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Olaf Scholz: Scholz nennt sich "Kanzler der Ungeimpften" - und erntet Shitstorm

Kaum ist Olaf Scholz im Amt, erntet der neue Bundeskanzler auch schon heftige Kritik. Neuester Stein des Anstoßes: Im Interview mit "Bild am Sonntag" nannte sich Olaf Scholz auch den "Kanzler der Ungeimpften" und trat damit sowohl Geimpften als auch Ungeimpften auf den Schlips. 

Im Interview mit "Bild am Sonntag" bezeichnete sich Scholz auch als "Kanzler der Ungeimpften" - im Netz erntete der SPD-Mann Kritik von mehreren Seiten. (Foto) Suche
Im Interview mit "Bild am Sonntag" bezeichnete sich Scholz auch als "Kanzler der Ungeimpften" - im Netz erntete der SPD-Mann Kritik von mehreren Seiten. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Für sein Interview mit "Bild am Sonntag" kassierte der neue Bundeskanzler Olaf Scholz nicht nur Lob, sondern auch den einen oder anderen Shitstorm im Netz. Stein des Anstoßes war Scholz' Statement, er sei auch "Kanzler der Ungeimpften." Auf Twitter hagelt es Kritik aus mehreren Richtungen.

Olaf Scholz im "Bild"-Interview: "Bin auch Kanzler der Ungeimpften"

"Es darf keine roten Linien geben, das hat uns diese Pandemie nun wirklich gezeigt. Wir müssen immer bereit sein umzudenken, wenn die Umstände es erfordern", sagte Scholz im Interview mit "Bild am Sonntag". Deutschland ist nach Scholz' Ansicht nicht gespalten in geimpfte und ungeimpfte Menschen. "Die allermeisten Bürgerinnen und Bürger haben sich impfen lassen. Viele weitere wollen es bald tun, weil sie ihre Bedenken überwunden haben", meinte er. "Und von denen, die sich nicht impfen lassen, sind es ja nur sehr wenige, die glauben, sie müssten ihren Widerstand gegen die Impfungen mit martialischen Fackelmärschen demonstrieren und Politikerinnen oder Politiker bedrohen, die sich rund um die Uhr für die Bürgerinnen und Bürger ins Zeug legen." Scholz beteuerte: "Ich will das Land zusammenhalten. Und bin also auch der Kanzler der Ungeimpften." Verschiedene Meinungen zu haben, bedeute nicht gleich Spaltung. "Wir dürfen auch streiten. Ich bin überzeugt, dass die allermeisten Ungeimpften diese Fackelkundgebungen als genauso widerwärtig empfinden wie ich."

Historikerin kritisiert Scholz' Einschleimen bei Impfgegnern

Insgesamt eigentlich kein übles Interview, oder? Twitter sah das anders - Scholz erntete Kritik aus zwei Richtungen: von den Geimpften und von den Ungeimpften.

Historikerin Annika Brockschmidt sieht Scholz' Bezeichnung als Kanzler der Ungeimpften kritisch. Auf Twitter schreibt sie: "Scholz lässt bei der BILD die Eigenbezeichnung, er sei "auch der Kanzler der Ungeimpften" fallen und ich frage mich, was seine PR Stelle so beruflich macht. Was für ein fatales Messaging."

In einem weiteren Thread erklärt die Journalistin auf Twitter, was sie konkret an Scholz' Aussage für problematisch hält. "Impfgegner machen daraus nämlich: "schaut mal, der verhöhnt uns, wenn er das überhaupt extra sagen muss, hätte er mal das GG gelesen!"", schreibt sie und fügt an: "Man kann sich diesen Leuten nicht sympathisch machen, wenn man pro Impfung ist. Es funktioniert nicht."

Wie recht Annika Brockschmidt mit ihrer Analyse liegt, zeigt sich bei einem weiteren Blick auf Twitter. So mokiert sich dieser Herr über Scholz: "Wir haben einen Kanzler der Ungeimpften und Steuerbetrüger, aber keine Revolution."

Impfskeptiker fühlen sich vom Kanzler der Ungeimpften verhöhnt

Ähnlich tönt dieser Impfskeptiker auf Twitter: "Wie zynisch muss man sein, wenn man mit seiner Regierung 15-20 Mio Menschen ganz gezielt von der Teilnahme am öffentlichen Leben abschneidet, sie drangsaliert, ihnen immer mehr Grundrechte nimmt und dann sagt, man "sei auch ihr Kanzler"?"

Auch Autor Philip Kreißel, der sich unter anderem für die Faktencheck-Seite "Volksverpetzer" beruflich mit Hass im Netz auseinandersetzt, betont, dass Scholz' Aussage von Ungeimpften weniger gut aufgenommen wird. "Gerade mal auf Telegram geschaut. Dort wird Scholz für sein "Kanzler der Ungeimpften"- Posse nur ausgelacht. Verstehe beim besten Willen nicht, was das soll. Die Politik unterschätzt glaub ich gerade massiv die Wut der Vernünftigen."

"Fast 70 % der Ungeimpften haben rechtsextreme Parteien gewählt"

Folgender Nutzer weist den Kanzler darauf hin, dass Menschen, die sich bislang nicht haben impfen lassen, vermutlich eher weniger die SPD gewählt haben. Zur Veranschaulichung teilt er die Ergebnis-Grafik einer Forsa-Umfrage. "Der Kanzler der Ungeimpften könnte sich auch mal ansehen, was diese Zielgruppe so gewählt hat.Fast 70 % der Ungeimpften haben rechtsextreme Parteien gewählt."

"Kanzler des Typen, der bei uns in den Hausflur geschissen hat"

Dieser User stört sich am "Bild"-Framing von Scholz als "Kanzler der Ungeimpften", schließlich sei der SPD-Mann der Kanzler aller Deutschen. Er schreibt: "Olaf Scholz hebt hervor, dass er auch "Der Kanzler der Ungeimpften" ist. Ja, Olaf, du bist auch der Kanzler des Typen, der bei uns in den Hausflur geschissen hat, aber da machst du komischerweise keine BILD-Schlagzeile draus." Er ergänzt: "Also, nix gegen Versöhnung und Aufeinanderzugehen, aber die absolute Mehrheit der Deutschen ist von Impfgegnern genervt - und das vollkommen zurecht. Da darf man sich schon ein klareres Einordnen wünschen."

"Ich will keinen "Kanzler der Ungeimpften", keinen Kanzler der Telegram-Chats, keinen Kanzler des Zorns. Ich möchte einen Kanzler der Vernunft, der Rationalität, der Wissenschaft und der solidarischen Verantwortung", äußert ein anderer Nutzer einen frommen Wunsch.

Olaf Scholz als Kanzler der Geimpften und Ungeimpften

Anders bezieht dieser Nutzer Stellung und kommt Scholz zu Hilfe. Er twittert: "Allein angesichts meiner familiären Situation bin ich wirklich der letzte, der Impfgegner verharmlosen würde. Aber wenn es jetzt allen Ernstes skandalisiert wird, dass Kanzler #Scholz auf Nachfrage NICHT sagt: "Ich bin NICHT der Kanzler der Ungeimpften" ist bedenklich."

Nicole Diekmann lobt Scholz dafür, "Kanzler aller" zu sein

Ähnlich sieht es Journalistin und Autorin Nicole Diekmann. Sie schreibt: "Ein Fußballer wird verunglimpft, weil er sich nicht impfen lässt. Nun lässt sich doch impfen. Und wird verunglimpft. Ein Kanzler sagt, er sei aller Kanzler. Auch derer, die ihn verunglimpfen. Und wird dafür verunglimpft. Ihr braucht doch echt alle nen Feuerlöscher."

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