Lohn-Schock bis 2040: Arbeitnehmer sollen fast die Hälfte ihres Bruttolohns abgeben
Arbeitnehmer müssen sich auf einen Schock einstellen: Bis 2040 könnten die Sozialabgaben auf das 50 Prozent des Bruttolohns explodieren. Ursache soll eine beispiellose Stagnation des Wirtschaftswachstums sein.
Erstellt von Felix Schneider - Uhr
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- Eine neue Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft offenbart Schockierendes
- Demnach soll sich Deutschland in einer beispiellosen Stagnationsphase befinden
- Das Wirtschaftswachstum leidet unter massiven strukturellen Problemen
Eine neue Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeichnet ein düsteres Bild der deutschen Wirtschaftslage. Die im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellte Analyse, die "Focus Online" exklusiv vorliegt, zeigt: Deutschland befindet sich in einer historisch beispiellosen Phase wirtschaftlicher Stagnation.
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Sozialabgaben explodieren: Arbeitnehmer zahlen die Zeche
Die Studie prognostiziert dramatische Mehrbelastungen für Beschäftigte in den kommenden Jahren. Besonders hart trifft es die Rentenversicherung: Die Beiträge sollen von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent im Jahr 2040 klettern. Auch bei den Krankenkassen droht ein Anstieg von 17,1 auf 18,6 Prozent.
Die Pflegeversicherung wird dem Szenario zufolge ebenfalls teurer - von 3,6 auf 4,35 Prozent. Diese Entwicklung trifft Arbeitnehmer in einer Phase, in der ihre Kaufkraft bereits geschwächt ist. Die Wirtschaftsleistung pro Einwohner ist bereits um 1,5 Prozent gesunken. Ohne Gegenmaßnahmen bedeutet dies: Arbeitnehmer müssen einen immer größeren Teil ihres Einkommens für Sozialabgaben aufwenden - während das Einkommen selbst immer kleiner wird.
Drei Szenarien: Zwischen Stagnation und Aufschwung
Das Kieler Institut hat drei mögliche Entwicklungspfade bis 2040 berechnet. Bei schwachem Produktivitätswachstum von 0,5 Prozent jährlich würde das reale BIP lediglich um 7,9 Prozent zulegen. Ein moderater Anstieg von einem Prozent brächte bereits 16,3 Prozent Plus, während 1,5 Prozent Produktivitätszuwachs das BIP um 25,2 Prozent steigern würden.
Die Auswirkungen auf die Gehälter sind erheblich: Im pessimistischen Szenario würden die realen Nettolöhne bis 2040 nur um 3,9 Prozent wachsen. Bei mittlerem Produktivitätswachstum läge das Plus bei 12 Prozent, im besten Fall sogar bei 20,6 Prozent. Die Berechnungen zeigen: Jeder zusätzliche Prozentpunkt Produktivität bedeutet etwa 17 Prozentpunkte mehr Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung bis 2040.
Babyboomer-Rente verschärft die Krise
Die demografische Entwicklung verstärkt den Druck auf das System erheblich. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand wechseln, sinkt der Arbeitseinsatz pro Einwohner in den nächsten zehn Jahren um zwei Prozent. Gleichzeitig wächst die Zahl der Rentenempfänger im Verhältnis zu den Beitragszahlern dramatisch.
Die Studie beziffert den erforderlichen Kraftakt: Um steigende Rentenbeiträge ohne Leistungskürzungen zu vermeiden, müsste die Produktivität zwischen 2026 und 2035 jährlich um zusätzliche zwei Prozentpunkte wachsen. Erst wenn die Babyboomer-Generation aus dem System ausgeschieden ist, entspannt sich die Lage wieder etwas. Zuwanderung und Erwerbsquote bleiben dabei unkalkulierbare Faktoren, die das Ausmaß der Herausforderung beeinflussen könnten.
"Reformen müssen jetzt im Winter kommen"
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, übt scharfe Kritik an der bisherigen Reformpolitik. "Deutschland hat massive strukturelle Probleme, die Wachstum verhindern", betont er gegenüber "Focus Online". Seine Forderung an die Bundesregierung ist unmissverständlich: "Nachdem der Herbst der Reformen wohl ausgefallen ist, müssen die Reformen eben jetzt im Winter kommen."
Das Maßnahmenpaket umfasst beschleunigte Genehmigungsverfahren, Bürokratieabbau, geringere Abgabenlast sowie verbesserte Bedingungen für Bildung und Forschung. Zusätzlich fordert Alsleben eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen. "Die Betriebe können nur produktiver und innovativer sein, wenn die Politik sie nicht zu stark fesselt."
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