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Buchstabiertafel: "Gender-Wahn", "Sprachreinigung" und Co.! Twitter spottet über Alphabet-Reform

"C wie Cäsar" und "E wie Emil": Ist damit bald Schluss? Das Deutsche Institut für Normung überarbeitet die Buchstabiertafel. Für Gendergerechtigkeit sollen Ortsnamen künftig die Vornamen ersetzen. Ein Skandal oder nicht?

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet derzeit an einer Neufassung der Buchstabiertafel mit Ortsnamen. (Foto) Suche
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet derzeit an einer Neufassung der Buchstabiertafel mit Ortsnamen. Bild: AdobeStock / Jakub Krechowicz

"Gender-Wahn - Jetzt sollen wir sogar das Alphabet neu buchstabieren", titelt die "Bild" und konstruiert damit einen Skandal. Hintergrund: Das Deutsche Institut für Normung (DIN) arbeitet derzeit an einer neuen Fassung der Buchstabiertafel für Wirtschaft und Verwaltung. Statt Vornamen könnten schon bald 26 Städte beim Diktieren helfen.

Ohne Diskriminierung! Reform der Buchstabiertafel mit Ortsnamen statt Vornamen

Die DIN 5009 regelt, welchen Worte welche Buchstaben beim Diktieren verdeutlichen. Die Deutsche Buchstabiertafel umfasst 32 Buchstaben und Buchstabengruppen - von A bis Z, außerdem "Ch", "Sch", "Eszett" und die drei Umlaute Ä, Ö, Ü. Dafür wurden bislang vor allem Vornamen genutzt. Davon 16 Männer- und nur sechs Frauennamen. "Das entspricht nicht der heutigen Lebensrealität", teilte das Institut mit. Da es nicht möglich sei, alle relevanten ethnischen und religiösen Gruppen und dann auch noch geschlechtergerecht ausgewogen darzustellen, seien Städtenamen ein guter Kompromiss.

In dem Entwurf habe man versucht, westdeutsche und ostdeutsche Bundesländer ausgeglichen auszuwählen. Chemnitz, Görlitz, Jena und fünf weitere der 26 Städte vertreten die Bundesländer in Ostdeutschland. Dazu kommt mit "Vogtland" die einzige Region unter den Bezeichnungen. Spitzenreiter mit sieben Städten - etwa Essen, Köln und Wuppertal - ist Nordrhein-Westfalen, dahinter folgt Bayern mit vier - zum Beispiel München und Augsburg. Das Saarland, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hamburg und Sachsen-Anhalt gehen nach derzeitigem Stand leer aus.

Bei "Eszett" und "Ypsilon" bleibt es bei der einfachen Bezeichnung der Buchstaben. Die Umlaute heißen nicht mehr "Ärger", "Ökonom" und "Übermut", sondern Umlaut-A, Umlaut-O und Umlaut-U. Viele Städte zeigen sich erfreut über die bevorstehende Neufassung: "Vom damit verbundenen Bekanntheitsgrad würden wir als vergleichsweise kleine Stadt besonders profitieren", hieß es aus Tübingen. "Wir sind überrascht, aber es ist doch schön, dass man an Unna gedacht hat", sagte ein Sprecher der Stadt. Die Wahl dürfte dem Umstand geschuldet sein, "dass es nicht so viele Städte mit U gibt".

"Gender-Wahn", "Sprachreinigung" und Co.! Boulevardblatt konstruiert Skandal

Doch die "Bild"-Zeitung hält absolut nichts von der Neufassung der Buchstabiertafel. Das Blatt schreibt über den "Gender-Wahn", der noch nicht einmal vor dem Alphabet halt macht. Untermauert wird der Unmut mit der Aussage einer Soziologie-Professorin. So heißt es in dem Artikel: "Dass Schüler, Firmen und Ämter künftig politisch korrekt buchstabieren sollen, hält Soziologie-Professorin Ulrike Ackermann für eine absurde 'Sprachreinigung'". Dabei lässt das Blatt jedoch weg, dass die Buchstabiertafel fast ausschließlich in Wirtschaft und Verwaltung genutzt wird und noch nicht einmal verpflichtend ist."Die Menschen sollen umerzogen werden", zitiert das Blatt die Professorin.

Buchstabiertafel nicht verpflichtend! "Bild" blamiert sich auf Twitter

Der konstruierte Skandal stößt im Netz auf Unverständnis. "BILD fabriziert mal wieder aus NICHTS eine Genderwahn-Story (das grenzt an Wahn). Hand aufs Herz: wer könnte überhaupt dieses Alphabet korrekt wiedergeben? Und wie oft nutzt man das? Eben: Keiner und fast nie", kommentiert ein Twitter-Nutzer die Berichterstattung. "Ich finde die Variante mit Städten viel einprägsamer! Bin dafür!", heißt es in einem anderen Tweet.

"Es gibt tatsächlich Menschen, die sich den ganzen Tag mit so einem Unsinn beschäftigen und erbsenzählend irgendwelche 'Ungerechtigkeiten' aus dem Hut zaubern", will ein Twitter-Nutzer nichts von Diskriminierung wissen. "Also was daran so schlimm ist, versteh ich nicht. Oder greift das deine 'Männlichkeit' so stark an?", fragt ihn daraufhin ein anderer. "Na und? Man hatte ja auch kein Problem sich umzustellen, als alle hebräischen Namen ausgetauscht wurden", zeigt sich ein Twitter-Nutzer angesichts der Neufassung unbeeindruckt.

Nazis reformierten Buchstabiertafel und radierten jüdische Namen aus

Das DIN arbeitet schon seit vergangenem Herbst an den neuen Diktierregeln. Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter Michael Blume hat die Reform ausgelöst. Ihn stört, dass in der aktuellen Tafel noch immer Relikte aus dem Nationalsozialismus stecken. Die Nazis hatten 1934 alle jüdischen Namen entfernt: Aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol, aus Samuel Siegfried.

Die aktuelle Fassung mit den Ortsnamen sei ein Entwurf. Noch können sich Interessierte mit Ideen und Kommentaren an das Deutsche Institut für Normung wenden. Die endgültige Fassung soll Mitte 2022 veröffentlicht werden.

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/news.de/dpa

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