Angela Merkel: Diese Fehler gesteht die Ex-Kanzlerin nach 16 Jahren im Amt ein
16 Jahre lang leitete Angela Merkel als Bundeskanzlerin die Geschicke der Regierung - nun schlug die Altkanzlerin überraschend selbstkritische Töne an und verriet, welche Fehler sie rückblickend eingestehen muss.
Erstellt von Claudia Löwe - Uhr
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- Angela Merkel übt Selbstkritik nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin
- Altkanzlerin gesteht Fehler ein bei Migration, Aufrüstung, Wehrpflicht
- Das hält Angela Merkel vom aktuellen Bundeskanzler Friedrich Merz
Der Berliner Admiralspalast war am Abend des 24. September 2025 bis auf den letzten Platz gefüllt, als die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel zum "Spiegel-Spitzengespräch" erschien. Für 30 Euro pro Ticket erlebten die Besucher eine Ex-Regierungschefin, die sich ungewohnt selbstkritisch präsentierte und Fehler in ihrer 16 Jahre währenden Kanzlerschaft einräumte, die manch Zuhörenden überrascht haben dürften.
Angela Merkel übt Selbstkritik zu 16 Jahren Kanzlerschaft
Im Gespräch mit Journalist Markus Feldenkirchen zeigte sich die 71-Jährige einem Bericht der "Bild" zufolge sortiert und scherzfreudig, aber auch nachdenklich. Ein deutlicher Kontrast zu ihren Memoiren "Freiheit", die vor knapp einem Jahr erschienen und Selbstkritik nur in minimalen Dosen enthielten. In der CDU bewerten manche dies als vertane Gelegenheit. Vier Jahre nach ihrem Abschied aus dem Kanzleramt scheint Merkel noch ihre Position in der Öffentlichkeit zu finden. Es wirkte bisweilen, als störe es sie, dass ihr viele die Schuld an aktuellen Problemen des Landes geben.
Ex-Bundeskanzlerin wird einsichtig: "Habe es nicht vermocht"
Bei der Aussetzung der Wehrpflicht räumte die Ex-Kanzlerin überraschend Versäumnisse ein. Sie trage die Verantwortung für diese aus heutiger Perspektive fehlerhafte Entscheidung. Angesichts der russischen Bedrohung halte sie Diskussionen über eine Wiedereinführung für "völlig legitim". Eine Behauptung des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, er habe unter ihrem Druck gehandelt, wies sie jedoch zurück.
Auch bei den Verteidigungsausgaben zeigte sich Angela Merkel rückblickend selbstkritisch. US-Präsident Donald Trump habe recht gehabt mit seiner Kritik am zu niedrigen Zwei-Prozent-Ziel. Sie habe sich zwar in die "richtige Richtung" bewegt, aber zu langsam. Mehr habe sie nicht "vermocht" und "auch nicht als so dringend empfunden". Beim Thema marode Infrastruktur verwies Merkel auf die damaligen Zwänge durch die Schuldenbremse. "Jetzt können Sie immer sagen, wir hätten mehr machen müssen", räumte sie ein.
So schätzt Angela Merkel ihre frühere Flüchtlingspolitik ein - und benennt AfD-Problem
Ihre Flüchtlingspolitik verteidigte Merkel weiterhin als richtig. Die Entscheidung, 2015 die Grenzen nicht zu schließen, entspreche ihren Wertvorstellungen. "Begegnen wir denen mit Würde oder setzen wir Wasserwerfer ein?", habe sie sich damals gefragt, als die Regierung von 800.000 erwarteten Flüchtlingen wusste.
Gleichzeitig räumte sie erstmals einen Zusammenhang mit dem AfD-Aufstieg ein. "Als ich aus dem Amt schied, lag die AfD bei 11 oder 12 Prozent", sagte sie. Ein Teil der späteren Zugewinne habe mit den Flüchtlingen zu tun. "Aber es muss noch andere Ursachen geben." Welche das seien, ließ sie offen. Zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren äußerte sich die Ex-Kanzlerin zurückhaltend. Sie konzentriere sich darauf, was Demokraten tun könnten, damit die AfD möglichst wenige Chancen habe.
Was hält Angela Merkel eigentlich von Kanzler-Nachfolger Friedrich Merz?
Für Überraschung sorgte indes Angela Merkels positive Bewertung der Außenpolitik ihres Nachfolgers Friedrich Merz. "Also als Staatsbürgerin finde ich es erstmal gut, was Friedrich Merz da gemacht hat", erklärte sie. Es sei "erleichternd", dass Deutschland wieder "mit Charme und Stimme" in Europa und der Welt auftrete. Ein Lob aus dem Mund der Ex-Kanzlerin, das angesichts des seit Jahren zerrütteten Verhältnisses zwischen Merkel und Merz bemerkenswert erscheint. Die Ex-Kanzlerin hatte Merz mehrfach öffentlich kritisiert, etwa für den gemeinsamen Migrationsbeschluss mit der AfD im Bundestag. Dass US-Präsident Trump den Bundeskanzler in seiner UN-Rede lobte, bewertete Merkel als wenig bedeutsam. Die Einschätzung Trumps über deutsche Regierungschefs sei für sie "nicht so relevant". Deutschland und Europa müssten einen eigenen Weg finden.
Was macht Angela Merkel heute nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin?
Vier Jahre nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft sucht Merkel offenbar noch ihre neue Position in der deutschen Öffentlichkeit. Angesichts ihrer anhaltenden Beliebtheit wäre eine Rolle als weiblicher Helmut Schmidt 2.0 denkbar - nur ohne Zigaretten, wie die "Bild" anmerkt. Der Auftritt im Admiralspalast wirkte wie ein Versuch, einige Dinge richtigzustellen. Die Ex-Kanzlerin scheint erklären zu wollen, warum sie in bestimmten Situationen ihre Entscheidungen traf. Offenbar stört es sie, dass viele ihr die Verantwortung für nahezu alle aktuellen Probleme des Landes zuschreiben. Mit ihrer ungewohnten Selbstkritik bei Verteidigung und Infrastruktur, aber auch dem überraschenden Lob für Merz deutet sich eine neue Positionierung an. Die Frage bleibt, welche Rolle die 71-Jährige künftig in der deutschen Politik spielen will.
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loc/news.de/dpa/stg
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