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Christian Lindner: "Wer soll hier eigentlich verarscht werden!" Für diese Steuer-Pläne hagelt es Kritik

Christian Lindner hat ein milliardenschweres Steuerentlastungspaket vorgestellt. Laut dem Finanzminister sollen Millionen Bürger von den Erleichterungen profitieren. Seine Pläne stoßen aber auf Kritik. 

Christian Lindner wird für seine Steuerentlastungen kritisiert. (Foto) Suche
Christian Lindner wird für seine Steuerentlastungen kritisiert. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

"Wir sind in einer Situation, wo gehandelt werden muss", sagte Christian Lindner während einer Pressekonferenz, nachdem er am Mittwoch Steuerentlastungen verkündete. Aufgrund der gestiegenen Inflation wurden bereits vorher Entlastungen gefordert. 48 Millionen Bürger sollen ab dem kommenden Jahr profitieren, insgesamt geht es um mehr als zehn Milliarden Euro. Prozentual werden Geringverdiener in dem Vorschlag deutlich stärker entlastet als Topverdiener - in absoluten Zahlen sieht das aber anders aus. Dieses Paket würde aber gerade Geringverdiener nicht wirklich entlasten.

Christian Lindner plant Steuerentlastungen: So sollen Bürger profitieren

Christian Lindner will den Grundfreibetrag 2023 anheben. So müssen erst Steuern bei einem Einkommen von 10.632 Euro (Brutto im Jahr) gezahlt werden, schreibt "Bild". Aktuell liegt diese Grenzebei 10.347 Euro. Durchschnittlich werden 192 Euro erlassen. Ein Rechenbeispiel zeigt wie hoch der Nachlass pro Einkommen ausfällt: Singles mit einem Brutto-Jahreseinkommen von 20.000 Euro werden 2023 mit 115 Euro entlastet, 2024 sind es 198 Euro. Je höher das Einkommen, desto größer fallen auch die Entlastungen aus. Bei 40.000 Euro Brutto im Jahr sind es 2023 250 Euro. Ehepaare profitieren von den Erleichterungen erst ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 30.000 Euro von dem Paket. Auch Auszubildende und Rentner sollen von den Entlastungen profitieren. Etwa 75.000 Rentner müssten dann keine Steuern mehr an das Finanzamt zahlen. Daneben soll es auch mehr Kindergeld geben. Für daserste und zweite Kind gibt es ab 2023227 Euro (+ 8 Euro), für das dritte Kind gibt es die selbe Summe. Das ist ein Plus von 2 Euro. Ebenfalls soll der Kinderfreibetrag auf2810 Euro ansteigen.

"Sozial unausgewogen!": Kritik für Christian Lindners Steuerentlastungen

Der Plan verspricht vor allem Steuererleichterungen für Geringverdiener. Bei einem Jahreseinkommen von 15.000 Euro würde die Steuerlast um zehn Prozent sinken, bei einem Einkommen von 100.000 Euro liegt die Entlastung nur bei 1,5 Prozent, laut Berechnungen. Für viele Experten geht diese Rechnung aber nicht auf. Die beiden Koalitionspartner Grüne und SPD halten das für sozial unausgewogen. "Steuersenkungen in Milliardenhöhe, von denen Topverdiener dreimal so stark profitieren wie Menschen mit kleinen Einkommen, gehen an der Realität vorbei", kritisiert Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch Lindners Pläne in der "Bild". Grünen-Politikerin Katharina Beck findet es "schleierhaft" wie durch den Vorschlag "die gewünschte Schuldenbremse eingehalten werden soll, wenn gleichzeitig die Möglichkeiten für Mehreinnahmen wie durch eine Übergewinnsteuer blockiert werden."

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete die Pläne in der ARD als "sehr unausgewogen". "70 Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute", kritisierte er in den "tagesthemen". "Menschen mit geringen Einkommen, die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts davon." Diese Menschen seien von der Inflation aber besonders betroffen. "Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt einfach zum falschen Zeitpunkt", sagte die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Prinzipiell sei es zwar richtig, die sogenannte kalte Progression auszugleichen und die Mitte der Gesellschaft angesichts der hohen Inflation zu entlasten. "Andererseits brauchen wir zurzeit eine Entlastung vorwiegend der unteren und mittleren Einkommen, die die Härten durch die Preissteigerungen nicht allein tragen können." Der Deutsche Städtetag warnte vor Steuerausfällen in Milliardenhöhe und forderte einen Ausgleich für Kommunen.

"Nur ein Vorwand um Geld wieder nach oben zu verteilen!" Twitter rastet wegen Lindners Steuerplänen aus

Kurz nachdem Lindner seine Steuerpläne verkündete, hagelte es auch auf Twitter Kritik. "Wer soll hier eigentlich verarscht werden, wenn eine Erhöhung der Spitzensteuersatzgrenze als Entlastung verkauft wird? Das betrifft Menschen, die mindestens 5000€ im Monat verdienen... Danke für nichts, Christian Lindner!", heißt es in einem Tweet. "Genau dass ist das Problem. 'Entlastung' sollte genau das tun was der Name sagt, nämlich entlasten. Wer ist am stärksten von der Inflation betroffen? Wem hilft steuerliche Entlastung am wenigsten? Richtig, den Geringverdienern. Nur ein Vorwand um Geld wieder nach oben zu verteilen", schreibt dieser Nutzer. Korrespondent des ARD-Hauptstadtbüros Daniel Prokara fasste in den "tagesthemen" zusammen, dass Geringverdienern die Pläne "wenig bis gar nicht helfen". "Finanzminister können noch so oft von Entlastungen sprechen. Den Löwenanteil streicht die obere Mitte ein."

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Christian Lindner rechtfertigt Steuerentlastungen

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat seine Pläne für Steuerentlastungen gegen Kritik verteidigt. "Das ist sozial ausgewogen", sagte der FDP-Chef am Mittwochabend im ZDF-"heute journal". "Die starken Schultern werden weiter auch eine große Last tragen. Aber sie werden eben nicht stärker belastet. Und vor allen Dingen sorgen wir dafür, dass nicht Menschen, die in Wahrheit keine breiten Schultern haben, durch die Inflation plötzlich mehr Steuern zahlen." Es sei eine "reine Inflationsanpassung". Der FDP-Chef verwies im ZDF auf andere Maßnahmen der Ampel-Koalition, die auf Menschen mit geringem Einkommen abzielen. So nannte er die bereits beschlossenen Entlastungspakete mit einer Einmalzahlung für Hartz-IV-Empfänger und einem Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger. Er erinnerte zudem an Koalitionspläne für eine Reform des Wohngelds und den Umbau von Hartz IV zu einem neuen "Bürgergeld": "Um die Menschen, die ihre Bude nicht geheizt bekommen, da kümmern wir uns ja mit dem neuen Wohngeld, und es gibt Bürgergeld für die Menschen in Grundsicherung."

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/bua/news.de/dpa

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