Johann Wadephul: Abschiebe-Zoff in der Union - Außenminister nach Syrien-Aussagen attackiert

Aufgrund der massiven Zerstörung nach dem Krieg zweifelt CDU-Außenminister Johann Wadephul die baldige Rückkehr von Syrern in ihre Heimat an. Unionspolitiker kritisieren diese Aussagen scharf. Zustimmung kommt von SPD und den Grünen.

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Nach umstrittenen Syrien-Aussagen: CDU-Außenminister Johann Wadephul muss sich mit Kritik aus den eigenen Reihen auseinandersetzen. (Foto) Suche
Nach umstrittenen Syrien-Aussagen: CDU-Außenminister Johann Wadephul muss sich mit Kritik aus den eigenen Reihen auseinandersetzen. Bild: picture alliance/dpa | Marcus Brandt
  • Wegen massiver Zerstörung: Johann Wadephul äußert Zweifel an Rückkehr von Syrern in ihre Heimat
  • Politiker von SPD und Grünen stimmen zu, scharfe Kritik innerhalb der Union an CDU-Außenminister
  • Bundesregierung betont gemeinsame Linie beim Thema Abschiebungen

Zoff innerhalb der Union: CDU-Außenminister Johann Wadephul löst mit Aussagen über Abschiebungen nach Syrien heftige Kritik aus. Nach seinem Besuch im kriegszerstörten Harasta bei Damaskus äußerte der 62-Jährige erhebliche Zweifel an einer baldigen Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihre Heimat.Die massive Zerstörung der Infrastruktur mache eine Rückkehr "zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich", erklärte er.Seine Einschätzung stößt jedoch beim Koalitionspartner SPD und der Opposition auf Zustimmung.

Johann Wadephul äußert sich skeptisch über Abschiebungen nach Syrien

Wadephul zeigte sich nach seinem Besuch im Vorort Harasta erschüttert von den Kriegsschäden. Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich bisher nicht gesehen, erklärte der Außenminister vor Ort. Die Menschen könnten dort "kaum richtig würdig leben", betonte er angesichts der zerstörten Infrastruktur.Die syrische Regierung schätze die in Deutschland ausgebildeten jungen Syrer. Sie könnten aber frei entscheiden, welchen Weg sie wählten. "Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt, integriert arbeitet" sei weiterhin willkommen, so Wadephul. Zu Rückführungen einzelner schwerer Straftäter sei das Ministerium mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt.

Zustimmung für CDU-Außenminister von SPD und Grünen

SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetovic stärkt dem CDU-Minister den Rücken. "Die Lage im Land bleibt instabil, weite Teile der Infrastruktur sind zerstört", bestätigt er gegenüber der "Bild". Ein sicheres und menschenwürdiges Leben sei für viele Syrer nicht gewährleistet.

Die Grünen-Politikerin Lamya Kaddor nutzt Wadephuls Einschätzung für einen Frontalangriff auf Innenminister Dobrindt. Massenhafte Abschiebungen nach Syrien seien unmöglich, schreibt sie auf X. Statt über Reisen zu "Taliban-Freunden" nach Kabul nachzudenken, solle sich Dobrindt selbst vor Ort informieren.

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Unionspolitiker kritisieren Wadephuls Syrien-Aussagen

Nach Informationen der "Bild" registrierte man Wadephuls Äußerungen hingegen innerhalb der Union mit Fassungslosigkeit.Fraktionsvize Günter Krings bezeichnet Wadephuls Argumentation als "denkbar ungeeignet" und stuft dessen Einschätzung zur bloßen "spontanen Äußerung" herab. "Wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?", fragt Krings in der "Bild". Der Bürgerkrieg sei beendet, in weiten Landesteilen sei eine Rückkehr für die meisten Syrer zumutbar.

Auch aus den Ländern kommt scharfe Kritik. Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze kann Wadephuls Position nicht nachvollziehen. Zerstörte Gebiete und schlechtere Lebensverhältnisse als in Deutschland seien kein Hindernis für eine Rückkehrstrategie, betont er. Es müsse gezielt an der schnellen Heimkehr der Menschen gearbeitet werden.

Kanzleramt spricht von "Scheinkonflikt"

Das Kanzleramt bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung im Unionsstreit. Regierungssprecher Stefan Kornelius bezeichnet die Auseinandersetzung als "Scheinkonflikt" und betont die gemeinsame Linie der Bundesregierung. Die Stabilisierung Syriens und die Rückkehr von Flüchtlingen seien "zwei Seiten einer Medaille".

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann versucht die Wogen zu glätten. Im ARD-"Bericht aus Berlin" versichert er, Dobrindt und Wadephul verträten dieselbe Position. "Wir schieben ab, wir müssen natürlich die Straftäter abschieben", stellt er klar.

Das Auswärtige Amt verweist darauf, dass Wadephul in Damaskus die Abschiebung schwerer Straftäter "betont" habe. Der Minister habe im Auftrag des Bundeskanzlers gehandelt und Syriens Interimspräsidenten Ahmed Al Scharaa nach Berlin eingeladen. Die Bundesregierung halte an ihrem Kurs fest.

Johann Wadephul will vor allem Straftäter nach Syrien abschieben

Der Koalitionsvertrag legt fest, dass Rückführungen mit Straftätern und Gefährdern "beginnen" sollen - ein klares Signal für weitergehende Abschiebepläne. Wadephul sprach in Damaskus jedoch nur von "ganz wenigen Ausnahmefällen von wirklich schweren Straftätern", die zurückgeführt werden sollten.

In Deutschland lebten laut "Bild" im Sommer 2025 über 950.000 syrische Staatsbürger. Während seit Assads Sturz im Dezember 2024 laut UN mehr als eine Million Syrer aus anderen Ländern in ihre Heimat zurückgekehrt sind, reisen kaum Syrer aus Deutschland zurück. Allein 2024 erhielten 83.150 Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft.

Auch Heiko Teggatz, Chef der Bundespolizei-Gewerkschaft, kritisiert laut "Bild" Wadephuls Position scharf. Es gebe durchaus Regionen in Syrien, wo Menschen menschenwürdig leben könnten. Der Minister lasse sich von einer Momentaufnahme blenden und gefährde die vom Innenminister eingeläutete Migrationswende.

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