Trotz Waffenruhe und US-Angriff: Nuklear-Forscher macht besorgniserregende Iran-Vorhersage

Geheimdienstberichte deuten darauf hin, dass der Iran vor dem US-Angriff 400 Kilogramm Uran evakuiert haben könnte - genug Material für mehrere Atombomben. Nuklearexperte Prof. Dr. Clemens Walther warnt vor fatalen Konsequenzen.

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Rauch und Qualm steigen in der iranischen Hauptstadt Teheran nach einem israelischen Angriff in den Himmel auf (Symbolbild). (Foto) Suche
Rauch und Qualm steigen in der iranischen Hauptstadt Teheran nach einem israelischen Angriff in den Himmel auf (Symbolbild). Bild: picture alliance/Str.
  • Nuklear-Forscher warnt: Reicht für etliche Atombomben
  • Iran bringt Uran vor US-Angriff laut Geheimdienstberichten in Sicherheit
  • So konnte man möglicherweise das Material aus der Gefahrenzone schaffen
  • Strahlungsaustritt bei Bombenangriff im Iran?
  • Nukleare Bedrohung durch den Iran immer noch aktuell

War alles umsonst? Hat der groß angelegte Angriff der USA, der im geheimen nächtlich vier große Atomanreicherungsanlagen im Iran zerstört haben soll, gar nichts gebracht? Geheimdienstberichte sorgen für Sorge. Offenbar sei man einem Täuschungsmanöver erlegen. Die Waffenruhe, die von Donald Trump erst kürzlich bei "Truth Social" gefeiert wurde, gleicht eher einer Farce. Die Hintergründe.

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Nach dem US-Angriff auf iranische Atomanlagen deuten Geheimdienstberichte darauf hin, dass Teheran möglicherweise 400 Kilogramm Uran vor der Zerstörung bewahrt hat. Satellitenaufnahmen zeigten verdächtige LKW-Bewegungen nahe der Anlage in Fordo unmittelbar vor dem Angriff.

400 Kilogramm Uran vor Bombenangriff im Iran in Sicherheit gebracht

Der Nuklearexperte Prof. Dr. Clemens Walther vom Institut für Radioökologie und Strahlenschutz der Universität Hannover bewertet diese Berichte als plausibel. Die rechtzeitige Evakuierung des spaltbaren Materials könnte weitreichende Konsequenzen haben, warnt der Experte gegenüber "Focus Online".

So könnte das Uran trotz Überwachung aus der Gefahrenzone gebracht worden sein

Das Uran wurde vermutlich nicht in fester Form transportiert, sondern als Uranhexafluorid. Diese chemische Verbindung wird bei etwa 60 Grad Celsius gasförmig und verwandelt sich bei Raumtemperatur in ein weißes, feines Pulver.

Für den Transport von 400 Kilogramm Uran sei keine komplette LKW-Kolonne erforderlich, erläutert Walther. Die beobachteten Fahrzeugkonvois hätten daher wahrscheinlich zusätzliche Fracht geladen. Dies deute auf eine umfangreichere Evakuierungsaktion hin.

Die Transportform als Uranhexafluorid ermöglicht eine effiziente Verlagerung des Materials. In dieser chemischen Verbindung lässt sich das Uran platzsparend und relativ sicher bewegen. Die Sublimation bei Raumtemperatur erleichtert zudem die Handhabung während des Transports.

Material grundsätzlich für Nuklearwaffen geeignet

Der technische Schritt von 60 auf 90 Prozent Anreicherung sei "nicht mehr gewaltig", erklärt Walther. Diese Schwelle von 90 Prozent markiert den kritischen Punkt für waffenfähiges Uran. Falls der Iran diese Anreicherungsstufe bereits erreicht hat, wäre das Material grundsätzlich für Nuklearwaffen geeignet.

Für die Waffenproduktion müsse das Uranhexafluorid jedoch in metallisches Uran umgewandelt werden. Dieser Prozess erfordert eine chemische Rekonversion in speziellen Anlagen. Walther hält es für möglich, dass das evakuierte Material gezielt an einen Standort gebracht wurde, wo diese Umwandlung durchgeführt werden kann.

Die entsprechenden Konversionsanlagen könnten durch die US-Angriffe beschädigt worden sein. Dennoch bestehe die Möglichkeit, dass der Iran über alternative Einrichtungen für diesen kritischen Verarbeitungsschritt verfügt.

Nuklear-Experte: Material reicht theoretisch für "etliche Atombomben

Für eine einfache Atombombe ohne Moderation benötige man etwa 50 Kilogramm metallisches Uran, führt Walther aus. Bei fortgeschrittener Waffentechnologie reduziere sich diese Menge erheblich. Die evakuierten 400 Kilogramm würden demnach theoretisch für mehrere Nuklearwaffen ausreichen.

"Dann reicht es theoretisch für etliche Atombomben", betont der Nuklearexperte. Die genaue Anzahl hänge von der verwendeten Technologie ab. Moderne Waffenkonstruktionen könnten mit deutlich weniger Material auskommen als die genannten 50 Kilogramm pro Sprengkopf.

Die technischen Hürden für eine Uranwaffe seien "deutlich niedriger als etwa bei Plutonium", stellt Walther klar. Der Besitz des angereicherten Materials allein reiche zwar noch nicht aus. Dennoch rücke die theoretische Gefahr einer iranischen Atomwaffe bei erfolgreich evakuiertem Material deutlich näher.

Auswirkungen des US-Angriffs: Radioaktive Strahlung freigesetzt?

Die empfindlichen Zentrifugen in den iranischen Anlagen seien im Betrieb extrem anfällig, erläutert Walther. Selbst wenn die unterirdischen Bereiche nicht vollständig zerstört wurden, könnten Stromausfälle und Erschütterungen die Geräte außer Betrieb gesetzt haben. Ein Transport der Zentrifugen sei nur mit erheblichem logistischem Aufwand möglich.

Bei der Zerstörung von Anreicherungsanlagen könne gefährliche Strahlung freigesetzt werden. Zusätzlich entstehe Flusssäure, wenn Uranhexafluorid mit Luft und Feuchtigkeit reagiert. Diese Gefahr beschränke sich jedoch auf einen Umkreis von 100 Metern bis wenigen Kilometern.

Die radioaktive Belastung in Anreicherungsanlagen sei deutlich geringer als in Kernkraftwerken, betont der Experte. Ob die Messstationen der Internationalen Atomenergiebehörde nahe genug am Geschehen positioniert waren, um mögliche Freisetzungen zu registrieren, bleibe unklar.

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