Nach Friedrich Merz' Niederlage: Wer regiert jetzt Deutschland - und wie geht es weiter?
Nachdem Merz als Erster in der Geschichte der Bundesrepublik die Wahl zum Kanzler verloren hat, steht nun die Frage im Raum: Wer regiert jetzt? Kommt Olaf Scholz zurück? Wir erklären, was jetzt passiert.
Von news.de-Redakteur Felix Schneider - Uhr
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- CDU-Chef Merz wird nun doch noch nicht auf Anhieb Bundeskanzler
- Die Frage bleibt: Wer regiert nun im Bundestag?
- Wir zeigen drei verschiedene Szenarien zur Wahl
Das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik: CDU-Chef Friedrich Merz hat bei der Kanzlerwahl im Bundestag im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit erhalten. Doch Ex-Kanzler Olaf Scholz (SPD) wurde bereits mit dem Großen Zapfenstreich verabschiedet - wer regiert also jetzt im Bundestag?
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Scholz bleibt trotz Verabschiedung Kanzler - und auch das Kabinett bleibt
Nach dem Scheitern von Merz bekommt Altkanzler Olaf Scholz eine ungeplante Verlängerung - und das direkt, nachdem er mit dem Zapfenstreich bereits verabschiedet wurde. Denn Artikel 69 im Grundgesetz bestimmt, dass der Kanzler die Amtsgeschäfte "bis zur Ernennung seines Nachfolgers" weiter führen muss - dazu ist er verpflichtet. Also: Tatsächlich kommt Scholz wieder zurück - wenn auch aller Wahrscheinlichkeit nach nur für kurze Zeit. Auch die Ministerinnen und Minister des Bundeskabinetts bleiben vorerst geschäftsführend im Amt. Die bereits von den Koalitionspartnern genannten neuen Minister werden erstmal also noch auf die Kanzlerwahl warten müssen. Bis diese entschieden ist, regiert zunächst der alte Bundestag weiter.
Diese Szenarien könnten im nächsten Wahlgang eintreten
Bisher hat sich noch nie ein solcher Vorfall ereignet - doch das Grundgesetz ist für diesen Fall dennoch gerüstet. In Artikel 63 des Grundgesetzes heißt es: "Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen 14 Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen." Für den zweiten Wahlgang bieten sich verschiedene Szenarien an, die beim zweiten Wahlgang eintreten könnten:
1. Fall: Ist Merz überzeugt, bei einem zweiten Wahlgang eine Gewinnchance zu haben, so kann er jederzeit wieder antreten - das ist zumindest sehr wahrscheinlich, da er die benötigte Mehrheit von 316 Stimmen nur knapp um sechs Stimmen verfehlt hat. Es könnte daher darauf hinauslaufen, dass Merz im zweiten Wahlgang mehr Glück hat, als es im ersten der Fall war.
2. Fall: Eine alternative Mehrheit einigt sich kurzfristig auf einen Gegenkandidatin (beispielsweise Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Robert Habeck oder eine parteiinterne Alternative), der/die dann im zweiten Wahlgang nominiert wird und gewinnt. Sehr unwahrscheinlich, denn ein Kandidatenwechsel ist in so kurzer Zeit nur schwer zu koordinieren. Zudem kommt dies nur in Frage, wenn es eine rein rechnerisch mögliche Alternative gäbe.
3. Fall: Merz tritt erneut an, aber bekommt wieder nicht genug Stimmen, und auch sonst niemand wird gewählt. Insbesondere bei einer volatilen politischen Situation wie dieser nicht vollkommen unwahrscheinlich.
Innerhalb der zweiwöchigen Frist kann es beliebig viele Wahlgänge mit verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten geben. Aber auch sie brauchen die absolute Mehrheit von mindestens 316 Stimmen, um gewählt zu sein. Sollten sich die politischen Verhältnisse aktuell nicht deutlich destabilisieren, ist davon auszugehen, dass Merz den nächsten Wahlgang für sich entscheiden wird.
So funktioniert die Bundeskanzler-Wahl mit einfacher statt absoluter Mehrheit
Schafft es allerdings niemand, die absolute Mehrheit für sich zu gewinnen, dann werden im nächsten Schritt die Anforderungen gesenkt. Nun reicht für die Wahl die einfache Mehrheit. Wie das Grundgesetz erklärt, bedeutet das also: "Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält."
Erhält der Gewählte die meisten Stimmen, muss der Bundespräsident ihn anschließend ins Kanzleramt erheben. Demnach dürfte Merz spätestens im dritten Wahlgang - zumindest den aktuellen Stimmzahlen nach - zum Kanzler gewählt werden. Im Extremfall kann der Bundespräsident auch binnen sieben Tagen den Bundestag auflösen - dann kommt es zu einer Neuwahl. Dies könnte passieren, wenn absehbar ist, dass keine stabile Regierung zustande kommen kann. Sollte dieser Fall eintreten, ist es wieder völlig offen, wer der nächste Kanzler wird.
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sfx/loc/news.de/dpa
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