Friedrich Merz: Kritik am Koalitionsvertrag - Verhindern Jusos die Kanzlerwahl?

Kurz vor der Abstimmung des Koalitionsvertrages üben die Jusos Kritik. Mit dem Vertrag steht und fällt aber die Regierungsbildung - und die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler. Was passiert, wenn die Abstimmung scheitert?

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Friedrich Merz soll am 6. Mai zum Kanzler gewählt werden. (Foto) Suche
Friedrich Merz soll am 6. Mai zum Kanzler gewählt werden. Bild: picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow
  • Friedrich Merz soll am 6. Mai zum Kanzler gewählt werden
  • Jusos üben Kritik am Koalitionsvertrag
  • Kann die SPD-Jugend die Kanzlerwahl verhindern
  • Das passiert, wenn die SPD gegen den Vertrag stimmt?

Die langen Koalitionsverhandlungen sind vorbei. Für Friedrich Merz steht nun der nächste Schritt vor der Bildung einer neuen Regierung an: die Wahl zum Bundeskanzler. Der CDU-Chef soll am 6. Mai vom Parlament zum Bundeskanzler gewählt werden. Das teilte der Bundestag mit. Voraussetzung ist die Zustimmung von CDU, CSU und SPD zum Koalitionsvertrag. Zuletzt übten die Jusos Kritik an dem Vertrag. Was passiert, wenn sie nicht zustimmen?

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Jusos üben Kritik am Koalitionsvertrag

Bevor die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen, hat sich die Parteijugend klar dagegen positioniert. "Unser Votum lautet Ablehnung", sagte der Vorsitzende der Jungsozialisten, Philipp Türmer, in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. "Für die Zustimmung der Jusos bräuchte es deutliche Nachbesserungen." Zu dieser Haltung sei der Bundesvorstand in enger Abstimmung mit den Landes- und Bezirksverbänden gekommen.

Die Jusos kritisieren vor allem die Beschlüsse zur Sozial- und Migrationspolitik, wie zum Beispiel die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen. Maßgeblich sei die Frage: "Reicht das, was in diesem Koalitionsvertrag drinsteht, inhaltlich für eine wirklich andere Politik?", sagte Türmer. "Und wir müssen leider sagen: Für uns reicht es nicht."

Der im Vertrag festgeschriebene Finanzierungsvorbehalt sei eine "tickende Zeitbombe", monierte der Juso-Chef. "Für die Zustimmung der Jusos bräuchte es deutliche Nachbesserungen." Türmer sagte aber auch, dass alle Mitglieder frei in ihrer Entscheidung seien. Bereits am Wochenende hatten mehrere Landesverbände der Jusos Kritik an den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag geübt und sich gegen eine Zustimmung ausgesprochen, zu Wochenbeginn folgten weitere.

Neuwahlen, Koalition mit AfD: Was passiert, wenn die SPD-Jugend gegen den Koalitionsvertrag stimmt?

Sollte der Koalitionsvertrag am Votum der SPD scheitern, gibt es vier Handlungsoptionen, die aber alle schwer vorstellbar sind.

  • Es wird wie von den Jusos gefordert nachverhandelt: Die Bereitschaft, den Koalitionsvertrag noch einmal aufzuschnüren, dürfte bei CDU-Chef Friedrich Merz äußerst gering sein. Er hat selbst genug damit zu tun, seine eigene Partei von dem Ergebnis zu überzeugen. Viele in der Union glauben, der designierte Kanzler habe sich von der SPD über den Tisch ziehen lassen.
  • Die Union schmiedet ein Bündnis mit der AfD: Das wäre die einzige Koalition, die neben Schwarz-Rot eine Mehrheit hätte. Die Union hat eine Zusammenarbeit mit der Rechtsaußen-Partei aber bereits kategorisch ausgeschlossen.
  • Die Union regiert allein: Minderheitsregierungen, die mit wechselnden Mehrheiten arbeiten, gelten in Deutschland nur als Notlösung für Übergangsphasen, weil sie als instabil gelten. Das beste Beispiel ist die derzeitige rot-grüne Minderheitsregierung, die seit dem Bruch der Ampel-Koalition regiert.
  • Es wird neu gewählt: Das würde eine weitere Verlängerung der Hängepartie bedeuten, die es seit dem Bruch der Ampel-Koalition vor einem halben Jahr gibt - und das in einer äußerst unsicheren Weltlage. Die nur noch geschäftsführende Minderheitsregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) würde über Monate weiterregieren, ohne voll handlungsfähig zu sein. Und am Ende könnte ein Wahlergebnis stehen, das die Regierungsbildung noch komplizierter macht. Die AfD schnitt in der vergangenen Woche erstmals in einer Umfrage zur Bundestagswahl als stärkste Partei ab.

Parteichef Lars Klingbeil sagte dazu in der ARD: "Jeder hat das Recht, jetzt bei dem Mitgliedervotum abzustimmen, wie er oder sie will. Das ist eine demokratische Entscheidung." Jedem müsse aber klar sein, was die Alternative zum Scheitern einer Koalition der demokratischen Mitte sei. "Eine Alternative sind Neuwahlen, eine Alternative ist vielleicht eine Minderheitsregierung", sagte Klingbeil. Aber bei allem, was weltpolitisch los sei, müsse Deutschland ein Ort der Stabilität sein. Dafür brauche es eine stabile Regierung.

Entscheiden Jusos die Wahl?

Können die Jusos die Wahl überhaupt entscheiden? Nach eigenen Angaben haben sie 75.000 Mitglieder (Stand: 14. April), was nicht wenig ist. Dennoch bilden sie nur ein Fünftel aller Mitglieder. Am Ende entscheidet die SPD-Abstimmung für oder gegen den Koalitionsvertrag - und die Zukunft für die Regierungspläne von Friedrich Merz.

Wann stimmen CDU/CSU und SPD über den Koalitionsvertrag ab?

Bisher hat nur die CSU den Koalitionsvertrag mit einem Vorstandsbeschluss angenommen. Auch die Zustimmung der CDU fehlt noch. Die Partei von Merz entscheidet am 28. April auf einem Kleinen Parteitag. Alle Mitglieder der SPD dürfen abstimmen. Die Wahl geht vom 15. bis 29. April. Alle bis zum 23. März in die SPD eingetretenen SPD-Mitglieder dürfen online abstimmen.Die Kanzlerwahl im Bundestag und die Vereidigung des gesamten Kabinetts ist für den 6. Mai geplant.

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/gom/news.de/dpa

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