen."

Handwerk-Präsident warnt vor Teufelskreis wegen Mindestlohnerhöhung

Als einen weiteren wunden Punkt machte Jörg Dittrich die Bürokratie aus, die seiner Ansicht nach durch das geplante Tariftreuegesetz weiter verkompliziert werde. Dittrich wörtlich: "Die Regelungen sind so absurd, dass man eigentlich nur drüber lachen muss. Man denkt, das ist ein Witz. (...) Sie untergraben das Vertrauen in den Rechtsstaat. Das macht mir große Sorgen. Wenn du das Gefühl hast, du kannst die Regeln sowieso nicht einhalten, dann wird es beliebig."

Auch zur Mindestlohnerhöhung, die in mehreren Schritten geplant ist und nach der Erhöhung zum 1. Januar 2025 von 12,41 Euro auf 12,82 Euro pro Stunde weitere Stufen vorsieht, denen zufolge ab dem 1. Januar 2026 13,90 Euro pro Stunde und ab dem 1. Januar 2027 14,60 Euro pro Stunde gelten, hat der Handwerkspräsident deutliche Worte: Handwerkerleistungen werden aufgrund der Mindestlohnerhöhungen "definitiv teurer werden und in Verbindung mit den Sozialkosten wird es noch mehr. Es kommt noch die Umsatzsteuer obendrauf. Das wird sich in Preisen widerspiegeln. Deswegen habe ich die ernsthafte Sorge, dass die eine oder andere Leistung für den Kunden dann unbezahlbar ist. Wenn die Leistung unbezahlbar ist, findet sie nicht statt. Wenn sie nicht stattfindet, gibt es keine Sozialabgaben darauf. Wir gehen in eine Spirale hinein, die manche Leistungen eliminiert und damit auch diese Wertschöpfung komplett. Das kann nicht in unserem Interesse sein."

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/news.de/dpa

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