
Thomas Müller hatte nach dem heftigen Last-Minute-Schlag von Inter Mailand überhaupt keinen Bock darauf, seine persönliche Gefühlswelt zwischen kurzem Torglück und langem Bank-Frust ins Zentrum des Fußball-Abends zu stellen. Und überhaupt: Er sei nicht "auf einer Farewell-Tour", sagte die zum Saisonende ausgemusterte Vereinsikone, sondern "mitten im Geschäft".
Und darum ist das, was ihn antreibt bis zum Schlussstrich unter 17 Profi-Jahre im Bayern-Trikot, wie nach dem 1:2 im Viertelfinal-Hinspiel am kommenden Mittwoch ein großes Comeback gelingen könnte - ein zweites Münchner "Wunder von Mailand". Denn Müller hat erst recht keinen Bock darauf, dass seine von zwei Triumphen (2013, 2020) geprägte Champions-League-Reise mit seinem Herzensclub im legendären San Siro zu Ende geht, 45 Tage vor dem von ihm ersehnten Finale dahoam.
Kompany zieht spät den Publikums-Joker
Und so waren Müller nach Mitternacht in den Katakomben der Allianz Arena auch keine grollenden Klagen zu entlocken, weil Trainer Vincent Kompany trotz des Ausfalls von Jamal Musiala nicht auf ihn setzte, sondern auf Raphaël Guerreiro. Kompany zog Publikums-Joker Müller erst ganz spät. Und Müller ließ das Stadion förmlich explodieren, als er prompt in der 85. Minute traf.
"In dem einen Moment, wo du das Tor machst, fühlst du dich sehr gut", sagte Müller, dessen von lauten Schreien begleitete Jubelgesten mehr aussagten über sein Innerstes als viele Worte. Es war auch eine Botschaft an Kompany - fürs Rückspiel, in dem die Bayern eine magische Mailänder Nacht benötigen.
1988: Das "Wunder von Mailand"
Wie 1988 beim legendären "Wunder vom Mailand", als die Münchner im UEFA-Cup nach einem 0:2 daheim gegen ein superstarkes Inter-Team um Lothar Matthäus mit einem herausragend haltenden Raimond Aumann 3:1 gewannen und doch noch weiterkamen. "Im Fußball ist ein Tor gar nichts, das ist eine Aktion. Davon lassen wir uns nicht unterkriegen", sagte Müller trotzig.
Kapitulieren? Niemals! "Wir wissen genau, dass Inter eine Mannschaft ist, die sehr, sehr gut ist - und trotzdem schlagbar. Das Gefühl ist: Wir kriegen das hin nächste Woche", sagte Königsklassen-Veteran Müller.
Das war der Sound, auf den sich die Verlierer nach Inters spätem Siegtor von Davide Frattesi in der Kabine einigten. "Enttäuschung bringt uns nicht weiter", sagte Kapitän Joshua Kimmich: "Wir alle spüren, dass noch was möglich ist. 1:2 ist kein gutes Ergebnis, trotzdem ist alles offen. Inter war deutlich effektiver. Wir haben aber gezeigt, dass wir die bessere Mannschaft sind."
Kane: Wissen, was zu tun ist
Harry Kane, der bei einer Großchance in der 26. Minute mit einem Fehlschuss an den Außenpfosten, der ihm so wohl nur in einem von 100 Versuchen passiert, das verdiente 1:0 verpasste, reagierte ebenfalls kämpferisch: "Wir wissen genau, was wir jetzt zu tun haben."
Auch Kompany wird seine Lehren aus dem Hinspiel ziehen. Der flinke Guerreiro war keine Fehlentscheidung, aber eben auch kein Matchwinner. Müller jedoch war sofort ein belebendes, ein mitreißendes Element, als er reinkam. Auch das Publikum war sofort da. "Er hatte einen großen Einfluss, als er auf den Platz kam. Er ist in die gefährlichen Räume gegangen", bemerkte Kane und gestand: "Es ist schade, Thomas gehen zu sehen am Saisonende."
Kompanys Lehren
"Natürlich wissen wir, dass Thomas für uns immer eine wichtige Rolle spielt. In diesem Moment kommt er rein und schießt dieses Tor. Er hat damit natürlich einen guten Moment für uns gebracht", sagte Kompany und erklärte sich: "Jede Entscheidung, die getroffen wird, war rein fußballerisch." Müllers Einwechslung fruchtete immerhin. Die von Abwehrspieler Sacha Boey ging dagegen beim vom Franzosen verschuldeten Gegentor nach hinten los.
Müller hatte wohl schon vorher geahnt, dass der Trainer auch in der speziellen Situation seines gerade verkündeten Abschieds am Ende der Saison und dem schwerwiegenden Ausfall von Offensiv-Ass Musiala (Muskelbündelriss) nicht auf ihn setzen würde. "Wenn ich mich damit immer beschäftigen würde, also da bin ich jetzt auch vielleicht zu alt", sagte der 35-Jährige abwehrend dazu, dass es für Kompany eben auch diesmal kein Thomas-Müller-Spiel war.
Vor dem Rückspiel kommt erst noch der BVB
"Meine Rolle in der ganzen Saison war ja nicht, dass der Kader um mich herum aufgebaut wurde", referierte Müller: "Ich habe immer versucht, die Mannschaft zu unterstützen, egal mit wie vielen Minuten. Natürlich stehe ich auch für einen Startelfeinsatz zur Verfügung. Gerade für mich ist es aber auch wichtig, dass ich das jetzt ausstrahle, dass es ums große Ganze geht." Und nicht um ihn.
Bevor Müller "mit einer gewissen Unzufriedenheit, aber auch mit Zuversicht" in die Nacht entschwand, war auch noch kurz Borussia Dortmund ein Thema. Denn vor dem geplanten großen Comeback-Abend in Mailand müssen Müller, Kane, Kimmich und Co. am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in dem ewigen Klassiker eine ganz wichtige Bundesliga-Aufgabe erledigen. "Die Meisterschaft ist noch nicht entschieden. Das ist auch eine Situation, die kitzlig ist", sagte Müller.
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