Ukraine-Krieg aktuell: Kühllaster voller Leichen - Putins Krieg fordert massive Opfer
Kühllaster mit Hunderten Leichen stehen an der belarussischen Grenze, während in ukrainischen Forensiklaboren Pathologen verzweifelt versuchen, zerstückelte Körperteile zu identifizieren. Eine erschreckende Bilanz.
Erstellt von Ines Fedder - Uhr
Suche
- Tägliche Verluste in der Ukraine: Zehntausende Soldaten gelten noch als vermisst
- Kühllaster und provisorische Gräber erschweren die Identifizierung der Kriegsopfer
- Ungleichgewicht beim Austausch: Russland übergibt tausende ukrainische Leichen
Täglich fallen Dutzende Soldaten an der Front in der Ukraine. Die Soldatenfriedhöfe beider Länder wachsen unaufhörlich. In Lwiw findet durchschnittlich eine Militärbeerdigung pro Tag statt, während der Platz auf dem Lytschakiwskyj-Friedhof zur Neige geht. Satellitenaufnahmen des Dienstes Maxar zeigen, dass sich russische Gräberfelder seit Oktober 2021 teilweise verdoppelt haben, berichtet unter anderem "ntv"in einem aktuellen Bericht.
Die genauen Verlustzahlen bleiben im Nebel des Krieges verborgen. Sicherheitsexperte Wolfgang Richter schätzt imntv-Podcast "Wieder was gelernt" die russischen Verluste auf 200.000 Gefallene, während auf ukrainischer Seite zwischen 100.000 und 120.000 Soldaten ihr Leben verloren haben könnten. Das unabhängige Portal Mediazona konnte bisher 132.600 russische Kriegstote namentlich bestätigen. Schätzungen zufolge starben über 80.000 ukrainische Soldaten, weitere 80.000 gelten als vermisst. Die Zivilbevölkerung der Ukraine beklagt laut UN fast 13.900 Todesopfer.
Trotz verhärteter Fronten im Ukraine-Krieg aktuell: Kriegsparteien halten sich an Totenprotokoll
Trotz massiver Kriegsverbrechen und Brutalität befolgen beide Seiten die internationalen Vorgaben für den Umgang mit Gefallenen. "Sie halten sich in der Regel an das, was da vereinbart worden ist. Sie registrieren Tote, bestatten sie würdig oder auch provisorisch", bestätigt Verteidigungsexperte Wolfgang Richter bei "Wieder was gelernt". Die Armeen tauschen Listen aus und organisieren Übergaben der Verstorbenen.
Jede Kriegspartei trägt Verantwortung für die eigenen und die gegnerischen Gefallenen. Spezialisierte Gräberregistrierungstrupps dokumentieren die Toten anhand ihrer Erkennungsmarken. Sie erfassen Namen, Geburtsdaten und militärische Registrierungsnummern in Datenbanken. Der Bestattungsort wird genau vermerkt. Eine Hälfte der Erkennungsmarke wird für die spätere Übergabe an die Gegenseite aufbewahrt.
Bei Gebietsverlusten geht die Verantwortung für die Gefallenen auf die vorrückende Armee über. Diese Situation trat im Ukraine-Krieg bereits mehrfach ein.
Kühllaster und provisorische Gräber - Wladimir Putin steht vor Herausforderung
Die Bergung und der Transport von Gefallenen stellen enorme logistische Herausforderungen dar. Bei gefährlichen Kampfhandlungen müssen Soldaten oft provisorisch beerdigt werden. Die Gräberregistrierungstrupps dokumentieren diese vorläufigen Grabstätten, um die Leichen später in ruhigeren Phasen zu exhumieren und in ihre Heimatorte zu überführen.
Besonders bei hohen Temperaturen wird der Transport zur Zerreißprobe. Spezielle Kühlfahrzeuge müssen die Verstorbenen über lange Strecken transportieren. Im Juni veröffentlichte Russland Aufnahmen von Kühllastern an der belarussischen Grenze mit Hunderten ukrainischen Gefallenen. Die Ukraine hatte diese nicht abgeholt, da Moskau den Übergabetermin einseitig festgelegt hatte.
Zeitdruck verschärft die Situation: Verzögerungen können zum Ausfall der Kühlung führen. Die schiere Menge der Toten überfordert die vorhandenen Kapazitäten beider Seiten.
Forensiker am Limit
In 18 spezialisierten ukrainischen Laboren läuft die Identifizierung der Kriegsopfer auf Hochtouren. Die Pathologen stehen vor gewaltigen Herausforderungen: Leichensäcke enthalten häufig Körperteile verschiedener Menschen, viele Überreste befinden sich in katastrophalem Zustand. "Eine neue Herausforderung", nennt Ruslan Abbasow vom wissenschaftlichen forensischen Dienst der Ukraine die explodierende Zahl der Toten, berichtet "ntv".
Die Experten setzen auf DNA-Analysen und Zahnuntersuchungen zur Identifizierung. Genetische Proben werden mit einer Datenbank abgeglichen, in der rund 100.000 Angehörige ukrainischer Soldaten ihre DNA hinterlegt haben. Auch persönliche Gegenstände der Opfer liefern verwertbare Spuren.
Die forensischen Einrichtungen erweitern kontinuierlich ihre Kapazitäten. Suchtrupps durchkämmen ehemalige Kampfgebiete nach Leichenteilen. Jeder Fund bedeutet neue Arbeit für die überlasteten Labore.
Massiver Austausch trotz Ungleichgewicht
Russland übergab im September 1000 Leichen mutmaßlich ukrainischer Soldaten an Kiew. Im Gegenzug erhielt Moskau lediglich 24 gefallene Soldaten zurück. Die Gesamtbilanz zeigt ein deutliches Missverhältnis: Über 12.000 ukrainische Gefallene wurden von Russland zurückgegeben, während die Ukraine nur mehrere Hundert russische Leichen überstellte.
Moskau plant die Rückführung von insgesamt 16.000 gefallenen Ukrainern. Das Ungleichgewicht erklärt sich nicht durch geringere russische Verluste. "Die Russen haben mehr Gelände gewonnen und damit in die Kontrolle von Gefallenen gekommen, während die Ukrainer schrittweise Gelände aufgeben mussten", analysiert Verteidigungsexperte Richter im Podcast die Situation.
Die Austauschaktionen folgen festgelegten Protokollen. Beide Seiten koordinieren Übergabeorte und -zeiten, wobei es immer wieder zu Verzögerungen und Unstimmigkeiten kommt.
Zehntausende liegen noch auf Schlachtfeldern
Die Zahl der Vermissten übersteigt alle Vorstellungen. Mehrere Zehntausend Soldaten beider Armeen gelten als verschollen, schätzt Sicherheitsexperte Richter. Das russische Online-Medium Verstka berichtet, dass Moskaus Streitkräfte zahlreiche Gefallene nicht vom Kampfgebiet bergen können. Ohne Leichnam erhalten Angehörige keine Sterbeurkunde und damit keine Entschädigung.
Ein gravierendes Problem erschwert die Identifizierung: Ukrainische Experten berichten, dass lediglich 10 bis 15 Prozent der russischen Gefallenen Erkennungsmarken und Papiere bei sich tragen. Vor Angriffen würden russischen Soldaten häufig Dokumente, Rangabzeichen und Namensschilder abgenommen.
Die stellvertretende russische Verteidigungsministerin Anna Ziwiljowa enthüllte in der Staatsduma versehentlich eine geheime Zahl: 48.000 Angehörige hätten Suchanfragen nach vermissten Soldaten gestellt. Diese Ziffer deutet auf die tatsächlichen russischen Verluste hin, da viele Gefallene offenbar als vermisst geführt werden.
Weitere News aus dem Ukraine-Krieg:
- Kreml-Chef am Tiefpunkt - Kurzarbeit und drohende Massenentlassungen
- Kreml-Chef prahlt mit neuer Super-Waffe - und wendet sich an Trump
- Grausamer Köder: Wie er seine Truppen in tödliche Einsätze lockt
- Darum sind wir Putins Drohnen-Angriffen fast hilflos ausgeliefert
- Putin-Anwalt auf mysteriöse Weise verstorben - Ermittlungen eingeleitet
Quellen:
- n-tv.de: Das passiert mit den Gefallenen im Ukraine-Krieg
- n-tv Podcast: Wieder was gelernt
ife/stg/news.de
Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.