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#allesdichtmachen: Droht ein "Tatort"-Verbot? Rundfunk-Räte fordern Konsequenzen

Mit Videos wollten Prominente die Corona-Politik kommentieren. Es folgen heftige Kritik und gestotterte Erklärversuche. Medienberichten zufolge drohen Rundfunk-Räte nun sogar mit einem "Tatort"-Verbot als Reaktion auf die Schauspieler-Videos.

Die Kombo aus einzelnen Video-Standbildern der Internetaktion #allesdichtmachen via Youtube zeigt Schauspieler, die sich an der Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen beteiligen. (Foto) Suche
Die Kombo aus einzelnen Video-Standbildern der Internetaktion #allesdichtmachen via Youtube zeigt Schauspieler, die sich an der Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen beteiligen. Bild: picture alliance/dpa/Internetaktion #allesdichtmachen via Youtube

Die Videos sind nur wenige Minuten kurz und lassen viele doch ratlos zurück. Mehrere Schauspielerinnen und Schauspieler haben satirisch gemeinte Clips veröffentlicht - als Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung. Darunter sind Namen, die Millionen aus dem Fernsehen kennen. Die "Tatort"-Stars Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur, Volker Bruch, Ulrike Folkerts etwa. Nach einigen Stunden nehmen die ersten Beteiligten ihre Videos wieder runter - die Aktion stößt am Freitag auf viel Kritik.

Kritik an Protest-Aktion #allesdichtmachen: Erste Beteiligte distanzieren sich

Unter dem Motto #allesdichtmachen waren rund 50 Beiträge veröffentlicht worden, etwa auf der Plattform YouTube. Etliche Kollegen reagieren empört. Die Folge: Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung distanzieren sich erste Teilnehmer von der Aktion. So verschwinden etwa Videos von Heike Makatsch, Trystan Pütter und Meret Becker von der YouTube-Seite. Kunst müsse Fragen stellen können, sagte "Tatort"-Star Becker später bei Instagram. "Aber diese Aktion ist nach hinten losgegangen." Sie werde das Video runternehmen lassen. "Und ich entschuldige mich dafür, dass das falsch verstanden werden konnte."

Wer steckt hinter der Protest-Aktion #allesdichtmachen?

Im Impressum der Seite allesdichtmachen.de war der wenig bekannte Regisseur Bernd Wunder als verantwortlich genannt. Wunder sagte der dpa, er sei nicht der Initiator, sondern Teil einer großen Gruppe. Es gehe bei der Aktion darum, die Angemessenheit der Maßnahmen zu diskutieren. Auf seinem - inzwischen auf privat gestellten - Instagram-Account ist teils heftige Kritik gegen Corona-Maßnahmen zu finden, Befürworter werden "Coronazis" genannt. Dies würde er heute nicht mehr wiederholen, sagte Wunder.

Rundfunk-Räte drohen mit "Tatort"-Verbot nach Schauspieler-Videos

Bei Verständnis für die Lage von Künstlerinnen und Künstlern kam viel Kritik am Vorgehen der Prominenten auch aus der Politik.So forderte WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin auf Twitter, die Zusammenarbeit mit beteiligten "Tatort"-Stars wie Jan-Josef Liefers und Ulrich Tukur zu beenden. "Die zuständigen Gremien müssen die Zusammenarbeit (..) schnellstens beenden", twitterte er. Später wurde der Tweet wieder gelöscht.

Norman Heise, Rundfunkrat des rbb in Berlin, schlug laut "Bild"-Zeitung hingegen vor, die beteiligten Schauspieler vor den Rundfunkrat zu zitieren. "Diese Aktion muss im Nachgang ganz genau vom Rundfunkrat betrachtet werden. Jeder einzelne der beteiligten Künstler muss angehört und zu seinen Intentionen befragt werden. Erst dann kann man das Ganze bewerten. Pauschale Vorverurteilung wäre falsch", so Heise gegenüber dem Boulevardblatt.

Politiker kritisieren Protest-Aktion #allesdichtmachen

Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hätte sich "deutlich mehr Empathie für die Menschen gewünscht, die vom Coronavirus betroffen sind oder im Gesundheitssystem harte Arbeit leisten". Es gehe in dieser Naturkatastrophe um die Rettung von Menschenleben, "das dürfen wir nie vergessen". Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) machte den Initiatoren ein Dialogangebot.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), auch Vorsitzender der Kulturministerkonferenz, sagte: "Zynismus und Hohn sind unangebracht." Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD), wies darauf hin, die Kultur sei überproportional getroffen. "Ironie und Sarkasmus aber lösen diese aktuellen Widersprüche in die falsche Richtung auf und drohen zynisch zu wirken." Zynismus könne nicht die richtige Haltung sein.

"Ausgrenzung statt Debatte heißt die Devise": Palmer reagiert auf angedrohtes "Tatort"-Verbot

Für das angedrohte "Tatort"-Verbot hat Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kein Verständnis. "Die Mühe, sich ernsthaft mit der Frage zu befassen, warum so viele bekannte Schauspieler dabei mitmachen, ist schon zu viel. Ausgrenzung statt Debatte heißt die Devise." Ähnlich sieht es auch die Fraktions-Chefin der Berliner Grünen Antje Kapek. Sie twitterte: "Ich bin auch Rundfunkrätin und Politikerin und halte die Kritik von #allesdichtmachen sehr gut aus. Es ist gesund auch mal den satirischen Spiegel vorgehalten zu bekommen. Aber als Konsequenz den Rausschmiss zu fordern, ist das genaue Gegenteil von Pressefreiheit."

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/news.de/dpa

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