Grippewelle 2025/26 beginnt: Neuer Virustyp H3N2 breitet sich rasant aus - darum ist die Influenza aktuell so heimtückisch

Die Grippewelle rollt drei Wochen früher als gewöhnlich auf Deutschland zu – angetrieben von einer Virusvariante, die unser Immunsystem kaum noch erkennt und die die verfügbaren Impfstoffe an ihre Grenzen bringt. Das ist die aktuelle Experten-Einschätzung.

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Die Grippewelle rollt drei Wochen früher als gewöhnlich auf Deutschland zu – angetrieben von einer Virusvariante, die unser Immunsystem kaum noch erkennt. (Foto) Suche
Die Grippewelle rollt drei Wochen früher als gewöhnlich auf Deutschland zu – angetrieben von einer Virusvariante, die unser Immunsystem kaum noch erkennt. Bild: picture alliance/dpa/dpa-tmn | Till Simon Nagel
  • Grippewelle aktuell in Deutschland: Influenza-Saison beginnt ungewöhnlich früh
  • 7,2 Millionen Menschen in Deutschland mit Atemwegserkrankungen außer Gefecht gesetzt
  • Neue Grippe-Variante A(H3N2) der Subklade K verschlimmert Influenza-Situation

Das Gefühl, von einem Moment auf den anderen von einem Virus niedergemäht und von Symptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Halsschmerzen, starker Erschöpfung und Schweißausbrüchen heimgesucht zu werden, erleben derzeit 7,2 Millionen Menschen in Deutschland. Die Zahl der Influenza-Nachweise sei innerhalb von zwei Wochen deutlich gestiegen, heißt es im Anfang Dezember 2025 veröffentlichten Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Experten sind sich einig: "Der Beginn der Grippewelle deutet sich an", schreibt das RKI. Insgesamt leiden demnach derzeit mehr als sieben Millionen Menschen in Deutschland an einer akuten Atemwegserkrankung. Diese Infektionen können durch Erreger wie Grippeviren (Influenza), Coronaviren oder RSV (Respiratorische Synzytial-Virus) ausgelöst werden.

Experten schlagen Alarm: Wird die Grippe-Saison 2025/26 heftiger als in den Vorjahren?

Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC warnt zugleich vor einer möglicherweise schwereren Grippewelle als in den Vorjahren. Die derzeit vorrangig grassierende Virusvariante unterscheidet sich erheblich von den bisher bekannten Stämmen und bereitet Gesundheitsexperten Sorgen. In Großbritannien hatte die Saison bereits Ende September begonnen – mehr als einen Monat früher als üblich. Was auf Deutschland zukommen könnte, zeigt der Blick nach Australien. Dort erreichte die Grippesaison im Sommer 2025 einen historischen Höchststand mit mehr als 400.000 laborbestätigten Infektionen – so viele wie nie zuvor. Besonders alarmierend: Jede dritte bestätigte Erkrankung betraf Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Mehr als 44.500 Fälle wurden allein bei Kleinkindern unter fünf Jahren registriert. Die Subklade K2 des H3N2-Virus trieb diese Entwicklung maßgeblich voran.

Zu wenig Impfungen gegen Influenza verschärfen Erkrankungssituation

Niedrige Impfquoten verschärften die Situation erheblich. Nur gut ein Viertel der Kleinkinder und etwa 60 Prozent der über 65-Jährigen waren geimpft – die niedrigsten Werte seit Jahren. Experten sehen darin ein deutliches Warnsignal: Sinkt die Impfbereitschaft, kann sich das Virus schneller ausbreiten und das Gesundheitssystem stärker belasten.

Influenza-Subklade K mit H3N2-Virus auf dem Vormarsch könnte Grippewelle verschärfen

Die Subklade K unterscheidet sich genetisch deutlich von den bisher zirkulierenden H3N2-Stämmen. Das hat Konsequenzen für die körpereigene Abwehr: "Unsere Immunantwort kann das Virus einfach nicht so gut erkennen und es deshalb auch nicht so gut abwehren", erklärt die Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München. Erste Untersuchungen belegen eine höhere Übertragbarkeit der neuen Variante. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Fallzahlen im Vergleich zu einer durchschnittlichen Grippesaison um etwa 20 Prozent steigen könnten. Auch Menschen, die bereits geimpft wurden oder früher erkrankt waren, sind nicht automatisch geschützt. Die gute Nachricht: Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die Subklade K schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Grippeviren. Dennoch können wie bei jeder echten Influenza ernsthafte Komplikationen auftreten.

Harmlose Erkältung oder "echte" Grippe? Diese Symptome von Influenza sollten Sie kennen

Eine Infektion mit dem H3N2-Virus beginnt typischerweise abrupt und mit voller Wucht. Laut Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit setzen bei vielen Betroffenen schlagartig Fieber und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl ein. Trockener Reizhusten sowie ungewöhnlich starke Erschöpfung gelten als charakteristische Anzeichen. Hinzu kommen häufig Schüttelfrost, der oft gleichzeitig mit dem Fieber auftritt, sowie intensive Muskel- und Gliederschmerzen. Schweißausbrüche und Halsschmerzen können die Beschwerden ergänzen. Bei Kindern treten vereinzelt auch Magen-Darm-Symptome wie Übelkeit oder Durchfall auf. Allerdings verläuft nicht jede Grippe nach diesem Muster – manche Erkrankungen zeigen sich weniger typisch und sogar ohne Fieber. Da sich die Symptome stark mit anderen Atemwegsinfektionen wie Covid-19 oder RSV überschneiden, empfiehlt das Robert Koch-Institut bei unklaren Beschwerden eine gezielte Labordiagnostik zur sicheren Unterscheidung.

Risikogruppen drohen lebensbedrohliche Komplikationen bei Grippe-Infektion

Obwohl viele Grippeinfektionen mild verlaufen, trifft es bestimmte Personengruppen deutlich härter. Besonders gefährdet sind Menschen über 60 Jahre, Kleinkinder unter fünf Jahren sowie Schwangere. Auch chronische Erkrankungen an Herz, Lunge, Leber oder Nieren erhöhen das Risiko für schwere Verläufe erheblich. Gleiches gilt für Diabetiker und Personen mit geschwächtem Immunsystem. Bei diesen Gruppen reagiert die körpereigene Abwehr oft langsamer oder weniger effektiv. Grippeviren können sich dadurch schneller ausbreiten und stärkere Entzündungen auslösen. Eine gefürchtete Komplikation ist die Lungenentzündung, die häufig eine Krankenhausbehandlung erfordert und lebensbedrohlich verlaufen kann. "Influenza ist eine wirklich ernstzunehmende und auch zum Teil wirklich ganz, ganz dramatisch verlaufende Erkrankung", betont Divi-Präsident Florian Hoffmann. Allein zwischen Januar und Mai dieses Jahres mussten rund 135.000 Menschen wegen Grippe stationär behandelt werden – darunter 30.000 Kinder. Viele Viruserkrankungen können Probleme wie Herzmuskelentzündungen, Erschöpfungszustände, Depressionen oder Nervenschäden verursachen. Nach einer Grippe können etwa langanhaltende gesundheitliche Probleme ähnlich denen bei Long Covid auftreten.

Influenza-Impfung bleibt trotz Virusmutation der beste Schutz

Auch wenn die aktuellen Grippeimpfstoffe nicht optimal auf die Subklade K abgestimmt sind, bieten sie weiterhin einen wichtigen Schutz. Das Paul-Ehrlich-Institut bestätigt: Durch den sogenannten immunologischen Erinnerungseffekt bildet der Körper Antikörper, die auch veränderte Viren zumindest teilweise erkennen können. "Die Zeit ist jetzt entscheidend", mahnt Edoardo Colzani, Leiter der Abteilung für Atemwegsviren beim ECDC. "Wenn Sie für eine Impfung in Frage kommen, warten Sie bitte nicht." Erste Daten aus Großbritannien zeigen zudem, dass die verfügbaren Vakzine gerade bei Kindern weiterhin sehr wirksam schwere Verläufe verhindern. Das RKI empfiehlt die Impfung besonders für Menschen ab 60, Schwangere, chronisch Kranke sowie medizinisches Personal. Auch jetzt lohnt sich die Immunisierung noch – sie kann die drohende Grippewelle zumindest abmildern.

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