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Ukraine-Krieg im News-Ticker: "Das ist ein neues Auschwitz": Russen verbrennen Leichen in Krematorien

Die Gräuel von Butscha im russischen Krieg gegen die Ukraine feuern die weltweite Debatte an: Was tun gegen Moskau? Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg erfahren Sie hier im News-Ticker.

Zwei ukrainische Soldaten bergen die Überreste von vier getöteten Zivilisten aus einem verkohlten Fahrzeug in Butscha. (Foto) Suche
Zwei ukrainische Soldaten bergen die Überreste von vier getöteten Zivilisten aus einem verkohlten Fahrzeug in Butscha. Bild: picture alliance/dpa/AP | Felipe Dana

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert wegen der Kriegsgräuel von Butscha noch härtere Sanktionen des Westens gegen Russland. Diese müssten der Schwere der "Kriegsverbrechen" angemessen sein, sagte Selenskyj in der Nacht zum Mittwoch. Die US-Regierung befürchtet die Entdeckung weiterer Untaten und plant bereits weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau, darunter ein Investitionsverbot. Europa erwägt einen Importstopp für Kohle und damit erstmals ein Teilembargo gegen russische Energie.

Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew hatten Aufnahmen von Leichen auf den Straßen des Vororts Butscha international für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine macht russische Truppen für die Gräueltaten verantwortlich. Moskau bestreitet die Vorwürfe und spricht von einer Inszenierung, allerdings ohne Beweise oder Belege.

Ukraine-Krieg, Tag 42 im News-Ticker - Alle aktuellen Geschehnisse am 06.04.2022 im Überblick

+++ Ukrainischer Zivilschutz: Suche nach Opfern in Borodjanka läuft +++

Rettungskräfte haben in der ukrainischen Kleinstadt Borodjanka bei Kiew eigenen Angaben zufolge mit dem Wegräumen von Trümmern und der Suche nach Opfern begonnen. "Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung können wir nur erahnen, wie viele schreckliche Funde uns erwarten", schrieb der Zivilschutz am Mittwoch auf Facebook. In den vergangenen Tagen sei die 35 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt gelegene Siedlung von Minen geräumt worden, hieß es. Auf Fotos waren völlig zerstörte Gebäude zu sehen.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hatte am Montag berichtet, dass es in Borodjanka die meisten Opfer in der Region Kiew gebe. Diese Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden. Die ukrainischen Behörden haben noch keine Zahlen über Opfer in diesem Ort genannt.

Die Bilder aus einem anderen Kiewer Vorort, Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, hatten international Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich. Moskau bestreitet das.

Aus Borodjanka wiederum veröffentlichte das ukrainische Verteidigungsministerium am Mittwoch eine Drohnenaufnahme, die die Verwüstung in der Stadt, in der einmal 13.000 Menschen lebten, zeigen soll. 2Die russischen Besatzer haben Tod und Ruin hierher gebracht", teilt das Ministerium mit. Doch nun wehe in der Stadt wieder die ukrainische blau-gelbe Flagge.

+++ Ostukraine: Über zehn Hochhäuser durch Artilleriebeschuss zerstört +++

In der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk sind offiziellen Angaben zufolge durch Artilleriebeschuss mehr als zehn Hochhäuser zerstört worden. "Der heutige Tag hat gezeigt, dass man nicht länger warten kann: Packt Eure Sachen und flieht!", forderte der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, die verbliebenen Bewohner am Mittwoch bei Facebook auf. Dem Zivilschutz des Gebiets zufolge brannten zudem fünf Privathäuser, eine Schule, ein Einkaufszentrum und mehrere Garagen ab.

Zuvor hatte die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk auch die Bewohner der Gebiete Luhansk und Donezk angesichts einer befürchteten neuen russischen Offensive inständig aufgefordert, die Region zu verlassen. Die ukrainische Eisenbahn transportierte allein am Mittwoch mehrere Tausend Menschen aus den bedrohten Gebieten in den Westen des Landes. Wereschtschuk berichtete von weiteren knapp 4.000 Menschen, die aus den Gebieten Donezk, Luhansk und Saporischschja in Sicherheit gebracht worden seien.

Moskau hatte in der vergangenen Woche Truppen aus den nordukrainischen Gebieten Kiew und Tschernihiw abgezogen und die Einheiten in der Ostukraine verstärkt. Vor sechs Wochen hatte Russland die benachbarte Ukraine überfallen.

+++ Westliche Experten rechnen mit weiteren Gräueltaten in der Ukraine +++

Westliche Regierungsexperten gehen davon aus, dass bald weitere Gräueltaten russischer Truppen in der Ukraine aufgedeckt werden. "Ich glaube, dass dies ein Thema sein wird in den kommenden Tagen und Wochen", sagte ein westlicher Regierungsbeamter am Mittwoch vor Reportern. Das Ermitteln von Kriegsverbrechen infolge russischer Aktivitäten werde eines der Vermächtnisse dieses Konflikts sein, fügte er hinzu.

Die Verantwortung für die Gräueltaten liege bei den Tätern, sagte der Regierungsexperte. Die russische Führung trage aber auch eine Verantwortung, da sie mit Behauptungen über angeblichen Völkermord an der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine ein Klima geschaffen habe, das zusammen mit dem militärischen Versagen der russischen Armee ein toxisches Gemisch ergebe, so der Beamte weiter.

Weltweit sorgen seit dem Wochenende Bilder für Entsetzen, die Leichen auf den Straßen der unweit von Kiew gelegenen Stadt Butscha zeigen. Bislang sind Berichten zufolge dort rund 330 getötete Menschen geborgen worden. Sie sind aus Sicht der ukrainischen Regierung Beweis für die gezielte Tötung von Zivilisten und damit für Kriegsverbrechen. Moskau bestreitet das und spricht von "Fälschung" - allerdings ohne Belege vorzulegen. Aus der ukrainischen Stadt Irpin waren bereits zuvor Gräueltaten gemeldet worden.

+++ Mariupols Bürgermeister: Russen verbrennen Leichen in Krematorien +++

Der Bürgermeister der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat Russland vorgeworfen, zur Vertuschung von Kriegsverbrechen Leichen in mobilen Krematorien zu verbrennen. Mit dieser Praxis sollten Spuren verwischt werden, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch im Nachrichtenkanal Telegram mit. Russische Truppen haben bereits einen Großteil der Stadt besetzt.

"Das ist ein neues Auschwitz und Majdanek", wurde Bürgermeister Wadym Bojtschenko in der Mitteilung mit Verweis auf die deutschen Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg zitiert. Die Welt müsse die "Putinschen Unmenschen" bestrafen. Die "Schmutzarbeit" solle dabei von örtlichen Unterstützern der Russen verrichtet werden. Meldungen aus Mariupol können seit Wochen nicht unabhängig überprüft werden.

Die geflüchtete Stadtverwaltung hatte bereits vergangene Woche die Zahl der getöteten Zivilisten in der umkämpften Stadt am Asowschen Meer auf etwa 5.000 geschätzt. Derzeit gehe sie angesichts der Zerstörungen von Zehntausenden Toten aus. Vor Beginn des russischen Angriffskrieges lebten in Mariupol rund 440.000 Einwohner. Nach Schätzungen sollen sich jetzt noch 100.000 Menschen in der Stadt aufhalten.

Bereits zuvor hatten ukrainische Behörden und Medien mehrmals berichtet, russische Einheiten nutzten mobile Krematorien. Damals hieß es, diese würden eingesetzt, um die Leichen eigener Soldaten zu verbrennen. Dadurch sollten die Zahlen getöteter Truppen vertuscht werden. Auch dafür gab es bisher keine Bestätigung.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 24. Februar den Angriff auf den Nachbarn Ukraine befohlen. Die UN haben bisher mehr als 1.500 getötete Zivilisten gezählt, gehen aber wie Kiew von weitaus höheren Opferzahlen aus.

+++ Niederlande legen 14 Superjachten von Russen an die Kette +++

Im Zuge der Sanktionen gegen Russland haben niederländische Behörden 14 russische Superjachten vorläufig beschlagnahmt. Diese Schiffe dürften die Werften nicht verlassen, teilte Außenminister Wopke Hoekstra am Mittwoch in Den Haag dem Parlament mit. Es handelt sich den Angaben zufolge um zwölf Jachten, die zur Zeit bei niederländischen Werften gebaut werden. Zwei weitere Boote befinden sich wegen Wartungsarbeiten im Land. Die Luxusschiffe fallen nach Angaben des Ministers unter die europäischen Sanktionsregeln. Wer die Eigentümer sind, wurde nicht mitgeteilt.

Der Minister teilte auch mit, dass seit Verhängung der Sanktionen 516 Millionen Euro an russischen Guthaben blockiert und Transaktionen im Wert von 155 Millionen verhindert wurden.

Der Außenminister wurde vom Parlament heftig kritisiert, nachdem die Umsetzung der Sanktionen nur schleppend angelaufen war. Nach Berechnungen von Medien sollen russische Unternehmen und Oligarchen in den Niederlanden ein Vermögen von insgesamt rund 80 Milliarden Euro haben. Die Niederlande gelten wegen günstiger Steuerregeln für Unternehmen als Steuerparadies.

+++ Neue russische Offensive befürchtet: Ostukrainer zu Flucht aufgerufen +++

Aus Angst vor einer neuen russischen Offensive in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew Menschen in den Gebieten Luhansk, Donezk und Charkiw dringend zur Flucht aufgerufen. "Bringen Sie sich in Sicherheit, solange es diese Möglichkeit noch gibt", sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Mittwoch Medienberichten zufolge. "Das muss jetzt sein, denn später werden die Leute beschossen und ihnen droht der Tod. Sie können dann nichts mehr dagegen tun, und wir werden ihnen nicht helfen können."

Der Leiter der Regionalverwaltung des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj, sagte in einer Videobotschaft, Russland ziehe derzeit weiter Streitkräfte in der Region zusammen. Er rechne mit dem Versuch größerer Angriffe in den nächsten drei bis vier Tagen.

Russland führt seit dem 24. Februar Krieg gegen das Nachbarland Ukraine. In der vergangenen Woche kündigte Moskau an, die Angriffe auf Kiew deutlich reduzieren zu wollen, sich aber stattdessen auf den Donbass zu konzentrieren.

+++ Trittin: Kein Täter von Butscha darf straffrei ausgehen +++

 

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin hat die konsequente Bestrafung aller Beteiligten an den Gräueltaten von Butscha verlangt. "Wir dürfen keinen dieser Morde vergessen. Keiner dieser Mörder darf straffrei ausgehen", forderte er am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde im Bundestag zum Krieg in der Ukraine. Man werde alles tun, um Beweise zu sichern und die Verantwortlichen auch tatsächlich vor Gericht zu bringen. "Straffreiheit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist Beihilfe."

Trittin räumte Irrtümer im Umgang mit Russland und Kreml-Chef Wladimir Putin ein. "Wir haben geirrt, als wir geglaubt haben, man könnte so jemanden mit ökonomischen Mitteln abschrecken. Putin schert sich nicht um ökonomische Abschreckung. Er versteht nur die Abschreckung durch Militär und Gewalt." Auch den Irrtum, dass Wandel durch Handel geschaffen werde, müsse man beenden.

Der Grünen-Politiker plädierte dafür, nicht mehr von Sanktionen gegen Russland zu sprechen. Denn die ergriffenen Maßnahmen würden nicht mehr rückgängig gemacht, betonte er. Was hier stattfinde, sei nichts anderes als die Abkopplung Russlands von den Märkten Europas, der USA und der G7-Staaten. "Wir schicken das Russland von Wladimir dem Schrecklichen zurück in die Zeit der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts."

+++ Nato-Generalsekretär: Krieg in der Ukraine könnte noch Jahre dauern +++

Die Nato rechnet mit einem noch lange anhaltenden Krieg in der Ukraine. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch am Rande eines Treffens der 30 Außenminister der Bündnisstaaten in Brüssel. Man müsse sich bewusst darüber werden, dass der Krieg noch "viele Monate oder sogar Jahre" andauern könne.

Den Rückzug russischer Truppen aus dem Norden der Ukraine erklärte Stoltenberg mit einer nach Nato-Erkenntnissen geplanten Großoffensive im Osten. Die Streikräfte sollen demnach verstärkt und neu bewaffnet werden, um den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen.

Konsequenz aus den Entwicklungen ist laut Stoltenberg, dass sich die Nato auf einen langen Weg vorbereiten muss. "Wir müssen die Ukraine unterstützen, unsere Sanktionen aufrechterhalten, unsere Verteidigung und unsere Abschreckung stärken", sagte er.

+++ Türkische Marine spürt erneut Seemine im Schwarzen Meer auf +++

Die türkische Marine hat im Schwarzen Meer nach eigenen Angaben erneut eine Seemine aufgespürt. Der Bereich vor der Küste bei Kefken unweit der Hauptstadt Istanbul wurde abgesperrt, wie das Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilte.

Bereits in den vergangenen Tagen trieben Seeminen in türkische Gewässer. An der Meerenge Bosporus, die das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbindet, wurde der Schiffsverkehr an den Tagen zwischenzeitlich gesperrt. Die Behörden untersagten zudem bis auf weiteres die nächtliche Fischerei vor der nordwestlichen Küste.

Beobachter vermuten, dass die Minen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Schwarze Meer vermint zu haben. Moskau hatte erst kürzlich vor treibenden Seeminen im Schwarzen Meer gewarnt.

+++ Stadtverwaltung: 89 Zivilisten in Kiew seit Kriegsbeginn getötet +++

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind offiziellen Angaben zufolge seit Kriegsbeginn 89 Zivilisten getötet worden. Davon seien vier Kinder, teilte die Stadtverwaltung am Mittwoch mit. Zudem seien 398 Einwohnerinnen und Einwohner verletzt worden, davon 20 Kinder. Kiew ist seit Kriegsbeginn am 24. Februar immer wieder Ziel russischer Angriffe gewesen. Dabei wurden nach Angaben der Behörden zahlreiche Wohngebäude und zivile Einrichtungen getroffen.

Wie die Stadtverwaltung weiter mitteilte, wurden 167 Wohngebäude beschädigt, außerdem 44 Schulen, 26 Kindergärten, ein Waisenhaus sowie elf Verwaltungsgebäude. Getroffen worden seien auch Sportanlagen, Sozial- und Verkehrseinrichtungen sowie Kulturstätten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.

Die Verwaltung forderte die Bevölkerung auf, weiter wachsam zu bleiben und bei Luftalarm sofort Schutz zu suchen. "Heute ist es in Kiew sicherer geworden, aber die Gefahr von Luftangriffen bleibt", hieß es. Menschen, die aus der Hauptstadt geflüchtet waren, sollten vorerst auf eine Heimkehr verzichten.

Zuletzt hatten die ukrainischen Behörden mitgeteilt, dass im Gebiet rund um Kiew nach dem Abzug russischer Truppen die Leichen von insgesamt 410 Zivilisten entdeckt worden seien. Die meiste Toten wurden demnach im Kiewer Vorort Butscha geborgen, wo russische Soldaten mutmaßlich Kriegsverbrechen begangen haben sollen. Die Stadt Kiew war nicht von russischen Truppen besetzt.

+++ Kreml nennt Friedensverhandlungen mit Ukraine "zähflüssig" +++

Trotz der Kriegsgräuel von Butscha gehen die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew über ein Ende der Kampfhandlungen nach russischen Angaben weiter. Die Gespräche verliefen aber "viel zähflüssiger", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch russischen Agenturen zufolge. "Ich kann nur sagen, dass der Arbeitsprozess weitergeht. Es liegt aber noch ein ziemlich langer Weg vor uns", sagte Peskow. "Wir würden gerne mehr Dynamik von der ukrainischen Seite sehen."

Der Kremlsprecher verwies auf Aussagen von Außenminister Sergej Lawrow, wonach immer genau dann "Hindernisse" einträten, wenn es Grund zur Hoffnung auf Fortschritte gebe. Ein solcher Fall sei die Lage im Kiewer Vorort Butscha, sagte Peskow nun. "All diese Inszenierungen" könnten die Verhandlungen zum Scheitern bringen. Russland weist Vorwürfe zurück, dass russische Soldaten für Kriegsverbrechen in Butscha verantwortlich sind und spricht von einer "Inszenierung" und "Provokation" der ukrainischen Seite - legt dafür aber keine Beweise vor.

Peskow forderte eine unabhängige Untersuchung in dem ukrainischen Ort. "Natürlich sollte und muss die monströse Inszenierung von Butscha untersucht werden", sagte er. Aber es müsse sich um eine "wahrhaft unparteiische und unabhängige" Untersuchung handeln. Es habe in jüngerer Zeit mehrere Ermittlungen gegeben, bei denen Russland nicht vertreten gewesen sei und die nicht unabhängig gewesen seien. Russland zweifelt immer wieder an Ergebnissen von Untersuchungen, an denen es nicht selbst beteiligt ist.

+++ Selenskyj: Russland benutzt Hunger als Waffe im Krieg gegen Ukraine +++

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der russischen Führung vorgeworfen, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen. Russlands Armee zerstöre die Lebensgrundlage der Menschen und blockiere die Häfen des Landes, sagte Selenskyj bei einer per Videochat übertragenen Ansprache an das irische Parlament in Dublin am Mittwoch.

Er fügte hinzu: "Warum tun sie das? Weil sie Hunger als Waffe gegen uns, gegen einfache Menschen als Instrument der Unterdrückung einsetzen." Selenskyj warnte zudem vor einer globalen Hungerkrise infolge der russischen Invasion in sein Land, da die Ukraine bislang ein wichtiger Exporteur von Getreide war.

Der irischen Regierung dankte Selenskyj auch für ihre humanitäre und finanzielle Unterstützung sowie für die Aufnahme von Flüchtlingen. Irlands Premier Micheal Martin versprach weitere Hilfe sowie Unterstützung bei dem Bestreben Kiews, ein Mitglied der Europäischen Union zu werden. Der irische Regierungschef kündigte auch an, sich für weitere Sanktionen einzusetzen: "Wir wollen schwerst mögliche Sanktionen gegen Russland", sagte Martin.

Das Thema Hunger dürfte Selenskyj in seiner Ansprache an die irischen Parlamentarier nicht zufällig ausgewählt haben. Irland litt im 19. Jahrhundert unter einer katastrophalen Hungersnot, die zum Tod von etwa einer Million Menschen führte und mehrere Millionen zur Auswanderung bewog. Die unangemessene Reaktion der Regierung in London führte zu Widerstand gegen die britischen Herrschaft in dem Land.

+++ 27 russische Angriffe in der Nacht auf Charkiw +++

Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist nach Behördenangaben in der Nacht wieder Ziel zahlreicher Attacken der russischen Streitkräfte gewesen. Es habe 27 Angriffe mit verschiedenen Waffen gegeben, schrieb der Gouverneur des gleichnamigen Gebiets, Oleh Synjehubow, am Mittwoch im Nachrichtendienst Telegram. "Der Feind will uns demoralisieren und führt weiterhin chaotische Schläge gegen die zivile Infrastruktur aus." Die zweitgrößte Stadt des Landes steht seit Kriegsbeginn am 24. Februar fast ununterbrochen unter Beschuss.

Synjehubow teilte auch mit, dass bei der Stadt Isjum gekämpft werde. "Unsere Streitkräfte halten die Stellungen. (...) Die Russen versuchen durchzubrechen, aber sie scheitern und erleiden stattdessen schwere Verluste." Der ukrainische Generalstab schätzt, dass seit Beginn der Invasion insgesamt etwa 18 600 russische Soldaten getötet wurden. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen. Russland hatte als letzte Zahl 1351 getötete Soldaten genannt.

+++ Baerbock will mehr gegen russische Desinformation unternehmen +++

Außenministerin Annalena Baerbock will angesichts des Kriegs in der Ukraine die Anstrengungen gegen Desinformationskampagnen aus Russland verstärken. Deutschland wolle dabei eng mit den anderen großen Industrienationen der G7 zusammenarbeiten, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch bei einer Fachkonferenz im Auswärtigen Amt. Die Gruppe der Sieben (G7) umfasst auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und die USA.

Baerbock verwies auf ein Forum ("G7 Rapid Response Mechanism"), in dem Experten Bedrohungen durch Desinformation im Blick haben und an Gegenmaßnahmen arbeiten. Wichtig seien auch die Unterstützung unabhängiger Forschung sowie Initiativen, die Fakten überprüfen. Das Vorgehen gegen Desinformation sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.

"Es ist das ukrainische Volk, das angegriffen wird. Ihr Leben, ihre Städte, ihre Dörfer. Aber auch die Wahrheit wird angegriffen", sagte Baerbock zur Eröffnung der Konferenz in englischer Sprache. "Während russische Panzer ukrainische Städte zerstören, zensiert die Kreml-Propagandamaschine Nachrichten, beschränkt den Zugang zu sozialen Medien, verbreitet Desinformation und bestraft diejenigen, die sich noch trauen die Wahrheit in dem Mund zu nehmen."

Keine Gesellschaft sei gegen Desinformation immun, sagte Baerbock. Es drohe ein Vertrauensverlust in öffentliche Institutionen, Schaden für den freien Diskurs und eine Polarisierung der Gesellschaft. "Es bedroht unsere Demokratien. Und Desinformation erschwert es auch, die globalen Herausforderungen anzugehen, denen wir uns stellen müssen."

+++ Griechenland weist zwölf russische Diplomaten aus +++

Nach mehreren anderen europäischen Ländern weist auch Griechenland eine Reihe von russischen Diplomaten aus. Das Außenministerium in Athen erklärte am Mittwoch zwölf Diplomaten zu unerwünschten Personen. Damit müssen sie Griechenland verlassen. Wie andere EU-Mitglieder verwies die Regierung in Athen in diesem Zusammenhang auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Bundesregierung hatte am Montag 40 russische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt.

+++ Keine Stellungnahme geplant: Angela Merkel schweigt zu Russland-Politik +++

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant derzeit trotz wiederholter Aufforderungen keine weiteren öffentlichen Äußerungen zu ihrer Russlandpolitik. Die bisherigen schriftlichen Stellungnahmen Merkels in diesem Zusammenhang "haben unverändert Gültigkeit. Deshalb ist eine darüber hinausgehende öffentliche Äußerung der Bundeskanzlerin a.D. derzeit nicht geplant", teilte eine Sprecherin Merkels der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Mittwoch auf Anfrage mit.

Zugleich erklärte die Sprecherin, die Rückkehr Merkels von einem privaten Italienaufenthalt sei für diesen Montag geplant. Weitere Informationen gab es nicht. Die Zeitung "La Nazione" hatte Fotos veröffentlicht, die die 67-jährige CDU-Politikerin in Florenz in der Toskana zeigten. Darauf zu sehen ist auch ihre Vertraute und Parteifreundin Annette Schavan, die frühere Botschafterin am Heiligen Stuhl und Ex-Bildungsministerin. Laut "La Nazione" hatte Merkel die Galleria dell'Accademia besucht, wo die berühmte Skulptur "David" von Michelangelo steht.

Merkel hatte den russischen Angriff auf die Ukraine am 25. Februar in einer schriftlichen Erklärung scharf verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Olaf Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen. "Dieser Angriffskrieg Russlands markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des Kalten Krieges", erklärte Merkel damals auf dpa-Anfrage. "Für diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts gibt es keinerlei Rechtfertigung, ich verurteile ihn auf das Schärfste." Sie betonte: "Meine Gedanken und meine Solidarität sind in diesen furchtbaren Stunden und Tagen beim ukrainischen Volk und bei der Regierung unter Führung von Präsident (Wolodymyr) Selenskyj".

Am vergangenen Montag stellte sich Merkel trotz massiver Kritik Selenskyjs hinter die Entscheidung, die Ukraine 2008 nicht in die Nato aufzunehmen. Merkels Sprecherin hatte in diesem Zusammenhang am Montag erklärt: "Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.."

+++ EU-Parlamentsvize Barley erwartet auch Importstopp für russisches Öl +++

EU-Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley erwartet nicht nur einen EU-Importstopp für Kohle, sondern auch für Öl aus Russland. Dies sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im "ZDF-Morgenmagazin". Auf die Frage, ob das von der EU-Kommission vorgeschlagene Embargo gegen russisches Kohle kommen werde, antwortete sie: "Ich bin sicher, dass er kommen wird und auf absehbare Zeit wahrscheinlich auch noch mehr." Sie fügte hinzu: "Öl wird auch, denke ich, relativ schnell kommen."

Ein Einfuhrstopp für russisches Gas wäre hingegen schwierig, sagte Barley. Damit hätte nicht nur Deutschland ein Problem, sondern auch andere Länder. Einige erwarteten dann, von Deutschland - der größten Volkswirtschaft der Europäischen Union - aufgefangen zu werden. "Das ist eine etwas schräge Diskussion", fügte Barley hinzu.

Die EU-Parlamentarierin erwartet auch weitere Waffenlieferungen aus der EU an die Ukraine. Entsprechende Listen würden nicht öffentlich kommuniziert. "Aber wichtig ist, es muss schnell gehen", sagte Barley. Die Ukraine brauche die Waffen jetzt.

Die EU-Kommission hatte am Dienstag einen Vorschlag für ein umfangreiches Paket mit neuen Russland-Sanktionen vorgestellt. Es enthält nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter anderem ein Importverbot für Kohle aus Russland, eine Hafensperre für russische Schiffe sowie weitere Handelsbeschränkungen.

Ob die Sanktionen wie vorgeschlagen verhängt werden, müssen die 27 EU-Staaten entscheiden. Am Vormittag treffen sich deren ständige Vertreter in Brüssel.

+++ Mehrere Flughäfen in Südrussland bleiben bis 13. April geschlossen +++

Wegen des Krieges in der Ukraine haben Russlands Behörden die Flugverbote im Süden des eigenen Landes zum siebten Mal verlängert - diesmal bis zum 13. April. Insgesamt elf Flughäfen blieben weiterhin gesperrt, darunter der im Schwarzmeer-Kurort Anapa, in Rostow am Don und in der Großstadt Krasnodar, teilte die Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Mittwoch mit. Auch die Flughäfen von Gelendschik, Woronesch sowie in Simferopol auf der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind demnach weiter von Luftraumbeschränkungen betroffen. Die Verbote, die eigentlich an diesem Donnerstag hätten enden sollen, gelten den Angaben zufolge bis 13. April, 2.45 Uhr MESZ.

In der bei Touristen beliebten Stadt Sotschi am Schwarzen Meer läuft der Flugbetrieb nach offiziellen Angaben weiter. Die Behörden empfahlen, für Reisen in die südlichen Regionen neben Sotschi die Flughäfen in Wolgograd und Mineralnyje Wody zu nutzen.

Russland hatte nach der Invasion in die Ukraine am 24. Februar mehrere südrussische Airports geschlossen und die Flugverbote immer wieder verlängert. Ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist bisher nicht in Sicht.

+++ Radfahrer abgeschossen! Zeitung veröffentlicht Schock-Videoaufnahme +++

Die "New York Times" veröffentlichte in der Nacht von ihr verifizierte Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende Februar - kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die Militärverwaltung von Homostel - eines Nachbarorts von Butscha - erklärte laut lokalen Medien, dort würden nach der russischen Besatzung rund 400 Bewohner vermisst. Mehrere Bewohner von Hostomel seien auch in Butscha gefunden worden.

Aus Sicht der US-Regierung sind die Gräueltaten von Butscha womöglich nur "die Spitze des Eisbergs". In Gebieten in der Ukraine, zu denen es noch keinen Zugang gebe, hätten russische Truppen "wahrscheinlich auch Gräueltaten begangen", sagte Regierungssprecherin Jen Psaki.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Staatsoberhaupt Selenskyj Unterstützung für die Aufklärung der Gräueltaten zu, unter anderem in Form einer Sonderzahlung an den Internationalen Strafgerichtshof. In dem Telefonat redeten die beiden Präsidenten auch über Vergewaltigungen, die russische Soldaten in der Ukraine begangen haben sollen, wie es aus der französischen Regierung hieß.

+++ Wieder Explosionen in Lwiw +++

Selenskyj sagte einer in der Nacht verbreiteten Videobotschaft, die ukrainischen Streitkräfte hielten die meisten Gebiete, in die Russland versucht habe vorzudringen. Am schwierigsten sei die Lage im Donbass und im Gebiet Charkiw im Osten des Landes. Russland sei zudem dabei, mehr Truppen für eine neue Offensive in die Ukraine zu schicken. Ukrainische Medien berichteten in der Nacht über Explosionen in den Gebieten Lwiw (Lemberg) im Westen und Dnipropetrowsk im Südosten des Landes. Informationen über Opfer oder Schäden gab es aber vorerst nicht.

Am Dienstag war es nach Angaben aus Kiew gelungen, 3.800 Menschen aus umkämpften Gebieten zu retten, darunter rund 2.200 Menschen aus der größtenteils zerstörten Stadt Mariupol und dem nahen Berdjansk. Das russische Verteidigungsministerium meldete laut Agentur Tass, binnen 24 Stunden seien mehr als 18.600 Menschen aus "gefährlichen Bezirken" der Ukraine, der Region Luhansk und Donezk gerettet worden. Zugleich kündigte das Verteidigungsministerium weitere Gefechte um Mariupol an, da die Ukraine Aufforderungen zum Abzug ignoriere.

+++ Lawrow warnt vor Sabotage der Verhandlungen mit Russland +++

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte die Ukraine vor einer Sabotage der Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew für eine Ende der Kämpfe. Russland werde sich nicht auf ein "Katz-und-Maus-Spiel" einlassen wie in den vergangenen Jahren bei dem Friedensplan für die Ostukraine, sagte Lawrow in einem von seinem Ministerium verbreiteten Video. Er meinte zudem, die Lage in Butscha werde benutzt, um von den Verhandlungen abzulenken.

+++ USA: Werden alle Investitionen in Russland verbieten +++

Der Westen bereitet wegen der Kriegsgräuel neue Strafmaßnahmen gegen Moskau vor. US-Regierungssprecherin Psaki sprach nicht nur von einem Verbot aller neuen Investitionen in Russland. Zudem sollen bestehende Sanktionen gegen russische Banken und staatliche Unternehmen verschärft und weitere Personen aus der russischen Führung und deren Familienmitglieder mit Strafmaßnahmen belegt werden. Die Sanktionen würden in enger Abstimmung mit den Partnern in Europa und den übrigen Staaten der G7-Gruppe eingeführt.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch erstmals auch einen Importstopp für russische Kohle vorgeschlagen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck signalisierte Zustimmung, obwohl sich Deutschland bisher aus Furcht vor wirtschaftlichen Turbulenzen gegen ein sofortiges Embargo gegen russische Energieimporte gewandt hatte.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie stellte sich hinter neue Sanktionspläne. "Die Gräueltaten in Butscha verlangen nach einer entschiedenen, unmissverständlichen Reaktion des Westens", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm der Deutschen Presse-Agentur. Die Umsetzung eines Kohleembargos sei aber nicht einfach.

+++ Klingbeil: Weitere Waffenlieferungen an Ukraine prüfen +++

SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich für ein Kohleembargo aus und kündigte an, die Bundesregierung werde auch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine prüfen. "Wir haben gerade in diesen Tagen gesehen, was Putin für ein furchtbarer Kriegsverbrecher ist, das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben", sagte Klingbeil in der Sendung "RTL Direkt" am Dienstagabend. Es müsse in großem Tempo geprüft werden, was noch geliefert werden könne.

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/news.de/dpa

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