Von news.de-Redakteur Michael Heinrich - Uhr

Reiner Calmund: "Ich war ein Hungerhaken"

Halb drei. Reiner Calmund sitzt als einziger Gast im Restaurant und lässt die Kellner rotieren. Gerade hat sich der ehemalige Bundesligamanager ein Mittagessen bestellt. Das passt gut, denn news.de spricht mit dem 60-Jährigen über gutes Essen, Fitnesswahn und ein Comeback im Fußball.

Ex-Fußballmanager Reiner Calmund nimmt gerade öffentlich ab. (Foto) Suche
Ex-Fußballmanager Reiner Calmund nimmt gerade öffentlich ab. Bild: Vox

Was bedeutet für Sie gutes Essen?

Calmund: Sehr viel, es kommt gleich nach der Familie. Dass Essen für mich mehr ist, als erforderliche Nahrungsaufnahme, wissen auch die Köche. Bei mir im Bergischen Land gibt es ein paar Sterneköche, und die meinen es immer zu gut mit mir. Damit will ich nicht sagen, dass es immer große Küche sein muss. Ich mag genauso den Grill an der Ecke. Mit guten Freunden eine Frikadelle essen, ist mir sogar zehnmal lieber als ein Gourmettempel.

Und warum verzichten Sie darauf?

Calmund: Für mein Projekt Iron Calli habe ich mir das Ziel gesetzt, gesünder zu leben, 30 Kilogramm abzunehmen und am Ende einen Halbmarathon zu gehen. Dass ich dabei nicht vorne bei den Gazellen bin, ist klar, aber ich will ankommen. Ich habe ein großes Team hinter mir, das mir hilft. Jetzt, wo ich im Fernsehen vor der Öffentlichkeit auf die Waage steige, bin ich verpflichtet, das Programm durchzuhalten. Das Gewicht geht kontinuierlich nach unten: Ich bin schon bei 137 Kilogramm.

Hat Sie etwa der Fitnesswahn angesteckt?

Calmund: Meinem Trainer Joey Kelly will ich nicht nacheifern, das nicht. Aber ich bin früher manchmal selbst erschrocken, wenn ich mich im Fernsehen gesehen habe. Aus zehn Diäten, die ich vorher schon gemacht habe, weiß ich, dass es auf Dauer nicht gesund ist, so dick zu sein. Ich habe mir bestimmt tausend Mal gesagt, nächste Woche fängst du an. Doch der kleine Schweinehund in mir hat es genauso oft verhindert.

In einer Welt der Bulemiekranken waren Sie stets eine Art Gegenentwurf, nämlich der des Genussmenschen. Verlieren die Gourmets ihre Gallionsfigur?

Calmund: (lacht) So ganz verzichte ich ja nicht auf Genuss, ich mache nur Trennkost und achte darauf, was ich esse. Heute ist Eiweiß dran. Das geht auch in Restaurants. Egal, wo ich bin, ich weiß, wo es Leckeres zu essen gibt. Ich könnte einen fantastischen Restaurantführer schreiben – für Deutschland und die Welt. Das werden dann aber zehn Bände.

Wären Sie früher gerne schlank gewesen?

Calmund: Früher war ich das. Im Ernst, ich war ein Hungerhaken mit sieben Jahren. In meiner Sturm- und Drangzeit, mit 18, war ich ein austrainierter Adonis – doch dann ging es los.

Wann kam die Erkenntnis, ein gesundes Leben anzustreben?

Calmund: Das war kurz vor meinem 60. Geburtstag, während der Fußball-Europameisterschaft 2008. Ich bin ein Stressfresser. Außerdem liebe ich die österreichische Küche, und erst all die süßen Köstlichkeiten wie Palatschinken. Mein großer Tag war das Halbfinale Russland gegen Spanien. Drei Banquets standen vor dem Spiel auf meinem Weg, und bei allen dreien war ich in der Spitzengruppe. Es gab spanische und russische Spezialitäten – es war ein Augenschmaus wie aus dem Märchenland. Vor Begeisterung konnte ich nicht aufhören zu essen. Alles musste probiert werden. Selbst meine Frau, die mich sonst immer bremst, war vom Büfett begeistert, also kam aus der Ecke auch nichts. Doch dann kam mein 60. Geburtstag, und ich wog 163 Kilogramm.

Sie vergleichen Ihr Leben gerne mit einem Fußballspiel, demnach sind Sie mit 60 Jahren in der 60. Minute. Gab es denn schon Verwarnungen?

Calmund: Ich habe keine aktuellen Probleme und meine Werte sind besser als man denkt. Ich bin auch einer der schnell zum Arzt rennt, um alle Risiken auszuschließen. Bei meiner Eingangsuntersuchung für Iron Calli an der Sporthochschule Köln waren die Mediziner fast beleidigt, weil meine Werte so gut waren: Puls, Blutdruck – alles in der Norm. Aber ich bin mir bewusst, dass ab 60 der Gesundheitszustand schnell umkippen kann. Ich bin jetzt in der 60. Minute und ich möchte möglichst noch eine kleine Verlängerung.

Eigentlich sitzen Sie vielmehr auf der Bank. Können Sie sich eine Rückkehr als Bundesligamanager vorstellen?

Calmund: Ich würde vielleicht irgendwo einspringen, wo es brennt, und helfen, den Verein zu konsolidieren – aber nur befristet. Danach muss ein Junger wieder die Führung übernehmen. Die neue Generation ist längst da – ob jetzt Dietmar Beiersdorfer, Klaus Allofs oder Horst Heldt - und siehe da, ohne uns Alte läuft es hervorragend. Das Leben geht immer weiter.

Reiner Calmund (60) war bis 2004 Geschäftsführer bei Bayer 04 Leverkusen, tritt seit 2007 als Jury-Mitglied in der Vox-Kochshow Die Kocharena auf und ist seit Sommer 2008 bei Stern TV (RTL) bei der Aktion Iron Calli zu sehen. Dabei will Calmund von 163 Kilo innerhalb eines Jahres 30 Kilo absprecken (mehr Infos: www.ironcalli.de). News.de präsentiert jeden Freitag Calmunds Videoblog Calli-tv, in dem er wöchentlich seine Einschätzungen zum aktuellen Bundesligaspieltag und anderen Fußballereignissen abgibt.

ruk

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