Genetisch bedingt: Warum Kaffee manche Menschen müde macht
Während die meisten nach dem ersten Kaffee hellwach werden, fallen andere in ein Müdigkeitsloch - doch woran genau liegt das? Was unsere Gene und Gehirnstruktur mit der veränderten Wirkung zu tun haben.
Erstellt von Felix Schneider - Uhr
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- Kaffee wirkt bei einigen Menschen nicht aufputschend, sondernd ermüdend
- Schuld sind unter anderem Gene, durch die wir Koffein schneller abbauen
- Auch der Konsum spielt eine entscheidende Rolle bei der Wirkung
Für die meisten Menschen bedeutet der erste Schluck Kaffee am Morgen den Start in einen produktiven Tag. Indes führt Kaffee am Abend meist zu Schlaflosigkeit - doch das ist nicht immer der Fall. Manche werden sogar regelrecht müde durch Koffein. Die Reaktion ist dabei keineswegs eingebildet oder psychosomatisch, sondern beruht auf individuellen Unterschieden in der Gehirnchemie.
Mehr über die Wirkung von Kaffee auf den menschlichen Körper finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Dopamin-Rausch wirkt als Müdigkeitssignal
Koffein verhindert normalerweise, dass uns der Botenstoff Adenosin müde macht - dieser sammelt sich tagsüber im Gehirn an und signalisiert gegen Ende des Tages Schläfrigkeit. Koffein blockiert diese Wirkung - und kurbelt indirekt auch die Dopamin-Produktion an. Während der Dopamin-Schub bei den meisten Menschen zu gesteigerter Aufmerksamkeit und Tatendrang führt, deuten manche Gehirne das Signal komplett anders.
Studien zeigen: Ein ähnlicher Mechanismus wie für manche nach der Tasse Kaffee tritt auch nach dem Orgasmus auf - hier folgt auf die Dopamin-Flut ebenfalls häufig Schläfrigkeit. Das hängt unter anderem damit zusammen, in welcher Hirnregion das Dopamin ausgeschüttet wird und an welche Art von Rezeptoren es bindet. So kann es etwa bei Menschen mit mehr Müdigkeits- als Wachmacher-Rezeptoren sein, dass der Muntermacher paradoxerweise zum Schlafmittel wird.
Gene entscheiden über Kaffee-Verträglichkeit
Die Fähigkeit, Koffein zu verarbeiten, ist in unserer DNA verankert, wie die Schlafforscherin Dr. Christina Blume gegenüber "Fitbook" erklärt. "Es gibt Menschen, die trinken gar keinen Kaffee, weil es sie stresst. Dann gibt es Menschen, die sind gar nicht sensibel und wieder andere bewegen sich im Mittelbereich."
Wissenschaftler identifizierten zwei entscheidende Gene:
- CYP1A2 steuert ein Leberenzym, das bestimmt, wie rasch der Körper Koffein abbaut. Menschen mit einer bestimmten Variante dieses Gens bauen den Wachmacher blitzschnell ab - die anregende Wirkung verpufft, bevor sie richtig einsetzt.
- Das zweite Gen, ADORA2A, reguliert die Adenosin-Rezeptoren im Gehirn. Bei manchen Varianten dockt Koffein weniger effektiv an diese Andockstellen an. Die Folge: Trotz Kaffeekonsum bleibt die ermüdende Wirkung des Adenosins bestehen.
Während einige nach einer Tasse stundenlang zappelig sind, gähnen andere bereits nach dem dritten Espresso. Die individuelle Genetik bestimmt, ob Kaffee zum Energieschub oder zur Einschlafhilfe wird.
Gewöhnungseffekt macht Kaffee wirkungslos
Darüber hinaus entwickeln regelmäßige Kaffeetrinker häufig eine Toleranz gegenüber Koffein. Das Nervensystem passt sich an die ständige Stimulation an und stumpft ab. Was früher für einen Energieschub sorgte, hält jetzt nur noch den Normalzustand aufrecht. Auch Medikamente gegen Angststörungen oder Herzrhythmusstörungen können die Koffeinwirkung verändern.
Zudem spielt der Lebensstil eine entscheidende Rolle. Bei chronischem Schlafmangel überdeckt Koffein die Erschöpfung nur kurzzeitig - dann übernimmt der natürliche Schlafdrang wieder die Kontrolle. Dauerstress schwächt ebenfalls die aufputschende Wirkung, da Stresshormone das Nervensystem ohnehin bereits in Alarmbereitschaft halten.
Koffein-Crash: Wenn der Wachmacher zum Erschöpfungstreiber wird
Konsumiert man Kaffee dann nicht nur regel- sondern auch übermäßig, kann das zu einem Erschöpfungseffekt führen: Das Nervensystem wird überstimuliert, bis die Wirkung nachlässt und ein heftiger Energieabsturz folgt. Dieser Rebound-Effekt entsteht, wenn die anfängliche Müdigkeitsmaskierung durch Koffein schwindet - die aufgestaute Erschöpfung bricht dann mit voller Wucht durch.
Das kann auch eine Wirkung auf die Tiefschlafphasen haben. Betroffene schlafen zwar ein, wachen aber wie gerädert auf. Mit einer Halbwertszeit von etwa fünf Stunden verbleibt die Substanz lange im System - 100 Milligramm um 18 Uhr bedeuten noch 50 Milligramm um 23 Uhr. Erhöhte Cortisolspiegel durch zu viel Koffein verschlimmern die Erschöpfung zusätzlich. Ein Teufelskreis entsteht: Mehr Kaffee gegen die Müdigkeit, schlechterer Schlaf, noch mehr Erschöpfung.
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