Erstellt von Corina Lingscheidt - Uhr

Trotz steigender Zinsen: Wie Verbraucher noch sparen können

Für all jene, die ein Guthaben haben, sind steigende Zinsen eine gute Nachricht. Denn so gibt es für Festgeld und Tagesgeld etwas on top. Doch für all jene, die im Begriff sind, einen Ratenkredit aufzunehmen, könnte es noch einmal teurer werden.

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Foto: Christin Klose/dpa-tmn Bild: Christin Klose/dpa

Die Europäische Zentralbank, kurz: EZB, hat Ende Juni 2023 die mitunter wichtigste Stellschraube für die Zinsentwicklung auf 4,0 gesetzt. Der sogenannte Leitzinssatz ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Stattdessen steht die nächste Erhöhung vielleicht bereits an. Ende Juli 2023 soll hierzu eine Entscheidung fallen. Doch was bedeutet das? Für all jene, die ein Guthaben haben, sind steigende Zinsen eine gute Nachricht. Denn so gibt es für Festgeld und Tagesgeld etwas on top. Doch für all jene, die im Begriff sind, einen Ratenkredit aufzunehmen, könnte es noch einmal teurer werden. Vor allem bei kurzfristigen Ratenkrediten sind die Auswirkungen auf die Kreditzinsen spür- und sichtbar, Baukredite bleiben hingegen stabil – liegen aber über vier Prozent.

Welche Wirkung haben Leitzinsen?

Wer glaubt, dass die Festlegung der Leitzinsen durch die EZB eine zentrale Wirkung haben muss, der irrt sich. Leitzinsen stellen lediglich eine Richtlinie dar, die bei der EZB angibt, für wie viel Prozent die EZB Geld verleiht oder eben auch anlegt. Das Ziel der EZB besteht darin, für ein stabiles Preisniveau auf dem Markt zu sorgen. Ein Inflationsziel von zwei Prozent werde dafür angestrebt, heißt es aus Expertenkreisen.

Um dieses zahlenmäßig notierte Ziel zu erreichen, dreht die EZB an den Zinsen. Steigt der Leitzins ist in der Finanzwirtschaft die Rede von einer restriktiven Entwicklung, senkt die EZB den Leitzins, wird die Geldpolitik als expansiv bezeichnet, was sich wachstumsfördernd auswirken könnte. In der Praxis lässt sich das vergleichsweise einfach veranschaulichen:

  • Fällt der Zins, werden die Kreditzinsen erschwinglicher, die Investitionen steigen. Allerdings steigen bei dieser Entwicklung auch die Preise.
  • Zinserhöhungen, wie die EZB dies seit Sommer 2022 unternommen hat, sorgen dafür, dass Investitionskredite teurer werden. Das reduziert das Wirtschaftswachstum oder auch die Konsumfreude der Privatverbraucher, wirkt sich aber auf der anderen Seite positiv auf die Preisentwicklung aus. Denn wenn die Nachfrage gedämpft ist, könnten auch die Preise fallen.

So wirkt sich die Zinsentwicklung auf das Kreditwesen aus

Vor dem Sommer 2022 war die Zinsentwicklung für Kreditnehmer durchaus positiv. Die EZB hat die Zinsen gesenkt, das heißt, dass Verbraucher beispielsweise Ratenkredite für einen minimalen Zinssatz erhielten. Zwischen Frühjahr 2016 und Sommer 2022 lag der sogenannte Hauptrefinanzierungs-Zinssatz, der als Orientierungshilfe für die Vergabe von Ratenkrediten dient, bei null Prozent. Seit Juli 2022 sind die Leitzinsen im Steigen begriffen. Im Juli stieg der Leitzins auf 0,5 Prozent, im Dezember lag er bereits bei 2,5 Prozent. Vier weitere Erhöhungen gab es im Jahr 2023, wodurch der Leitzins nun bereits bei vier Prozent liegt – Tendenz steigend. Doch wie können Kreditnehmer dennoch sparen?

Tipp 1: Schnell für einen Ratenkredit entscheiden – noch vor der nächsten Zinserhöhung

Um als Verbraucher trotz steigender Zinsen beim kurzfristigen Ratenkredit noch sparen zu können, sollten Interessierte nun schnell sein, denn für Juli 2023 steht die nächste Erhöhung des Leitzinses bereits in Aussicht. Entscheidend für eine mögliche Erhöhung des Leitzinses sei die Datenentwicklung, heißt es aus dem EZB-Rat, denn eben hier will regulierend auf die Inflation eingewirkt werden. Trotz der Idee, schnell zu agieren, sollte der Kreditabschluss dennoch überlegt erfolgen. Wichtig ist es, den Kreditbedarf genau zu bemessen. Dafür sind eine durchdachte Überlegung und Kalkulation im Vorfeld nötig. Ein zu hoher Kredit würde die Kosten in die Höhe treiben. Später einen zweiten Kredit aufzunehmen, weil das Darlehen nicht ausreicht, ist ebenfalls ein meist teureres Unterfangen.

Tipp 2: Vertragslaufzeiten beachten

Auch die bewusste Auswahl einer Vertragslaufzeit kann dabei helfen, zu sparen. Wer davon ausgeht, dass das regulierende Instrument des Leitzinses nun in der Praxis Früchte trägt und sich auf die Inflation auswirkt, könnte einen Ratenkredit mit kurzfristiger Laufzeit abschließen. Das größte Sparpotential gibt es, wenn der Vertrag zeitnah (noch vor der nächsten Erhöhung) abgeschlossen wird und die Zinspreisbindung überschaubar ist. So könnte darauf reagiert werden, wenn die Zinsen fallen.

Allerdings beschreiben Experten diesen Sparversuch auch als Wagnis. Wenn nämlich der Leitzins weiter steigt, ist ein nicht vollends abbezahlter Ratenkredit auch ein finanzielles Desaster, weil die Anschlussfinanzierung vielleicht dann auf utopisch hohen Zinssätzen beruht, die heute noch gar nicht vorstellbar sind.

Tipp 3: Flexible Vertragsvarianten sind gefragt

Wer die Möglichkeit hat, in Ruhe einen Kreditvergleich durchzuführen, könnte das Bestmögliche aus der aktuell unattraktiven Zinslage herausholen. Vor allem flexible Vertragsvarianten sind hierbei eine gute Wahl, denn wenn schon die Zinsentwicklung nicht absehbar ist, sichern sie doch die Möglichkeit, flexibel auf die Entwicklung zu reagieren. So hilft es beispielsweise, wenn keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt, wenn der Kredit vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit abgelöst wird. Das macht nicht nur Sinn, wenn ein Lottogewinn gut angelegt werden will, sondern auch, wenn die Zinsen sich in die Richtung verändern, dass sie wieder auf Abwärtskurs kommen. Dann nämlich könnte es eine gute Idee sein, eine Umschuldung zu initiieren.

Gibt es nicht die Option, die Vorfälligkeitsentschädigung zu umgehen, kann es helfen, Sondertilgungen im Vertrag aufzunehmen, die dann kostenlos erfolgen können. Auch die Aufnahme eines zweiten Kreditnehmers könnte sich positiv auf die Kreditzinsen auswirken, denn ein zweiter Kreditnehmer erhöht die Sicherheit für den Kreditgeber.

Tipp 4: Angebote einholen und genaue Angaben machen

Dass es gut und sinnvoll ist, online Kreditangebote einzuholen und diese zu vergleichen, hat sich längst rumgesprochen. Vom Vergleichsportal Finanzcheck gibt es noch einen Tipp dazu: Wer den Verwendungszweck für den Ratenkredit angibt, könnte die Kreditzinsen senken. Ein Blick auf die Tipps der Finanzexperten zeigt:

  • Ein ungebundener Ratenkredit, also ein Kredit „zur freien Verwendung", der für den Urlaub, den Kühlschrank oder die Rolex-Uhr verwendet werden kann, ist im Vergleich zu zweckgebundenen Krediten teurer.
  • Beim Autokredit wird häufig mit dem Konstrukt gearbeitet, eine Anzahlung zu leisten, niedrige Monatsraten zu vereinbaren und ggf. eine Schlussrate zu bezahlen.
  • Auch wer bauen oder renovieren möchte, sollte dies angeben und sich so günstigere Konditionen für die Immobilien- und Baufinanzierung sichern.
  • Auch die Option, mehrere Kredite zusammenzulegen, kann bares Geld sparen. Im Zuge der Umschuldung eines Altkredits oder der Zusammenlegung mehrerer einzelner Kredite lassen sich ggf. bessere Konditionen aushandeln. Auch ist es so denkbar, teure Dispokredite abzulösen.

Tipp 5: Eine ordentliche Finanzführung sorgt für bessere Konditionen

Wer als solider, vertrauenswürdiger Kreditnehmer auftritt, der hat bessere Chancen auf einen guten Kreditzins. Anders als anno dazumal, in einer Zeit, in der im Anzug gekleidet eine Bank betreten wurde, um einen Kreditvertrag abzuschließen, wird die Seriosität eines Kreditnehmers heute eher an messbaren Werten festgemacht. Kurz gesagt: Wer keinen negativen Schufa-Eintrag hat, kann sich bessere Konditionen ausrechnen. In der Schufa gelistet sind in erster Linie Werte wie Einkommen, Zahlungsverhalten und Bestandkredite. Um zu verhindern, dass ein falscher Eintrag sich negativ auf das Kreditangebot auswirkt, raten Experten zu einer Schufa-Abfrage im Vorfeld.

Wer bauen will, muss im Vorfeld genau kalkulieren

Für Häuslebauer gilt seit Juni ein Bauzins von über vier Prozent – eine kurzfristige Zahl, die sich langfristig auch auf den Bauboom auswirken könnte. Denkbar wäre beispielsweise eine veränderte Bauweise – kleiner und günstiger – um den hohen Zinssatz mit günstigeren Ausgaben kompensieren zu können. Wer bauen möchte, hat aktuell nämlich die Option, kaum eine Tilgungsrate in den Baukredit einzubauen. Wird von Experten eine Tilgungsrate von vier Prozent angeraten, der Bauzins beträgt aber bereits vier Prozent, wird die Tilgungsrate häufig auf 0,5 Prozent reduziert. Das wiederum heißt: Die Idee vom abbezahlten Traumhaus zieht sich in die Länge, denn die Dauer der Rückzahlung eines Baukredits hängt maßgeblich von der Tilgung ab.

Kurz und knapp bedeutet das für Häuslebauer: Wer eine niedrige Tilgung ansetzt, um die hohen Bauzinsen zu kompensieren, zahlt länger. Die Quintessenz heißt demzufolge häufig: Downsizing. Statt der Villa mit 25 Quadratmetern wird es die 120-Quadratmeter Doppelhaushälfte, für die ein Grundstück mit 800 Quadratmetern auf zweimal 400 Quadratmeter geteilt wurde. Wer ohnehin ein minimalistisches Wohnen im Blick hat, könnte auch auf ein Tiny House setzen.

So wirkt sich die Zinsentwicklung auf Sparer aus

Sparer freuen sich aktuell über jede neue Entscheidung seitens der EZB, denn meist verheißen diese neuen Entscheidungen für sie vor allem Gutes. Die Zinsen steigen, was bedeutet, dass bereits auf dem Tagesgeldkonto ein Zinssatz von zwei Prozent winken könnte – je nachdem, um welche Bank es sich handelt. Experten raten dazu, etwa drei Monatsgehälter auf dem Tagesgeldkonto zu parken, was sich doppelt positiv auswirkt. Wer beispielsweise 6.000 Euro auf dem Tagesgeldkonto angespart hat und dafür zwei Prozent an Zinsen bekommt, verdient – auf vergleichsweise sichere Weise – aktuell 120 Euro. Der nette Nebeneffekt eines gefüllten Tagesgeldkontos ist auch dieser: Wenn eine überraschende Ausgabe ansteht, dann ist es kostenfrei, sich am eigenen Geld auf dem Tagesgeldkonto zu bedienen, wohingegen der Dispokredit die wohl schlechteste Variante ist, um kurzfristig die Liquidität zu sichern.

Wer langfristig Geld anlegen möchte – nicht auf einem Tages-, sondern beispielsweise auf einem Festgeldkonto – der kann aktuell nur einen Blick in die Glaskugel werfen. Grundsätzlich gilt zwar, dass sich jedes Jahr mehr beim Festgeld positiv auf die Zinsen auswirkt, jedoch kann keiner voraussehen, ob die Angebote im Juni 2024 nicht noch besser sind als aktuell. Finanzexperten raten zur Anlage für ein Jahr, um die Zinsentwicklung im Blick zu haben. Ggf. ist es wirtschaftlich interessanter, erst in 2024 für längere Zeit das Festgeldkonto zu befüllen. Wer ohnehin ein weniger ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein mit Blick auf das Ersparte hat, könnte mit einem Aktienindexfonds die Rendite für Erspartes steigern. Finanzexperten raten zu dieser Form der Anlage, um die Inflation auszugleichen, was mit der Anlage auf einem Festgeldkonto ebenso wenig möglich sei wie beispielsweise mit einer Lebensversicherung.

lic/news.de

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