Wladimir Putin: Fehler der Ukraine nicht wiederholen - Kuleba warnt Nato und Europa

Der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warnt Europa und die Nato vor einem möglichen Angriff aus Russland. Aufgrund der "Kriegsgefahr", sollten sie aus den Fehlern der Ukraine lernen.

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Der frühere ukrainische Außenminister Kuleba warnt vor einem möglichen russischen Angriff auf Nato-Gebiet. (Foto) Suche
Der frühere ukrainische Außenminister Kuleba warnt vor einem möglichen russischen Angriff auf Nato-Gebiet. Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | Gavriil Grigorov
  • Der ehemalige Außenminister der Ukraine warnt vor einem möglichen russischen Angriff auf Nato-Gebiet
  • Dmytro Kuleba plädiert: Europa soll nicht dieselben Fehler wie die Ukraine machen
  • Mutmaßliche Angriffspläne seien Teil von Wladimir Putins Strategie

Der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warnt eindringlich vor einem möglichen russischen Angriff auf NATO-Territorium. In einem Interview mit dem britischen Nachrichtenportal "Metro" erklärte er, dass britische Mütter bald vor einer unvorstellbaren Entscheidung stehen könnten: ihre Söhne in den Krieg gegen russische Soldaten zu schicken – oder das Ende der NATO zu riskieren.

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Dmytro Kuleba warnt Nato vor Putin-Angriff

"Putin könnte bald in NATO-Territorium einmarschieren", sagte Kuleba. Die entscheidende Frage sei dann, ob die NATO eine Division zur Verteidigung entsenden werde.Die Herausforderung für das Bündnis wäre gewaltig: Schon die Diskussion über eine Reaktion gemäß Artikel 5 könnte laut Kuleba die Geschlossenheit der NATO gefährden. Auch die EU sei – seiner Einschätzung nach – derzeit nicht in der Lage, geeint auf einen solchen Angriff zu reagieren.

"Viele Leute glauben, dass der wahre Test für die Nato darin besteht, ob die USA für Europa kämpfen werden." Der wirkliche Test werde aber ein anderer sein. Nämlich der, "ob britische Mütter tatsächlich akzeptieren werden, dass ihre Söhne für Finnland oder Estland oder Polen sterben müssen. Wenn sie das nicht tun, gibt es keine Nato.

Putins Strategie gegen die NATO

Kuleba sieht in einem möglichen Angriff auf NATO-Gebiet eine bewusste Strategie des Kremls. Präsident Putin verfolge das Ziel, sowohl die NATO als auch die EU zu schwächen oder zu zerstören. "Putin hasst die Ukraine – aber er verachtet Europa zutiefst. Das ist seine tiefste Überzeugung", erklärte Kuleba.

Auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte warnte kürzlich, dass Russland innerhalb der nächsten fünf Jahre bereit sein könnte, das Bündnis militärisch herauszufordern. Er forderte einen "Quantensprung" bei Verteidigungsausgaben und industrieller Mobilisierung.

Selenskyj warnt vor Russland-Eroberung bis nach Rumänien

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirft Russland ebenfalls vor, vor der ukrainischen Grenze nicht Halt machen zu wollen. Er hat Russland vorgeworfen, weitreichendere Eroberungspläne zu verfolgen, als offiziell bekannt. "Die russischen Militärpläne zielen auf diese Region - Odessa - und dann auf die Grenzen zu Moldawien und Rumänien", sagte Selenskyj bei einem Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs aus Südosteuropa in Odessa. Russland strebe danach, in der Region Chaos zu säen, um Europa insgesamt zu schwächen. Laut Selenskyj sind die Interessen des Kremls nicht auf die Ukraine begrenzt. So schüre Russland ethnische Konflikte auf dem Balkan, habe sich in die Wahlen eingemischt und plane, die Kontrolle über die Ex-Sowjetrepublik Moldau wiederherzustellen. Wenn bei der Parlamentswahl in Moldau im September Europa Russland unterliege, werde dies Moskau ermutigen, sich noch stärker in die Angelegenheiten anderer europäischer Staaten einzumischen, warnte Selenskyj.

Ex-Außenminister der Ukraine warnt vor Wiederholung der Geschichte

Kuleba zieht beunruhigende Parallelen zur Appeasement-Politik vor dem Zweiten Weltkrieg. Er erinnerte an die westeuropäische Debatte über die Verteidigung Danzigs 1939: "Warum für Danzig kämpfen? Lasst es uns Hitler geben, es ist nur eine Stadt in Polen. Warum sollten wir dafür sterben?" Genau diese Frage werde Putin der NATO stellen, warnte Kuleba. 

Russlands Kriegsmaschinerie läuft auf Hochtouren

Russlands militärische Mobilmachung schreitet unvermindert voran: Am 1. April begann die größte Rekrutierungskampagne seit Kriegsbeginn – mit dem Ziel, 160.000 neue Soldaten einzuziehen. Auch die Drohnenproduktion wurde massiv ausgebaut. Trotz einer geschätzten Zahl von einer Million getöteten oder verwundeten russischen Soldaten seit Februar 2022 zeigt Putin laut Kuleba keine Anzeichen eines Rückzugs.

 

Europa sollte Lehren aus der Ukraine ziehen: Putin unterschätzt

Kuleba räumt ein, dass die Ukraine vor Kriegsbeginn denselben Fehler gemacht habe, den Europa heute wiederhole: Sie unterschätzte Putins Entschlossenheit. "Der größte Fehler der Ukraine war, dass wir nicht glaubten, dass uns das in diesem Ausmaß passieren könnte", sagte Kuleba. Auch er selbst habe geglaubt, Putin werde sich nach 10.000 oder 20.000 gefallenen Soldaten zurückziehen. Heute beobachte er ein ähnliches Verhalten in Europa: Die Vorstellung, Putin würde nicht wagen, ein NATO-Land anzugreifen, sei eine gefährliche Illusion.

 

Kuleba richtet Appell an Europa

Kuleba fordert Europa auf, sich nicht nur auf Waffenlieferungen zu konzentrieren, sondern vor allem den "Willen zur Selbstverteidigung" zu entwickeln. Zwar gebe Europa bereits viel Geld für Rüstung aus, doch das Tempo sei unzureichend. "Die entscheidende Frage ist: Wer sagt den Wählern die Wahrheit über die reale Kriegsgefahr", fragt er sich.

Diese Ehrlichkeit sei wichtiger als alles andere. Er warnte eindringlich davor, die Fehler der Ukraine zu wiederholen. Wenn die Ukraine Ziele tief in Russland treffen könne, sei es naiv zu glauben, Russland könne nicht jedes Infrastrukturobjekt in Europa angreifen.

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