Streaming-Urteil: Gericht bestätigt: Dreiste Preiserhöhungen von Netflix unwirksam

Das Landgericht Köln hat mehrere Preiserhöhungen von Netflix für unwirksam erklärt und den Streamingdienst zu Rückzahlungen verurteilt. Das Gericht kritisierte die "versteckten" Preiserhöhungen, für die der Kläger rund 200 Euro zurückerhält.

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Dem Gerichtsurteil nach könnten auch andere Kunden nun Rückzahlungen fordern. Dabei entschieden andere Gerichte zuvor anders. (Foto) Suche
Dem Gerichtsurteil nach könnten auch andere Kunden nun Rückzahlungen fordern. Dabei entschieden andere Gerichte zuvor anders. Bild: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd
  • Landgericht Köln: Netflix muss Geld an Kunden zurückzahlen
  • Hintergrund war ein Rechtsstreit um "versteckte" Preiserhöhungen
  • Der Kläger erhielt 200 Euro zurück vom Streamingdienst

Ein wegweisendes Urteil des Landgerichts Köln sorgt für Aufsehen unter Millionen Netflix-Nutzern in Deutschland. Das Gericht hat mehrere Preiserhöhungen des Streamingdienstes für unwirksam erklärt und den Anbieter zu Rückzahlungen verurteilt. Ein Kunde, der ursprünglich ein Abo für 11,99 Euro abgeschlossen hatte, bekommt nun rund 200 Euro zurück.

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Landgericht Köln: Preiserhöhung per Button nicht zulässig

Der betroffene Kunde hatte ursprünglich ein Netflix-Abo für monatlich 11,99 Euro abgeschlossen. In den Jahren 2017, 2019 und 2022 erhöhte der Streamingdienst die Preise schrittweise bis auf insgesamt 17,99 Euro. Über ein Pop-up-Fenster innerhalb der Plattform wurde der Nutzer über die Preissteigerungen informiert. Als Alternative wurde ihm lediglich ein "Downgrade" seines Abonnements angeboten. Ohne eine der beiden Optionen auszuwählen, hätte er den Dienst nicht weiter nutzen können.

"Ein Klick auf einen vermeintlich zustimmenden Button reicht nicht aus, wenn der Nutzer gar nicht erkennt, dass es sich um ein Vertragsangebot handeln soll", erläuterte Rechtsanwalt Christian Solmecke, der den Kläger vertrat. Auch das Landgericht Köln stellte mit dieser Begründung fest, dass diese Art der Zustimmungseinholung nicht ausreichend war.

Netflix zu 200 Euro Rückzahlung verdonnert

Das Landgericht Köln (AZ.: 6 S 114/23, 154 C 225/22) entschied, dass Netflix die Preiserhöhungen zu Unrecht vorgenommen hatte. Der Streaminganbieter muss nun knapp 200 Euro an den Kläger für alle überhöhten Zahlungen seit 2019 zurückzahlen. Allerdings sind die Ansprüche aus den Jahren 2017 und 2018 bereits verjährt und können nicht mehr zurückgefordert werden. Das Gericht berief sich explizit auf die dreijährige Regelverjährungsfrist und wies ältere Ansprüche zurück.

"Das Urteil macht klar: Die Zeit der stillschweigenden Preisänderungen ist vorbei. Auch Streaminganbieter müssen sich an geltendes Recht halten und können ihre Preise nur mit Zustimmung der Kunden oder bei Neuverträgen erhöhen", erklärte Anwalt Solmecke. Die Klage war 2022 eingegangen, weshalb nach diesem Maßstab heute allenfalls Ansprüche ab 2022 neu einklagbar sind.

So reagiert der Streamingdienst auf das Urteil

Netflix zeigt sich von dem Urteil unbeeindruckt und beharrt auf der Rechtmäßigkeit seiner Preiserhöhungen. "Die Entscheidung des Landgerichts Köln fällt aus dem Rahmen", erklärte eine Unternehmenssprecherin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Der Streamingdienst verweist auf gegenteilige Entscheidungen anderer Gerichte. "Andere Gerichte haben bei derselben Sachlage Gegenteiliges entschieden und unsere bisherigen Preiserhöhungen in Deutschland aufgrund ausdrücklicher Einwilligungen unserer Mitglieder als wirksam anerkannt", so die Sprecherin weiter. Bei der letzten Preiserhöhung im vergangenen Jahr hatte Netflix bereits reagiert und die Formulierung der Zustimmung abgewandelt. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Anbieter mögliche rechtliche Schwachstellen erkannt und angepasst hat.

Kriegt jetzt jeder Netflix-Kunde Geld zurück?

Das Urteil des Landgerichts Köln wirkt rechtlich zunächst nur zwischen den beteiligten Parteien und nicht automatisch für alle Netflix-Nutzer. "Betroffene in einer ähnlichen Ausgangslage müssen daher zu viel gezahlte Beiträge nach einer unwirksamen Preiserhöhung selbstständig zurückfordern und gegebenenfalls einklagen", erklärte Erol Burak Tergek von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Dennoch sprechen Verbraucherschützer von einer "starken Signalwirkung" für Millionen Netflix-Kunden. Gabriele Bernhardt von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg begrüßte die Entscheidung: "Das ist ein kleiner weiterer Schritt hin zu einer Stärkung von Verbraucherrechten bei Abo-Verträgen: Es ist ein Stoppschild für Firmen, dass sie mit fadenscheinig eingeholten Zustimmungen nicht einfach die Preise erhöhen dürfen." Für Nutzer, die ähnliche Ansprüche prüfen möchten, ist jedoch zu beachten, dass die dreijährige Verjährungsfrist gilt.

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/ife/news.de/dpa/stg

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