Femizid in Leipzig: Hunderte Nachbar:innen gedachten am Dienstagabend der getöteten Susann K. vor dem Tatort
Susann K. wurde Opfer eines Femizids in Leipzig. Am Dienstagabend, dem 21.08.2025, versammelten sich Nachbar:innen am Tatort, um der 42-Jährigen zu gedenken.
Von news.de-Redakteur Lucas Meyer - Uhr
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- 200 Menschen gedachten der getöteten Mutter in Leipzig.
- Kritik an Gewaltstrukturen und volle Frauenhäuser.
- 2023 fast täglich ein Femizid in Deutschland.
Rund 200 Menschen, überwiegend junge Frauen und Männer, haben am Dienstagabend in Leipzig der 42-jährigen Susann K. gedacht, die Anfang der Woche vor den Augen ihres zehnjährigen Sohnes von ihrem Ex-Partner erstochen worden war. Die Kundgebung wurde von Sachsen gegen Femizide organisiert.
Mit Kerzen, Blumen und Musik – darunter das spanische Lied "Cantar sin miedo" ("Singen ohne Angst"), – gedachten die Teilnehmenden der Verstorbenen. Viele nutzten das offene Mikrofon, um Erinnerungen, Wut und Forderungen zu teilen. "Wenn uns eine genommen wird, antworten wir alle", hieß es in einer der Reden.
"Schuld ist ein System, das Besitzdenken legitimiert"
Mehrere Redner:innen machten deutlich, dass sie nicht nur individuelle Täter, sondern gesellschaftliche Strukturen verantwortlich sehen. "Es ist das System, das den Besitz des Mannes an der Frau legitimiert", sagte eine Sprecherin. Eine andere erinnerte an frühere Fälle: an Jessica S., die 2024 in Leipzig-Paunsdorf von ihrem Ex-Mann ermordet wurde, und an Michelle, die im August 2008 in Leipzig getötet wurde.
Auch auf die überlasteten Frauenhäuser wurde hingewiesen. Die Tochter einer Sozialarbeiterin berichtete, ihre Mutter habe Frauen immer wieder abweisen müssen, weil keine Plätze frei waren. "Was macht eigentlich der Staat?", fragte sie schluchzend.
Für Mittwochabend, den 27.08.2025, ist in Leipzig ein weiteres Gedenken zu dem Femizid geplant.
Solidarität mit dem Sohn
Eine Rednerin rief zu Spenden für den zehnjährigen Sohn auf, der bei der Tat schwer verletzt wurde. Über einen GoFundMe-Account soll der Junge unterstützt werden.
Alarmierende Zahlen zu Gewalt gegen Frauen
Die Leipziger Tat reiht sich in eine erschreckende Statistik ein: Laut dem ersten Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten", von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) gab es 2023 in Deutschland nahezu jeden Tag einen Femizid. Insgesamt wurden 938 Frauen Opfer von Tötungsdelikten, davon 360 vollendete Taten. Über 80 Prozent der Opfer wurden von (Ex-)Partnern getötet.
Hinzu kommen 180.715 Frauen und Mädchen, die 2023 Opfer häuslicher Gewalt wurden (+5,6 %). Mehr als 52.000 waren Opfer von Sexualstraftaten, über die Hälfte davon unter 18 Jahren. Auch digitale Gewalt wie Cyberstalking steigt rasant an (+25 %).
Faeser erklärte: "Fast jeden Tag sehen wir einen Femizid in Deutschland. Alle drei Minuten erlebt eine Frau häusliche Gewalt. Das ist unerträglich – und verlangt konsequentes Handeln." Frauenministerin Paus betonte: "Gewalt gehört zum Alltag von Frauen. Das ist beschämend. Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung."
Forderung nach gesellschaftlicher Verantwortung
Zum Abschluss der Leipziger Kundgebung hieß es: "Wir alle haben die Verantwortung zu verstehen, was es heißt, eine Frau in dieser Gesellschaft zu sein." Viele entzündeten Kerzen – in Erinnerung an eine Mutter, deren Geschichte nicht enden dürfe.
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mel/news.de
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