Donald Trump ignoriert Warnungen: US-Präsident hetzt Nationalgarde auf Los-Angeles-Demonstranten

In Los Angeles sind Proteste gegen Abschiebungen von Migranten eskaliert. Donald Trump hetzte den Demonstranten kurzerhand die Nationalgarde auf den Hals, obwohl Kaliforniens Gouverneur eindringlich davor warnte.

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Donald Trump hat die Nationalgarde mobilisiert, um die Proteste in Kalifornien niederzuschlagen - doch damit könnte der US-Präsident die Lage nur noch weiter verschärft haben. (Foto) Suche
Donald Trump hat die Nationalgarde mobilisiert, um die Proteste in Kalifornien niederzuschlagen - doch damit könnte der US-Präsident die Lage nur noch weiter verschärft haben. Bild: picture alliance/dpa/AP | Frank Franklin II
  • Eskalation in Los Angeles bei Protesten gegen Migranten-Abschiebungen
  • Donald Trump schickt mehr als 2.000 Nationalgardisten nach Kalifornien
  • Demokratischer Gouverneur Gavin Newsom wirft US-Präsident Verschlimmerung der Lage vor

Seit dem 6. Juni spitzt sich die Situation auf den Straßen von Los Angeles zu: Unzählige Menschen protestieren - vereinzelt auch gewaltsamen - gegen die Sicherheitskräfte der US-Einwanderungsbehörde ICE, die Migranten ohne gültige Papiere festnahmen, um sie abzuschieben.

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Manche Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte unter anderem mit Steinen. Nun hat sich Donald Trump in die brenzlige Lage eingemischt und mindestens 2.000 Soldatinnen und Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles geschickt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Seine Anweisung feierte Trump wenig später mit einem Post bei "Truth Social", in dem er die "großartige Arbeit" der Nationalgarde erwähnte und ankündigte, die Proteste von "bezahlten Unruhestiftern und radikalen Linken" würden nicht länger toleriert werden. Zudem wolle Donald Trump ein Vermummungsverbot gegen die Protestierenden verhängen:

Eskalation in Kalifornien: Verschärft Trump die Lage mit dem Einsatz der Nationalgarde zusätzlich?

Damit handelte der US-Präsident entgegen des ausdrücklichen Willens des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom. Der demokratische Politiker nahm den Einsatz der Nationalgarde in seinem Bundesstaat mit Entsetzen zur Kenntnis und machte Donald Trump schwere Vorwürfe. Mit diesem Schritt heize die Regierung des Republikaners die Lage absichtlich an und nehme eine weitere Eskalation billigend in Kauf. Ein solcher Einsatz sei nicht Aufgabe der Nationalgarde des Bundesstaats "und wird das Vertrauen der Öffentlichkeit erschüttern", warnte Newsom. Es gebe keinen Mangel an Sicherheitskräften, die Bundesregierung wolle schlicht "ein Spektakel" inszenieren. Er appellierte an die Demonstranten, friedlich zu bleiben und der Regierung keinen Vorwand zu bieten.

Gewaltsame Proteste in Los Angeles nach Abschiebung illegaler Einwanderer

Einsätze der ICE-Sicherheitskräfte hatten die Proteste im Raum Los Angeles am Freitag, dem 6. Juni ausgelöst. Sie wollten Migranten ohne gültigen Aufenthaltstitel festnehmen, das Weiße Haus sprach von "normalen Abschiebeeinsätzen". Die Sicherheitskräfte traten den Demonstranten in voller Montur mit Schildern und Helmen entgegen, auch Tränengas wurde eingesetzt. Örtlichen Medienberichten zufolge wurden auch Gummigeschosse eingesetzt.

Bürgermeisterin Karen Bass und die örtliche Polizei distanzierten sich von den ICE-Einsätzen. Sie wollen wie gehabt in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht mit der Bundesbehörde zusammenarbeiten, um normale Abschiebungen zu ermöglichen. So verhalten sich viele von Demokraten kontrollierte Stadtverwaltungen in den USA - wohingegen die Republikaner die von Trump angekündigten Massenabschiebungen umsetzen wollen.

Trump-Gefolge spricht von "gewaltsamem Aufstand" gegen die Staatsgewalt

Nach Darstellung des US-Heimatschutzministeriums griffen am Freitag rund 1.000 Demonstranten ICE-Beamte an. Die örtliche Polizei sei erst nach zwei Stunden eingeschritten, kritisierte das Ministerium. Im Laufe der Woche seien in Los Angeles 118 Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel festgenommen worden, darunter Gangmitglieder und Vorbestrafte.

Ein Demonstrant versucht, einem Beamten des Department of Homeland Security zu entkommen, nachdem die Einwanderungsbehörden in Los Angeles eine Operation durchgeführt haben. (Foto) Suche
Ein Demonstrant versucht, einem Beamten des Department of Homeland Security zu entkommen, nachdem die Einwanderungsbehörden in Los Angeles eine Operation durchgeführt haben. Bild: picture alliance/dpa/AP | Jae C. Hong

Justizministerin Pam Bondi warnte auf X, wer Sicherheitskräfte behindere oder angreife, müsse mit Strafverfolgung rechnen. Auch FBI-Direktor Kash Patel drohte mit einem Einsatz seiner Agenten. Trumps stellvertretender Stabschef, der Hardliner Stephen Miller, sprach gar von einem "gewaltsamen Aufstand" gegen die Staatsgewalt. Er begrüßte den Einsatz der Nationalgarde und schrieb auf X: "Wir werden uns Amerika zurückholen". Das Trump unterstellte US-Heimatschutzministerium sprach von einer massiven Eskalation.

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Nach Einsatz von Nationalgarde droht Trumps Verteidigungsminister jetzt mit Militäreinsatz

Die Soldaten sollten der "Gesetzlosigkeit" im Raum Los Angeles ein Ende bereiten, erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt. Trump werde als Oberbefehlshaber dafür sorgen, dass die Gesetze der Vereinigten Staaten durchgesetzt würden. In der offiziellen Bekanntmachung hieß es, die Nationalgarde werde 60 Tage im Einsatz sein oder so lange, wie es der Verteidigungsminister für nötig halte.

Die Polizei nimmt in Los Angeles einen Mann während einer Demonstration gegen die Operation der Bundeseinwanderungsbehörde fest, bei der Dutzende von Einwanderern festgenommen worden waren. (Foto) Suche
Die Polizei nimmt in Los Angeles einen Mann während einer Demonstration gegen die Operation der Bundeseinwanderungsbehörde fest, bei der Dutzende von Einwanderern festgenommen worden waren. Bild: picture alliance/dpa/AP | Eric Thayer

Pentagon-Chef Pete Hegseth kündigte an, bei Bedarf könnten auch in Kalifornien stationierte Marineinfanteristen der Streitkräfte mobilisiert werden. "Sie sind in hoher Alarmbereitschaft", schrieb er auf der Plattform X. Newsom reagierte entsetzt darauf: Der Verteidigungsminister drohe damit, Soldaten "auf amerikanischem Boden gegen die eigenen Bürger einzusetzen", schrieb er auf X. "Das ist geistesgestörtes Verhalten."

Was ist die US-amerikanische Nationalgarde und welche Befugnisse hat die Reserve-Einheit?

In den USA haben im Normalfall die Bundesstaaten die Kontrolle über die Nationalgarde. Deren Einsatz auf Befehl des Präsidenten gegen den Willen des Bundesstaats stellt eine massive Eskalation dar. Eine Mobilmachung des regulären Militärs im Inneren - wie von Hegseth angedroht - wäre ein noch größerer Tabubruch. 

Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Nationalgarde, die bei Waldbränden, Wirbelstürmen, Überflutungen oder Unruhen im Inneren eingesetzt werden kann. Sie steht dann unter dem Befehl des jeweiligen Gouverneurs. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Insgesamt verfügen die USA über mehr als 325.000 Nationalgardisten.

Will Trump die USA brennen sehen? US-Senator spricht von "beispiellosem" Schritt

Einer der beiden kalifornischen US-Senatoren, Adam Schiff, nannte den Einsatz der Nationalgarde gegen den Willen des Gouverneurs "beispiellos". Damit solle Chaos gestiftet und eine Eskalation herbeigeführt werden. Er forderte ein Ende der Gewalt - es gebe nichts, "was Präsident Trump sich mehr wünschen würde, als gewaltsame Zusammenstöße mit Demonstranten", um den Einsatz des Militärs oder eine Form des Kriegsrechts zu rechtfertigen, warnte Schiff auf X.

US-Präsident verunglimpft kalifornischen Gouverneur Newsom

Auf den kalifornischen Gouverneur und Demokraten Gavin Newsom ist Donald Trump nicht gut zu sprechen. (Foto) Suche
Auf den kalifornischen Gouverneur und Demokraten Gavin Newsom ist Donald Trump nicht gut zu sprechen. Bild: picture alliance/dpa/AP | Mark Schiefelbein

Unmittelbar vor der Erklärung des Weißen Hauses hatte Trump bereits eine Drohung losgelassen: Wenn Gouverneur Newsom und die Bürgermeisterin von Los Angeles ihre Jobs nicht ordentlich machten, werde die Regierung einschreiten und das Problem mit "Unruhen und Plünderern" lösen. Anstatt den korrekten Nachnamen des Gouverneurs zu nutzen, bezeichnete Trump ihn in seinem Post auf der Plattform Truth Social als "Newscum" - ein Wortspiel mit dem englischen Begriff "scum", der auf Deutsch "Abschaum" bedeutet.

Die Verunglimpfung des demokratischen Gouverneurs weist auch auf die politische Dimension des Falls hin: Newsom ist nicht nur einer der prominentesten Demokraten, er gilt auch als möglicher Interessent für die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei bei der Wahl 2028. Und: Newsom regiert einen enorm wirtschaftsstarken Bundesstaat mit knapp 40 Millionen Einwohnern - das ist mehr als ein Zehntel der US-Bevölkerung.

Donald Trump als knallharter Abschiebe-Sheriff von Musk-Zerwürfnis abgelenkt

Demonstranten konfrontieren Grenzschutzbeamte während einer Demonstration in Paramount, einem Stadtteil von Los Angeles. (Foto) Suche
Demonstranten konfrontieren Grenzschutzbeamte während einer Demonstration in Paramount, einem Stadtteil von Los Angeles. Bild: picture alliance/dpa/AP | Eric Thayer

Trump wiederum hat auch mit dem Versprechen von Massenabschiebungen die Wahl gewonnen und inszeniert sich gern als Sheriff, der hart durchgreift. Der Fokus auf die Situation in Kalifornien könnte ihm politisch gelegen kommen, denn seit Tagen muss er immer wieder Fragen zu seinem öffentlichen Zerwürfnis mit Tech-Miliardär Elon Musk beantworten und sieht sich mit Kritik an seinem Steuer- und Haushaltsgesetz konfrontiert.

Während Trumps erster Amtszeit war es 2020 nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz zu Massenprotesten gegen Rassismus in den USA gekommen. Auch damals reagierte Trump mit einem massiven Einsatz der Sicherheitskräfte, inklusive der Nationalgarde der Hauptstadt Washington, die dem Befehl der Bundesregierung untersteht.

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/news.de/dpa

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