Nach Friedrich Merz' Kampfansage: Das sagen Bundeswehr und Experten zum Abschuss der Putin-Drohnen

Gerade erst beteuerte Bundeskanzler Merz, weitere Nato-Luftraumverletzungen durch russische Drohnen nicht zuzulassen, da meldet sich eine prominente Bundeswehr-Stimme mit einem großen "Aber". Lassen sich Putins Drohnen nicht ohne Weiteres abschießen?

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Bundeswehr-Oberst Klaus Glaab hat Friedrich Merz' Beteuerungen, Luftraumverletzungen durch Russland nicht hinnehmen zu wollen, mit mahnenden Worten relativiert. (Foto) Suche
Bundeswehr-Oberst Klaus Glaab hat Friedrich Merz' Beteuerungen, Luftraumverletzungen durch Russland nicht hinnehmen zu wollen, mit mahnenden Worten relativiert. Bild: picture alliance/dpa | Martin Schutt
  • Wladimir Putin provoziert Nato-Staaten mit Luftraumverletzungen
  • Kann die Bundeswehr russische Drohnen nicht ohne Weiteres abschießen?
  • Bundeswehr-Oberst relativiert Bundeskanzler-Kampfansage zu Drohnenabschuss

Bundeskanzler Friedrich Merz hat nach den jüngsten russischen Luftraumverletzungen über EU- und Nato-Gebiet entschlossene Gegenmaßnahmen angekündigt. "Wir werden es nicht zulassen, dass diese Übergriffe weiter stattfinden", so der CDU-Politiker. "Und wir werden alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, wirksame Abschreckung auch gegen diese Luftraumverletzungen, gegen diese Übergriffe durch die russische Armee zu unterbinden", ergänzte der Bundeskanzlernach einem Treffen mit ostdeutschen Regierungschefs auf Schloss Ettersburg bei Weimar.

Friedrich Merz sagt Russland-Drohnen den Kampf an - Bundeswehr-Oberst widerspricht dem Kanzler

So entschlossen die Worte des Bundeskanzlers auch klingen mögen: Stimmen aus der Praxis relativieren Merz' Ansage. Militärexperten warnen eingehend vor den praktischen Schwierigkeiten bei der Drohnenabwehr. Oberst Klaus Glaab, Kommandeur des Landeskommandos Thüringen, bezeichnete das Abschießen von Drohnen als kaum durchführbar. Die Gefahr durch herabfallende Geschosse oder Trümmerteile für die Zivilbevölkerung sei zu groß, erklärte er gegenüber der "FAZ". Die hybride Bedrohung durch unbemannte Flugobjekte stufte der Bundeswehr-Offizier als äußerst hoch ein.

Drohen-Abschuss in Deutschland unmöglich? Bundeswehr-Oberst Klaus Glaab meldet Bedenken an

Die Verhältnismäßigkeit müsse bei der Drohnenbekämpfung stets gewahrt bleiben, betonte Oberst Glaab. "In die Luft zu schießen, verbietet sich im Grunde genommen, weil Projektile oder Teile davon außerhalb der Kaserne einschlagen können", zitierte ihn die "FAZ". Dies könne Menschenleben gefährden oder Sachschäden verursachen. Der Kommandeur des Landeskommandos Thüringen warnte eindringlich vor den Risiken für die kritische Infrastruktur. "Unsere gesamte kritische Infrastruktur kann ohne einen Panzer, ohne ein Flugzeug, ohne ein Schiff angegriffen werden", erklärte Glaab. Er rechne damit, dass Angriffe auf Infrastruktureinrichtungen in Zukunft zunehmen werden. Die technischen und rechtlichen Hürden beim Drohneneinsatz erschwerten eine effektive Verteidigung erheblich.

Wie kann die Bundeswehr Drohnen-Angriffe ohne Abschuss abwehren?

Die Bundeswehr demonstrierte bei der Militärübung "Red Storm Bravo" in Hamburg innovative Lösungen zur Drohnenbekämpfung. In der Reichspräsident-Ebert-Kaserne in Osdorf zeigten die Streitkräfte, wie Sensoren verdächtige Flugbewegungen erkennen und spezielle Abfangdrohnen aktivieren. Diese fangen feindliche Drohnen mit Netzen ein und setzen sie kontrolliert ab - ohne Gefahr durch herabfallende Trümmer.

Nach der Sicherung untersucht ein ferngesteuerter Roboter, der sogenannte "Drohnenhund", das eingefangene Flugobjekt. Er prüft, ob es sich um eine Aufklärungsdrohne handelt oder Sprengstoff an Bord ist. Die Technologie wurde an der Bundeswehr-Universität Hamburg entwickelt und wird von der niedersächsischen Firma Argus hergestellt. Diese Methode bietet eine sichere Alternative zum riskanten Abschuss über bewohnten Gebieten.

Während Putin provoziert: Rechtliches Chaos bremst deutsche Drohnenabwehr aus

Die Drohnenabwehr in Deutschland leidet unter einem zersplitterten Zuständigkeitssystem, kritisierte Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr München. Die fragmentierte Rechtslage führe zu Unsicherheit und bremse die Effektivität aus, erklärte die Expertin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Wörtlich sagte sie:

  • "Ein Abschuss ist rechtlich als letztes Mittel zulässig und muss verhältnismäßig sein, wenn also eine konkrete Gefahr für Menschen oder kritische Infrastruktur vorliegt und mildere Mittel nicht greifen."
  • "Deshalb wird der Abschuss in der Praxis fast nie eingesetzt. Auch in den aktuellen Vorkommnissen an den Flughäfen in Skandinavien war dies einer der Gründe, warum nicht abgeschossen wurde."

Technisch sei Deutschland nicht schlechter aufgestellt als andere europäische Staaten. Die heimische Start-up-Szene verfüge über innovative Lösungen, die stärker gefördert werden sollten. Jackson forderte vereinfachte Testmöglichkeiten für neue Systeme und gestraffte Beschaffungsprozesse bei den Sicherheitsbehörden. Der rechtliche Rahmen hinke jedoch der technologischen Entwicklung hinterher und stelle im internationalen Vergleich einen deutlichen Nachteil dar.

Nato kündigt Bedrohungsabwehr mit allen Mitteln an - wie ist die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland?

Die Nato kündigte nach einer Sondersitzung des Nato-Rats an, sämtliche erforderlichen militärischen und nichtmilitärischen Mittel zur Abwehr von Bedrohungen einzusetzen. US-Präsident Donald Trump sprach sich sogar für den Abschuss russischer Flugzeuge bei Luftraumverletzungen aus. Die Allianz reagierte damit auf mehrere Vorfälle in Polen, Estland, Rumänien und Dänemark, wo Drohnen den Flugverkehr am Kopenhagener Flughafen stundenlang lahmlegten.

Eine wichtige Gesetzesreform zur Drohnenabwehr scheiterte unterdessen am deutschen Regierungswechsel. Die frühere Ampel-Koalition hatte im Januar eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes beschlossen, die der Bundeswehr den Abschuss von Drohnen ermöglichen sollte. Die Vorlage wurde jedoch wegen der vorgezogenen Neuwahlen nicht mehr vom Parlament verabschiedet. Aktuell dürfen die Streitkräfte Luftfahrzeuge lediglich abdrängen, zur Landung zwingen oder Warnschüsse abgeben.

Auch diese Schlagzeilen zu Wladimir Putin und der aktuellen Nato-Bedrohung sind einen Blick wert:

/news.de/dpa/stg

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