Erstellt von - Uhr

Annalena Baerbock: Außenministerin attackiert Putin - Kreml-Tyrann weist Vorwürfe zurück

Der Atomwaffensperrvertrag soll dafür sorgen, dass die nukleare Rüstung nicht außer Kontrolle gerät. Jetzt droht er zur Makulatur zu werden. Außenministerin Baerbock und ihr US-Kollege Blinken geben Russland die Schuld dafür. Putin weist die Vorwürfe zurück.

Annalena Baerbock griff Wladimir Putin in ihrer Rede an. (Foto) Suche
Annalena Baerbock griff Wladimir Putin in ihrer Rede an. Bild: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr US-Amtskollege Antony Blinken haben die atomaren Drohgebärden Russlands vor den Vereinten Nationen scharf verurteilt.

Annalena Baerbock verurteilt "rücksichtslose nukleare Rhetorik" von Wladimir Putin

Russland habe wiederholt "rücksichtslose nukleare Rhetorik" verwendet, mit der es die Bemühungen der vergangenen 50 Jahre um die Eindämmung von Atomwaffen weltweit aufs Spiel setze, sagte Baerbock am Montag bei der UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags. Mit der Ukraine habe Russland ein Land ohne Atomwaffen angegriffen und damit frühere Zusicherungen "brutal verletzt".

US-Präsident Joe Biden bereit, Rahmen der Rüstungskontrolle neu zu verhandeln

Blinken warf Russland "gefährliches nukleares Säbelrasseln" vor. "In unserer Welt ist kein Platz für nukleare Abschreckung auf der Grundlage von Gewalt und Einschüchterung oder Erpressung. Wir müssen zusammenstehen, um dies abzulehnen." US-Präsident Joe Biden erklärte in einer Stellungnahme, seine Regierung sei bereit, "zügig" über einen neuen Rahmen für die Rüstungskontrolle zu verhandeln, der den New-Start-Vertrag nach dessen Auslaufen im Jahr 2026 ersetzen soll. "Aber Verhandlungen erfordern einen willigen Partner, der in gutem Glauben handelt", betonte Biden. Und Russlands Krieg gegen die Ukraine stelle einen Angriff auf die Grundpfeiler der internationalen Ordnung dar.

Putin und Biden verlängerten Abrüstungsvertrag "New Start" im Februar 2021

Der Abrüstungsvertrag New Start ist das einzig noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland. Kurz vor dessen Auslaufen im Februar 2021 hatten sich Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin auf eine Verlängerung geeinigt. Der Vertrag begrenzt die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

Kreml-Statement von Putin: Russland will keinen Atomkrieg beginnen

Wladimir Putin beteuerte, dass er nicht vorhabe, einen Atomkrieg vom Zaun zu brechen. "Wir gehen davon aus, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er niemals begonnen werden darf", schrieb er in einem auf der Webseite des Kremls veröffentlichten Grußwort an die Konferenzteilnehmer. Damit trat er seit Kriegsbeginn wachsenden Befürchtungen entgegen, dass Moskau in der Ukraine womöglich Atomwaffen einsetzen könnte. Putin hatte die russischen Atomstreitkräfte kurz nach dem Angriff auf das Nachbarland in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Nun betonte er, dass Russland seine Verpflichtungen als Gründungsmitglied des Atomwaffensperrvertrags erfülle und auch weiter erfüllen wolle.

Angst vor Atomkrieg seit Putins Ukraine-Einmarsch allgegenwärtig

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte, die Welt befinde sich in einer "Zeit nuklearer Gefahr, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben" habe. "Die Menschheit läuft Gefahr, die Lehren zu vergessen, die in den schrecklichen Feuern von Hiroshima und Nagasaki geschmiedet wurden". Die Welt sei nur ein Missverständnis oder eine Fehlkalkulation von der nuklearen Vernichtung entfernt.

Das mehr als 50 Jahre alte Abkommen über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), dem 191 Staaten beigetreten sind, bildet die Grundlage für atomare Abrüstung weltweit. Es besagt, dass nur die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien Atomwaffen besitzen dürfen. Die vier anderen mutmaßlichen Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea sind dem Vertrag entweder nicht bei- oder wieder ausgetreten. Ziel des Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, nukleare Abrüstung voranzutreiben und die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern.

Ziel der Reduzierung der 13.000 Atomwaffen weltweit durch Ukraine-Krieg erschwert

Alle fünf Jahre ist eine Überprüfung des Erreichten vorgesehen. Die zehnte Überprüfungskonferenz sollte bereits 2020 stattfinden, wurde wegen der Corona-Pandemie aber verschoben, und läuft nun bis zum 26. August. Die atomare Abrüstung war schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt wird die Reduzierung der knapp 13.000 Atomwaffen weltweit noch schwerer.

Annalena Baerbock verurteilt Putins Angriffskrieg bei UN-Rede in New York

Annalena Baerbock machte sich in New York trotzdem für konkrete Schritte bei der Abrüstung stark. Gleichzeitig bekannte sie sich zur deutschen Beteiligung an atomarer Abschreckung. "Der brutale Angriffskrieg Russlands macht deutlich, dass Nuklearwaffen leider eine bittere Realität sind", sagte sie. "Der Einsatz für nukleare Nichtverbreitung und nukleare Abschreckung sind in diesen Zeiten kein Widerspruch." Deutschland besitzt selbst keine Atomwaffen. Allerdings sind auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz nach Expertenschätzungen bis zu 20 US-Atombomben stationiert, die im Ernstfall von Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden sollen. So beteiligt sich Deutschland an der nuklearen Abschreckung der Nato.

Für Moskau war als Redner bei der Konferenz in New York ursprünglich Vize-Außenminister Sergej Rjabkow angekündigt gewesen - am Montag verschwand Russland aber zunächst ganz von der UN-Rednerliste. Es schien allerdings wahrscheinlich, dass ein Vertreter Moskaus am Dienstag das Wort ergreifen könnte.

Für Baerbock ist die Konferenz der Auftakt einer dreitägigen Nordamerika-Reise. Am Dienstag hält sie in New York eine Rede zu den transatlantischen Beziehungen und reist abends nach Kanada weiter.

Folgen Sie News.de schon bei Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.

/bua/news.de/dpa

Themen: