Friedrich Merz: CSU schmiedet "Exit-Strategie" gegen Kanzler-Kurs – droht ein Koalitionskrach?
Interner Machtkampf in der Union: Die CSU will den umstrittenen Waffenstopp für Israel von Friedrich Merz kippen – und schreckt dabei nicht vor Parallelen zur Merkel-Krise 2015 zurück. Während Söder tobt, bringt sich Dobrindt als Vermittler in Stellung.
Erstellt von Anika Bube - Uhr
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- CSU plant "Exit-Strategie" gegen Waffenstopp für Israel von Friedrich Merz
- Markus Söder fühlt sich übergangen, Dobrindt soll als Vermittler zwischen München und Berlin einspringen.
- Hoffnung auf Kehrtwende: CSU setzt auf Bundessicherheitsrat und Fortschritte bei Waffenstillstandsverhandlungen.
Krach in der Union: Nachdem Friedrich Merz am Freitag überraschend verkündete, deutsche Rüstungsexporte nach Israel teilweise zu stoppen, stellt sich die CSU offen gegen den Bundeskanzler. Hinter den Kulissen arbeitet die CSU bereits an einer "Exit-Strategie".
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CSU tüftelt an "Exit-Strategie" für Waffen-Wende von Friedrich Merz
Nach Informationen der "Bild" sucht die CSU nacheiner diplomatischen Lösung für den Konflikt mit Kanzler Friedrich Merz. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lehnt die vom Kanzler verkündete Änderung der deutschen Israel-Politik ab und sieht sich bei der Entscheidung komplett übergangen.
"Es geht jetzt um die Exit-Strategie", erklärte ein CSU-Politiker gegenüber "Bild". Die Christsozialen wollen den Kanzler zur Rücknahme seiner Entscheidung bewegen. Ihre Position: Kritik an Netanjahus Regierung sei legitim, Sanktionen jedoch nicht. Die CSU zieht historische Parallelen zur Flüchtlingskrise 2015. Damals hatte Angela Merkel ohne Absprache mit dem damaligen CSU-Chef Horst Seehofer das Asylrecht an den Grenzen ausgesetzt. Die Folge war ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Schwesterparteien, das sogar die gemeinsame Bundestagsfraktion gefährdete.
Kanzler Merz verteidigt umstrittene Israel-Entscheidung im Fernsehen
Friedrich Merz hat in den ARD-"Tagesthemen" seinen Teilstopp für Rüstungsexporte nach Israel verteidigt. "Die Grundsätze der deutschen Israel-Politik sind unverändert", betonte der CDU-Chef. Deutschland werde Israel weiterhin bei der Verteidigung unterstützen, könne aber keine Waffen für einen Konflikt liefern, der Hunderttausende zivile Opfer fordern könnte.
Der Kanzler reagierte damit auf massive Kritik aus den eigenen Reihen. "Ich habe diese Entscheidung nicht allein getroffen, aber es ist dann am Ende des Tages eine Entscheidung, die ich allein verantworten muss", erklärte Merz. Die Bundesregierung habe einen Dissens mit der israelischen Regierung beim Vorgehen im Gazastreifen. "Solidarität mit Israel bedeutet nicht, dass wir jede Entscheidung, die eine Regierung trifft, für gut halten", so der Kanzler.
Dobrindt als möglicher Vermittler zwischen Berlin und München
CSU-Innenminister Alexander Dobrindt könnte nach Informationen der "Bild" die Vermittlerrolle zwischen Merz und Söder übernehmen. Der 55-Jährige genießt das Vertrauen beider Politiker und hat bereits zweimal erfolgreich für den Kanzler vermittelt.
Dobrindt half Merz zunächst während der Koalitionsverhandlungen und ermöglichte ihm später als Vermittler bei Linken und Grünen die Kanzlerwahl im zweiten Anlauf. Der CSU-Politiker gilt als erfahrener Pendel-Diplomat zwischen den Schwesterparteien.
Die Herausforderung ist diesmal besonders groß. Die CSU wirft Merz vor, sie bei seiner Embargo-Entscheidung nicht einbezogen zu haben - ein Vorgehen mit historischen Ausmaßen, wie die Partei betont. Die Bayern fordern eine Rückkehr zur bisherigen Israel-Politik ohne Sanktionen.
Hoffnung auf Kehrtwende durch Bundessicherheitsrat
Die CSU setzt auf eine mögliche Revision der Entscheidung durch den Bundessicherheitsrat. Nach Unionskreisen existiere bislang lediglich das Kanzler-Statement vom Freitag, jedoch kein formeller Beschluss des Gremiums zu den Waffenlieferungen. In der CSU hofft man, dass der Sicherheitsrat nach einigen Tagen zu einer veränderten Lagebeurteilung gelangen könnte - etwa durch Fortschritte bei den Waffenstillstandsverhandlungen. Das Gremium ist seit 1969 auch für Waffenexporte zuständig.
CSU-Politiker Stephan Mayer äußerte nach Beratungen der Unionsfraktion Zweifel an der Wirksamkeit von Merz' Entscheidung. "Ich hoffe, dass er sich schon in einigen Wochen in der Lage sieht, eine Revision der Entscheidung vorzunehmen", sagte Mayer dem "Tagesspiegel". Er bezweifle, dass der Teilstopp zur Freilassung der Hamas-Geiseln oder zur Verbesserung der humanitären Lage beitrage.
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Netanjahu sieht Merz weiter als "guten Freund Israels"
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagierte am Sonntagabend auf die deutsche Entscheidung. Der 75-Jährige bezeichnete Merz als "guten Freund Israels" und führte dessen Kurswechsel auf falschen öffentlichen Druck zurück. "Ich denke, hier gab er dem Druck falscher Fernsehberichte, dem internen Druck verschiedener Gruppen nach", erklärte Netanjahu.
Der Bundeskanzler widersprach dieser Darstellung in den ARD-"Tagesthemen" deutlich. Er lasse sich von öffentlichem Druck nicht beeinflussen, sondern stütze seine Entscheidung auf eigene Einschätzungen und Beratungen im Kabinett sowie mit Fachleuten. Merz berichtete zudem von wiederholten Gesprächen mit dem israelischen Regierungschef in den vergangenen Wochen. Die Entscheidung sei nicht kurzfristig gefallen, sondern basiere auf wochenlangen Diskussionen, betonte der Kanzler.
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