
Umziehen in Containern, ein Mini-Stadion als Baustelle, kein Bahnhof: Darauf müssen sich Fußballer und Fans einstellen, wenn die SV Elversberg als Verein der jemals kleinsten Gemeinde in die 1. Bundesliga aufsteigt. Vor der Relegation gegen den 1. FC Heidenheim suchen viele Experten erst mal auf der Landkarte, wo dieses saarländische Sensationsteam von Trainer Horst Steffen eigentlich zu Hause ist.
Gut 15 Kilometer nordöstlich von Saarbrücken liegt Spiesen-Elversberg mit seinen insgesamt 13.000 Einwohnern. Nützliches Wissen auch das: Es heißt die und nicht der SV Elversberg, weil es formal eine Spielvereinigung ist und nicht ein Sportverein.
Trainer "träumt nicht jeden Abend von der Bundesliga"
Für den Zweitliga-Dritten geht es am Donnerstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) erst mal zum Hinspiel nach Heidenheim, ehe am Montag der Dorfclub an der Kaiserlinde etwas perfekt machen könnte, woran vor drei Jahren beim Aufstieg aus der Regionalliga keiner geglaubt hat. Rund um Elversberg spielt alles verrückt dieser Tage, nur der Trainer ist die Ruhe selbst.
"Die ganze Geschichte, so wie es jetzt gelaufen ist, ist schon ein Traum. Weil es so außergewöhnlich ist, weil wir mit wenig Möglichkeiten, die wir haben, eine Menge erreicht wurde", sagte Horst Steffen. "Wenn das i-Tüpfelchen drauf kommt, dann freue ich mich darüber. Aber ich träume jetzt nicht jeden Abend oder tagsüber erst recht nicht davon, dass wir in der Bundesliga spielen."
"Wir werden keinen Druck haben"
Elversberg kann unbeschwert in die beiden Entscheidungsspiele gegen den Drittletzten aus dem Oberhaus gehen. "Wir werden auch in der Relegation keinen Druck haben", sagt Kapitän Robin Fellhauer.
Eine Aufstiegsfeier würde die Gemeinde - mal wieder - vor eine große Herausforderung stellen. "Nein, es gibt keinen Rathausbalkon. Wir haben keinen, aber den würden wir auch anbauen. Wenn es sein sollte - glauben Sie mir - schaffen wir das", sagte Bürgermeister Bernd Huf. Auch der deutsche Vorjahresmeister Bayer Leverkusen habe ja keinen gehabt: "Von daher müssen wir uns nicht verstecken." Beim letzten Aufstieg haben sie halt ein Gerüst aufgestellt.
Auf Schienen können Auswärtsfans nicht bis nach Elversberg anreisen. "Aber wir haben Bahnhöfe in St. Ingbert, Neunkirchen und Friedrichsthal", betont das Gemeindeoberhaupt. An der Infrastruktur müsse man natürlich noch arbeiten. "Aber das war allen klar. Das müssten wir auch dann tun, wenn wir in der 2. Liga bleiben." Die Kabinen für die Spieler sind derzeit in Containern untergebracht. Nach abgeschlossenem Umbau wird die Ursapharm-Arena 15.000 Zuschauer fassen, derzeit sind es nur rund 10.000.
Groß aufspielen - das aber können sie bei Elversberg. Seit acht Zweitliga-Partien ist der Außenseiter ungeschlagen, bietet Fußball vom Feinsten: Tore mit der Hacke vorbereitet, sehenswerte Fernschüsse, traumhafte Kombinationen. Vor allem die Leihgaben Fisnik Asllani (18 Saisontreffer/acht Assists) und Muhammed Damar, die im Sommer zur TSG Hoffenheim zurückkehren wird, glänzten. Acht Profis gehörten schon zur Regionalliga zum Kader und haben ebenfalls eine erstaunliche Entwicklung genommen.
Steffen "Trainer des Jahres"
Damar lobt "diese Menschlichkeit, die man spürt" im Team. "Jeder ist glücklich, jeder hat ein warmes Herz." Das liegt auch und vor allem am Chefcoach. Horst Steffen, der einst für Uerdingen, Mönchengladbach und Duisburg 207 Mal in der Bundesliga auflief. Er ist für seinen Heidenheimer Kollegen Frank Schmidt "der Trainer des Jahres, ganz klar. Wie er es geschafft hat, so eine Mannschaft zusammenzustellen - großer Respekt!"
Für Nils-Ole Book hat der 56-Jährige "eine besondere menschliche Art. Es gibt solche Trainer ganz, ganz wenige im Fußball", erklärt der Sportvorstand. "Er versteht es, jede Woche eine Mannschaft auf den Platz zu bringen, die ihr absolut Bestes gibt und immer wieder mit großer Lust und Freude Fußball spielt."
Patron Frank Holzer ist Bayern-Fan
Angefangen hat der Aufschwung der SVE mit dem heutigen Aufsichtsratschef Frank Holzer, seit 35 Jahren in verantwortlichen Positionen im Club und Chef der Ursapharm Arzneimittel GmbH. Als der heute 72-Jährige 1990 einstieg, kickte der Club in der Landesliga und hatte 800.000 Mark Schulden. Sein Sohn Dominik übernahm 2011 den Vereinsvorsitz.
2013 stieg Elversberg erstmals in die 3. Liga auf, aber gleich wieder ab. 2023 folgte der Durchmarsch in Liga zwei. Jetzt darf Holzer Senior als Bayern-Fan darauf hoffen, nächste Saison den Meister aus München zum Punktspiel zu empfangen. "So etwas kann man sich einfach nicht erträumen. Diese Geschichte hier ist einfach unglaublich", sagte er der "Saarbrücker Zeitung".
Große Vorteile dank Mini-Standort
Neben Steffen und Book gilt auch David Blacha, Leiter Lizenzbereich und Scouting, mit seinem Näschen für Talente als Erfolgsgarant. "Vielleicht ist das Unaufgeregte schon das Erfolgserlebnis. Das Saarland ist ein bisschen ab vom Schuss, wir haben mit Elversberg nicht den größten Namen", sagt Book.
Man habe das einfach umgedreht und überlegt, welche Vorteile man daraus ziehen könnte. "Man muss einfach sagen, dass wir sehr in Ruhe arbeiten können. Die Medien und Fans machen uns nicht beim kleinsten Anzeichen von Misserfolg die Hölle heiß. Das sind große Vorteile auch für junge Spieler." Mit der Ruhe ist es allerdings dieser Tage vorbei im 7400-Einwohner-Teilort Elversberg.
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