Nach 30-Mio-Coup in Gelsenkirchen: Müssen Banken unbegrenzt für Ihr Schließfach haften?
Schließfach geplündert – was nun? Nach dem 30-Mio-Einbruch in Gelsenkirchen: Wann Banken unbegrenzt haften und warum Ihre Versicherung oft nicht reicht. So schützen Sie Ihre Wertsachen.
Erstellt von Sebastian Hoffmann - Uhr
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- Der Fall: Profis erbeuteten in Gelsenkirchen geschätzte 30 Millionen Euro aus 3.200 Schließfächern.
- Das Problem: Viele Opfer sind unterversichert, da Standard-Policen oft bei 20.000 Euro deckeln.
- Die Hoffnung: Weisen Ermittler Sicherheitsmängel nach (wie 2021 in Norderstedt), haftet die Bank unbegrenzt.
- Der Rat: Um Ansprüche durchzusetzen, sind Inventarlisten, Fotos und Kaufbelege der Wertsachen zwingend nötig.
Unbekannte Täter haben bei einem spektakulären Einbruch in eine Sparkassen-Filiale in Gelsenkirchen-Buer eine Beute von geschätzten 30 Millionen Euro erbeutet. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen wurden dabei rund 3.200 Schließfächer aufgebrochen – ein Ausmaß, das diesen Fall zu einem der größten Bankeinbrüche in der deutschen Geschichte macht.
Die Kriminellen verschafften sich über ein benachbartes Parkhaus Zugang zum Gebäude. Von dort aus gelangten sie durch einen Archivraum und bohrten sich mit einem Spezialwerkzeug durch die Wand zum Tresorraum. "Den Bohrer kriegen Sie nicht im Baumarkt", erklärte ein Polizeisprecher.
Der genaue Tatzeitpunkt ist noch unklar – die Weihnachtsfeiertage und das vergangene Wochenende kommen infrage. Entdeckt wurde der Einbruch am Montagmorgen, als der Brandmeldealarm auslöste. Zahlreiche Opfer berichteten den Ermittlern, dass ihre Verluste den Versicherungswert ihrer Schließfächer deutlich übersteigen.
Norderstedt 2021: Einbrecher bohrten sich zwei Tage lang durch
Der Einbruch in Gelsenkirchen erinnert an einen ähnlich aufsehenerregenden Fall aus dem Jahr 2021. Damals drangen Kriminelle in eine Filiale der Hamburger Sparkasse in Norderstedt ein und plünderten etwa 600 Schließfächer.
Die Täter nutzten einen wuchtigen Kernbohrer, um sich Zugang zum Tresorraum zu verschaffen. Der Vorgang erstreckte sich über zwei Tage und verursachte erheblichen Lärm sowie starke Erschütterungen. Dennoch blieb der Einbruch zunächst unbemerkt.
Der Fall wirft bis heute Fragen zur Sicherheit von Bankschließfächern auf. Experten gehen davon aus, dass der Tresorraum damals nicht nach dem anerkannten Stand der Technik gesichert war. Die im Mietpreis enthaltene Versicherung war auf 40.000 Euro begrenzt – für viele Geschädigte reichte diese Summe bei weitem nicht aus, um ihre Verluste zu decken.
395 Milliarden Euro Bargeld in deutschen Haushalten
Die Frage nach sicheren Aufbewahrungsorten für Wertsachen beschäftigt viele Deutsche. Laut Bundesbank lagerten Ende 2024 insgesamt 395 Milliarden Euro Bargeld in Privathaushalten. Klassische Verstecke wie unter der Matratze, hinter Bildern oder im Sparstrumpf gelten dabei als denkbar ungeeignet.
Bankschließfächer werden als deutlich sicherere Alternative beworben. Die Sicherheitsvorkehrungen in Banken übertreffen jede heimische Alarmanlage um ein Vielfaches. Panzertüren und Alarmsysteme bieten einen Schutz, den private Haushalte nicht erreichen können.
Doch wie die Fälle in Gelsenkirchen und Norderstedt zeigen, sind auch Bankschließfächer nicht unverwundbar. Selbst modernste Sicherheitstechnik kann professionelle Einbrecher mit Spezialausrüstung nicht immer aufhalten. Alle sechs Minuten ereignet sich in Deutschland ein Einbruch – das Bedürfnis nach sicherer Verwahrung bleibt entsprechend hoch.
Bank-Schließfächer in Ballungsgebieten oft Mangelware
Wer ein Bankschließfach anmieten möchte, steht vor allem in Großstädten wie Berlin vor einer Herausforderung. Viele Fächer sind bereits vergeben, die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Der erste Anlaufpunkt sollte die eigene Hausbank sein, denn zahlreiche Institute vergeben Schließfächer ausschließlich an bestehende Kunden.
Die Kosten variieren erheblich je nach Größe und Standort. Bei der Berliner Sparkasse etwa beginnen die Jahresgebühren für das kleinste Fach bei 129 Euro, Sondergrößen kosten ab 429 Euro. Andere Anbieter können günstiger oder deutlich teurer sein.
Neben klassischen Banken existieren spezialisierte Unternehmen wie Trisor, Asservato oder Citysafes. Diese bieten einen entscheidenden Vorteil: Ihre Schließfächer sind teilweise rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zugänglich – anders als bei Banken mit eingeschränkten Öffnungszeiten.
Versicherungsschutz bei Bankschließfächern oft unzureichend
Die übliche Versicherungssumme für ein Bankschließfach liegt bei etwa 20.000 Euro. Bei einigen Instituten ist eine Versicherung bereits im Mietpreis enthalten, bei anderen muss sie separat abgeschlossen werden. Wichtig zu wissen: Bargeld ist häufig vom Versicherungsschutz ausgenommen.
Vor der Anmietung empfiehlt sich ein Blick in die eigene Hausratversicherung. Schließfächer sind dort teilweise mitversichert, allerdings gelten oft Einschränkungen. Eine Rücksprache mit dem Versicherer schafft Klarheit über den tatsächlichen Schutzumfang.
Experten raten dringend dazu, das Schließfach zusätzlich gegen Feuer und Wasser abzusichern. Der Fall Gelsenkirchen verdeutlicht das Problem: Zahlreiche Opfer schilderten den Ermittlern, dass ihre Verluste den Versicherungswert ihrer Schließfächer deutlich übersteigen. Besonders betroffen sind offenbar Kunden, die Gold oder goldenen Schmuck deponiert hatten.
Banken haften unbegrenzt bei mangelhafter Sicherung
Für geschädigte Schließfach-Kunden gibt es unter bestimmten Umständen Hoffnung auf vollen Schadensersatz. Banken sind gesetzlich verpflichtet, ihre Tresorräume angemessen zu sichern. Versäumen sie dies und kommt es deshalb zu einem Einbruch, handeln sie fahrlässig.
In solchen Fällen greift die Haftpflicht des Geldinstituts – und zwar in unbegrenzter Höhe. Die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme spielt dann keine Rolle mehr. Die Bank muss den gesamten Schaden ersetzen.
Der Fall Norderstedt 2021 gilt als Beispiel für mangelhafte Sicherung, wie die Stiftung Warentest berichtete. Dass sich Einbrecher über zwei Tage mit einem lärmenden Kernbohrer durch die Wand arbeiten konnten, ohne entdeckt zu werden, deutet darauf hin, dass der Tresorraum nicht dem anerkannten Stand der Technik entsprach. Ob ähnliche Versäumnisse auch in Gelsenkirchen vorlagen, müssen die Ermittlungen zeigen. Geschädigte sollten sich aber zur Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der Sparkasse unbedingt anwaltlich beraten lassen.
So schützen sich Bankschließfach-Nutzer vor Verlusten
Eine sorgfältige Dokumentation ist für jeden Schließfach-Inhaber unverzichtbar. Experten empfehlen, eine detaillierte Inventarliste anzufertigen und alle eingelagerten Gegenstände zu fotografieren. Diese Unterlagen sollten an einem separaten sicheren Ort aufbewahrt werden – keinesfalls im Schließfach selbst.
Für Wertgegenstände sind zusätzliche Nachweise wichtig: Quittungen, Kaufbelege, Urkunden oder Gutachten erleichtern im Schadensfall die Regulierung erheblich. Ohne entsprechende Dokumentation gestaltet sich die Beweisführung schwierig.
Besonders problematisch ist der Nachweis von Bargeld. Patrick Hentzgen von der Allianz Versicherung rät Kunden, bei der Einlagerung von Bargeld nachzufragen, ob ein Bankmitarbeiter den eingelegten Betrag schriftlich bestätigen kann. Diese Beglaubigung kann im Ernstfall entscheidend sein, um Ansprüche geltend zu machen.
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