Wladimir Putin: Deutsches Vermögen in Gefahr - Experten warnen vor bitterer Kreml-Rache

Kanzler Merz drängt beim EU-Gipfel auf die Beschlagnahmung russischer Vermögen – doch Experten warnen: Moskau könnte sich rächen. Am Ende würden deutsche Steuerzahler die Zeche gleich doppelt zahlen.

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Greift Europa nach Putins Milliarden – und zahlt am Ende selbst den Preis? (Foto) Suche
Greift Europa nach Putins Milliarden – und zahlt am Ende selbst den Preis? Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin via AP | Alexander Kazakov
  • Kanzler Merz drängt auf Zugriff auf eingefrorene Russen-Milliarden
  • Experten warnen vor Rechtsbruch und brutaler Vergeltung aus Moskau
  • Deutsches Vermögen von über 100 Milliarden Euro in akuter Gefahr

Beim EU-Gipfel in Brüssel steht eine wegweisende Entscheidung an: Die europäischen Staats- und Regierungschefs verhandeln über die Verwendung eingefrorener russischer Vermögenswerte zugunsten der Ukraine. Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich in den vergangenen Tagen mit vollem Einsatz für diesen Schritt bei den EU-Partnern eingesetzt.

Friedrich Merz fordert Verwendung eingefrorener Russen-Milliarden für Ukraine

Der Kanzler machte am Montag deutlich, wie viel für ihn auf dem Spiel steht: "Wenn uns das nicht gelingt, dann wird die Handlungsfähigkeit dieser Europäischen Union über Jahre, wenn nicht über längere Zeit als nur kurz, massiv beschädigt sein." Deutschland müsse eine "rationale Position" bei diesem Thema vertreten, betonte Merz.

Allerdings teilen nicht alle Fachleute diese Einschätzung. Zahlreiche Experten bezweifeln, ob die geplante Nutzung der festgesetzten russischen Gelder für ein sogenanntes Reparationsdarlehen an Kiew tatsächlich der richtige Weg ist.

Experten warnen vor bitterer Rache von Wladimir Putin

Die juristische Grundlage für die Beschlagnahmung der russischen Gelder ist unter Fachleuten höchst umstritten. Der Politikwissenschaftler Joachim Weber äußerte gegenüber "Focus Online" erhebliche Bedenken: "Wir sollten uns sehr gut überlegen, ob wir auf den völkerrechtswidrigen Überfall auf die Ukraine mit einer völkerrechtswidrigen Wegnahme von 200 Milliarden Euro reagieren wollen."

Mit diesem Vorgehen würde Europa einen "eklatanten Rechtsbruch" begehen und damit die Büchse der Pandora öffnen, warnt Weber. Neben den rechtlichen Zweifeln treibt Experten vor allem die Sorge vor Moskaus Reaktion um. "Der Kreml wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, sich für die Beschlagnahmung der Vermögen zu rächen", prognostiziert der Politikwissenschaftler. Besonders Deutschland dürfte dabei ins Visier geraten – schließlich ist es Kanzler Merz, der das Vorhaben maßgeblich vorantreibt.

Deutsches Milliarden-Vermögen im Visier des Kremls

Moskau hat bereits Vorbereitungen für einen Gegenschlag getroffen. Nach der Invasion 2022 verschob der Kreml westliche Vermögenswerte auf sogenannte Typ-C-Konten. Diese gehören zwar formal noch den ausländischen Eigentümern, Abhebungen sind jedoch blockiert. Bei einer EU-Entscheidung zur Nutzung russischer Gelder könnte Moskau diese Vermögen endgültig konfiszieren.

Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer, beziffert das deutsche Vermögen in Russland auf mehr als 100 Milliarden Euro. Dazu zählen Fabriken, Ladenketten, Aktieninvestitionen und Beteiligungen an Energieinfrastruktur. "Und diese Summe wächst Woche für Woche, weil der russische Staat die Auszahlung von größeren Dividenden an die Muttergesellschaften in Deutschland und im Ausland unterbindet", erklärt Schepp.

Die russische Zentralbank hat vergangene Woche bereits Euroclear, den Verwalter der eingefrorenen russischen Gelder, auf 193 Milliarden Euro verklagt. Schepp sieht darin die rechtliche Grundlage für künftige Enteignungen westlicher Vermögenswerte.

Systemrelevanter Finanzdienstleister schlägt Alarm

Die möglichen Folgen einer Beschlagnahmung reichen weit über direkte Vermögensverluste hinaus. Euroclear, wo die eingefrorenen russischen Gelder liegen, verwaltet insgesamt mehr als 42 Billionen Euro. Unternehmenschefin Valérie Urbain warnt eindringlich: "Wenn Euroclear in existenzielle Schwierigkeiten kommt, wird das Auswirkungen auf die europäischen Finanzmärkte insgesamt haben."

Der Finanzdienstleister gilt aufgrund seiner Größe als systemrelevant für die europäische Finanzarchitektur. Doch die Bedrohung könnte noch weitreichender sein. Schepp befürchtet, dass Moskau seinen internationalen Einfluss nutzen wird: "Russland wird gegenüber den Ländern des globalen Südens argumentieren, dass Europa und Euroclear kein sicherer Finanzplatz sind."

Diese Kampagne könnte dazu führen, dass sich internationale Großinvestoren vom europäischen Markt zurückziehen. Ein solcher Vertrauensverlust würde die Finanzmärkte zusätzlich destabilisieren.

Deutsche Steuerzahler könnten doppelt zur Kasse gebeten werden

Der Vorsitzende der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer hält die Position des Kanzlers für alles andere als vernünftig. "Im Wettbewerb, sich wirtschaftlich selbst ins Knie zu schießen, hat Russland die Medaillenränge zumindest bisher anderen überlassen. Deutschland steht leider auf dem Treppchen ganz oben", urteilt Schepp.

Seine düstere Prognose: "Deutschland zahlt doppelt." Zunächst drohe der Verlust deutscher Vermögenswerte, wenn Moskau diese in die Staatskasse umleite oder an kremlnahe Unternehmer verteile. Anschließend könnte sich die geplante Reparationsanleihe als Täuschung erweisen.

Politikwissenschaftler Weber teilt diese Befürchtung. Das Konzept sieht vor, dass die Ukraine das Geld nur zurückzahlen muss, wenn Russland nach Kriegsende Reparationen leistet. "Russland wird sich aber vehement weigern, diese Reparationen zu zahlen", warnt Weber. Die Konsequenz: Europäische und damit auch deutsche Steuerzahler müssten letztlich für die beschlagnahmten russischen Vermögen aufkommen.

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