Vom Acker auf den Teller: Supermarkt-Lüge aufgedeckt - Was bedeutet das "Regional"-Siegel?
Für viele ist Regionalität ein wichtiges Kauf-Kriterium - doch bei vielen Herstellern handelt es sich bei "Regional"-Siegeln um Trickserei. Denn die Grenzen der Regionalität sind rechtlich nicht definiert.
Von news.de-Redakteur Felix Schneider - Uhr
Suche
- Viele Verbraucher legen Wert auf Regionalität
- Die meisten Siegel sind jedoch wenig aussagekräftig
- Oft steckt die wahre Herkunft im Kleingedruckten
Vielen Deutschen ist Regionalität beim Einkauf mittlerweile sehr wichtig. Dafür achtet ein großer Teil auch auf Labels und Gütesiegel, die auf die Regionalität der jeweiligen Produkte verweisen. Blöd nur, dass viele Anbieter bei diesem Punkt auch gerne mal flunkern und die Grenzen ihrer Regionalität auch etwas ausweiten. Worauf Verbraucher beim Kauf achten müssen, erfahren Sie hier.
Lesen Sie auch:
- Mit der 1-Euro-Regel vermeiden Sie unnötige Ausgaben
- Zu diesen Zeiten ist das Einkaufen billiger
- Studie enthüllt, was Gäste von Restaurants wirklich wollen
Verbrauchern ist Regionalität beim Einkauf wichtig geworden
Laut dem Ernährungsreport 2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)sehen 45 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die regionale Vermarktung von Lebensmitteln als sehr wichtig oder wichtig an. Vorteile, die die Verbraucher in dem Kauf von regionalen Produkten sehen, sind unter anderem:
- kurze Transportwege und saisonale Produkte leisten Beitrag zum Klimaschutz
- lokale Wirtschaft wird gestärkt
- Produkte zeichnen sich durch Frische und Geschmacksintensität aus
- lokale und kleinere Betriebe werden wirtschaftlich gestärkt
- am lokalen Arbeitsmarkt werden Stellen geschaffen oder erhalten
- Vielfalt landwirtschaftlich geprägter Kulturlandschaften wird gefördert
- Vertrauen zwischen Verbrauchern und lokalen Erzeugern wird vertieft
Leider ist vielen Verbrauchern eines nicht bewusst: Einen gesetzlichen Rahmen für die "Regionen" der gefeierten "Regional"-Siegel gibt es nicht.
Sind "Regional"-Siegel nur Trickserei auf Kosten der Verbraucher?
Wie weit eine "Region" reichen kann, entscheiden die Anbieter selbst, so das BMEL. Insofern damit keine Verbrauchertäuschung einhergeht, dürfen sie Größe und Grenzen einer Region selbst bestimmen. Erkennbar soll dabei nur sein, was mit der Region gemeint ist. Nur bestimmte Namen, die auf Ursprungsregionen verweisen, sind geschützt - etwa "Lübecker Marzipan" oder "Allgäuer Emmentaler". Für einige Zertifizierungen reicht es schon aus, wenn auch nur ein Arbeitsschritt, etwa die Verpackung, in unmittelbarer Nähe erfolgt ist. So kann die "regionale" Marmelade gerne auch mal aus China stammen, wenn sie vor Ort beispielsweise noch in eigene Gläser umgefüllt wird. Ob ein Produkt also wirklich regional ist, lässt sich in der Regel nur im Kleingedruckten erkennen.
Bei unserem Beispiel der Marmelade sowie bei verarbeiteten Produkten allgemein muss die Herkunftsregion der Rohzutaten, beispielsweise Erdbeeren, überhaupt nicht gekennzeichnet werden. Das macht es für Verbraucher schwierig, "echte" Regionalität zu erkennen - was wiederum das Vertrauen in die Labels schwächt. Zumal die erhöhte Nachfrage nach regionalen Produkten oft bedeutet, dass Anbieter höhere Preise für ihre "regionalen" Produkte verlangen können. Laut einer Studie des Thünen-Instituts für Marktanalyse liegt die Mehrzahlungsbereitschaft für Produkte wie Karotten und Erdbeermarmelade, die mit "aus der Region" gekennzeichnet werden, bei 14,6 und 16,7 Prozent.
Das bei Konsumenten beliebteste Siegel wird kaum genutzt
Um "richtig" regional einzukaufen, müssen Verbraucher häufig Umwege in Kauf nehmen. Das derzeit beste Siegel, das sogenannte "Regionalfenster", soll eine klare und transparente Kennzeichnung ermöglichen. Mit nur einem Blick auf die Verpackung sollen die Verbraucher die wichtigsten Fragen zum Produkt klären können:
- Wo kommt es her?
- Wo wurde es verarbeitet?
- Wie hoch ist der regionale Anteil?
Das Siegel genießt laut der Studie des Thünen-Instituts die größte Beliebtheit bei den Verbrauchern - die Mehrzahlungsbereitschaft ist hier im Vergleich mit anderen Bezeichnungen am höchsten. Nur bei den Anbietern scheint die Transparenz des Siegels eher unbeliebt zu sein. Mit nur etwa 5.550 Produkten und 780 Lizenznehmern nutzt derzeit nur ein Bruchteil der deutschen Lebensmittelunternehmen das Siegel.
Folgen Sie News.de schon bei WhatsApp, Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.
sfx/bua/news.de
Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.