Sieben-Punkte-Plan: So soll es für die Ukraine nach dem Krieg weitergehen
USA und Europa arbeiten an einem Sieben-Punkte-Konzept, das der Ukraine nach dem Krieg Sicherheit garantieren soll. Doch es hakt bei der Umsetzung: Wer übernimmt wirklich Verantwortung und wie weit gehen die westlichen Partner?
Erstellt von Anika Bube - Uhr
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- USA und Europa entwickeln Sicherheitskonzept für Ukraine
- Sieben-Punkte-Plan enthüllt, wie es nach dem Krieg weitergehen soll
- Bundeswehr in Alarmbereitschaft: Pistorius lässt Truppenstärke für Ukraine-Einsatz prüfen
Vor dreieinhalb Jahren hat Russland seinen Angriffskrieg in der Ukraine gestartet. Ein Ende ist bislang nicht in Sicht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht jedoch davon aus, dass bereits in den kommenden Tagen Sicherheitsgarantien für die Zeit nach dem Krieg vereinbart sein werden. Derzeit arbeiten die USA und europäische Partner an einem Sieben-Punkte-Plan.
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Nach Informationen des "Spiegel" verständigten sich westliche Verbündete auf ein Grundgerüst mit sieben zentralen Punkten. Das Sicherheitskonzept basiert maßgeblich auf deutschen Vorschlägen und soll als Fundament für mögliche Friedensverhandlungen mit Russland dienen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt auf rasche Fortschritte. "Wir wollen innerhalb von sieben bis zehn Tagen eine Übereinkunft zur Architektur der Sicherheitsgarantien erreichen", erklärte er am Donnerstag. Diese Einigung sei Voraussetzung für ein mögliches Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Verhandlungen werden von hochrangigen Sicherheitsberatern geführt. Für Deutschland nimmt Günther Sautter, der außen- und sicherheitspolitische Berater von Bundeskanzler Friedrich Merz, an den Gesprächen mit US-Außenminister Marco Rubio und europäischen Partnern teil.
Sieben-Punkte-Plan für die Ukraine: So soll es nach dem Krieg weitergehen
Das Sicherheitskonzept umfasst sieben zentrale Bereiche. An erster Stelle steht die diplomatische Architektur mit einem Fahrplan für direkte Gespräche zwischen Selenskyj und Putin sowie einem späteren trilateralen Gipfel mit Donald Trump und europäischen Vertretern. Experten sind sich jedoch sicher, dass Putin einem solchen Treffen niemals zusagen werde.
Die militärische Komponente sieht vor, die ukrainischen Streitkräfte beim Wiederaufbau zu unterstützen. Diese sollen künftig selbst ein Friedensabkommen absichern können. Besonders umstritten ist die Frage westlicher Unterstützungstruppen auf ukrainischem Boden - diese hätten keinen Kampfauftrag.
Das Konzept lehnt jegliche Beschränkungen für die ukrainische Armee ab, weder bei Personal noch Ausrüstung. Eine klare EU-Beitrittsperspektive mit der damit verbundenen Beistandspflicht gehört ebenfalls zu den Kernpunkten. Kontrollmechanismen sollen die Einhaltung eines Waffenstillstands überwachen. Der siebte Punkt definiert verbindliche Reaktionsmechanismen für den Fall russischer Vertragsverletzungen.
Die entscheidende Frage bleibt die amerikanische Beteiligung an der militärischen Absicherung. Trump schloss zwar US-Bodentruppen kategorisch aus, legte sich aber sonst nicht fest. Sein Vizepräsident JD Vance stellte klar: "Der Präsident erwartet sicher, dass die Europäer hier die Führungsrolle übernehmen." Die Hauptverantwortung liege bei Europa. "Es ist ihr Kontinent und ihre Sicherheit."
Bei einer vertraulichen Nato-Videokonferenz dämpfte US-General Dan Caine die Erwartungen weiter. Er erkundigte sich lediglich nach möglichen europäischen Beiträgen, ohne konkrete amerikanische Zusagen zu machen. Nach der Schalte zeigten sich Nato-Militärs ernüchtert. Ein Offizier interpretierte vorsichtig: Mit viel Fantasie könne man zwischen den Zeilen lesen, dass die USA eventuell Luftunterstützung für Extremfälle anbieten würden. Konkret gesagt worden sei dies jedoch nicht.
Bundeswehr prüft verfügbare Kräfte für Ukraine-Einsatz
Das Bundesverteidigungsministerium treibt konkrete Vorbereitungen für eine mögliche Beteiligung an einer Friedensmission voran. Nach Informationen des "Spiegel" forderte Minister Boris Pistorius alle Teilstreitkräfte auf, verfügbare und nicht gebundene Einheiten zu melden. Heer, Luftwaffe und Marine sollen bis Anfang der Woche mitteilen, welche Kräfte für eine Ukraine-Mission bereitstehen könnten.
In Bundeswehrkreisen ist von "prudent planning" die Rede - einer vorbereitenden Planung ohne konkreten Einsatzauftrag. Generalinspekteur Carsten Breuer und seine Stellvertreterin Nicole Schilling nahmen bereits an der Nato-Videokonferenz mit US-General Caine teil.
Die deutschen Planungen sollen bei einer außerplanmäßigen Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch im Bendlerblock weiter erörtert werden. Neben Kanzler Merz und Verteidigungsminister Pistorius werden auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte und US-General Alexus Grynkewich, der neue Nato-Oberbefehlshaber, erwartet. Auf der Agenda stehen zudem das neue Wehrdienstgesetz und die Geschäftsordnung für den geplanten Nationalen Sicherheitsrat.
Moskau stellt Friedensgespräche infrage
Russland reagiert ablehnend auf die westlichen Sicherheitspläne. Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete eine westliche Militärpräsenz in der Ukraine als "völlig inakzeptabel". Er kritisierte die Beratungen der westlichen Militärchefs scharf: Ernsthafte Sicherheitsdiskussionen ohne russische Beteiligung seien "eine Utopie, ein Weg ins Nirgendwo".
Moskau rückt zunehmend von der Zusage ab, die Putin laut Trump für ein Gipfeltreffen mit Selenskyj gegeben hatte. Lawrow zweifelte erneut die Legitimität des ukrainischen Präsidenten an. Vor einer Unterschrift müsse diese Frage geklärt werden. Zudem forderte er einen langwierigen Vorbereitungsprozess: Experten und Minister müssten erst entsprechende Empfehlungen ausarbeiten.
Ein direktes Spitzentreffen zwischen Putin und Selenskyj scheint aus russischer Sicht nur am Ende eines ausgedehnten diplomatischen Prozesses denkbar - nicht innerhalb der von Trump gesetzten Zwei-Wochen-Frist.
Zwei-Wochen-Ultimatum: Donald Trump erhöht den Druck
Donald Trump erhöht den Druck auf alle Beteiligten. Die Aussichten auf einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine würden "innerhalb von zwei Wochen" klar werden, kündigte der US-Präsident an. "Danach müssen wir vielleicht einen anderen Takt anschlagen", warnte er.
Die Ukraine soll zunächst ihre konkreten Bedürfnisse zu den sieben Punkten definieren. Für die kommende Woche sind weitere Gesprächsrunden der Sicherheitsberater geplant. Trotz Selenskyjs Drängen auf eine schnelle Einigung innerhalb von zehn Tagen deutet sich an, dass der Prozess mehr Zeit benötigen könnte. Die Beteiligten wollen ein belastbares Gesamtkonzept entwickeln, auch wenn dies länger dauert.
In Europa wächst die Hoffnung, dass Trump bei ausbleibenden Fortschritten bereit sein könnte, den Druck auf Putin durch verschärfte Sanktionen zu erhöhen. Diese Erwartung hegten die Europäer allerdings bereits vor dem Alaska-Gipfel.
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