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Ukraine-Krieg News aktuell: Gesundheitsminister Lauterbach reist Donnerstag in die Ukraine

Seit 105 Tagen herrscht Krieg in der Ukraine. Im Donbass gibt es weiterhin Straßenkämpfe, im Süden will Russland offenbar seine Position zementieren. Was wird aus dem blockierten Getreide? Alle aktuellen News zum Ukraine-Krieg lesen Sie hier.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach reist am Donnerstag in die Ukraine. (Foto) Suche
Gesundheitsminister Karl Lauterbach reist am Donnerstag in die Ukraine. Bild: picture alliance/dpa | Sina Schuldt

Die erbitterten Kämpfe in der Ostukraine gehen weiter. Trotz ihrer Überlegenheit haben die russischen Truppen nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bisher keinen Durchbruch erzielt. "Die Situation an der Front hat in den letzten 24 Stunden keine wesentlichen Änderungen erfahren", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Dienstag. "Die äußerst heldenhafte Verteidigung des Donbass wird fortgesetzt." Der Mittwoch ist für die Ukraine der 105. Tag des Krieges.

Ukraine-Krieg im News-Ticker - Alle aktuellen Entwicklungen am 08.06.2022 im Überblick

+++ Ukraine und Russland tauschen weitere Leichen von Soldaten aus +++

Die Ukraine und Russland haben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 50 Soldaten übergeben. Unter den getöteten Ukrainern seien 37 «Helden», die sich an der Verteidigung des Azovstal-Werks beteiligt hätten, teilte das ukrainische Ministerium für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete am Mittwoch in Kiew mit. Die Kämpfer hatten im Stahlwerk Azovstal in Mariupol die Stellung gehalten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab.

Der Austausch fand nach ukrainischen Angaben entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes statt. An der Aktion seien ukrainische Geheimdienste und der Generalstab der Streitkräfte sowie weitere Sicherheitsstrukturen beteiligt gewesen, hieß es.

Bereits in der vergangenen Woche waren Leichen von jeweils 160 Soldaten ausgetauscht worden. Der Prozess gehe weiter, teilte das Ministerium in Kiew mit.

+++ Gesundheitsminister Lauterbach reist Donnerstag in die Ukraine +++

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bricht am Donnerstag zu einer Reise in die Ukraine auf. Das kündigte der SPD-Politiker am Mittwoch bei einem von der "Rheinischen Post" veranstalteten Ärzte-Netzwerktreffen in Düsseldorf an. Er werde sich dort mit dem ukrainischen Gesundheitsminister treffen. Ihm gehe es unter anderem darum, wie verletzte Menschen besser versorgt werden könnten. Er wolle herausfinden, wie Menschen, die im Krieg Beine oder Arme verloren hätten, besser mit Prothesen ausgestattet werden könnten, sagte Lauterbach. Besonders gehe es auch um verletzte Kinder. Lauterbach nannte den russischen Krieg gegen die Ukraine einen "barbarischen, vernichtenden und ungerechten Angriffskrieg". Er betonte: "Das ist ohne Zivilisation und muss verurteilt werden in jeder Form."

Aus dem Bundeskabinett hatten zuvor Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) jeweils Kiew besucht. Kulturstaatsministerin Claudia Roth war vor kurzem in Odessa. Auch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) sowie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) waren bereits in Kiew.

+++ Scholz spricht mit Selenskyj über weitere Unterstützung für Ukraine +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über weitere deutsche Unterstützung für die Ukraine gesprochen. In einem Telefonat am Mittwoch sei es zudem darum gegangen, wie Getreideexporte aus der Ukraine auf dem Seeweg ermöglicht werden könnten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Die russische Blockade ukrainischer Häfen hat zu einem Stopp dieser Exporte geführt, die zu steigenden Lebensmittelpreisen führt und die Ernährungskrise in vielen armen Ländern vor allem in Afrika verschärft. Scholz unterrichtete Selenskyj auch über sein Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor zwei Wochen.

Scholz hatte der Ukraine in der vergangenen Woche die Lieferung weiterer schwerer Waffen zugesagt: Das Flugabwehrsystem Iris-T und vier Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II. Außerdem soll ein Ortungsradar für Artillerie geliefert werden. Bisher sind aber noch keine schweren Waffen aus Deutschland in der Ukraine angekommen. Derzeit führt der Sondergesandte Selenskyjs für die EU-Perspektive der Ukraine, Oleksij Tschernyschow, Gespräche mit Regierungsvertretern in Berlin. Die Ukraine hofft, beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni in Brüssel einen Kandidatenstatus zu erhalten.

+++ Moskau meldet hohe Verluste für ukrainisches Militär im Donbass +++

Die ukrainischen Streitkräfte verzeichnen nach russischen Angaben hohe Verluste bei den Kämpfen um die Region Donbass im Osten des Landes. Allein bei Gefechten um die Stadt Swjatohirsk habe die Ukraine innerhalb von drei Tagen mehr als 300 Kämpfer verloren, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch in Moskau. Zudem seien 15 Kampffahrzeuge und 36 Waffensysteme zerstört worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der Generalleutnant berichtete auch von russischen Raketenangriffen auf eine Panzerfabrik in Charkiw. Im Gebiet um die Millionenstadt seien zudem mehrere Gefechtsstände und Truppenansammlungen sowie Stellungen von Raketenwerfern mit Luft-Boden-Raketen beschossen worden. Darüber hinaus habe Russland seine taktische Luftwaffe, die Raketenstreitkräfte und Artillerie in den Gebieten Donezk und Luhansk sowie im südukrainischen Saporischschja eingesetzt. Insgesamt habe die Ukraine binnen 24 Stunden mehr als 480 Soldaten verloren.

+++ Norwegen liefert 22 Panzerhaubitzen an Ukraine +++

Norwegen hat der Ukraine 22 Panzerhaubitzen des Typs M109 sowie Munition und Ersatzteile geliefert. Die Entwicklung des Krieges mache es erforderlich, dem von Russland angegriffenen Land nun auch schwerere Waffen zu schicken, sagte Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram am Mittwoch in Oslo. Eine Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriesystem mit einer Kanone auf einem Kettenfahrzeug, ähnlich einem Panzer.

Aus Sicherheitsgründen sei die Lieferung nicht vorab angekündigt worden, sagte der Minister. Die Ausbildung der ukrainischen Soldaten an den Waffen habe in Deutschland stattgefunden. Norwegen selbst ersetzte die Waffensysteme nach diesen Angaben mit neuer Ausrüstung aus Südkorea.

+++ Weiter schwere Kämpfe um ukrainische Stadt Sjewjerodonezk +++

Im Osten der Ukraine halten die schweren Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk unvermindert an. Die ukrainische Seite berichtete am Mittwoch, ihre Stellungen würden von russischen Truppen rund um die Uhr beschossen. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, sagte im Fernsehen: "Mörser, Artillerie, Panzer, Luftangriffe, alles fliegt gerade dorthin." Zugleich versicherte er: "Niemand wird etwas aufgeben - selbst wenn unsere Soldaten gezwungen sind, sich auf besser befestigte Positionen zurückzuziehen." Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als drei Monate.

Wegen der schweren Angriffe werde die Bahntrasse zwischen Bachmut und Lyssytschansk von der Ukraine nicht mehr benutzt, sagte der Gouverneur. Der Nachschub für die Nachbarstädte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk werde nun auf anderen Wegen dorthin gebracht. Dem ukrainischen Generalstab zufolge gab es verstärkte Luftangriffe in Richtung Bachmut im Gebiet Donezk und um die ukrainische Gruppierung bei Solote im Gebiet Luhansk. Zum Einsatz kamen demnach auch russische Kampfhubschrauber des Typs Ka-52.

+++ Ukraine: Mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten blockiert +++

Wegen der Blockade von Schwarzmeer-Häfen durch Russland kann die Ukraine nach eigenen Angaben mehr als 23 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten nicht exportieren. Dies teilte Ministerpräsident Denys Schmyhal am Mittwoch auf seinem Telegram-Kanal mit. Trotz des seit mehr als drei Monaten dauernden russischen Angriffskriegs seien aber 75 Prozent der Vorjahresflächen bestellt worden. Das Landwirtschaftsministerium arbeite nun an der Einrichtung mobiler Silos, um die Lagerkapazitäten um zehn bis 15 Millionen Tonnen zu erhöhen.

Russland hatte die Ukraine Ende Februar überfallen. Seither blockiert es die für den Export wichtigen Häfen am Schwarzen Meer. Der Rückgang ukrainischer Agrarexporte hat in vielen Ländern zu steigenden Lebensmittelpreise geführt. Dem Agrarministerium zufolge wurden in den Kriegsmonaten März, April und Mai 51 Prozent der ukrainischen Agrarexporte mit der Bahn außer Landes gebracht, 37 Prozent über die ukrainischen Donauhäfen und 11 Prozent über die Straßen.

+++ Ukraine-Krieg aktuell: Wo wird gekämpft? +++

Selenskyj nannte die Städte Sjewjerodonezk, Lyssytschansk und Popasna als Schwerpunkte. "Es ist zu spüren, dass die Besatzer nicht geglaubt haben, dass der Widerstand so stark sein wird", sagte der Präsident. Ähnlich äußerte sich der ukrainische Präsidentenberater Olexander Arestowytsch. Die ukrainische Artillerie habe gute Arbeit geleistet, sagte er. Zugleich räumte Arestowytsch auch Probleme ein. "Auf eine Gegenoffensive können wir lange warten", sagte er. Einige Kämpfer würden dem Druck nicht standhalten. Zudem sei nicht klar, wann und in welchem Umfang neue Waffenlieferungen eintreffen.

+++ Selenskyj: Ukraine startet Informationssystem zu Kriegsverbrechen +++

In seiner Videobotschaft am Dienstagabend kündigte Selenskyj ein neues Informationssystem zu Kriegsverbrechen an. In einem "Buch der Foltere" sollen bestätigte Informationen über Kriegsverbrecher und Kriminelle der russischen Armee gesammelt werden. "Ich habe wiederholt betont, dass sie alle zur Rechenschaft gezogen werden. Und wir gehen das Schritt für Schritt an", sagte der Präsident. Nicht nur direkte Täter wie etwa Soldaten sollen zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch deren Befehlshaber, die die Taten ermöglicht hätten - "in Butscha, in Mariupol, in all unseren Städten".

+++ Russische Besatzungskräfte planen Referenden in Südukraine +++

In den von russischen Truppen besetzten Gebieten planen die neuen Machthaber offenbar den Beitritt zu Russland. Die Vorbereitungen für ein Referendum hätten begonnen, sagte die prorussische Statthalterin in der Stadt Melitopol, Halyna Danyltschenko. Nach Angaben eines russischen Abgeordneten war der Vizechef der russischen Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, zu Gesprächen sowohl in Melitopol, der zweitgrößten Stadt des Gebiets Saporischschja, als auch in Cherson, der Hauptstadt des angrenzenden gleichnamigen Gebiets. Nach ukrainischen Informationen soll in Cherson bis Herbst ein Referendum über eine Angliederung an Russland vorbereitet werden.

+++ Altkanzlerin Merkel will mehr Abschreckung gegen Russland +++

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert für eine Verstärkung der militärischen Abschreckung gegenüber Russland. "Das ist die einzige Sprache, die Putin versteht", sagte Merkel in Berlin in einem vom TV-Sender Phoenix übertragenen Interview. Verantwortung für ausgebliebene Investitionen in die Bundeswehr wies sie zurück - und indirekt dem früheren Koalitionspartner SPD zu. "Ich bin jetzt heilfroh, dass wir nun uns endlich auch entscheiden, nachdem die ganze Welt bewaffnete Drohnen hat, dass wir auch welche kaufen. Und es ist auch nicht an mir gescheitert, dass bestimmte andere Dinge nicht stattfinden konnte", sagte Merkel. "Es war ein sehr zähes Ringen, überhaupt in die militärische Abschreckung zu investieren."

+++ Gefangene ukrainische Kämpfer nach Russland gebracht +++

Mehr als 1000 ukrainische Kriegsgefangene aus dem eroberten Stahlwerk Azovstal in Mariupol sind mittlerweile nach Russland gebracht worden. Die russischen Strafverfolgungsbehörden beschäftigten sich derzeit mit ihnen, meldete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf Sicherheitskreise. Unter ihnen könnten mehr als 100 ausländische "Söldner" sein. Insgesamt hatten sich mehr als 2400 ukrainische Kämpfer in dem Werk ergeben.

+++ Neues Geld für Kiew +++

Die Weltbank stellt der Ukraine eine weitere Finanzierung in Höhe von 1,49 Milliarden US-Dollar (1,4 Milliarden Euro) zur Verfügung. Damit könne die Regierung angesichts des andauernden Kriegs Löhne für Staatsbedienstete zahlen, hieß es. Es blieb zunächst unklar, ob es sich bei den neuen Mitteln um Hilfsgelder oder einen Kredit handelte.

+++ Russisch-amerikanische Beziehungen kaum noch existent +++

Der bilaterale Dialog zwischen Moskau und Washington ist nach russischen Angaben fast zum Erliegen gekommen. "Vertrauen wurde untergraben, die Zusammenarbeit zerfällt selbst in Feldern mit beidseitigem Interesse, die Kommunikation zwischen den Seiten ist gering und vornehmlich reduziert auf eine Debatte technischer Probleme", sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, dem russischen Staatsfernsehen. Allerdings würden die Verteidigungsminister und Generalstabschefs noch "gelegentliche Telefongespräche" halten - diese seien äußerst wichtig, um eine direkte militärische Konfrontation zu verhindern.

+++ Ukraine: Drei Tote im Charkiwer Gebiet durch russischen Beschuss +++

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw sind nach offiziellen Angaben mindestens drei Menschen durch russischen Beschuss getötet und sechs weitere verletzt worden. Die russischen Truppen hätten auf Charkiw sowie mehrere Dörfer gefeuert, teilte Gebietsgouverneur Oleh Synjehubow am Dienstagabend im Nachrichtenkanal Telegram mit. "Der Feind ist nicht in der Lage, den Widerstand unserer Verteidiger zu brechen. Stattdessen gehen die Besatzer mit Terror vor, in dem sie auf Unbewaffnete feuern."

In der Stadt Baschtanka im südukrainischen Gebiet Mykolajiw seien bei russischen Raketenangriffen zwei Menschen getötet und drei verletzt worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. In der Gebietshauptstadt Mykolajiw selbst habe es nach Berichten von Augenzeugen heftige Detonationen gegeben, berichteten ukrainische Medien.

Auch aus dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet wurden Opfer gemeldet. Bei ukrainischen Angriffen sei ein etwa 70 Jahre alter Mann im Ort Perwomajsk nahe der Frontlinie getötet worden, teilten Vertreter der selbst ernannten «Volksrepublik Luhansk» mit. Zehntausende Menschen seien wegen des Beschusses vorübergehend ohne Strom gewesen.

+++ Moskau schreibt kremlkritischen Autor Glukhovsky zur Fahndung aus +++

Russland hat den kremlkritischen Schriftsteller Dmitry Glukhovsky zur nationalen Fahndung ausgeschrieben. Der 42-Jährige werde gemäß einem Verstoß gegen das russische Strafgesetzbuch gesucht, meldete die russische Staatsagentur Tass am Dienstag. Glukhovsky sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass er sich aktuell nicht in Moskau aufhalte.

Er gehe davon aus, dass er wegen Beleidigung der russischen Armee gesucht werde. "Ich bin bereit, alles, was ich gesagt habe, zu wiederholen: Stoppt den Krieg! Gebt zu, dass das ein Krieg gegen ein ganzes Volk ist. Und beendet ihn!", meinte er mit Blick auf Russlands Einmarsch in die Ukraine.

Der Autor der "Metro"-Trilogie, der vorwiegend im Ausland lebt und auch Deutsch spricht, ist seit Jahren ein scharfer Kritiker des russischen politischen Systems. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte er wiederholt in sozialen Netzwerken die Invasion verurteilt, auf die Verluste bei den russischen Streitkräften hingewiesen und über die Ermordung ukrainischer Zivilisten berichtet.

+++ Habeck deutet Zustimmung für Leopard-Lieferung aus Spanien an +++

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Sympathien dafür erkennen lassen, Spanien den Export von Leopard-Panzern aus deutscher Produktion an die Ukraine zu genehmigen. Der Grünen-Politiker sagte am Dienstag bei einem Besuch im palästinensischen Ramallah, bei seiner Abreise am Montag habe noch kein Beschluss der spanischen Regierung vorgelegen.

Spanien hatte die Panzer in Deutschland gekauft. Mit einer sogenannten Endverbleibsklausel hat sich Deutschland - wie bei solchen Rüstungsgeschäften üblich - einen Vorbehalt für die Weitergabe an Dritte gesichert, so dass die Bundesregierung nun erst zustimmen muss. Das zuständige Gremium dafür ist der Bundessicherheitsrat, der mit einer Sitzung tagt oder auch im sogenannten Umlaufverfahren Konsens herstellen kann.

Bisher sei eine solche Genehmigung auch erteilt worden, etwa bei Haubitzen aus DDR-Altbeständen, deren Weitergabe an die Ukraine die Bundesregierung Estland genehmigt hatte. "Ich kann der Prüfung jetzt nicht vorgreifen. Aber der Dienstweg ist klar. Und ich bin der Meinung, dass die Ukraine unterstützt werden muss in dieser schwierigen Zeit", sagte Habeck.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hatte eine schnelle Genehmigung gefordert. "Ich hoffe sehr, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck umgehend die Genehmigung für den Export erteilt", sagte sie dem "Spiegel" (Dienstag). Angesichts der russischen Artillerie-Angriffe auf ukrainische Ziele sei Eile geboten.

Die spanische Zeitung "El País" hatte am Wochenende berichtet, Spanien bereite die Lieferung von etwa 40 Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 A4 vor.

+++ Russland: Fast 6500 ukrainische Kriegsgefangene +++

Russland hat nach Angaben von Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu fast 6500 ukrainische Soldaten in Gefangenschaft genommen. Die Zahl liege bei 6489, nachdem sich in den vergangenen Tagen 126 Angehörige der ukrainischen Streitkräfte ergeben hätten, sagte Schoigu am Dienstag zu den vorläufigen Ergebnissen der militärischen Spezial-Operation, wie der Krieg in Moskau offiziell genannt wird. Nach Darstellung des Ministers wurden in den vergangenen zehn Tagen auch rund 50 Einheiten ausländischer Militärtechnik zerstört, darunter gepanzerte Fahrzeuge und Haubitzen. Überprüfbar von unabhängiger Seite waren die Angaben nicht.

Zur Lage in der umkämpften Großstadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine sagte Schoigu, dass dort alle Wohngebiete unter russischer Kontrolle seien. In dem Verwaltungszentrum des Gebiets Luhansk gibt es seit Tagen blutige Straßenkämpfe zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Nun gehe es um die Einnahme der Industriezone in der Stadt sowie der umliegenden Ortschaften, meinte der Minister.

Insgesamt seien inzwischen 97 Prozent des Gebiets Luhansk unter russischer Kontrolle, sagte Schoigu. Als Kernziele des Krieges waren immer wieder die komplette Einnahme des Gebiets Luhansk und des Gebiets Donezk genannt worden. In der Region Donezk seien die Städte Swjatohirsk und Lyman sowie weitere 15 Ortschaften eingenommen worden, sagte Schoigu. In Swjatohirsk liegt das zuletzt auch beschossene Mariä-Entschlafungs-Erzkloster, das zu den wichtigsten Heiligtümern der russischen Orthodoxie gehört. Das Moskauer Verteidigungsministerium wies erneut Vorwürfe der Ukraine zurück, dass russische Truppen die religiöse Stätte beschossen hätten.

+++ Scholz sagt Litauen Verstärkung für Nato-Ostflanke zu +++

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Litauen zusätzliche militärische Unterstützung zur Abschreckung und für die Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff zugesagt. "Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir unseren Beitrag verstärken werden", sagte der SPD-Politiker nach Gesprächen mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda und den Regierungschefs aller drei baltischen Staaten, zu denen auch Lettland und Estland zählen. Das deutsche Engagement solle "in Richtung einer robusten Kampfbrigade" entwickelt werden.

"Als Verbündete in der Nato fühlen wir uns einander verpflichtet und wir werden im Falle eines Angriffs jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen", sagte Scholz. Einzelheiten des verstärkten deutschen Engagements nannte der Kanzler zunächst nicht. Derzeit ist ein von Deutschland geführtes Nato-Bataillon mit 1600 Soldaten in Litauen stationiert, davon gehören mehr als 1000 der Bundeswehr an. Eine Brigade besteht in der Regel aus etwa 3000 bis 5000 Soldaten.

+++ Ukraine meldet eigene Luftangriffe im Süden des Landes +++

Während die Lage im Osten der Ukraine weitgehend unverändert ist, hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben im Süden des Landes mehrere Luftangriffe auf russische Stellungen geflogen. "Ukrainische Hubschrauber haben Schläge gegen Ansammlungen feindlicher Truppen im Gebiet Cherson geführt - und Flugzeuge gegen Munitionsdepots im Gebiet Mykolajiw", teilte der Generalstab mit. Die Ukraine hat die eigene Luftwaffe im Krieg wegen der russischen Luftüberlegenheit bislang nur spärlich eingesetzt.

An der Grenze der Schwarzmeer-Gebiete Mykolajiw und Cherson hatten die ukrainischen Truppen zuletzt mehrere Ortschaften zurückerobert. Eine russische Gegenoffensive in Richtung Losowe - Bila Krynyzja sei trotz Artillerie- und Luftwaffenunterstützung erfolglos gewesen, hieß es im Bericht des Generalstabs. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht. Nach Angaben der Militärexperten des US-amerikanischen Institute for the Study of the War (ISW) gelang es den Ukrainern zugleich, die russische Flotte von der Schwarzmeer-Küste abzudrängen. Die russische Schwarzmeerflotte operiere nun in einem Sicherheitsabstand von 100 Kilometern, was den Druck auf die ukrainischen Häfen senke, heißt es in der jüngsten Analyse des ISW. Ähnlich hatte sich am Montag schon das ukrainische Verteidigungsministerium geäußert.

+++ Moskau: Swjatohirsk mit alter Klosteranlage praktisch eingenommen +++

Das russische Militär und die von Moskau unterstützten Separatisten schließen die Einnahme der ukrainischen Stadt Swjatohirsk (Swjatogorsk) mit ihrem historischen Kloster nach eigenen Angaben nun ab. "Swjatogorsk ist praktisch befreit", sagte der Anführer der Separatistenregion Donezk, Denis Puschilin, im russischen Staatsfernsehen. Dort liegt das zuletzt auch beschossene Erzkloster Mariä-Entschlafung, das zu den wichtigsten Heiligtümern der russischen Orthodoxie gehört.

Der Moskauer Patriarch Kirill, der den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt, steht seit langem im Ruf, die alten religiösen Stätten in der Ukraine für die russisch-orthodoxe Kirche unter seinem Einfluss halten zu wollen. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, hatte zuvor erklärt, dass die Eroberung der Stadt in den letzten Zügen sei. Die letzten Soldaten der ukrainischen Streitkräfte hätten die Militärtechnik und Waffen zurückgelassen und seien selbst geflüchtet. Nach Darstellung Konaschenkows überquerten rund 80 ukrainische Soldaten den Fluss der Stadt, die russische Seite habe sie fliehen lassen und nicht das Feuer eröffnet, sagte er.

Eine Bestätigung von ukrainischer Seite, dass Swjatohirsk aufgegeben sei, gab es zunächst nicht. Allerdings hatte der ukrainische Generalstab über schwere Kämpfe im Donezker Gebiet um die Stadt berichtet. Die Ukraine fordert seit Wochen vom Westen die Lieferung schwerer Waffen, um die russischen Streitkräfte nicht nur aufzuhalten und zurückzudrängen, sondern auch, um besetzte Orte zu befreien.

+++ Ukraine-Krieg aktuell: Debatte über deutsche Panzerlieferungen aus Spanien +++

Spanien etwa will Kampfpanzer deutscher Bauart an die Ukraine liefern. Die Union im Bundestag warnte die Bundesregierung davor, Spanien daran zu hindern. "Wenn Spanien Leopard 2 liefern will, muss die Bundesregierung das schnell ermöglichen", verlangte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann Wadephul (CDU) in der "Augsburger Allgemeinen". "Deutschland lässt die Ukraine jeden Tag, an dem dort keine schweren Waffen ankommen, im Stich." Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter in der "Süddeutschen Zeitung": "Ich erwarte, dass die Bundesregierung rasch, möglichst proaktiv, die dafür notwendige Ausfuhrgenehmigung erteilt."

Die gewöhnlich sehr gut informierte spanische Zeitung "El País" hatte unter Berufung auf Quellen im Verteidigungsministerium berichtet, Spanien bereite die Lieferung von etwa 40 Kampfpanzern des Typs Leopard 2 A4 und von bodengestützten Luftabwehrraketen vor. Ministerin Margarita Robles wollte dies aber weder bestätigen noch dementieren. Dies sei ein "extrem delikates Thema" und bedürfe "größter Diskretion".

+++ Massive Kämpfe im Donbass: Bedrohliche Situation inSaporischschja +++

Der ukrainische Armeesprecher Olexander Motusjanyk berichtete von intensiven Kämpfen "praktisch entlang der gesamten Frontlinie in den Gebieten Luhansk und Donezk". Die russische Luftwaffe habe 39 Einsätze für Luftschläge auch außerhalb der Ostukraine geflogen. Am bedrohlichsten sei die Situation jedoch im Gebiet Saporischschja, in dem die russische Armee die Gebietshauptstadt bedrohe, hieß es. Präsident Selenskyj hatte die Region am Sonntag besucht und sich auch unmittelbar an der Front aufgehalten.

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/news.de/dpa

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