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"maybrit illner": "Viel Meinung, kein Wissen!" CDU-Politiker schockt mit Renten-Vorschlag 

Bei "maybrit illner" wurde über den Arbeitskräftemangel diskutiert. Dabei machte der CDU-Politiker Carsten Linnemann einen ganz besonderen Vorschlag, um das Problem zu lösen - und bekam bei Twitter viel Kritik.

CDU-Politiker Carsten Linneman sprach sich bei "maybrit illner" für die Aktiv-Rente aus. (Foto) Suche
CDU-Politiker Carsten Linneman sprach sich bei "maybrit illner" für die Aktiv-Rente aus. Bild: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Deutschland fehlen die Arbeitskräfte: 100.000 Beschäftigte fehlen auf dem Arbeitsmarkt, hieß es zu Beginn von "maybrit illner" am 02.02.2023. Die Krise verschärft sich noch, wenn die Baby-Boomer in Rente gehen. Wie kann dieser neuen "Arbeiterlosigkeit" entgegengewirkt werden? Durch mehr Zuwanderung? Darüber wollte die Moderatorin am Donnerstagabend mit ihren Gästen reden und Lösungen finden. Besonders ein Gast fiel hierbei zwar mit Ideen, aber keinem wirklichen Problemlöser auf. Aber von vorne!

"maybrit illner" vom 2. Februar: Andrea Nahles bezeichnet Arbeitskräftemangel als das "größte Problem der Dekade"

Wenn die Baby-Boomer in Rente gehen, schrumpft die Zahl der Arbeitskräfte um sieben Millionen. Immer mehr Fachkräfte verschwinden so und können nicht so schnell ersetzt werden. Das würde vermutlich auch der Wirtschaft schaden. Andrea Nahles, die Bundesvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit und frühere Arbeitsministerin, bezeichnete den Arbeitskräftemangel als "das größte Problem der Dekade für die deutsche Wirtschaft". Deshalb gilt es das Problem zu lösen. Es soll zwei Millionen freie Stellen geben, besonders in bestimmten Branchen wie im Bau. Das Problem werde durch den Strukturwandel gerade nicht gelöst, meint Elisabeth Niejahr. "Es gibt ein Ungleichgewicht", so die Volkswirtin und Chefin der Hertie-Stiftung. "Frau Nahles versucht das mit Weiterbildungsangeboten voran zu schieben", das sei aber ein "mühsames Geschäft", denn es gebe neben offenen Stellen auch Arbeitslose. Laut Elisabeth Niejahr kann nicht jeder in einem Dienstleistungsberuf anfangen.

Ricarda Lang bietet Lösungen gegen den Arbeitskräftemangel an

Die Probleme bestehen schon seit Jahren, erklärte Ricarda Lang. "Ich kann wenig für die letzten 16 Jahre sprechen, denn da war weder ich Teil der Regierung noch meine Partei!" Die Grünen-Politikerin zeigte gleich zu Beginn auf, welche Hürden bestehen.Sie betonte, dass "wir ein Arbeitsplatzmangel", aber auch einen "Fachkräftemangel" haben. Die Gesellschaft lebt in einer alternden Gesellschaft und viele Arbeitnehmer gehen in Rente. Das seien alles Dinge, die sich nicht so einfach ergeben haben. Lösungen hatte sie auch parat. Frauen sollten schneller die Möglichkeit bekommen in Vollzeit zu arbeiten, die Zuwanderung müsse verbessert werden und die Löhne müssen höher ausfallen.

Carsten Linnemann wagt düstere Prognose

Die Lösungssuche war das entscheidende Thema bei "maybrit illner". Die Gäste wagten einen Versuch. Hat die vorherige Regierung etwas versäumt? Es gebe "große Probleme", räumte auch Andrea Nahles ein. Gerade bei der Zuwanderung zeigt sich das. "Meine Prognose ist, und damit mache ich mich wahrscheinlich in dieser Runde unbeliebt: Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir 20 bis 25 Prozent weniger Fachkräfte im Handwerk und auch im Mittelstand haben werden. Das werden wir auch durch Zuwanderung nicht schaffen", so Linnemann. Systeme müssten seiner Meinung nach optimiert werden und effizienter ausfallen, um Millionen Menschen in Arbeit zu bringen.

Eine weitere Lösung sei es, mehr Langzeitarbeitslose und Ältere in Arbeit zu bringen. Dafür sei aber Coaching nötig, weil viele Bewerber nicht die nötigen Qualifikationen für den Job mitbringen. Hierbei spielt aber auch vor allem der Lohn eine große Rolle. Um Arbeitnehmer:innen zu gewinnen, muss auch das Gehalt stimmen. In einem Atemzug schwankte die Diskussion um und die Rente stand plötzlich im Mittelpunkt.

Carsten Linnemann gibt Schuld für Wohlstands-Krise der "Vollkasko-Mentalität"

Ist es etwa sinnvoll, länger zu arbeiten und ist die Rente ab 63 überhaupt eine gute Idee gewesen? Andrea Nahles, die damals als Arbeitsministerin die Rente ab 63 mit auf den Weg brachte, verteidigt diese Entscheidung. "Wir wollten eine Generation würdigen, die mit 15, 16 in die Ausbildung gegangen ist und 45 Jahre gearbeitet hat. Und da wollten wir nicht, dass die Abschläge hinnehmen müssen. Dazu stehe ich!" Carsten Linnemann, der damals selber mit seiner Partei dafür stimmte, sieht das Modell als "größten sozialpolitischen Fehler der Großen Koalition". "Damals habe ich die Flexi-Rente noch durchsetzen können, damit die Menschen einen Anreiz haben, auch länger zu arbeiten, wenn sie es wollen. Es war ein Kompromiss", so der CDU-Politiker. 

Linnemann schiebt den Schwarzen Peter der Regierung zu und sieht das Problem in der "Vollkasko-Mentalität". "Und da müssen wir aufpassen. Wenn wir da reingehen, dann war's das mit Deutschland. Wir müssen aufpassen, dass der Wohlstand uns nicht satt gemacht hat, sondern dass Eigenverantwortung auch in Zukunft was zählt. Seit den letzten Krisen hat sich der Staat derart ausgeweitet, dass er so tut, als ob er für alles sorgt. Er verteilt so das Geld, als ob alle Lebensrisiken abgedeckt wären." Die Option, ab 63 Jahren in Rente zu gehen, habe "zu großen Teilen top-fitte Leute aus dem Arbeitsmarkt gezogen".

Renten-Diskussion bei "maybrit illner": Carsten Linnemann will "Aktiv-Rente"

Carsten Linnemann hat dann auch eine Idee parat. "Ich möchte für alle, die das gesetzliche Rentenalter erreichen und dann länger arbeiten, das steuerfrei machen." Die Beschäftigten und ihre Arbeitgeber müssten lediglich Sozialversicherungsabgaben zahlen. "Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten, da brauchen wir außergewöhnliche Instrumente", ergänzte er. Er fand anschließend einen passenden Namen dafür: "Das können Sie auch die neue Illner-Rente nennen!" Maybrit Illner wollte das nicht so stehen lassen, wehrte ab und nannte es dann "Linnemann-Rente". Bei einigen Gästen kam der Renten-Vorschlag gut an. "Viele werden froh sein, sich zu ihrer Rente noch was hinzuverdienen zu können", sagte Jörg Dittrich, seines Zeichens Handwerkspräsident. 

Lösungssuche gegen den Arbeitskräftemangel bei "maybrit illner"

Alle waren sich aber einig, dass ein Wandel vollzogen werden muss. Besonders in der Bildung und der Qualifikation müsse etwas getan werden. An Vorschlägen mangelt es den Gästen nicht. "In die Schulen, in die Berufsberatungen reingehen, damit die jungen Menschen lernen: Wenn ich eine Ausbildung mache, habe ich nicht nur einen sicheren Job, sondern am Ende bin ich bei vielen dieser Berufe sogar Klimaschützer von Beruf aus", sagte Lang. Sogleich hagelt es für ihre Idee Kritik. "Die Grünen reden immer von 'Wende zu weniger' und 'Wir dürfen nicht immer nur an Wachstum glauben. Das ist der falsche Tonfall. Es gibt auch sehr viel Diskussion, die den Optimismus dämpft", sagte Niejahr. 

Arbeitskräfte-Diskussion entbrennt bei Twitter

Viele Zuschauer:innen diskutierten intensiv über die Sendung. Dass jetzt gerade von einer Krise in Bezug auf fehlende Arbeitskräfte gesprochen wird, verstehen viele nicht. "Ich verstehe nicht, weshalb niemand in der Debatte um fehlende Arbeits- und Fachkräfte, darüber spricht, dass wir eine Umschulungsrevolution brauchen. Es gibt Millionen Zerstörerjobs die abgeschafft werden müssen. Worauf wird eigentlich noch gewartet?", schreibt der Klimaaktivist und Autor Tino Pfaff. "Es fehlen Millionen von Arbeitskräften bis 2035? Und wieso unternimmt man nichts, um die Gesundheit der verbleibenden Arbeitnehmer:innen zu schützen?", fragt sich ein Nutzer.

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Carsten Linnemann entsetzt Twitter-Nutzer nach "maybrit illner"-Auftritt

Die meiste Kritik bekam aber Carsten Linnemann ab. "Der hohle-Phrasen-Award geht heute an Linnemann. Wow. Viel Meinung, kein Wissen", heißt es in einem Kommentar. "Wenn Linnemann, dessen Rente so sicher ist wie das Amen in der Kirche, seinen besorgten Blick aufsetzt, glaub ich ihm kein Wort", schreibt ein Nutzer. Ein anderer meint: "Da sitzt der CDU-Linnemann, der aktiv verhindert hat, dass das Bürgergeld mit verbesserten Weiterbildungsmöglichkeiten umgesetzt wird, und beschwert sich, das so viele nicht ausgebildet sind. Unglaubliche Frechheit".

Die aktuelle Ausgabe von "maybrit illner" steht kostenlos als Video-on-demand in der ZDF-Mediathek zur Verfügung. Dort finden Sie außerdem Videos von älteren Sendungen.

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