Von news.de-Redakteurin Katharina Peter - Uhr

Männerhaus: In ständiger Angst vor der eigenen Frau

Um Gewalt im eigenen Zuhause zu entschärfen, hilft oft schon räumlicher Abstand. Frauen können in fast jeder Stadt an die Tür eines Frauenhauses klopfen. Für geprügelte Männer gibt es kaum Anlaufstellen. In Berlin steht das einzige Männerhaus.

Im Berliner Männerhaus finden betroffene Männer Zuflucht und Hilfe. (Foto) Suche
Im Berliner Männerhaus finden betroffene Männer Zuflucht und Hilfe. Bild: news.de

In Berlin hat Peter Thiel 2002 mit ehrenamtlichen Helfern ein Männerhaus aufgezogen. Das bisher einzige seiner Art. Der Bedarf ist groß. Weil verzweifelte Männer, die sich entschlossen haben Hilfe zu suchen, nicht wissen wohin, stehen sie auch oft bei Frauenhäusern vor der Tür. «Ich werde häufig von Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser angerufen», sagt Thiel.

Wenn Platz im Männerhaus – einem Einfamilienhaus – ist, nimmt Thiel die Hilfesuchenden direkt auf. Doch oft genug kommt es vor, dass der Sozialarbeiter die Männer abweisen muss und sie auch nicht weiter vermitteln kann. «Es ist tragisch, wenn man dann mitansehen muss, wie Leute vor die Hunde gehen», sagt Thiel.

Trotz des deutlich sichtbaren Bedarfs und der Besonderheit des Projekts hat Thiel Schwierigkeiten, das Projekt weiterhin zu finanzieren und Fördergelder zu bekommen. Das Haus steht immer wieder auf der Kippe.

Aufgrund seiner Erfahrung ist Thiel fest davon überzeugt, dass Einrichtungen wie das Männerhaus in ganz Deutschland benötigt werden. «Der Bedarf ist da», ist er überzeugt. Er werde immer wieder mit dem Argument angegriffen, dass in den Statistiken keine Männer als Opfer von häuslicher Gewalt auftauchen. Also gebe es keine Opfer. «Das ist Blödsinn», regt sich Thiel auf. «Wenn es keine Männerhäuser gibt, dann gibt es auch keine Männer, die sich outen.»

Auch Soziologe Ludger Jungnitz, der an der Pilotstudie Gewalt gegen Männer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgearbeitet hat, spricht sich für Männerhaus-Einrichtungen aus. «Das würde das Problem endlich sichtbarer machen und enttabuisieren», sagt Jungnitz. Auch wäre das ein Zeichen für die Betroffenen, dass sie Hilfe annehmen dürfen und nicht alleine damit klar kommen müssen.

In dem Haus in Berlin können vier Männer aufgenommen werden. Gefährliche Übergriffe von wütenden verlassenen Frauen habe es zwar noch nicht gegeben, berichtet Thiel, aber mit Stalking und zerstochenen Reifen sah sich das Männerhaus-Team schon öfters konfrontiert. Gefährlich werde es meist dann, wenn die Täterin mit einem neuen Liebhaber auftauche, sagt Thiel. «Der versucht sich dann als Retter der Frau zu etablieren.» Die Gewalt trifft dann erneut die ins Männerhaus Geflüchteten.

Wie der Verein Männerwohnhilfe in Oldenburg das Problem angeht

In Oldenburg gibt es seit sechs Jahren ebenfalls einen Ort, an den Männer flüchten können. Der Verein Männerwohnhilfe hält, zum Teil gesponsert von der Siedlungsgesellschaft der Stadt, eine Dreizimmerwohnung bereit. Nur die Nebenkosten müssen selbst bezahlt werden. «Wir sind fast immer belegt, haben lange Wartelisten und müssen auch häufig schon Hilfesuchende abweisen», sagt Rolf Weinert, der sich seit Jahren in dem Verein engagiert.

Der Verein kann rund um die Uhr über ein Notfalltelefon erreicht werden. Weinert mag es nicht, wenn man den Betroffenen die Rolle des Opfers zuschreiben will. «Das hilft doch keinem», sagt er. Männer, die Hilfe brauchen, würde diese Definition ihrer Situation eher abschrecken. Sie wollen sich nicht in der Opferrolle sehen. Stattdessen müsse man Netzwerke und Anlaufstellen schaffen, um Hilfestellung anzubieten. Dann können die Betroffenen sich selbst aus der belastenden Situation einer gewalttätigen Beziehung befreien.

Weinert arbeitet auch im Arbeitskreis für Häusliche Gewalt von Oldenburg mit. «Ich bin dort der einzige Mann», erzählt er. Wenn er mit den Frauen von Staatsanwaltschaft, Polizei und der Gleichstellungsberauftragten der Stadt über Gewalt gegen Männer sprechen will, dann stoße er auf viel Widerstand und Ignoranz. Das Thema Häusliche Gewalt werde in dem Kreis ausschließlich aus der Sicht «Frau als Opfer» diskutiert.

Dennoch hat sich der Verein Männerwohnhilfe etabliert. Das Thema wird wahrgenommen. Verschiedene Stellen, wie Opferberatung oder Polizei würden sich bereits mit den Ehrenamtlichen vernetzen und hilfesuchende Männer an sie weiterleiten, erzählt Weinert zufrieden.

Männer bleiben oft in gewalttätigen Beziehungen, sagt ein Betroffener aus Oldenburg, weil sie zum einen emotional abhängig sind, sich aber auch als Retter ihrer Partnerin verstehen. «Ich habe in der Zeit Tagebuch geführt und Jahre später als ich mich endlich gelöst und sie bei der Polizei angezeigt hatte, habe ich die Notizen wieder gelesen», erzählt der Mann. «Ich habe damals immer geglaubt, dass ich mit der Situation fertig werde und ihr helfen kann.» Immer wieder habe er alle Messer im Haus verstecken müssen, weil er bei Wutausbrüchen seiner Freundin um sein Leben Angst haben musste, erzählt der Oldenburger. «Ich musste ständig mit Attacken rechnen.»

Wer sich beim Wohnhilfeverein in Oldenburg meldet, der muss nicht über die erfahrene Gewalt reden oder nachweisen, dass er bedroht ist. «Uns reicht es, wenn jemand um Hilfe bittet», sagt Rolf Weinert. «Wir thematisieren das nicht, sondern unterstützen die Männer durch den Wohnraum.» Von dort aus können die Männer dann ihre Situation ganz in Ruhe angehen.

www.maennerwohnhilfe.de

www.maennerberatung.de/maennerhaus.htm.

www.maennerbuero-trier.de

car

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