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Anne Spiegel: Rücktritt nach "politischem Versagen" gefordert! Familienministerin scharf kritisiert

Familienministerin Anne Spiegel hat erklärt, dass sie während der Flutkatastrophe aus familiären Gründen in den Urlaub fuhr. Aus der Politik und der Bevölkerung wurde sofort ihr Rücktritt gefordert. Auf Twitter ging es weiter: Dort wurde ihr Verhalten verurteilt.

Familienministerin Anne Spiegel äußerte sich zu ihrem Familienurlaub während der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.  (Foto) Suche
Familienministerin Anne Spiegel äußerte sich zu ihrem Familienurlaub während der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.  Bild: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geriet Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) in den vergangenen Wochen unter Beschuss. Zuerst ging es nur um E-Mails, in denen sie nicht vor den Unwetter-Folgen warnte. Am Wochenende berichtete die "Bild am Sonntag" dann, dass die 41-Jährige zehn Tage später mit ihrer Familie in den Urlaub nach Frankfurt fuhr und diesen nur einmal für einen Ortstermin im Ahrtal unterbrochen hatte. Am Sonntag (10. April 2022) erklärte sich nun die Grünen-Politikerin vor der Presse und räumte in einer emotionalen Rede Fehler ein. Doch damit konnte sie die Gemüter nicht besänftigten. Auf Twitter wurde ihr sogar ein Rücktritt nahegelegt.

Familienurlaub während Katastrophe: Anne Spiegel räumt Fehler nach Flutkatastrophe ein

Anne Spiegel begründete ihren Urlaub unter anderem mit dem Gesundheitszustand ihres Mannes, der im März 2019 einen Schlaganfall erlitten hatte. Ihre Familie habe den Urlaub gebraucht, "weil mein Mann nicht mehr konnte", sagte die 41-Jährige, die sichtlich angeschlagen wirkte und der während des Auftritts mehrfach die Stimme stockte. "Das war ein Fehler, dass wir so lange in Urlaub gefahren sind und ich bitte für diesen Fehler um Entschuldigung." Als weitere Begründung gab die Ministerin an, dass Corona für ihre Familie "eine wahnsinnige Herausforderung" gewesen sei. Die Pandemie habe ihre vier Kinder im Kita- und Grundschulalter "ganz klar mit Spuren versehen".

Spiegel legte in ihrer emotionalen Erklärung detailliert ihre privaten Beweggründe dar. Sie räumte ein, sich selbst mit einer Häufung von Ämtern überfordert zu haben. Zuerst habe sie sich entschlossen, neben ihrem Amt als Familienministerin in Rheinland-Pfalz die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl zu übernehmen. Als Fehler bezeichnete sie, dass sie dann ab Januar 2021 auch noch das Umweltministerium geschäftsführend übernommen habe, mit dem sie dann später mitverantwortlich für die Bewältigung der Flutkatastrophe wurde. "Ich habe diese Aufgabe sehr ernst genommen, und es war zu viel. Das hat uns als Familie über die Grenze gebracht", räumte Spiegel ein.

Anne Spiegel begründet Urlaub mit Corona-Belastung und krankem Ehemann

Die Entscheidung für den Urlaub sei eine schwere Abwägung zwischen ihrer Verantwortung als Ministerin und der Verantwortung als Mutter mit vier kleinen Kindern gewesen, die nicht gut durch die Corona-Pandemie gekommen seien. Während ihres Urlaubs sei sie immer erreichbar gewesen, habe Telefonate geführt und sich informiert. "Wenn es irgendeinen Anlass gegeben hätte, den Urlaub abzubrechen, dann hätte ich das sofort getan", sagte Spiegel.

Die Familienministerin musste aber Angaben korrigieren, die sie zuvor gegenüber der "Bild am Sonntag" gemacht hatte. Anders als ursprünglich mitgeteilt, habe sie sich nicht aus dem Urlaub zu den Kabinettssitzungen zugeschaltet. Die Sitzungen seien zwar in ihrem Kalender verzeichnet gewesen. Eine Überprüfung der Kabinettsprotokolle habe aber ergeben, dass sie nicht teilgenommen habe.

"Die Frau gehört in diesem Umständen nicht in ein Ministerium!" Anne Spiegels Rücktritt gefordert

Aus den Reihen der Union und AfD wurde ihr Rücktritt gefordert. CDU-Chef Friedrich Merz hatte bereits vor der Erklärung der Familienministerin Spiegels Entlassung gefordert. Mehrere andere Unions-Politiker und der familienpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Martin Reichardt, verlangten Spiegels Rücktritt. Zu den Rücktrittsforderungen aus der Opposition äußerte Spiegel sich nicht. Auch auf Twitter sprachen sich viele Nutzer und Nutzerinnen für ihre Entlassung aus. Sie warfen ihr ein Schmierentheater und Doppelmoral vor.Sie drängten sogar Olaf Scholz dazu, die Familienministerin aus dem Amt zu werfen. "Rücktrittswürdiges, politisches Versagen bleibt auch dann rücktrittswürdiges, politisches Versagen, wenn man auf die Tränendrüse drückt und vom schweren Privatleben erzählt. Unfassbar dreist von #AnneSpiegel", schreibt ein Nutzer. Zwischen den teilweise heftigen Rücktrittsforderungen argumentieren einige User sachlich. "Ok ich habe zu #AnneSpiegel nur folgendes zu sagen: Persönlich ist das verständlich. Und ehrlich: Es tut mir leid, das ist kein schönes Schicksal. Aber: Die Frau gehört in diesem Umständen nicht in ein Ministerium, sondern zu ihrem Mann und den 4 Kindern", meint ein Twitter-Nutzer.

Ein weiterer Nutzer erklärt: "Als Minister trägt man sehr viel Verantwortung. Darunter kann man auch zerbrechen - was man niemandem wünscht. Man kann und sollte allerdings ein Amt gar nicht erst antreten, wenn man weiß, dass man diese Last nicht wird tragen können. #AnneSpiegel." "Das Offensichtliche: Wer eine derart anstrengende familiäre Situation stemmen muss, muss sehr genau abwägen, ob noch Ressourcen für ein Amt als Bundesministerin vorhanden sind.Und bei aller Empathie für die privaten Lebensverhältnisse: Nichts von alledem darf von der Übernahme politischer Verantwortung ablenken. Von präzisen und pünktlichen Unwetterwarnungen hängen Menschenleben ab", schreibt der JournalistStephan Anpalagan. 

Anne Spiegel auf Twitter für Verhalten verteidigt

Einige Menschen verteidigen Anne Spiegels Verhalten. Der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Sven Lehmann (Grüne), schrieb auf Twitter. "Am Beispiel Anne Spiegel wird auch verhandelt, wie menschlich Politik sein darf", schrieb er. "Politiker*innen sind Menschen. Menschen können Fehler machen oder in harten Abwägungen Entscheidungen treffen, die sie später bereuen. Wer in der Politik keine Maschinen will, bekommt Menschen." Ein Twitter-Nutzer erinnert sogleich an die Verfehlungen von Unions-Politikern. "Meine Güte, was hier wegen #AnneSpiegel los ist... Liebe Konservative, habt ihr Amthor und Scheuer vergessen? Was ist mit den Maskendeals oder der Aserbaidschan-Connection? Auch vergessen? Oder Jens Spahn mit seinen Spenden-Dinners für 9999 Euro?"

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/loc/news.de/dpa

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