Riester-Rente: BGH kippt Klausel zu Rentenkürzungen - das müssen Sie wissen
Bis zu eine Million Versicherungsverträge könnten betroffen sein: Der BGH urteilte jüngst, dass eine Klausel zu einseitigen Rentenkürzungen unwirksam ist. Was das für die Versicherten bedeutet.
Erstellt von Felix Schneider - Uhr
Suche
- Bis zu 1 Mio. Riester-Rentenverträge enthalten eine nun ungültige Klausel
- Die betroffene Klausel sorgte für massenhafte Rentenkürzungen
- Kunden dürfen das gekürzte Geld von ihren Versicherern zurückfordern
Mehr interessante Nachrichten für Verbraucher finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Gute Nachrichten für Rentensparer: Der Bundesgerichtshof hat eine weitreichende Entscheidung für Millionen Riester-Sparer getroffen. Die Karlsruher Richter erklärten eine Vertragsklausel für unwirksam, die es Versicherern ermöglichte, den sogenannten Rentenfaktor bei fondsgebundenen Riester-Renten nachträglich zu senken. Was das für betroffene Kunden bedeutet, erklären wir Ihnen hier.
Darum scheiterte die Klausel vor Gericht
Im konkreten Fall hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Allianz Lebensversicherung geklagt. Die strittige Klausel erlaubte der Allianz, den Rentenfaktor abzusenken, wenn die Lebenserwartung der Versicherten unerwartet stark anstieg oder die Kapitalerträge dauerhaft hinter den Erwartungen zurückblieben.
Eine Verpflichtung zur Anhebung des Faktors bei besseren wirtschaftlichen Bedingungen gab es nicht. Dadurch konnte die Allianz Kürzungen aufgrund anhaltender Niedrigzinsen vornehmen, musste allerdings auch nach der Erhöhung des Leitzins durch die EZB keine Anpassung nach oben vornehmen.
"Die Klausel ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam", urteilte der vierte Zivilsenat (Az. IV ZR 34/25). Damit bestätigte der BGH die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart, das bereits im Januar 2025 gegen die Allianz entschieden hatte.
Bis zu eine Million Verträge könnten betroffen sein
Das Urteil reicht weit über den konkreten Fall hinaus. Der Bund der Versicherten schätzt, dass rund eine Million Versicherungsverträge verschiedener Anbieter ähnliche Klauseln enthalten könnten. Betroffen seien nicht nur Riester-Produkte, sondern auch Rürup-, Betriebs- und private Rentenverträge großer Versicherer.
Nach Angaben der Allianz bezieht sich die beanstandete Regelung auf Verträge, die zwischen Juli 2001 und Ende 2006 abgeschlossen wurden. In späteren Policen sei diese Klausel nicht mehr enthalten. BdV-Vorstand Stephen Rehmke geht jedoch davon aus, dass zahlreiche andere Anbieter bis Mitte der 2010er-Jahre vergleichbare Formulierungen verwendeten. Diese Klauseln seien nach dem BGH-Urteil nun ebenfalls angreifbar.
Versicherte mussten mit drastischen Einbußen rechnen
Die finanziellen Folgen für betroffene Kunden waren erheblich. Je nach Vertrag schrumpfte die monatliche Rente um ein Viertel bis ein Drittel - oft bedeutete das Einbußen im zwei- bis dreistelligen Eurobereich pro Monat.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht das Ausmaß: Bei einem betroffenen Riester-Vertrag senkte die Allianz den Rentenfaktor von 38,74 Euro auf 30,84 Euro je 10.000 Euro Policenwert. Das entspricht einer Kürzung von rund 20 Prozent der ursprünglich zugesagten Leistung.
Was Betroffene jetzt tun sollten
Wichtig für Versicherte: Die Verträge bleiben trotz der unwirksamen Klausel insgesamt gültig. Lediglich die Rentenkürzungen entbehren nun einer rechtlichen Grundlage. Kunden können die zu Unrecht einbehaltenen Beträge von ihren Versicherern zurückverlangen.
Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg betont: "Zwar darf der Versicherer nach dem Versicherungsvertragsgesetz prinzipiell die Rente herabsetzen. Allerdings muss er sich dann spiegelbildlich in transparenter Weise dazu verpflichten, die Rente wieder zu erhöhen." Rentner sollten entsprechend wie folgt vorgehen:
- Inhabern fondsgebundener Rentenverträge sollten ihre Unterlagen genau überprüfen. Wichtig ist dabei der Rentenfaktor: Ist dieser fest oder variabel?
- Standardmitteilungen können miteinander verglichen werden, um Anpassungen des Rentenfaktors zu finden.
- War man selbst vom nach unten angepassten Rentenfaktor betroffen, sollte rechtlicheBeratung in Anspruch genommen werden.
- Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg stellt dafür einen Online-Musterbrief bereit.
Mehr für Verbraucher rund um das Thema Rente lesen Sie hier:
- Mit diesem Rententrick können Sie Ihr Konto aufstocken
- Welche Jahrgänge mit welchen Abschlägen rechnen müssen
- Darum bringt Ihr Gehalt 2026 weniger Rentenpunkte ein
- Rente clever nutzen - fünf Wege zu mehr Geld im Alter
- So ermitteln Sie Ihre Rente - einfach und verständlich
sfx/bos/news.de/stg/dpa
Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.