Angela Merkel: "Einfach nur beschämend!" Ex-Kanzlerin nach Interview attackiert

Angela Merkel hat sich in einem Gespräch mit der "Zeit" über ihre Kritik an Friedrich Merz, die Migrationspolitik während ihrer Amtszeit als Kanzlerin sowie das Erstarken der AfD geäußert. Einigen Beobachtern gefielen die Antworten gar nicht.

Erstellt von - Uhr

Altkanzlerin Angela Merkel hat sich im Gespräch mit der "Zeit" unter anderem für ihre Asylpolitik gerechtfertigt. (Foto) Suche
Altkanzlerin Angela Merkel hat sich im Gespräch mit der "Zeit" unter anderem für ihre Asylpolitik gerechtfertigt. Bild: picture alliance/dpa | Marcus Brandt
  • Angela Merkel im Gespräch bei "Eine Stunde Zeit mit"
  • Ex-Kanzlerin will sich nicht in aktuelle Politik einmischen
  • Merkel verteidigt ihre Migrationspolitik und weist Verantwortung für Erstarken der AfD von sich
  • Wütende Reaktionen im Netz nach Interview

Nachdem die CDU vergangene Wochen einen Antrag zur Verschärfung Migrationspolitik mit Hilfe von AfD-Stimmen durch den Bundestag brachte, hatte Altkanzlerin Angela Merkel ihren Parteikollegen Friedrich Merz kritisiert. Die Entscheidung des Unions-Kanzlerkandidaten in diesem Punkt gemeinsame Sache mit den Rechtspopulisten zu machen, betrachtete sie als falsch. Selbst innerhalb ihrer eigenen Partei machen viele aber auch Angela Merkel für eine fehlgeleitete Migrationspolitik während ihrer Zeit als Kanzlerin verantwortlich, in deren Folge die AfD erstarkte. Im Gespräch "Eine Stunde Zeit mit" in Hamburg am Mittwochabend, 5. Februar, vermied sie ein eigenes Schuldeingeständnis. Außerdem machte die Ex-Kanzlerin keine konkreten Vorschläge für Deutschlands Zukunft.

Lesen Sie auch:

Angela Merkel will sich in "Zeit"-Gespräch nicht in aktuelle Politik einmischen

Angesprochen darauf, was sie nach tödlichen Messerattacken durch Migranten wie in Solingen, Mannheim oder Aschaffenburg getan hätte, wenn sie noch im Amt wäre, sagte Angela Merkel, dass sie nicht zur aktuellen Politik Stellung nehmen möchte. "Das ist ihnen aber nicht gelungen letzte Woche", grätschte "Zeit"-Journalist Roman Pletter mit Blick auf Merkels Kritik an Friedrich Merz dazwischen. "Ich mische mich nicht in alles ein, was ich höre, sondern es ging hier um etwas Grundsätzliches", rechtfertigte sich die Altkanzlerin. "Auch zu meiner Zeit gab es ja schreckliche Attentate. Und natürlich haben wir jedes Mal geguckt, was müssen wir besser machen?" Einige Dingen seien ja jetzt auch schon geschehen, "aber natürlich nicht ausreichend". Sie fügte hinzu: "Wir sind nicht so gut wie wir sein müssten. Das ist vollkommen klar und das sehen ja auch alle politischen Akteure."

Angela Merkel verteidigt ihre Migrationspolitik

Friedrich Merz hatte unterdessen davon gesprochen, dass man vor dem "Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik" stehe. Co-Moderatorin Mariam Lau wollte im "Zeit"-Gespräch von Angela Merkel, ob sie sich davon angesprochen fühle. "Natürlich fühle ich mich davon angesprochen, jedenfalls was die Zeit zwischen 2015 und 2021 anbelangt", antwortete die 70-Jährige. Gleichzeitig betonte sie, dass sie die Entscheidung 2015 die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen, weiter für richtig halte. "Und das andere ist, von einer Bundeskanzlerin erwartet man, dass die irreguläre Migration reduziert wird." Das habe man zwischen 2017 und 2019 sehr gut geschafft.

Ehemalige Bundeskanzlerin will nicht für Erstarken der AfD verantwortlich sein

Dafür, dass die AfD laut aktuellen nach der nächsten Bundestagswahl zweitstärkste Kraft im Parlament werden könnte, weist Angela Merkel jegliche Verantwortung von sich. Sie erklärt sich das Hoch der Rechtspopulisten auch durch den Streit zwischen CDU und CSU über das richtige Vorgehen in der Migrationspolitik. "Es ist nicht richtig gewesen, dass wir so viel gestritten haben." Als sie aus dem Amt schied, habe die AfD nur bei etwa 11 Prozent gelegen. "Dass sie heute bei 20 liegt, das ist jetzt echt nicht mehr meine Verantwortung." Für diese Antwort erhielt sie sowohl Gelächter als auch Applaus aus dem Publikum. "Das ist auch das, was mich letzte Woche umgetrieben hat. Ich glaube es ist so so wichtig, dass die demokratischen Parteien untereinander Lösungen finden für die vielen vielen Aufgaben, die wir haben", so Merkel weiter.

Angela Merkel fordert Kompromissbereitschaft und wird für Interview-Aussagen heftig kritisiert

Im Streit um den mit der AfD beschlossenen Entschließungsantrag der Union zur Migrationspolitik hat die Altkanzlerin zur Mäßigung aufgerufen. Es müssten wieder Kompromisse möglich sein. An ihrer Kritik an Friedrich Merz einen Tag nach der umstrittenen Abstimmung im Bundestag hielt sie fest: "Da habe ich noch mal eine Nacht auch darüber geschlafen und fand es dann doch (...) richtig und für mich einfach auch notwendig, dazu meine Meinung zu sagen."

Auf Angela Merkels Interview folgten teilweise empörte Reaktionen im Netz.

  • "unverbesserlich" und "niemand hat der union mehr geschadet und schadet ihr auch weiter. witzig auch, dass sie nur noch linke medien bedient", schrieb zum Beispiel "Welt"-Herausgeber Ulf Porchardt auf X (vormals Twitter).
  • "Was akzeptiert Frau Merkel eigentlich als ihre Verantwortung?", so ein weiterer Kommentar.
  • "Fr. Merkel ist echt gut - im Verdrängen der Tatsachen. Sie ist mit ihrer Politik mitschuldig, das es soweit gekommen ist. Jetzt dürfen andere die Suppe auslöffeln und sie gibt dämliche Ratschläge", schreibt ein anderer Nutzer.
  • "#Merkel als beste Wahlkämpferin der #SPDeinstellig. Diese Frau diskreditiert sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Nicht nur Ihre offensichtlichen Fehler während ihrer Regierungszeit, sondern dieses unwürdige Nachtreten momentan ist einfach nur beschämend", so noch eine Nutzerin.
  • "Ich habe nie CDU gewählt, jedoch Frau Merkel das Recht abzusprechen sich zu äußern, finde ich sehr bezeichnend und gelinde gesagt frech. Ja, sie hätte nach der Besetzung der Krim ihre Politik ändern müssen, aber was Merz gerade macht, ist ebenso falsch.", wird die Altkanzlerin von einem weiteren User aber auch verteidigt.

Folgen Sie News.de schon bei WhatsApp, Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.

/bua/news.de/dpa

Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.