Friedrich Merz: Einstiger Merz-Widersacher Spahn führt jetzt Unionsfraktion

Er war als Wirtschaftsminister im Gespräch. Doch das Amt, das Jens Spahn jetzt übernimmt, ist wesentlich mächtiger: Der einstige Konkurrent von Friedrich Merz ist neuer Unions-Fraktionsvorsitzender.

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Friedrich Merz (CDU) spricht auf einer Pressekonferenz im Bundestag (Archivbild). (Foto) Suche
Friedrich Merz (CDU) spricht auf einer Pressekonferenz im Bundestag (Archivbild). Bild: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Unter Kanzlerin Angela Merkel war er Gesundheitsminister - nun soll er für Friedrich Merz die Unionsfraktion im Bundestag auf Linie halten: Jens Spahn. Der 44 Jahre alte Westfale sitzt seit mehr als 20 Jahren im Parlament. In der Oppositionszeit der Union nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 war er einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er engagierte sich vor allem in der Wirtschaftspolitik.

Als Gesundheitsminister in der Corona-Krise und zuvor als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium sammelte Spahn einiges an Regierungserfahrung. Beim Aushandeln des Koalitionsvertrages mit der SPD saß er in der Arbeitsgruppe Wirtschaft. Das löste Spekulationen aus, er könne neuer Bundeswirtschaftsminister werden.

Kandidatur gegen Merz für Amt des Parteichefs

Seinen Wahlkreis "Steinfurt I - Borken I" gewann der CDU-Mann seit 2002 stets direkt, bei der jüngsten Bundestagswahl mit fast 42 Prozent der Erststimmen. Innerparteilich flogen dem gelernten Bankkaufmann und studierten Politikwissenschaftler bisher aber nicht gerade die Herzen zu. So fuhr er im Dezember 2018 im Dreikampf um die Merkel-Nachfolge an der CDU-Spitze das schlechteste Ergebnis ein - hinter Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer, die am Ende die Stichwahl gegen Merz gewann.

Als die CDU nur gut zwei Jahre später im Januar 2021 eine Nachfolgerin für die glücklose Kramp-Karrenbauer suchte, kandidierte Spahn zwar nicht selbst. Er unterstützte aber NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der dafür sorgte, dass Merz erneut das Nachsehen hatte. Bei der folgenden Wahl der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden erzielte Spahn wiederum das schlechteste Ergebnis.

Bei der Wahl zum Fraktionschef kam Spahn jetzt allerdings auf mehr als 90 Prozent - was Merz von einem "historischen Tag für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion" schwärmen ließ.

Können künftige Fraktionschefs von Union und SPD miteinander?

Als Fraktionschef wird Spahn maßgeblich mitverantwortlich für das Verhältnis zum Koalitionspartner SPD sein. In der deutschen Parlamentsgeschichte gibt es geradezu legendäre Gespanne wie Volker Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD), die unter Kanzlerin Merkel den Koalitionsladen zusammenhielten und darüber sogar Freunde wurden. Wie eng das Verhältnis von Spahn und dem designierten SPD-Fraktionschef Matthias Miersch wird, wird sich zeigen müssen.

Nach seiner Wahl betonte Spahn jedenfalls mit Blick auf den Koalitionspartner SPD, man wolle nicht auf den "kurzfristigen Geländegewinn" schielen. Es gehe vielmehr darum, gemeinsam gute Lösungen für das Land zu finden und gemeinsam als Koalition erfolgreich zu sein. "Wir wollen eine Koalition der Problemlöser sein."

Unangenehme Fragen zum Maskenstreit drohen

Seine Zeit als Bundesgesundheitsminister während der Corona-Jahre 2020 und 2021 bezeichnete Spahn einmal als "bisher größte Aufgabe meines Lebens". In Erinnerung geblieben aus dieser Zeit ist sein Satz "Wir werden einander viel verzeihen müssen." Vor einem Jahr plädierte der CDU-Mann für eine Aufarbeitung der Corona-Politik durch eine Enquete-Kommission des Bundestags. Dazu ist es bis heute nicht gekommen. Als Fraktionschef hätte Spahn die Möglichkeit, diese Aufarbeitung jetzt anzustoßen.

Allerdings dürften ihm dabei selbst unangenehme Fragen gestellt werden. Ihm wird vorgeworfen, als Bundesgesundheitsminister viel zu viele Masken zu viel zu hohen Preisen bestellt zu haben. "Wir mussten in der Not entscheiden", sagte Spahn rechtfertigend im Juni vergangenen Jahres in einer Bundestagsdebatte zum Maskenstreit.

Dieser könnte ihn noch einholen, denn es sind noch Verfahren mit einem Milliarden-Streitwert anhängig. Erst im Juli vergangenen Jahres verurteilte das Oberlandesgericht Köln den Bund zur Zahlung von rund 86 Millionen Euro plus Zinsen an eine Handelsfirma. Der Fall liegt nun beim Bundesgerichtshof.

Jüngster Vorstoß zur AfD stieß auf Kritik

Zuletzt hatte Spahn eine heftige Kontroverse mit dem Vorstoß ausgelöst, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien. In der "Bild"-Zeitung plädierte er dafür, die AfD bei Abläufen im Parlament, Verfahren in der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen und der Berücksichtigung von Minderheits- und Mehrheitsrechten zu behandeln wie jede andere Oppositionspartei. Dies war noch vor Bekanntgabe des Verfassungsschutzes, dass die AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen sei.

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+++ Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung wurde basierend auf Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erstellt. Bei Anmerkungen oder Rückfragen wenden Sie sich bitte an hinweis@news.de. +++

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